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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.05.2022, RV/4100493/2020

Nachforderung von Lohnsteuer auf Sachbezüge für Naturalwohnungen pensionierter Beamter des Bundes

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/15/0024. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/4100493/2020-RS1
Unter dem Begriff der "Einkünfte" iSd § 41 Abs 1 Z 2 EStG 1988 sind solche aus zwei oder mehreren Dienstverhältnissen, somit zwei oder mehreren Einkunftsquellen gemeint.
RV/4100493/2020-RS2
Wird einem Bundesbeamten im Ruhestand neben dem Ruhebezug auch ein weiterer Vorteil aus dem nach wie vor aufrechten Dienstverhältnis (hier strittig: Sachbezug der Wohnung) gewährt, so liegen darin nicht zwei Einkünfte iSd § 41 Abs. 1 Z 2. EStG 1988. Der Pflichtveranlagungstatbestand wird nicht erfüllt.
RV/4100493/2020-RS3
Wird entgegen der in § 47 Abs 4 EStG 1988 iVm der VO des BMF betreffend die gemeinsame Versteuerung mehrerer Pensionen (BGBl. II 2001/55 idF 2006/255) normierten Pflichten ein zweiter Lohnzettel ausgestellt und keine gemeinsame Versteuerung vorgenommen, wird der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 dennoch nicht verwirklicht: Es wäre unbillig die Pflichtverletzung des Dienstgebers auf den Bezieher eines Ruhegenusses zu überwälzen, indem dieser sodann unmittelbar für die Lohnsteuerforderung in Anspruch genommen wird.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Walter Suppan, Alter Platz 24, 9020 Klagenfurt, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 (Arbeitnehmerveranlagung) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt (Steuernummer xxxxx):

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Verfahrensparteien ist die Frage strittig, ob der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) unmittelbar für nicht abgeführte Lohnsteuer im Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung von Wohnraum in Anspruch genommen werden kann.

Aufgrund einer Empfehlung des Rechnungshofes in seinem Bericht aus dem Jahr 2017 (Reihe Bund 2017/37; III-37 BlgNR 26. GP, Tz 11) fand beim Bundesministeriums für Landesverteidigung (in der Folge kurz: BMLV) eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben für die Jahre 2010-2015 statt, die mit der Feststellung von Sachbezügen aus der vergünstigen Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen abschloss. In der Folge stellte das BMLV auch für den Bf. die Streitjahre 2014 und 2015 betreffend eigene Lohnzettel über den auch ihn gegenüber festgestellten Sachbezug aus und überspielte diese in das elektronische System der Finanzverwaltung.

Die belangte Behörde schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an und veranlagte den Bf. mit Bescheiden vom bzw. zur Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015; dabei legte sie der Festsetzung Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iHv Euro ***1*** für das Jahr 2014 bzw. Euro xxxxx für das Jahr 2015 (bezugsauszahlende Stelle jeweils: Bundesdienst) und Euro xxxxx für 2014 bzw. Euro xxxxx für 2015 (bezugsauszahlende Stelle: Bundesministerium für Landesverteidigung) zugrunde. Inhaltlich wurde implizit das Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes bejaht und ausgeführt, dass wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt worden seien.

In den dagegen erhobenen Beschwerden vom (2014) bzw. (2015) des anwaltlich vertretenen Bf. wurde die Festsetzung als unrichtig moniert, dies im Wesentlichen mit der Begründung, als - entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde - seiner Auffassung nach kein Wohnraum begünstigt zur Verfügung gestellt worden wäre. Mangels geldwertem Vorteil sei die Einkommensteuer aus dem Titel des Sachbezuges somit zu Unrecht vorgeschrieben worden. In einem wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Am (2014) bzw. (2015) wurden die Beschwerden jeweils als unbegründet abgewiesen, dies unter Hinweis auf § 15 Abs. 2 EStG 1988 iVm der SachbezugswerteVO idF BGBl II 468/2008; die Beschwerdevorentscheidungen wurden lediglich an den Bf. zugestellt, der sie noch während des Laufes der Beschwerdefristen an seinen Rechtsfreund übergab.

In den Vorlageanträgen vom (2014) bzw. (2015) wurde der zuvor beschriebene Zustellvorgang jeweils als wesentlicher Verfahrensmangel gerügt.

