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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.05.2022, RV/5101229/2020

Zuständigkeit des Wohnmitgliedsstaates iSd Art. 11 Abs. 3 lit. e der Verordnung (EG) 883/2004

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5101229/2020-RS1
Die Beantwortung von Bedenkenvorhalten zählt zu den Anbringen im Sinne des § 85 BAO, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht per E-Mail eingebracht werden können (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren3, § 86a Tz 7 mit Judikaturnachweisen). Als Beweismittel sind per E-Mail eingebrachte Unterlagen jedoch allenfalls verwertbar (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 86a Anm 9 mit Hinweis auf § 166 BAO). Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. So sind zwar auch telefonische Anbringen keine (mündlichen) Anbringen im Sinne des § 85 BAO; dies schließt aber nicht aus, telefonische Mitteilungen, die in Aktenvermerken festzuhalten sind, in freier Beweiswürdigung zu berücksichtigen (, zitiert in Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 166 E 28; ebenso Ritz, BAO7, § 85 Tz 9). Gleiches gilt für Unterlagen, die per E-Mail übermittelt werden und die zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet sind.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu VNR ***1*** über die Rückforderung zu Unrecht für das Kind ***K*** (VNR ***2***) für den Zeitraum März 2019 bis Oktober 2019 bezogener Ausgleichszahlungen und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 1.140,03 € zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit automationserstelltem Schreiben vom (Formblatt ALF 3) gratulierte das Finanzamt der Beschwerdeführerin zur Geburt ihrer Tochter ***K*** am ***11***. Ferner wurde um Bekanntgabe noch fehlender Daten ersucht.

Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin am nach. Es wurden neben dem ausgefüllten Formblatt ALF 3 unter anderem Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger betreffend die Beschwerdeführerin und ihre Tochter, eine Meldebestätigung für die Beschwerdeführerin, ein Auszug aus dem Mutter-Kind-Paß, ein Personenbetreuungsvertrag vom , ein Auszug aus dem Gewerberegister, Zahlungsnachweise betreffend die SVA der gewerblichen Wirtschaft und Nachweise über erhaltene Honorare aus der ausgeübten Personenbetreuung vorgelegt.

Über Vorhalt des Finanzamtes vom legte die Beschwerdeführerin am ergänzend die vom Standesamt ***3*** ausgestellte Geburtsurkunde ihrer Tochter, eine Einkommensbestätigung des rumänischen Finanzamtes für das Jahr 2017 sowie eine übersetzte Bestätigung des Ehemannes der Beschwerdeführerin vor, derzufolge dieser als Volleyballtrainer eines näher bezeichneten Vereins tätig gewesen war und ihm vom Verein eine Wohnung zur Verfügung gestellt worden sei, weshalb er zunächst nicht an der Adresse der Beschwerdeführerin gemeldet gewesen wäre. Seit Beendigung dieser Tätigkeit sei er an der Anschrift seiner Frau gemeldet. Dazu wurde eine entsprechende Meldebestätigung vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin gab ergänzend an, dass sie derzeit nicht arbeite, da sie am "Anfang der Karenz Periode" stehe. Dazu wurde ein Schreiben der SVA der gewerblichen Wirtschaft vom vorgelegt. Demnach war die Beschwerdeführerin bis dahin als selbständig Erwerbstätige versichert. Die Beschwerdeführerin habe die Einstellung bzw. Unterbrechung ihrer Tätigkeit mitgeteilt und die SVA informiert, dass sie ein Kind erwarte. Sie werde daher vom bis von der Pflichtversicherung ausgenommen. Während des Mutterschutzes sei die Beschwerdeführerin weiterhin krankenversichert und sie erwerbe auch Versicherungsmonate in der Pensionsversicherung. Ab sei sie wieder pflichtversichert.

In einem weiteren Schreiben der SVA vom teilte diese mit, dass die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin weiterhin ruhend gemeldet sei. Damit würden die Voraussetzungen für ihre Pflichtversicherung als aktiv Erwerbstätige in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung wegfallen. Die entsprechende Meldung sei am eingelangt. Sie sei daher in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung ab nicht pflichtversichert.

In einer Mitteilung vom teilte das Finanzamt der Beschwerdeführerin mit, dass ihr nach Überprüfung des Anspruches von September 2018 bis Februar 2019 Familienbeihilfe für ihre Tochter gewährt werde. Weiters erhalte sie den Kinderabsetzbetrag.

Anlässlich der Überprüfung des Beihilfenanspruches ersuchte das Finanzamt am die Beschwerdeführerin um Mitteilung, ob sie mit ihrer Tochter noch in Österreich lebe. Ferner sollten die Mutter-Kind-Pass Untersuchungen nachgewiesen werden.

Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin am nach. Sie wohne weiter mit ihrer Tochter in Österreich. Laut vorgelegten Auszügen aus dem Mutter-Kind-Pass wurden am und Untersuchungen des Kindes durchgeführt.

Eine inhaltsgleiche Überprüfung des Beihilfenanspruches erfolgte mit Schreiben vom , die von der Beschwerdeführerin am wie in der Stellungnahme vom beantwortet wurde.

Ungeachtet dessen forderte das Finanzamt mit Bescheid vom von der Beschwerdeführerin die für ihre Tochter für den Zeitraum Dezember 2018 bis Februar 2019 bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 517,20 € zurück. Die Beschwerdeführerin lebe mit ihrer Familie in Rumänien und sei seit in Österreich nicht mehr beschäftigt. Der Bescheid weist als Adresse der Beschwerdeführerin ihren rumänischen Wohnsitz aus; es ist kein (internationaler) Rückschein zu diesem Zustellvorgang akenkundig.

