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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2022, RV/7500175/2022

Parkometerabgabe; Doppelbestrafung ist bei einer Verwaltungsübertretung nach dem Parkometergesetz und gleichzeitiger Verwaltungsübertretung nach der StVO möglich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zl. Zahl, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016, iVm § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro zu entrichten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) mit Strafverfügung vom an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1120 Wien, Schönbrunner Schloßstraße 35, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt 18:56 Uhr gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabe-verordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

In seinem fristgerecht erhobenen Einspruch (E-Mail vom ) brachte der Bf. zusammengefasst vor, dass er wegen Abstellung des in Rede stehenden Fahrzeuges an der bereits näher bezeichneten Örtlichkeit auf dem Gehsteig mit allen vier Rädern richtigerweise das Delikt nach § 8 Abs. 4 Z. 1 StVO verwirklicht und hierfür mit Anonymverfügung vom die Geldstrafe von € 58,00 bezahlt habe.

Öffentliche Flächen, auf denen schon rechtlich, faktisch und gedanklich das rechtmäßige Abstellen von Fahrzeugen nicht möglich sei, könnten daher rechtlich der Pflicht zur Leistung der Kurzparkabgabe nicht unterzogen werden. In Zonen des absoluten Halte- und Parkverbotes, wie eben auch auf Gehsteigen, sei nur die Bestrafung nach § 24 StVO 1960 zulässig und das Einheben einer Parkometerabgabe unzulässig. Er habe daher das Delikt nach § 5 Abs. 2 Parkometerverordnung iVm § 4 Abs. 1 Parkometergesetz nicht verwirklicht.

Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt, wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens fest, das in Rede stehende Fahrzeug sei an der näher bezeichneten Örtlichkeit ohne gültigen Parkschein abgestellt gewesen.

Der Abstellort habe sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches ("flächendeckende Kurzparkzone") befunden. Dieser sei ordnungsgemäß gekennzeichnet, wenn an allen Einfahrtsmöglichkeiten Verkehrszeichen "Kurzparkzone Anfang" (§ 52 lit. a Z. 13d StVO) und an allen Ausfahrtsstellen Verkehrszeichen "Kurzparkzone Ende" (§ 52 lit. a Z. 13e StVO) angebracht seien.

Eine verordnete flächendeckende Kurzparkzone gelte schon nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 StVO für die gesamte Straße. Damit entstehe auch beim Abstellen eines Fahrzeuges am Gehsteig innerhalb einer derart kundgemachten Kurzparkzone die Verpflichtung, die Parkometerabgabe zu entrichten.

Es solle jener Fahrzeuglenker, der sein Fahrzeug innerhalb einer Kurzparkzone entgegen den Bestimmungen der StVO abstelle, nicht bessergestellt werden, als derjenige, der sein Fahrzeug innerhalb der Kurzparkzone ordnungsgemäß abstelle.

Gemäß § 22 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) seien, falls jemand mehrere Verwaltungsübertretungen begangen habe, die für diese Delikte vorgesehenen Strafen nebeneinander zu verhängen. Dieses Kumulationsprinzip gelte sowohl dann, wenn jemand durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen habe, als auch in dem Fall, dass eine begangene Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafandrohungen falle.

Da sich die gegenständlichen Strafandrohungen (Übertretung der Parkometerabgabeverordnung und Übertretung der Straßenverkehrsordnung) nicht ausschließen würden, habe das Vorbringen des Bf. nicht zu seinen Gunsten wirken können.

Gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung müsse jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstelle, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.

Der Bf. habe daher den objektiven Tatbestand der angelasteten Übertretung verwirklicht.

Nach näheren Ausführungen zum Begriff Fahrlässigkeit stellte die Behörde fest, der Bf. hätte mit der Einhaltung der gebotenen und zumutbaren Aufmerksamkeit und Sorgfalt die Übertretung - bei allem Verständnis für die eingewendeten Umstände - vermeiden können, weshalb der ihm angelastete strafbare Tatbestand auch subjektiv als erwiesen anzusehen sei.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungs-gründe an.

Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde und brachte unter Hinweis auf § 8 Abs. 4 StVO und § 24 Abs. 1 lit. k und o StVO neuerlich vor, dass Halten und Parken auf Gehwegen absolut, von wenigen, genau im Gesetz definierten Ausnahmen, verboten sei.

Gebührenpflichtige und somit "legale" Stellflächen für Fahrzeuge auf Verkehrsflächen mit absolutem Halte- und Parkverbot seien daher bereits aus logischen und denknotwendigen Gründen unmöglich und könnten auch durch Gesetze und Verordnungen mit - scheinbar - widersprechenden Regelungen nicht geschaffen werden. Würde man Verkehrsflächen, für welche absolute Halte- und Parkverbote gelten, als gebührenpflichtig betrachten, so wären dadurch die genannten Verbote ausgehebelt und unwirksam.

Genau dies geschehe jedoch, wenn Fahrzeughalter wegen Verkürzung der Parkometerabgabe bestraft würden, weil sie ihr Fahrzeug - geografisch grundsätzlich zutreffend definiert - innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, jedoch auf Verkehrsflächen abstellen würden, für welche ein absolutes Halte- und Parkverbot verfügt sei.

