Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2022, RV/7101114/2022

Kein Pflichtveranlagungstatbestand im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, wenn die bezugsauszahlende Stelle für die gleichzeitig mit dem laufenden Bezug ausbezahlte Nachzahlung einer Urlaubsersatzleistung die Lohnsteuer zunächst korrekt einbehält und aufgrund eines technischen Fehlers im Folgejahr an die Pensionsbezieherin ausbezahlt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

a) Einkommensteuerbescheid 2018:

Die Beschwerdeführerin befindet sich seit 2015 im Ruhestand.

Weil die für die Pensionsauszahlung an die Beschwerdeführerin zuständige Stelle der belangten Behörde zwei Lohnzettel über steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 37.989,22 (für den Zeitraum bis ) und 2.456,78 Euro (für den Zeitraum bis ) übermittelt hatte, wurde unter Zugrundelegung dieser beiden Lohnzettel eine Pflichtveranlagung durchgeführt und im von der Beschwerdeführerin bekämpften Einkommensteuerbescheid vom eine Abgabennachforderung in Höhe von 2.235,00 Euro errechnet.

Begründend wurde ausgeführt, die Besteuerungsgrundlagen seien wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt worden.

b) Bescheidbeschwerde:

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde gab die Beschwerdeführerin an, von der Pensionsstelle seien ein falscher und ein berichtigter Lohnzettel an das Finanzamt übermittelt worden, weshalb die Einkommensteuer 2018 falsch berechnet worden sei. Der mittlerweile berichtigte Lohnzettel sei nicht zur Kenntnis genommen worden.

Aufgrund einer vorläufigen Sachwalterschaft habe sie in der Zeit vom bis ihre Finanzangelegenheiten nicht selbst regeln können. In dieser Zeit sei auch ihr Lohn gepfändet worden.

c) Beschwerdevorentscheidung:

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als nunmehr der von der pensionsauszahlenden Stelle korrigierte Lohnzettel für den Zeitraum bis , welcher steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 34.918,24 Euro ausweist, sowie der für den Zeitraum bis ausgestellte Lohnzettel über steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 2.456,78 Euro der Arbeitnehmerveranlagung zugrunde gelegt wurden, womit sich die Abgabennachforderung auf 945,00 Euro verminderte.

In der Begründung wurde angeführt, der Arbeitgeber der Beschwerdeführerin habe jeweils am berichtige Lohnzettel betreffend Korrektur der im Jahr 2018 ausbezahlten Urlaubsersatzleistung übermittelt, weil bei der Aufrollung im März 2019 die Lohnsteuer für die Urlaubsersatzleistung zu Unrecht erstattet worden sei. Der Beschwerde sei damit vollinhaltlich stattgegeben worden.

d) Vorlageantrag:

In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

e) Vorlagebericht:

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundefinanzgericht zur Entscheidung vor und gab im Vorlagebericht vom bekannt, dass aufgrund der E-Mail der pensionsauszahlenden Stelle und des darin enthaltenen Schriftverkehrs zwischen dem dortigen Sachbearbeiter und der Beschwerdeführerin die berichtigten Lohnzettel erfasst worden seien und auf Basis dieser Lohnzetteldaten der Beschwerde vollinhaltlich stattgegeben worden sei.

Anlässlich eines Telefonates des Sachbearbeiters der belangten Behörde mit der Beschwerdeführerin habe diese erklärt, dass sie den Vorlageantrag aufrecht erhalten wolle, da sie ihrer Meinung nach die Gutschrift der Aufrollung durch die pensionsauszahlende Stelle niemals erhalten habe. In der Folge habe die Beschwerdeführerin um die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ersucht, weil sie den Rückstand unter keinen Umständen zahlen wolle.

Aus Sicht des Finanzamtes sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, weil der Finanzverwaltung zwei berichtigte Lohnzettel für das Jahr 2018 seitens der bezugsauszahlenden Stelle übermittelt worden seien und in diesen die zu Unrecht durchgeführte Aufrollung berichtigt worden sei. Da die berichtigten Lohnzettel vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung erfasst worden seien, seien sie die Grundlage für die vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde.

Ob und wann aufgrund der Aufrollung durch die pensionsauszahlende Stelle Zahlungen an die Beschwerdeführerin geleistet worden seien, könne seitens des Finanzamtes nicht beurteilt werden. Dies sei dem Finanzamt von der bezugsauszahlenden Stelle nicht mitgeteilt worden.