Worauf sich die Feststellung des Finanzamtes stützt, dass die Beschwerdeführerin im angeführten Zeitraum mit ihrer Familie in Rumänien lebte, ist der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen. Am war beim Finanzamt allerdings ein vom rumänischen Träger am bestätigtes Formblatt E 411 eingelangt, in dem als Wohnort der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter der rumänische Familienwohnsitz angeführt worden war.

Mit Formblatt Beih 100 beantragte die Beschwerdeführerin am die Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ab März 2019. Als aktuelle Wohnanschrift gab sie dabei ***Adr2*** an. Dem Antrag waren die bereits vorgelegten Anmeldebescheinigungen im Sinne des NAG für die Beschwerdeführerin und ihre Tochter angeschlossen. Weiters wurde eine Untersuchung des Kindes am im Mutter-Kind-Pass nachgewiesen.

Am wurde eine neuerliche Bescheinigung E 411 des rumänischen Trägers vorgelegt. Darin wird als Wohnadresse der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter die oben angeführte Adresse in ***3*** ausgewiesen. Auch als Anschrift des Kindesvaters wird diese Adresse angegeben. Bestätigt wird, dass der Kindesvater in der Zeit von bis in Rumänien keine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat und im Zeitraum bis von diesem auch kein Antrag auf Gewährung von rumänischen Familienleistungen gestellt wurde.

In einer Mitteilung vom , die an die inländische Anschrift der Beschwerdeführerin adressiert war, wurde der Beschwerdeführerin bekannt gegeben, dass ihr für den Zeitraum März 2019 bis Oktober 2019 eine Ausgleichszahlung für ihre Tochter gewährt werde.

Die Beschwerdeführerin teilte dem Finanzamt in einer Eingabe vom zum Rückforderungsbescheid vom mit, dass ihr Wohnsitz und der ihrer Tochter nach wie vor in Österreich sei. Ihr Ehemann wohne nur ab und zu bei ihr, da er Volleyballtrainer sei und keinen festen Job habe; auch die Ehe funktioniere nicht mehr so gut. Sie arbeite zur Zeit nicht, da sie ihr Kind pflegen müsse. Sie habe am einen Beihilfenantrag samt Unterlagen eingereicht und am das Formular E 411 zum Nachweis dafür, dass sie in Rumänien keine "geldliche Hilfe, Kindergeld, Sozialleistung" habe. Die Mitteilung vom habe sie erhalten. Am sei die Rückzahlung der Summe von 517,20 € eingemahnt worden. Diese Summe könne sie nicht zurückzahlen, "weil es ein Fehler ist". Sie habe fünf Jahre in Österreich gearbeitet und alle Sozialabgaben bezahlt. Ihr Kind habe das Recht, das Kindergeld zu bekommen.

Der Eingabe war eine übersetzte rumänische Bescheinigung angeschlossen, derzufolge der Beschwerdeführerin für ihre Tochter in Rumänien kein staatliches Kindergeld zusteht. Weiters wurden neuerlich die durchgeführten Mutter-Kind-Pass Untersuchungen samt den dafür angefallenen Kosten nachgewiesen, ebenso Zahlungen an die SVA. Vorgelegt wurden die bereits bekannten Anmeldebescheinigungen und Meldebestätigungen für die Beschwerdeführerin, ihre Tochter und den Kindesvater an der Anschrift in ***3***.

Daraufhin wurde die Schwester der Beschwerdeführerin, ***4***, am durch einen Mitarbeiter des Erhebungsdienstes des Finanzamtes in deren Wohnung in ***Adr2***, befragt. In einer handschriftlichen Niederschrift, die keinen Nachweis über eine Belehrung der Zeugin im Sinne des § 174 BAO enthält, wurden folgende Aussagen der Zeugin festgehalten:

"Frage: Lebt Frau ***BF*** bei Ihnen?

Antwort: Derzeit ist sie in Rumänien. Sie kommt manchmal auf Besuch, hat einen Schlüssel für die Wohnung, da ich selbst viel bei meinem Freund bin (***5***). An Kleidung, Kindersachen und Toiletartikel ist nichts für sie in der Wohnung. Wenn sie kommt, hat sie alles für einen Besuch dabei, was man für Übernachtung und das Kind braucht. Sie schläft auf der Couch (mit Kind) für die paar Tage.

Frau ***Bf*** hat lt. Aussage ihrer Schwester kein Einkommen.

An der ***6*** Adresse sind neben der Hauptmieterin (Fr. ***4***) noch Fr. + Hr. ***Bf*** und Kind ***K*** gemeldet. Wohnung = 48 m2!

Das ältere Kind ***7*** ist nicht ihre leibl. Tochter, sondern die ihres Mannes und lebt in Rumänien bei der Oma.

Herr ***Bf*** ist Volleyball-Trainer einer rumän. Mannschaft und hat früher mal in ***8*** gearbeitet. Jetzt ist er zwar hier gemeldet, lebt aber nicht wirklich hier, da er ständig unterwegs ist. Ob die Partnerschaft noch aufrecht ist, ist fraglich.

Frau ***Bf*** kommt angeblich bis zu 3x im Monat nach ***8*** und ist auch öfters in ***9*** beim Schwiegervater."