Kurzparkzonen nach § 25 StVO könnten daher nur dort bestehen, wo Parkverbote nach den §§ 8 und 24 StVO nicht gelten würden. Die Tatbestände nach § 8 Abs. 4 StVO und § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung bzw. § 4 Abs. 1 Parkometergesetz stünden zueinander in unechter (ungleichartiger) Idealkonkurrenz; eine kumulative Bestrafung des Täters nach beiden Tatbeständen sei unzulässig, weil rechtswidrig.

Im Übrigen wäre weiters zu beachten, dass die Tatanlastung im angefochtenen Straferkenntnis rechtlich unzutreffend und somit falsch sei. Sein Vorbringen im Einspruch vom sei eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er bewusst - und sohin nicht fahrlässig - keine Parkometerabgabe entrichtet habe.

Abschließend verweise er darauf, dass insbesondere auch das Argument der Behörde, wonach jener Fahrzeuglenker, der sein Fahrzeug innerhalb einer Kurzparkzone entgegen den Bestimmungen der StVO abstelle, nicht bessergestellt werden solle, als derjenige, der sein Fahrzeug innerhalb der Kurzparkzone ordnungsgemäß abstelle, verfehlt sei, weil bereits arithmetisch falsch: Der Strafrahmen zu § 8 StVO betrage bis EUR 726,00, der Strafrahmen zu § 4 Abs. 1 Parkometergesetz EUR 365,00.

Das angefochtene Straferkenntnis sei rechtsirrig erlassen, die verhängte Geldstrafe somit unzulässig, weil rechtswidrig; das Straferkenntnis sei ersatzlos aufzuheben.

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Unstrittiger Sachverhalt:

Der Bf. hat das in Rede stehende Kraftfahrzeug am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1120 Wien, Schönbrunner Schloßstraße 35, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 18:56 Uhr gültigen Parkschein abgestellt.

Rechtslage:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraft-fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Rechtliche Beurteilung der Beschwerdeeinwendungen:

Doppelbestrafung

§ 22 VStG normiert:

(1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

§ 22 Abs. 1 VStG normiert für das Verhältnis von Verwaltungsstrafrecht und Kriminalstrafrecht - in Abweichung von der bisherigen Rechtslage - eine grundsätzliche Subsidiarität des Verwaltungssrafrechts.

§ 22 Abs. 2 VStG bezieht sich demgegenüber allein auf das Verwaltungsstrafrecht und legt in seinem 1. Satz fest, dass sowohl bei Verwirklichung mehrerer selbstständiger Taten (echte Realkonkurrenz) als auch bei gleichzeitiger Verwirklichung mehrerer Straftatbestände durch eine einzige Handlung (echte Idealkonkurrenz) mehrere Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

§ 22 Abs. 2 Satz 2 VStG ordnet an, dass "dasselbe" - also die selbständige Verhängung separater Strafen - auch für das Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen "mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen" gilt (dazu N. Raschauer in N. Raschauer/Wessely2 § 22 Rz 40).

Es gilt für alle Fälle der echten Ideal- und Realkonkurrenz das Kumulationsprinzip (vgl Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 22 (Stand , rdb.at, vgl. auch VfSlg 3915/1961; VwSlg 6932 A/1966; ).

Eine echte Idealkonkurrenz liegt vor, wenn der Täter durch eine Tat (gleichzeitig) mehrere Straftatbestände verwirklicht, also eine Tat begeht, die "unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt" (§ 22 Abs 2 HS 2, vgl. ).

Es handelt sich bei einer Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung wegen eines danach unter Strafe stehenden Verhaltens und einer weiteren Bestrafung nach dem Parkgebührengesetz wegen der Nichtentrichtung von Parkgebühren auch um keine unzulässige Doppelbestrafung, da in einem solchen Fall zwei voneinander unabhängige Strafnormen mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen, die unterschiedliche Rechtsgüter (im Fall des Parkgebührengesetzes das Recht der Gemeinde auf Entrichtung einer Abgabe) schützen, verletzt werden (vgl. noch einmal , , vgl. auch , vom , RV/7500884/2015 und vom , RV/7500139/2016).

Eine Verwaltungsübertretung nach der StVO (hier: Abstellen eines Fahrzeuges mit allen Rädern am Gehsteig) und eine Verwaltungsübertretung nach dem Parkometergesetz (hier: Abstellen eines Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Entrichtung der Parkometerabgabe) zieht daher sowohl eine Bestrafung nach den Bestimmungen der StVO als auch eine Bestrafung nach dem Parkometergesetz nach sich ().

Kurzparkzone - Verhängung weitergehender Verkehrsbeschränkungen

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) dürfen innerhalb einer Kurzparkzone noch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- oder Parkverbote erlassen werden, ohne dass das Gebiet der Kurzparkzone dadurch unterbrochen wird (vgl. , , ).