Die belangte Behörde legte die Beschwerden am unter gleichzeitiger Darlegung der konkreten Berechnung der Höhe des Sachbezuges dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor, das am über die Beschwerden mündlich verhandelte. Die Verhandlung endete gemäß § 277 Abs. 4 iVm § 274 Abs. 5 BAO mit Verkündung des Beschlusses, dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibe.

II. Sachverhalt

Der am xx.xx.xxxx geborene Bf. ist Beamter des BMLV und befindet sich seit xx.xx.xx.xx.1991 im Ruhestand. Seit dem xx.xx.1985 wird ihm von seinem Dienstgeber eine Naturalwohnung in Adresse im Ausmaß von 103,74 m²zur Verfügung gestellt, die er bis heute als Hauptwohnsitz nutzt.

Für die Wohnung leistete der Bf. die nach § 24a Gehaltsgesetz 1956 vorgeschriebene Grundvergütung iHv Euro xxx im Jahr 2014 und Euro xxx im Jahr 2015 und bezahlte darüber hinaus auch die von der Eigentümerin, einer gemeinnützigen Bauträgerin, vorgeschriebenen Betriebs-, und Heizkosten.

Im Jahr 2014 wurde dem Bf. ein Ruhebezug in Höhe von gesamt Euro xxxxx, im Jahr 2015 ein solcher im Ausmaß von Euro xxxxx ausbezahlt. Die dementsprechenden Lohnzettel wurden von der pensionsauszahlenden Stelle, der vormaligen Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (nunmehr Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau; in der Folge kurz: BVAEB) an die belangte Behörde übermittelt.

Infolge einer bei der Dienstgeberin durchgeführten Außenprüfung (GPLA-Prüfung) langten am 09. bzw. weitere Lohnzettel den strittigen Sachbezug der Wohnung betreffend, erstellt vom BMLV, bei der Finanzverwaltung ein, was die belangte Behörde zur (Erst-)Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer (ANV) für die Jahre 2014 und 2015 veranlasste.

III. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt gründet auf dem ohnedies zwischen den Streitteilen unstrittigen Akteninhalt, sowie den im Zuge der mündlichen Verhandlung erfolgten Außerstreitstellungen bzw. wechselseitigen Vorbringen, an deren Richtigkeit das erkennende Gericht keinerlei Zweifel hegte. Das Geburtsdatum des Bf. ist den im Zentralen Melderegister des BMI hinterlegten Daten entnommen, in das das Gericht Einsicht nahm.

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323 b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.

Nachdem die (zwingend zu erlassenden) Beschwerdevorentscheidungen noch während des Laufes der Vorlagefrist vom Bf. an seinen Rechtsfreund übergeben wurden, geht der Einwand des wesentlichen Verfahrensmangels ins Leere: Die Zustellung gilt in derartigen Fällen nämlich iSd § 9 Abs. 3 ZustG als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die Lohnsteuer wie alle sonstigen Arbeitgeber einzubehalten; öffentliche Kassen haben bei der Auszahlung des Arbeitslohnes die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der Vorschriften des EStG 1988. Sowohl die BVAEB als pensionsauszahlende Stelle, als auch das BMLV als Überlasser von Naturalwohnungen sind grundsätzlich als öffentliche Kassen im Sinne der leg. cit. anzusehen. Unabhängig von der Frage, ob in concreto eine vergünstigte Nutzungsüberlassung vorliegt (was der Bf. bestreitet), ist folglich als Zwischenergebnis vorerst festzuhalten, dass die BVAEB und auch das BMLV je als Dienstgeber - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der einzubehaltenden Lohnsteuer haften.