Das Finanzamt teilte der Beschwerdeführerin mit einer nun wieder an die rumänische Anschrift adressierten Mitteilung über den Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe vom mit, dass diese "ab " keinen Anspruch auf Familienbeihilfe mehr habe. Die Auszahlung der Familienbeihilfe werde daher eingestellt.

Ferner wurden mit Bescheid vom zu Unrecht für die Tochter der Beschwerdeführerin für die Monate März 2019 bis Oktober 2019 bezogene Beträge an Ausgleichszahlungen und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 1.140,03 € zurückgefordert. Begründet wurde dies damit, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Familie in Rumänien liebe und somit dort ihren Lebensmittelpunkt habe. Ein Besuch der Schwester in Österreich und die gleichzeitige Durchführung der Untersuchungen laut Mutter-Kind-Pass begründe keinen Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich. Da die Beschwerdeführerin weder einen Wohnsitz und auch keine Beschäftigung in Österreich nachweisen könne, wären die Ausgleichszahlungen im Zeitraum März bis Oktober 2019 zu Unrecht bezogen worden.

Der Bescheid wurde an die rumänische Anschrift der Beschwerdeführerin adressiert. Auch zu dieser Erledigung ist kein (internationaler) Rückschein aktenkundig.

In der Buchungsmitteilung Nr. 2/2019, ebenfalls vom , wurden die Nachforderungen aus dem Rückforderungsbescheid vom ausgewiesen. In der Buchungsmitteilung Nr. 1/2019 vom waren die Nachforderungen aus dem Rückforderungsbescheid vom aufgegliedert dargestellt worden.

Am brachte die Beschwerdeführerin eine "Beschwerde gegen der Buchungsmitteilung Nr. 1 und Nr. 2/2019" ein und führte darin aus:

"Die Unterzeichnete ***BF***, identifiziert mit SVA-Nr. ***10***, teile Ihnen mit, dass, seit dem ***11***, das Geburtsdatum meiner Tochter, und bis am , ich im ***3*** gewohnt habe, Zeit in der ich an allen medikalischen Kontrollen (Mutter-Kind-Pass) in Österreich teilgenommen habe, und ich habe mich an allen Gesetze Ihres Staates angepasst.

ln den letzten 5 Jahre, vor der Geburt meiner Tochter, habe ich in Österreich gearbeitet, ich habe alle Gebühren in Österreich bezahlt, und, nach der Geburt meiner Tochter habe ich von keiner Versicherung für das Kind benefiziert, alle Kontrolle musste ich selbst bezahlen.

Im letzten Jahr habe ich keine Hilfe vom österreichischen Staat bekommen, ausser das Kindergeld des Kindes, deswegen musste ich, am , zurück nach Rumänien umziehen, weil ich im letzten Jahr nur aus den vorherigen Ersparnisse und mit Hilfe meiner Familie, gelebt habe.

Ich kann nicht verstehen warum ich das Kindergeld zurückzahlen muss, solange ich in Österreich gelebt habe und das Geld im Interesse des Kindes benutzt wurde. Ich glaube nicht, dass es ein Gesetz gibt, das mir vorschreibt, meine Familie nicht besuchen zu dürfen, oder mir einen Urlaub untersagt, Sachen die auch geschehen sind, aber mein Hauptwohnsitz war, bis am , in ***Adr2***.

Ich bitte Sie, meine Beschwerde in Untersuchung zu nehmen, und meinen Fall zu lösen."

Das Finanzamt wertete diese Eingabe als Beschwerde gegen die darin angeführten Buchungsmitteilungen und wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unzulässig zurück.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde an die inländische Anschrift der Beschwerdeführerin adressiert. Auch zu dieser Erledigung findet sich weder in den vorgelegten Aktenteilen noch in der Beihilfendatenbank ein Rückschein.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung richtet sich der Vorlageantrag vom , auf dem als Anschrift der Beschwerdeführerin ihre rumänische Adresse ausgewiesen wird. Neben dem Eingangsstempel, der als Eingangsdatum den ausweist, findet sich der Vermerk "POST - kein Kuvert". Im Vorlageantrag führte die Beschwerdeführerin aus:

"Die von ihnen erlassene Beschwerdevorentscheidung vom erhielt ich nachdem in Rumänien Ausgehbeschränkung wegen COVID -19 verordnet wurde, und ich durfte meine Stadt nicht verlassen um ins Übersetzungsbüro (welches auch geschlossen war) zu fahren. Erst heute, am wurde diese Ausgehbeschränkung (und damit der Notstand) aufgehoben.

Am habe ich eine Beschwerde gegen Buchungsmittelung 1 und 2 / eingereicht die aber als Beschwerde gegen den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom 22.0ktober 2020 zu betrachten ist.

