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Bescheidbeschwerde – Senat – Beschluss, BFG vom 20.06.2022, KR/2100002/2022

Rekurs Kontoeinschau: Keine nochmalige Bewilligung eines Auskunftsverlangens, wenn das Kreditinstitut die Auskunft schon aufgrund eines vorangegangenen (zu Unrecht bewilligten) Auskunftsverlangens erteilt hat

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/13/0031. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss zur Zahl KR/2100002/2023 erledigt.


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Rechtssätze
Folgerechtssätze
KR/2100002/2022-RS1
wie KR/2100001/2022-RS1
Bei der Bewilligung eines Auskunftsverlangens an ein Kreditinstitut als Mittel zur Konteneinschau handelt es sich um die Bewilligung lediglich einer Ermittlungshandlung der Abgabenbehörde, die in Form einer verfahrensleitenden Verfügung (§244 BAO) gesetzt werden soll.
KR/2100002/2022-RS2
wie KR/2100001/2022-RS2
Verlangt die Abgabenbehörde mit einem schriftlichen Auskunftsverlangen die Auskunft zu mehreren Konten eines Kreditinstituts, so kann dieses Sammelauskunftsverlangen vom BFG nur als Ganzes bewilligt (oder nicht bewilligt) werden, weil von einem Kreditinstitut nur bewilligte Auskünfte verlangt werden dürfen.
KR/2100002/2022-RS3
wie KR/2100001/2022-RS3
In der Rekursentscheidung kann das Bundesfinanzgericht aussprechen, dass einzelne Auskunftsverlangen eines Sammelauskunftsverlangens zu Unrecht bewilligt wurden. In diesem Fall gilt (nur) bezüglich der bei diesen Konteneinschauen gewonnenen Beweise ein Verwertungsverbot.
KR/2100002/2022-RS4
wie KR/2100001/2022-RS4
Zweck des Auskunftsverlangens (§ 8 KontRegG) ist die Konteneinschau bei einem Kreditinstitut. Hat das Kreditinstitut aufgrund eines Auskunftsverlangens die verlangte Auskunft bereits einmal erteilt, kann dieselbe Auskunft vom Kreditinstitut nicht noch einmal verlangt werden; das gilt auch dann, wenn die erteilte Auskunft wegen unrechtmäßiger Bewilligung des Auskunftsverlangens von der Abgabenbehörde vernichtet wurde.

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Michael Rauscher und die Senatsmitglieder Mag. Franz Glashüttner, Mag. Petra Kühberger-Leeb und Mag. Bruno Sundl im Beisein der Schriftführerin Anita Eberhardt über den Rekurs des ***Rk***, ***Rw-Adr***, vertreten durch die Kanzlei Kleiner Eberl und Brandstätter Steuerberatung GmbH, Burgring 22, 8010 Graz, vom gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , KE/7100001/2022, betreffend Bewilligung der Auskunftsverlangen nach § 8 KontRegG vom an die ***Kreditinstitut*** betreffend die Konten ***Konto-1***, ***Konto-2***, ***Konto-3*** und ***Konto-4*** beschlossen:

Die Konteneinschauen wurden zu Unrecht bewilligt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Begründung

Die Abgabenbehörde ist gemäß § 8 Abs. 1 KontRegG berechtigt, in einem Ermittlungsverfahren nach Maßgabe des § 165 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, über Tatsachen einer Geschäftsverbindung von Kreditinstituten Auskunft zu verlangen, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen, zu erwarten ist, dass die Auskunft geeignet ist, die Zweifel aufzuklären und zu erwarten ist, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht.

Wenn der Abgabepflichtige nicht Inhaber des Kontos, sondern vertretungsbefugt, Treugeber oder wirtschaftlicher Eigentümer ist, darf gemäß § 8 Abs. 4 KontRegG ein schriftliches Auskunftsverlangen erst dann gestellt werden, wenn der Inhaber des Kontos vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.

Auskunftsverlangen bedürfen der Schriftform und sind vom Leiter der Abgabenbehörde zu unterfertigen. Auskunftsverlangen der Finanzämter oder des Zollamtes können auch vom Fachbereichsleiter oder der Fachbereichsleiterin unterfertigt werden (vgl. § 8 Abs. 2 KontRegG).