Unter den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen befindet sich auch eine E-Mail des zuständigen Sachbearbeiters der bezugsauszahlenden Stelle vom an den Sachbearbeiter der belangten Behörde, in der der Sachbearbeiter der bezugsauszahlenden Stelle festhält, dass im Juni 2018 die Nachzahlung der Urlaubsersatzleistung von 3.070,98 Euro "mit der laufenden Versteuerung von 2.010,40 Euro" erfolgt sei. Bei der laufenden Versteuerung der Pension seien 660,09 Euro berücksichtigt worden. Die Differenz betreffe die Lohnsteuer der Urlaubsersatzleistung. Die Pension sei gemeinsam mit der Urlaubsersatzleistung an die Beschwerdeführerin auf ihr Pensionskonto überwiesen worden.

Im März 2019 sei aufgrund der Aufrollung nach § 77 Abs. 3 EStG 1988 wegen eines technischen Fehlers des IT-Programmes die Lohnsteuer von der Urlaubsersatzleistung zur Gänze rückerstattet worden. Diese habe 1.342,37 Euro betragen. Diese Rückgabe sei auf das Sachwalterkonto erfolgt.

Für die Versteuerung der Urlaubsersatzleistung seien zwei Lohnzettel erstellt worden. Ein Lohnzettel betreffe nur die Pension, der zweite Lohnzettel nur die Urlaubsersatzleitung. Diese seien mittels Elda an das Finanzamt übermittelt worden.

Anzumerken wäre noch, dass laufend Gehaltsexekutionen bestanden hätten.

Eine Einsichtnahme in das Steuerkonto der Beschwerdeführerin ergab, dass der belangten Behörde zunächst ein Lohnzettel übermittelt wurde, der steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 37.989,22 Euro ausweist, dann ein weiterer Lohnzettel über lohnsteuerpflichtige Bezüge in Höhe von 3.070,98 Euro gemeldet wurde, und diese beiden Lohnzettel später durch jene zwei Lohnzettel ersetzt wurde, die der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegten wurden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin befindet sich seit 2015 im Ruhestand und erhielt im Jahr 2018 ausschließlich Zahlungen von ihrer pensionsauszahlenden Stelle. Die im Juni 2018 erfolgte Nachzahlung einer Urlaubsersatzleistung wurde gemeinsam mit der laufenden Pension für Juni 2018 ausbezahlt und auch lohnsteuerlich erfasst.

Die von der pensionsauszahlenden Stelle an die belangte Behörde übermittelten Lohnzettel wurden mehrmals korrigiert. Der zunächst übermittelte Lohnzettel enthält sämtliche im Jahr 2018 vorgenommenen Zahlungen (inklusive der im Juni 2018 erfolgten Nachzahlung), während in den später erstellten Lohnzetteln die Pensionsbezüge und die Urlaubsersatzleistung getrennt ausgewiesen werden.

Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid wurde im Rahmen einer Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG erlassen. Die Beschwerdeführerin selbst hat niemals eine Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 beantragt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und einer Einsichtnahme in das Steuerkonto der Beschwerdeführerin, sowie insbesondere aus dem von der bezugsauszahlenden Stelle vorgelegten Lohnkonto.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 EStG 1988 vorliegen. Sind im Einkommen Einkünfte aus Kapitalvermögen enthalten, so bleiben Überschüsse aus dieser Einkunftsart außer Ansatz, wenn sie 22 Euro nicht übersteigen.

§ 41 EStG 1988 normiert:

"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,

2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind,

4. ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 oder ein Freibetrag gemäß § 103 Abs. 1a bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde,

5. der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag, der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag oder Freibeträge nach § 62 Z 10 und Z 11 berücksichtigt wurden, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.

6. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung abgegeben hat oder seiner Meldepflicht gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 nicht nachgekommen ist.

7. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b 5. Teilstrich abgegeben hat oder seiner Verpflichtung, Änderungen der Verhältnisse zu melden, nicht nachgekommen ist.

8. er Einkünfte im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 32 bezogen hat.

9. er Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27a Abs. 1 oder entsprechende betriebliche Einkünfte erzielt, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.

10. er Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 erzielt, für die keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 entrichtet wurde, oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 gegeben ist.

11. der Arbeitnehmer nach § 83 Abs. 3 unmittelbar in Anspruch genommen wird.

§ 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden.

(2)

1. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung). § 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden.