In meiner Beschwerde vom habe ich ihnen erklärt, dass ich seit der Geburt meiner Tochter ***K*** (geb. am ***11***) bis tatsächlich, ununterbrochen in ***Adr2*** gewohnt habe. Bevor habe ich 5 Jahre in Österreich gearbeitet. Mein Ehemann war auch in ***8*** berufstätig, ab September 2017 bis September 2018 hat er das Volleyball - Team in ***8*** trainiert (Zeitungsartikel anbei). Im September 2018 hat meinem Ehemann das Voleyball-Team eine Wohnung beschafft, bei der er auch seinen Hauptwohnsitz angemeldet hat, und in welcher wir auch in Absicht hatten umzuziehen. Die Leitung des Volleyball-Clubs hat meinem Ehemann, seit dem Anfang ihrer Kooperation versprochen, einen angemessenen Arbeitsplatz zu beschaffen, denn aus der Trainer-Lohn hätte er seine Familie nicht unterhalten können. Als mein Ehemann sah, dass aus dem versprochenen Arbeitsplatz nichts wird, hat er sich kurzerhand entschieden, das Trainieren des Teams aufzugeben und ins Heimatland zu fahren. Wir sind alle im Oktober 2018 ins Heimatland Rumänien gefahren um der Tochter die rumänischen Urkunden zu beschaffen. Nachdem wir die rumänische Geburtsurkunde für die Tochter beantragt haben, bin ich mit meiner Tochter in ***8*** zurückgekehrt, da die Impfungen und die ärztliche Kontrollen in unterschiedlichen Zeitabständen gemacht werden mussten. Wir blieben bis September 2019 fast ununterbrochen (ausser einigen Besuchsfahrten nach Rumänien) in der Wohnung meiner Schwester in ***Adr2***). Mein Ehemann bleib praktisch in Rumänien seit Oktober 2018, um sich einen Arbeitsplatz zu finden den er auch gefunden hat, und konnte nur selten nach Österreich. Da mir alleine mit der Tochter sehr schwer war und deswegen oft frustriert war, litt unsere eheliche Beziehung, und im September 2019 haben wir uns entschieden, für den Wohl der Familie nach Hause nach Rumänien zu fahren.

Ich weiss nicht weshalb ich keinen Anspruch auf Familienbeihilfe habe. Ich kenne viele Mütter die in Österreich gearbeitet haben, aber in Rumänien entbunden und danach, für die Karenzzeit in Rumänien blieben (also haben den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Rumänien und nicht in Österreich), ihre Personenbetreuungsgewerbe ruhend gemeldet haben und bis ihr Kind 1- 2 Jahre vollendet auch Familienbeihilfe und auch Kinderbetreuungsgeld erhalten. (Ich lege Ihnen die Bescheide meiner Bekannten, die in Rumänien wohnen, bei). Ich habe 1 Jahr lang in Österreich gewohnt, und erst als ich nicht mehr weiter wusste (mein Kinderbetreuungsgeldantrag ist bis heute nicht entschieden und habe in dieser Zeit kein Einkommen gehabt) habe ich mich entschieden ins Heimatland zu ziehen. Warum ist meine Situation anders als die meiner Bekannten die nach der Geburt ihres Babys gar nicht in Österreich gewohnt haben?

In der Hoffnung einer mir günstigen Entscheidung meiner Beschwerde verbleibe ich mit freundlichen Grüssen …"

Dem Vorlageantrag waren die Beschwerdevorentscheidung, der Rückforderungsbescheid, die Buchungsmitteilungen sowie die Mitteilung vom angeschlossen. Weiters wurde der im Vorlageantrag erwähnte Zeitungsartikel angeschlossen. Schließlich legte die Beschwerdeführerin auch noch Unterlagen mehrerer Bekannten vor, die ebenfalls in Rumänien wohnen und Familienbeihilfe samt Kindergeld beziehen würden.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung derselben.

In einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom , nachweislich zugestellt am , wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, zu nachstehenden Punkten binnen einer Frist von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens Stellung zu nehmen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren betrifft den Zeitraum März 2019 bis Oktober 2019. Sie haben im Vorlageantrag vom ausgeführt, dass Sie mit Ihrer Tochter ***K*** seit deren Geburt (***11***) bis in ***Adr2***, gewohnt haben.

An dieser Anschrift war Ihre Schwester ***4*** (geb. ***12***) bis gemeldet. Das Finanzamt hat Ihre Schwester am dort befragt. Ihre Schwester hat dabei die in der beiliegenden handschriftlichen Niederschrift festgehaltenen Angaben gemacht.

Die Niederschrift wurde am aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren Sie nach Ihren Angaben bereits zurück nach Rumänien gezogen. Insofern waren die Angaben Ihrer Schwester zu diesem Zeitpunkt jedenfalls zutreffend. So hat Ihre Schwester ausgesagt, dass Sie "derzeit" in Rumänien seien. Es geht aus den Angaben Ihrer Schwester aber nicht ausreichend klar hervor, dass Sie auch bereits in der Zeit vom ***11*** bis überwiegend in Rumänien gelebt und ihre Schwester nur ab und zu gemeinsam mit ihrer Tochter besucht hätten. Davon geht allerdings das Finanzamt aus.

Es wird daher ersucht, zu diesem Punkt eine schriftliche Klarstellung Ihrer Schwester vorzulegen, wobei allerdings darauf hingewiesen wird, dass Ihre Schwester als Angehörige im Sinne des § 25 BAO keine Angaben machen muss (§ 171 Abs. 1 lit. a BAO).

Weiters wird darauf hingewiesen, dass nach den Angaben Ihrer Schwester in deren (laut Feststellung in der Niederschrift nur 48 m² großen) Wohnung jedenfalls nach Ihrer Übersiedlung nach Rumänien weder für Sie noch für Ihr Kind ein eigenes Zimmer vorhanden war und Sie bei Ihren Besuchen mit dem Kind auf der Couch schlafen würden. Wie waren die Wohnverhältnisse in der Zeit vom ***11*** bis ?

Können noch andere Personen Ihren überwiegenden Aufenthalt in ***3*** in der Zeit vom ***11*** bis bestätigen? Sollte dies der Fall sein, wird um Vorlage entsprechender schriftlicher Bestätigungen ersucht.