Auskunftsverlangen (§ 8) bedürfen der Bewilligung durch das Bundesfinanzgericht (§ 9 Abs. 2 KontRegG). Dazu hat die Abgabenbehörde gemäß § 9 Abs. 2 KontRegG (idF BGBl. I Nr. 25/2021) das Auskunftsverlangen, die Begründung und die Niederschrift über Anhörung des Abgabepflichtigen oder den diesbezüglichen Schriftverkehr, wenn es aus Gründen, die beim Abgabepflichtigen liegen, nicht zu einer Anhörung gekommen ist; in den Fällen des § 8 Abs. 4 auch die Würdigung der Stellungnahme der Person, die nicht Partei des Abgabenverfahrens ist.

Das Bundesfinanzgericht prüft auf Basis des vorgelegten Auskunftsverlangens das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Konteneinschau nach diesem Gesetz (§ 9 Abs. 3 KontRegG).

Das Bundesfinanzgericht entscheidet durch Einzelrichter mit Beschluss über die Bewilligung einer Konteneinschau (§ 9 Abs. 1 KontRegG).

Bei der Bewilligung eines Auskunftsverlangens an ein Kreditinstitut als Mittel zur Konteneinschau handelt es sich um die Bewilligung lediglich einer Ermittlungshandlung der Abgabenbehörde, die in Form einer verfahrensleitenden Verfügung (§244 BAO) gesetzt werden soll.

Verlangt die Abgabenbehörde mit einem schriftlichen Auskunftsverlangen die Auskunft zu mehreren Konten eines Kreditinstituts, so kann dieses Sammelauskunftsverlangen vom BFG nur als Ganzes bewilligt (oder nicht bewilligt) werden, weil von einem Kreditinstitut nur bewilligte Auskünfte verlangt werden dürfen.

Gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts nach Abs. 1 kann ein Rekurs eingelegt werden, über den das Bundesfinanzgericht durch einen Senat entscheidet. § 288 BAO ist sinngemäß anzuwenden (§ 9 Abs. 4 KontRegG).

Entscheidet das Bundesfinanzgericht nach Abs. 4 dass die Konteneinschau zu Unrecht bewilligt wurde, dann gilt bezüglich der bei dieser Konteneinschau gewonnenen Beweise ein Verwertungsverbot in dem Abgabenverfahren, in dem das Auskunftsverlangen gestellt wurde (§ 9 Abs. 5 KontRegG).

In der Rekursentscheidung kann das Bundesfinanzgericht aussprechen, dass einzelne Auskunftsverlangen eines Sammelauskunftsverlangens zu Unrecht bewilligt wurden. In diesem Fall gilt (nur) bezüglich der bei diesen Konteneinschauen gewonnenen Beweise ein Verwertungsverbot.

Im gegenständlichen Fall hat die Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht schon einmal das (damals mit datierte) Sammelauskunftsverlangen an die ***Kreditinstitut***, mit dem sie Auskünfte zu den hier beschlussgegenständlichen Konten verlangte, zur Bewilligung übermittelt.

Das Bundesfinanzgericht hat dieses Sammelauskunftsverlangen damals mit Beschluss vom , KE/7100001/2020, bewilligt.

Die ***Kreditinstitut*** hat daraufhin die verlangten Auskünfte im Jänner 2021 erteilt.

Nach Rekurs hat das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom , KR/2100003/2021, ausgesprochen, dass die Konteneinschauen zu Unrecht bewilligt wurden. Aufgrund dessen hat die Abgabenbehörde die erteilten Auskünfte vernichtet.

Im Dezember 2021 übermittelte die Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht dasselbe Sammelauskunftsverlangen (nun mit datiert) erneut zur Bewilligung.

Das Bundesfinanzgericht hat dieses Sammelauskunftsverlangen mit Beschluss vom , KE/7100001/2022, bewilligt.

Zweck des Auskunftsverlangens (§ 8 KontRegG) ist die Konteneinschau bei einem Kreditinstitut. Hat das Kreditinstitut aufgrund eines Auskunftsverlangens die verlangte Auskunft bereits einmal erteilt, kann dieselbe Auskunft vom Kreditinstitut nicht noch einmal verlangt werden; das gilt auch dann, wenn die erteilte Auskunft wegen unrechtmäßiger Bewilligung des Auskunftsverlangens von der Abgabenbehörde vernichtet wurde.

Die (nochmalige) Bewilligung der gegenständlichen Kontoeinschauen erfolgte daher zu Unrecht.

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichts ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision zulässig ist. Da diese Voraussetzung wegen des Fehlens einer Rechtsprechung zur Frage, ob ein nochmaliges Auskunftsverlangen an ein Kreditinstitut nach bereits erteilter Auskunft zulässig ist, vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
/2021
/2022
/2020
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:KR.2100002.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at