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis , keine Bedenken gegen die gleichzeitige Erlassung einer Halte- und Parkverbotsverordnung und einer Kurzparkzonenverordnung für den selben Straßenzug geäußert. Der Straßenverkehrsordnung sei keine Bestimmung zu entnehmen, die es verbieten würde, für den selben Straßenzug eine Halte- und Parkverbotsverordnung und eine Kurzparkzonenverordnung zu erlassen, die sich teilweise zeitlich überschneiden, sodass sie in ihrer Verbotswirkung kumulieren. Es liege daher im Beurteilungsspielraum der verordnungserlassenden Behörde, solche Verordnungen auch nebeneinander in Geltung zu setzen, wenn sie dies aus den in den § 25 und § 43 Abs. 1 StVO 1960 genannten Gründen für erforderlich hält.

Es ist für die Abgabepflicht nach dem Wiener Parkometergesetz ohne rechtliche Relevanz, ob nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung das Halten innerhalb des Bereiches einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone erlaubt ist oder nicht, weil auch solche Straßenstücke von der Kurzparkzone nicht ausgenommen sind; durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wird die Kurzparkzone nicht unterbrochen (vgl. , , ).

Daraus folgt, dass entgegen der Ansicht des Bf. in der Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung wegen eines danach unter Strafe stehenden Verhaltens und in der verfahrensgegenständlichen Bestrafung nach dem Parkometergesetz wegen der Nichtentrichtung von Parkgebühren keine unzulässige Doppelbestrafung vorliegt. Es wurden vom Bf. zwei voneinander unabhängige Strafnormen mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen, die unterschiedliche Rechtsgüter (im Fall des Parkometergesetzes das Recht der Gemeinde auf Entrichtung einer Abgabe, im Falle der Straßenverkehrsordnung das nicht rechtswidrige Abstellen des Fahrzeuges) schützen, verletzt.

Im Erkenntnis vom , 2002/17/0350, führte der VwGH auszugsweise aus:

"Soweit sich die belangte Behörde noch auf die historische Interpretation des § 25 Abs. 1 StVO (Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 22 BlgNR 9. GP, 57, wonach "es keinem Zweifel unterliegt, dass eine Parkgebühr dort nicht eingehoben werden darf, wo das Halten oder Parken auf Grund straßenpolizeilicher Normen verboten ist") beruft, ist ihr entgegen zu halten, dass diese Ansicht - selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es dem (einfachen) Bundesgesetzgeber (außerhalb des durch § 7 Abs. 4 F-VG gezogenen Rahmens) möglich wäre, in das finanzverfassungsrechtlich eingeräumte Abgabenerfindungsrecht der Länder (VfSlg. 11.667/1988) durch ein Erhebungsverbot einzugreifen - im Gesetzestext nicht zum Ausdruck gekommen ist, sodass nicht gesagt werden kann, dass der Landesgesetzgeber hier nicht von seinem Abgabenerfindungsrecht hätte Gebrauch machen dürfen und ihm die Erhebung der gegenständlichen Abgabe verwehrt wäre."

Gehsteig

Eine verordnete Kurzparkzone gilt nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 StVO 1960 für die gesamte Straße iSd § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 ist der Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße (s. ,, ).

Es besteht daher auch bei verbotenem Halten oder Parken am Gehsteig innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone Gebührenpflicht (vgl , , , , ).

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs. 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzu-muten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).

Zur Vorschrift des § 5 Abs. 2 VStG vertritt der VwGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass auch eine irrige Gesetzesauslegung einen Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, der es unterlassen hat, Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum vorliegenden Fragenkreis vertretene Rechtsansicht zutrifft. Solche Erkundigungen hätten an der geeigneten Stelle zu erfolgen, worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu verstehen sei (vgl. u.a. , ).

Die Unkenntnis oder irrige Auslegung von Bestimmungen zB nach der StVO, dem Kraftfahr-gesetz oder dem Parkometergesetz durch am Straßenverkehr teilnehmende Personen wird grundsätzlich nicht als unverschuldet angesehen ().

Der Akteninhalt und das vorhandene Vorbringen des Bf. bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass ihm ein rechtskonformes Verhalten zur Tatzeit nicht möglich war.

Somit waren auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (, ) und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. , ).

Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.

Der Bf. hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das Fahrzeug ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat.

Das Ausmaß des Verschuldens kann in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der objektiv gebotenen und dem Bf. zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig angesehen werden. Es ist weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen, dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Es ist einer am Straßenverkehr teilnehmenden Person zumutbar, sich spätestens vor Abstellen des Kraftfahrzeuges hinsichtlich der einschlägigen Rechtsvorschriften zu informieren.

Milderungs- und Erschwernisgründe wurden von der belangten Behörde berücksichtigt.

Ob allenfalls bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, er habe bewusst - und sohin nicht fahrlässig - keine Parkometerabgabe entrichtet, eine höhere Geldstrafe zu verhängen gewesen wäre, kann das Bundesfinanzgericht dahingestellt lassen, da gemäß § 42 VwGVG auf Grund einer vom Beschuldigten oder auf Grund einer zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde in einem Erkenntnis oder in einer Beschwerdevorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden darf als im angefochtenen Bescheid (Verbot der "reformatio in peius").

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe festzusetzen. Sie wurden somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500175.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at