Haben Sie noch andere Belege, aus denen auf Ihren Aufenthalt in Österreich im genannten Zeitraum geschlossen werden kann (z.B. Kontoauszüge, auf denen Abhebungen bei Bankomaten in Österreich ausgewiesen werden …)?

Welche Ihrer Familienangehörigen - außer Ihrer Schwester - lebten im Zeitraum März bis Oktober 2019 noch in Österreich (in der Stellungnahme Ihrer Schwester wird beispielsweise Ihr Schwiegervater erwähnt, der in ***9*** lebe)? Welche Ihrer Angehörigen lebten in Rumänien? Zu welchen Ihrer Angehörigen hatten Sie damals engeren und häufigeren Kontakt?

Im Melderegister wird seit dem ein Nebenwohnsitz in ***13*** (Unterkunftgeber ***14***) ausgewiesen. Üben Sie dort Ihren Beruf als Personenbetreuerin wieder aus? Können behördliche Schriftstücke an diese Adresse zugestellt werden oder wünschen Sie eine Zustellung weiterhin an Ihren Familienwohnsitz in Rumänien?

Zu diesem Vorhalt, dem als Beilage eine Ablichtung der darin erwähnten Niederschrift vom über die Einvernahme der Schwester der Beschwerdeführerin angeschlossen war, langte erst unmittelbar vor Abfertigung der gegenständlichen Entscheidung am ein E-Mail der Beschwerdeführerin ein. Darin wurde ausgeführt, dass sie den Vorhalt erst sehr spät, Anfang Mai, erhalten habe. Wahrscheinlich sei der Brief "auf der Post verloren" worden, das passiere "bei uns" (gemeint offenbar: in Rumänien) oft. Dem E-Mail waren folgende Anhänge angeschlossen:

Unterschriebene Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom , Ablichtungen von Kassenbons, Ablichtungen von Ordinationsrechnungen betreffend die Mutter-Kind-Pass Untersuchungen, Meldebestätigungen betreffend den Schwiegervater (jpg-Dateien).

In der Sache brachte die Beschwerdeführerin vor:

"So wie ich das schon dem Finanzamt schriftlich erklärt habe, habe ich im Zeitraum ***11*** bis ich mich vorwiegend, ausser einigen Besuchsfahrten nach Rumänien und nach ***15*** bei meinem Schwiegervater, ***16***, zusammen mit meiner Tochter ***K***, in der Wohnung meiner Schwester in ***Adr2*** aufgehalten. In diesem Zeitraum wohnte meine Schwester, ***4***, meistens bei ihrem Freund, und somit war ich und meine Tochter ***K*** in der 48 qm grossen Wohnung alleine. Mein Ehemann, der inzwischen in Rumänien arbeitete, kam aus Rumänien uns zu besuchen. Weil er manchmal nicht viel Zeit zur Verfügung hatte oder weil er mit seinem Vater aus Rumänien nach Österreich bis ***15*** fuhr, fuhr ich auch zusammen mit der Tochter nach ***15***. Ich blieb dann auch einige male mehrere Tage in der Wohnung des Schwiegervaters. Wenn ich die Gelegenheit hatte (mit jemandem aus dem Bekanntenkreis der nach Rumänien fuhr), fuhr ich mit der Tochter auch für paar Tage nach Rumänien. Weil dieses ganze Pendeln und die finanzielle Belastung an unserer Beziehung zerrte (ich wollte unbedingt, dass wir in Österreich bleiben, mein Ehemann, der sich früher keinen Arbeitsplatz neben dem Trainerjob fand, war eher skeptisch) habe ich mich im September 2019 entschlossen endgültig nach Rumänien zu ziehen. Ich hatte Schlüssel zur Wohnung meiner Schwester und beabsichtigte auch nach der Zurücksiedlung nach Rumänien in 09/2019 öfters nach Österreich zu fahren auch weil ich die ärztlichen Kontrollen für die Tochter zu vorgeschriebenen Zeitpunkten durchführen musste. Viele Belege aus der Zeit kann ich, nach so langer Zeit, nicht mehr mehr vorlegen. Alle die ich gefunden habe, lege ich Ihnen in Kopie vor (Kassenbons). Ich kann keine andere schriftliche Bestätigungen andere Personen über meinen Aufenthalt in ***8*** erbringen. Mein Schwiegervater lebte (und lebt auch jetzt noch) in Österreich. Mit Ihm halten wir einen engen Kontakt auf. In Rumänien leben meine Eltern, meine Schwiegermutter, die Tochter meines Ehemannes, ***7***. Zu allen hatten wir in dem Zeitraum zwischen 09/2018 bis 09/2019 einen engen Kontakt. Ab Juli 2020 habe ich für eine Zeit noch in ***17*** als Personenbetreuerin gearbeitet. Meine Rückkehr zur Pflegetätigkeit war eine Voraussetzung der SVS für die Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes. Dieser Voraussetzung habe ich genug getan. Jetzt arbeite ich nicht mehr. Mein Nebenwohnsitz in ***15*** ist anscheinend nicht abgemeldet worden. Meine Schwester, ***4***, ist umgezogen. Ich kenne Ihre neue Adresse nicht. Wir haben in der letzten Zeit aus familiären Gründen weniger Kontakt."