2. Wurde bis Ende des Monats Juni keine Abgabenerklärung für das vorangegangene Veranlagungsjahr eingereicht, hat das Finanzamt von Amts wegen eine antragslose Veranlagung vorzunehmen, sofern der Abgabepflichtige nicht darauf verzichtet hat. Dabei gilt Folgendes::

a) Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:

- Aufgrund der Aktenlage ist anzunehmen, dass der Gesamtbetrag der zu veranlagenden Einkünfte ausschließlich aus lohnsteuerpflichtigen Einkünften besteht.

- Aus der Veranlagung resultiert eine Steuergutschrift.

- Aufgrund der Aktenlage ist nicht anzunehmen, dass die zustehende Steuergutschrift höher ist als jene, die sich aufgrund der übermittelten Daten gemäß § 18 Abs. 8, § 35 Abs. 8 und § 84 ergeben würde.

b) Wurde bis zum Ablauf des dem Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres keine Abgabenerklärung für den betroffenen Veranlagungszeitraum abgegeben, ist jedenfalls eine antragslose Veranlagung durchzuführen, wenn sich nach der Aktenlage eine Steuergutschrift ergibt.

c) Wird nach erfolgter antragsloser Veranlagung innerhalb der Frist der Z 1 eine Abgabenerklärung abgegeben, hat das Finanzamt darüber zu entscheiden und gleichzeitig damit den gemäß lit. a oder lit. b ergangenen Bescheid aufzuheben.

d) Der Bescheid auf Grund einer antragslosen Veranlagung ist ersatzlos aufzuheben, wenn dies in einer Beschwerde (§ 243 BAO) beantragt wird; die Beschwerde bedarf keiner Begründung.

e) Die Steuererklärungspflicht (§ 42) bleibt auch nach Vornahme der Veranlagung aufrecht.

(2a) Abs. 2 Z 2 ist nicht anzuwenden, wenn der Verdacht besteht, dass der Steuerpflichtige Dienstnehmer eines Scheinunternehmers gemäß § 8 des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes - SBBG, BGBl. I Nr. 113/2015, ist, Zweifel an der Identität des Steuerpflichtigen oder der Bevollmächtigung seines steuerlichen Vertreters bestehen, oder sonstige schwerwiegende Bedenken gegen die Anwendung von Abs. 2 Z 2 bestehen.

(3) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, ist von den anderen Einkünften ein Veranlagungsfreibetrag bis zu 730 Euro abzuziehen. Dies gilt nicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27a Abs. 1. Der Freibetrag vermindert sich um jenen Betrag, um den die anderen Einkünfte 730 Euro übersteigen.

(4) Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bleiben Bezüge, die nach § 67 Abs. 1 oder § 68 steuerfrei bleiben oder mit den festen Sätzen des § 67 oder mit den Pauschsätzen des § 69 Abs. 1 zu versteuern waren, außer Ansatz. Die Steuer, die auf sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 und auf Bezüge gemäß § 67 Abs. 5 zweiter Teilstrich, die gemäß § 67 Abs. 1 zu versteuern sind, entfällt, ist aber gemäß § 67 Abs. 1 und 2 neu zu berechnen, wenn diese sonstigen Bezüge 2 100 Euro übersteigen. Die Bemessungsgrundlage sind die sonstigen Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 sowie die Bezüge gemäß § 67 Abs. 5 zweiter Teilstrich, die gemäß § 67 Abs. 1 zu versteuern sind, abzüglich der darauf entfallenden Beiträge gemäß § 62 Z 3, 4 und 5. Bis zu einem Jahressechstel von 25 000 Euro beträgt die Steuer 6% der 620 Euro übersteigenden Bemessungsgrundlage, jedoch höchstens 30% der 2 000 Euro übersteigenden Bemessungsgrundlage. Ungeachtet des vorläufigen Steuerabzugs gemäß § 69 Abs. 2 und 3 gilt ein Siebentel dieser Bezüge als ein Bezug, der mit dem festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 zu versteuern war und von dem 6% Lohnsteuer einbehalten wurde. Ein Siebentel der Bezüge gemäß § 69 Abs. 5 und 7 gilt als Bezug, der mit dem festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 zu versteuern ist."

Gemäß § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 sind Ersatzleistungen (Urlaubsentschädigungen, Urlaubsabfindungen sowie freiwillige Abfertigungen oder Abfindungen für diese Ansprüche) für nicht verbrauchten Urlaub, soweit sie laufenden Arbeitslohn betreffen, als laufender Arbeitslohn, soweit sie sonstige Bezüge betreffen, als sonstiger Bezug im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen.

Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid erfolgte im Rahmen einer Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG. Als einziger Grund für eine Pflichtveranlagung ist erkennbar, dass der belangten Behörde für das Jahr 2018 zwei Lohnzettel vorlagen, die auf den gleichzeitigen Bezug von zwei lohnsteuerpflichtigen Einkünften schließen ließen.

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 ist dann eine Pflichtveranlagung durchzuführen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

Eine Pflichtveranlagung hat daher nur dann zu erfolgen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Bezüge (nicht bei mehrmaliger Lohnzettelausstellung durch denselben Arbeitgeber; vgl. ) ausbezahlt wurden. Zweck der Veranlagung ist die gemeinsame Erfassung der Bezüge aus sämtlichen Dienstverhältnissen, da die Anwendung des Einkommensteuertarifs auf die Gesamtbezüge in der Regel eine höhere Einkommensteuerschuld zur Folge hat als bei einem getrennten Lohnsteuerabzug (vgl. ). In die Veranlagung sind daher auch Dienstverhältnisse einzubeziehen, deren Bezüge (für sich) noch zu keinem Steuerabzug geführt haben.

Bei Urlaubsersatzleistungen im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 kommt es nach Ansicht der Finanzverwaltung steuerlich darauf an, ob sie mit dem Bezug des Monats der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgerechnet werden (keine Pflichtveranlagung) oder ob sie erst später ausbezahlt werden und es - auf Grund der Ausstellung eines gesonderten Lohnzettels für die Urlaubsersatzleistung - zu einer Überschneidung mit anderen Bezügen kommt

Die Bezüge müssen aber beim Lohnsteuerabzug tatsächlich gesondert versteuert worden sein. So hat zum Beispiel bei einer gemeinsamen Versteuerung mehrerer Pensionen, die durch eine Pensionsversicherungsanstalt ausbezahlt werden, z.B. einer Eigen- und einer Witwenpension, keine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu erfolgen (vgl. Peyerl in Jakom EStG, 14. Aufl. [2021], § 41 Rz 10 f).

Die Beschwerdeführerin hat im Juni 2018 die sogenannte Urlaubsersatzzahlung gemeinsam der laufenden Pension ausbezahlt bekommen. Die Lohnsteuer wurde dementsprechend mit dem für die laufenden Zahlungen ermittelten Steuersatz in Abzug gebracht und einbehalten.

Im Hinblick darauf, dass sowohl die Pension als auch die Urlaubsersatzleistung durch dieselbe bezugsauszahlende Stelle ausbezahlt wurde, die Einbehaltung der Lohnsteuer für die Urlaubsersatzleistung auch zunächst korrekt erfolgte und nur aufgrund eines technischen Fehlers im Folgejahr die von der Urlaubsersatzleistung einbehaltene Lohnsteuer an die Beschwerdeführerin ausbezahlt wurde, kann die Notwendigkeit der Ausstellung von zwei Lohnzetteln für das selbe Jahr nicht ersehen werden. Es ist daher davon auszugehen, dass in dem ursprünglich der belangten Behörde übermittelten Lohnzettel für das Jahr 2018 die von der Beschwerdeführerin bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit korrekt beziffert wurden.

Da somit kein Grund ersehen werden kann, warum für das Jahr 2018 zwei Lohnzettel hätten ausgestellt werden sollen, und daher der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 nicht vorliegt und auch kein anderer Pflichtveranlagungstatbestand erkennbar ist, muss von einer Pflichtveranlagung Abstand genommen werden, auch wenn der Beschwerdeführerin ein Teil der einbehaltenen Lohnsteuer zu Unrecht ausbezahlt wurde.

Da somit weder ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Arbeitnehmerveranlagung für 2018 noch einer der anderen in § 41 Abs. 1 EStG 1988 taxativ aufgezählten Gründe für eine Arbeitnehmerveranlagen vorliegt, hätte der angefochtene Bescheid nicht ergehen dürfen. Er war daher ersatzlos aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Beurteilung des Rechtsfrage, in welchen Fällen eine Arbeitnehmerveranlagung vorzunehmen ist, im gegenständlichen Fall bereits aus den gesetzlichen Bestimmungen ergibt, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Peyerl in Jakom EStG, 14. Aufl. [2021], § 41 Rz 10 f

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101114.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at