II. Beweiswürdigung

Es ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob sich der Wohnort der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 1 lit. j der Verordnung (EG) 883/2004 im Zeitraum März bis Oktober 2019 in Österreich oder in Rumänien befunden hat. Zu den familiären Bindungen hat die Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom ausgeführt, dass ihr Ehemann, ihre Eltern, ihre Schwiegermutter und die Tochter ihres Mannes, ***7***, in Rumänien leben und sie zu all diesen Personen im Zeitraum zwischen 09/2018 bis 09/2019 einen engen Kontakt gehabt habe. Im Vorlageantrag hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie mit ihrer Tochter und ihrem Ehemann im Oktober 2018 "ins Heimatland Rumänien" gefahren sei und ihr Ehemann auch dort geblieben wäre. Im September 2019 habe sie beschlossen, zum Wohl der Familie "nach Hause nach Rumänien" zu fahren. In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin (zutreffend) ausgeführt, dass es ihr nicht verwehrt wäre, ihre Familie (in Rumänien) zu besuchen oder dort Urlaub zu machen. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist für das Bundesfinanzgericht ausreichend erwiesen, dass - auch im beschwerdegegenständlichen Zeitraum - die engeren familiären Bindungen in Rumänien bestanden.

Dafür spricht auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin für die Tochter zusätzlich eine rumänische Geburtsurkunde ausstellen ließ, obwohl bereits eine vom Standesamt ***3*** ausgestellte Geburtsurkunde vorlag. Im Vorlageantrag war dazu ausgeführt worden, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter "im Oktober 2018 ins Heimatland Rumänien gefahren" sei um der Tochter "die rumänischen Urkunden zu beschaffen". Sie habe dort die rumänische Geburtsurkunde für die Tochter beantragt.

In diesem Zusammenhang ist auch das am vom rumänischen Träger bestätigte Formular E 411 zu berücksichtigen, in dem als Wohnort der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter der rumänische Familienwohnsitz angeführt worden war. Die am vorgelegte neuerliche Bescheinigung E 411 vermag die Beweiskraft der Bescheinigung vom nicht zu entkräften, wird doch darin unter anderem bestätigt, dass auch der Kindesvater im Österreich wohnhaft wäre, was aber nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag jedenfalls unzutreffend war, da dieser seit Oktober 2018 wieder in Rumänien wohnte. Dies legt den Verdacht einer "Gefälligkeitsbescheinigung" nahe. Dafür spricht auch der Umstand, dass diese am vorgelegte Bescheinigung vom "" datiert.

Zur Wohnsituation, insbesondere deren dauerhafter Charakter, wurde vom Finanzamt anlässlich des Besuches an der bekannt gegebenen inländischen Wohnadresse der Beschwerdeführerin festgestellt, dass dort ihre Schwester wohnte. Diese hat dabei angegeben, dass weder für die Beschwerdeführerin noch für ihr Kind ein eigenes Zimmer vorhanden sei und diese bei ihren Besuchen mit dem Kind auf der Couch schlafen würden. Dass die Wohnverhältnisse in der Zeit vom ***11*** bis anders geartet gewesen wären, hat die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht. Selbst wenn ihre Schwester "meistens" bei deren Freund gewohnt hat, und die Beschwerdeführerin daher das Zimmer ihrer Schwester benutzen konnte, ändert dies nichts daran, dass in der Wohnung kein dauerhaft eingerichtetes eigenes Zimmer für die Beschwerdeführerin und ihr Kind zur Verfügung standen. Bei dieser Sachlage kann aber keine Rede davon sein, dass die provisorische Wohngelegenheit bei der Schwester der Beschwerdeführerin dauerhaften Charakter gehabt hätte.

Die unbestritten in Österreich durchgeführten Mutter-Kind-Pass Untersuchungen des Kindes erfolgten damit lediglich anlässlich von Besuchen der Beschwerdeführerin bei ihrer Schwester. Mit solchen unregelmäßigen Besuchen (nach Angaben der Schwester bis zu drei Mal pro Monat) wird aber kein inländischer Wohnort begründet. Ein solcher kann auch nicht aus der bloßen Meldung an einer inländischen Anschrift im Sinne des Meldegesetzes abgeleitet werden.

Aus den vorgelegten wenige Einkaufsbons, die allein aus den Monaten Jänner und September 2019 datieren und überwiegend Einkäufe in ***9*** betreffen, kann ebenfalls auf keinen dauerhaften Aufenthalt in ***3*** geschlossen werden.

In freier Würdigung aller oben angeführten Umstände geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass sich der Wohnort der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 1 lit. j der Verordnung (EG) 883/2004 (auch) im Zeitraum März bis Oktober 2019 in Rumänien befand.

III. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Angefochtener Bescheid

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (Ritz, BAO7, § 85 Tz 1 mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Am waren an die Beschwerdeführerin drei behördliche Erledigungen ergangen: die Mitteilung über den Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe, die Buchungsmitteilung Nr. 2/2019 und der Rückforderungsbescheid vom . Die Eingabe vom wurde zwar als "Beschwerde gegen der Buchungsmitteilung Nr. 1 und Nr. 2/2019" bezeichnet. Aus dem Inhalt dieser Beschwerde geht jedoch ausreichend deutlich hervor, dass sie sich gegen den Rückforderungsbescheid vom richtet, da nach näher dargelegter Ansicht der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe auch für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum vorlägen. Im Vorlageantrag wird ausdrücklich bestätigt, dass sich die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid gerichtet hat.

2. Rechtzeitigkeit der Beschwerde und des Vorlageantrages

Der angefochtene, an die rumänische Wohnanschrift der Beschwerdeführerin adressierte Rückforderungsbescheid wurde ohne Rückschein zugestellt. Zustellungen nach Rumänien nehmen erfahrungsgemäß längere Zeit in Anspruch. Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde nach elf Tagen zugestellt. Nimmt man eine vergleichbare Dauer des Zustellvorganges betreffend den angefochtenen Bescheid vom an, bestehen für das Bundesfinanzgericht keine Zweifel daran, dass die Beschwerde vom rechtzeitig erhoben wurde. Solche Zweifel wurden auch vom Finanzamt im Vorlagebericht vom nicht geäußert. Wären bei diesem solche Zweifel vorgelegen, hätte es die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen feststellen müssen (vgl. § 26 Abs. 2 zweiter Satz ZustellG).

Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde an die inländische Anschrift der Beschwerdeführerin adressiert. Auch zu diesem Zustellvorgang ist kein Rückschein aktenkundig. Ob die Sendung von der an dieser Anschrift wohnhaften Schwester der Beschwerdeführerin übernommen und von dieser an jene in Rumänien weitergeleitet oder bei einem "Besuch" der Beschwerdeführerin in Österreich übergeben wurde, kann dahingestellt bleiben. Aufgrund der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber in § 323c Abs. 1 BAO angeordnet, dass in anhängigen behördlichen Verfahren der Abgabenbehörden alle im ordentlichen Rechtsmittelverfahren (7. Abschnitt Unterabschnitt A) vorgesehenen Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach dem fällt, sowie Fristen, die bis zum noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des unterbrochen werden und mit neu zu laufen beginnen. Zu dem im Postweg eingebrachten Vorlageantrag vom findet sich im Akt kein Kuvert, dem allenfalls der Zeitpunkt der Postaufgabe entnommen werden könnte. Der Vorlageantrag trägt die rumänische Anschrift der Beschwerdeführerin und dürfte nach dem darin erstatteten Hinweis auf die Ausgangsbeschränkungen in Rumänien auch dort zur Post gegeben worden sein. Der Vorlageantrag ist am beim Finanzamt eingelangt. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in § 323c Abs. 1 BAO normiert generelle Fristverlängerung sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der auf einen gesetzlichen Feiertag im Sinne des § 108 Abs. 3 BAO fiel (Pfingstmontag), wurde der Vorlageantrag damit jedenfalls fristgerecht eingebracht.

3. Beschwerdegegenständlicher Zeitraum

Der Rückforderungsbescheid vom betreffend den Zeitraum 12/2018 bis 2/2019 ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, das sich allein auf den Rückforderungsbescheid vom bezieht (siehe dazu den Vorlagebericht des Finanzamtes vom ). Der Rückforderungsbescheid vom dürfte in Rechtskraft erwachsen sein; jedenfalls findet sich weder in den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen noch in der Beihilfendatenbank eine Beschwerde gegen diesen Bescheid. In der gegenständlichen Beschwerde vom wird zwar auch die Buchungsmitteilung Nr. 1/2019 erwähnt, in der die Nachforderungen aus dem ersten Rückforderungsbescheid vom ausgewiesen werden. Selbst wenn mit der Beschwerde vom auch der Rückforderungsbescheid vom angefochtenen werden sollte, wäre die Beschwerde insofern aber wohl verspätet; jedenfalls fehlte aber eine diesbezügliche Beschwerdevorentscheidung, sodass dem Bundesfinanzgericht hinsichtlich des Zeitraumes 12/2018 bis 2/2019 keine Entscheidungsbefugnis zukommt.

4. Vorhaltsbeantworung per E-Mail

Die Beantwortung von Bedenkenvorhalten zählt zu den Anbringen im Sinne des § 85 BAO, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht per E-Mail eingebracht werden können (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren3, § 86a Tz 7 mit Judikaturnachweisen). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 2012/16/0082, näher ausgeführt hat, kommt einer E-Mail im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe handelt. Ein mit E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen abhängig ist. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einer solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt (vgl. auch , und ).

Als Beweismittel sind per E-Mail eingebrachte Unterlagen jedoch allenfalls verwertbar (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 86a Anm 9 mit Hinweis auf § 166 BAO). Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. So sind zwar auch telefonische Anbringen keine (mündlichen) Anbringen im Sinne des § 85 BAO; dies schließt aber nicht aus, telefonische Mitteilungen, die in Aktenvermerken festzuhalten sind, in freier Beweiswürdigung zu berücksichtigen (, zitiert in Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 166 E 28; ebenso Ritz, BAO7, § 85 Tz 9). Gleiches gilt für Unterlagen, die per E-Mail übermittelt werden und die zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet sind. Die dem E-Mail vom angeschlossenen Anhänge wurden daher im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt.

5. Beihilfenanspruch im Zeitraum März bis Oktober 2019

Nationales Recht

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unter den in lit. a bis l genannten Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige bzw. volljährige Kinder.

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 bestimmt, dass die Person Anspruch auf Familienbeihilfe hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1 FLAG).

In diesen Fällen kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden (§ 2a Abs. 2 FLAG).

Nach § 3 Abs. 1 und 2 FLAG haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten, und für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann, wenn sich diese nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Unionsrecht

Die Verordnung (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit bestimmt auszugsweise:

Art. 1 lit. j: Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck "Wohnort" den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person;

Art. 2 (1): Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Art. 4: Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Art. 7: Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Art. 11: (1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

Art. 67: Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats.

Art. 68 trifft folgende Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen, wenn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind:

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) 883/2004 (DVO) lautet:

Bestimmung des Wohnortes

(1) Besteht eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Trägern von zwei oder mehreren Mitgliedstaaten über die Feststellung des Wohnortes einer Person, für die die Grundverordnung gilt, so ermitteln diese Träger im gegenseitigen Einvernehmen den Mittelpunkt der Interessen dieser Person und stützen sich dabei auf eine Gesamtbewertung aller vorliegenden Angaben zu den einschlägigen Fakten, wozu gegebenenfalls die Folgenden gehören können:

a) Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats;

b) die Situation der Person, einschließlich

i) der Art und der spezifischen Merkmale jeglicher ausgeübten Tätigkeit, insbesondere des Ortes, an dem eine solche Tätigkeit in der Regel ausgeübt wird, der Dauerhaftigkeit der Tätigkeit und der Dauer jedes Arbeitsvertrags,

ii) ihrer familiären Verhältnisse und familiären Bindungen,

iii) der Ausübung einer nicht bezahlten Tätigkeit,

iv) im Falle von Studierenden ihrer Einkommensquelle,

v) ihrer Wohnsituation, insbesondere deren dauerhafter Charakter,

vi) des Mitgliedstaats, der als der steuerliche Wohnsitz der Person gilt.

Erwägungen

Die Beschwerdeführerin, der Kindesvater und das im angefochtenen Rückforderungsbescheid genannte Kind sind rumänische Staatsbürger und damit Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, sodass für sie die Verordnung (EG) 883/2004 gilt.

Daher finden die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG, welche den Familienbeihilfenbezug auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellt, des § 2 Abs. 8 FLAG, welche auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, und des § 5 Abs. 3 FLAG, das einen vom Wohnort abhängigen Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland vorsieht, zufolge des Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 und dessen Anwendungsvorrangs insoweit keine Anwendung. Zufolge des in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 normierten Gleichbehandlungsgrundsatzes für Personen, für die diese Verordnung gilt, finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, keine Anwendung (vgl. ).

Im beschwerdegegenständlichen Zeitraum waren weder die Beschwerdeführerin noch der Kindesvater in Österreich erwerbstätig im Sinne des Art. 11 Abs. 3 lit. a der Verordnung (EG) 883/2004. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin ist nach deren Angaben im Vorlageantrag seit Oktober 2018 in Rumänien erwerbstätig und wohnt auch dort; dieser unterlag daher im beschwerdegegenständlichen Zeitraum jedenfalls den rumänischen Rechtsvorschriften. Eine Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften betreffend Familienbeihilfe (FLAG 1967) wäre nur denkbar, wenn für die Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Österreich der Wohnmitgliedsstaat im Sinne des Art. 11 Abs. 3 lit. e der Verordnung (EG) 883/2004 gewesen wäre, sie daher aus diesem Grund den österreichischen Rechtsvorschriften unterlegen wäre.

Wohnmitgliedsstaat im Sinne dieser Bestimmung ist jener Staat, in dem sich der Wohnort einer Person befindet. Dieser Ort ist gemäß Art. 1 lit. j der Verordnung (EG) 883/2004 der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts.

Der Ausdruck "Wohnort" im Sinne dieser Bestimmung stellt einen autonomen, dem Unionsrecht eigenen Begriff dar und bedeutet den gewöhnlichen Aufenthalt, d.h. den Ort, an dem die Betroffenen gewöhnlich wohnen und wo sich auch der gewöhnliche Mittelpunkt ihrer Interessen befindet (vgl. , B. vs Ministerstvo práce a sociálních věcí). Art 11 der DVO 987/2009 kodifiziert auch die in der Rechtsprechung des EuGH ausgearbeiteten Gesichtspunkte, die für die Bestimmung dieses Mittelpunkts der Interessen berücksichtigt werden können, wie die Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der betreffenden Mitgliedstaaten oder die familiären Verhältnisse und die familiären Bindungen. Die bloße Registrierung eines Wohnsitzes in einem Mitgliedstaat, ohne dass die Person dort lebt, erfüllt diese Voraussetzungen hingegen nicht (Gebhart in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 53 Rz 133).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung näher begründet wurde, ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass Rumänien der Wohnmitgliedsstaat der Beschwerdeführerin im Zeitraum März bis Oktober 2019 war.

Damit unterlag (ebenso wie der Kindesvater) auch die Beschwerdeführerin den rumänischen Rechtsvorschriften, und gelangen die Prioritätsregeln des Art. 68 der VO (EG) 883/2004 nicht zur Anwendung. Es bestand damit im beschwerdegegenständlichen Zeitraum kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf österreichische Familienbeihilfe (Differenzzahlungen im Sinne des Art. 68 der Verordnung (EG) 883/2004).

6. Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen (§ 26 Abs. 1 FLAG 1967). Dies gilt auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 iVm § 26 FLAG 1967).

Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung derselben sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist nicht von Bedeutung; ebenso, ob der Bezieher diese im guten Glauben entgegengenommen hat. Der gutgläubige Verbrauch der Beträge ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs 1 FLAG nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abstellt (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 26 Rz 12 ff mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 FLAG ist keine Ermessensentscheidung. Billigkeitsüberlegungen sind daher im Rückforderungsverfahren nach § 26 Abs. 1 FLAG vom Finanzamt oder vom Bundesfinanzgericht nicht anzustellen (Wanke, a.a.O., § 26 Tz 15 mit Hinweis auf und , jeweils unter Hinweis auf ).

Insgesamt gesehen erfolgte daher die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe (Ausgleichs- bzw. Differenzzahlungen) sowie der Kinderabsetzbeträge zu Recht und war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung wirft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. mwN).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Art. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 4 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 7 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 3 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 1 lit. j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101229.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at