Nach § 83 Abs. 1 EStG 1988 ist zwar grundsätzlich der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner, er wird aber nur dann unmittelbar in Anspruch genommen, wenn - soweit für den Beschwerdefall von Relevanz - eine der Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 EStG 1988, folglich ein Pflichtveranlagungstatbestand, vorliegt (§ 83 Abs. 2 Z 1 EStG 1988). Der Steuerpflichtige ist nach der gesetzlichen Anordnung des § 41 Abs 1 Z 2 EStG 1988 ua dann zu veranlagen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind. Nach der Rechtsauffassung der belangten Behörde ist der zitierte Pflichtveranlagungstatbestand - und folglich auch die unmittelbare Inanspruchnahme des Bf. - deshalb zu bejahen, da sowohl die BVAEB als auch das BMLV für den streitgegenständlichen Zeitraum Lohnzettel über den Pensionsbezug einerseits, als auch den Sachbezug andererseits übermittelt haben. Dieser Argumentation kann jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichtes aus nachfolgenden Gründen nicht beigepflichtet werden:

Vorerst ist darauf einzugehen, dass im § 41 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 die Rede von "zwei Einkünften" ist. Nach der Judikatur sind damit Einkünfte aus zwei oder mehreren Dienstverhältnissen, somit zwei oder mehreren Einkunftsquellen, gemeint (Atzmüller, in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz21, Rz 16 zu § 41). Der Bf. als Beamter im Ruhestand verfügte in den Streitjahren gerade nicht über zwei Dienstverhältnisse und somit Einkünfte im Sinne der leg.cit., was aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (ErläutRV 11 BlgNR 15. GP in der vor Folge kurz: BDG) hervorgeht, die wörtlich lauten, wie folgt: "Dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund ist es wesentlich, daß es grundsätzlich auf Lebenszeit des Beamten begründet wird. Es wird daher durch den Übertritt oder die Versetzung in den Ruhestand zwar inhaltlich umgestaltet, jedoch nicht beendet. Dieser Akt stellt eine bedeutende Zäsur, aber keine Beendigung des Dienstverhältnisses dar. An diesem Rechtszustand soll festgehalten werden." Daraus folgt sohin, dass durch die Ruhestandsversetzung eines Beamten das Dienstverhältnis zum Bund fortdauert. Nachdem sowohl der Lohnzettel der BVAEB als auch jener des BMLV (vermeintliche) Einkünfte aus demselben (nach wie vor aufrechten) Dienstverhältnis des Bf. - nämlich jenem zum Bund - betreffen, liegen schon rein begrifflich nicht zwei Einkünfte nach der eingangs genannten Norm vor, sodass bereits aus diesem Grund eine unmittelbare Inanspruchnahme des Bf. nach § 83 Abs. 2 Z. 1 EStG 1988 ausscheidet.

Schließlich ist auch die Bestimmung des § 47 Abs. 4 EStG 1988 zu bemühen, wonach der Bundesminister für Finanzen ua anordnen kann, dass bei getrennter Auszahlung von Bezügen oder Vorteilen aus einem früheren Dienstverhältnis bei Körperschaften öffentlichen Rechts im Sinn des § 25 Abs. 1 Z. 1-4 eine der auszahlenden Stellen die gemeinsame Versteuerung dieser Bezüge vornimmt. In diesem Fall hat - so die leg. cit. weiter - die die gemeinsame Versteuerung durchführende auszahlende Stelle einen einheitlichen Lohnzettel auszustellen. Nach den Materialien zu dieser Gesetzesstelle sollte damit (wörtlich) "dem allgemeinen Wunsch der Pensionisten Rechnung getragen [werden], die Steuer nach Möglichkeit sofort in der richtigen Höhe einzubehalten und eine Einkommensteuerveranlagung verbunden mit Nachzahlungen und Vorauszahlungen zu vermeiden (EB zur RV 311 BGBl Nr. 21 GP)." Der Bundesminister für Finanzen hat von der Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht, und eine solche betreffend die gemeinsame Versteuerung mehrerer Pensionen erlassen (BGBl II 2001/55 idF BGBl II 2006/255). Nach deren § 1 ist eine gemeinsame Versteuerung vorzunehmen, wenn steuerpflichtige Bezüge im Sinn des § 2 gleichzeitig einer Person zufließen. Bezüge und Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis zum Bund stellen - so die ausdrückliche Anordnung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 der Verordnung - steuerpflichtige Bezüge gemäß § 1 leg cit. dar. Vereinfacht ausgedrückt: Erhält eine Person gleichzeitig Bezüge und Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis zum Bund, so ist eine gemeinsame Versteuerung vorzunehmen. Aufgrund der klaren Diktion in der genannten Verordnung, wonach eine gemeinsame Versteuerung vorzunehmen ist, folglich den Dienstgebern keine Wahlmöglichkeit zwischen gemeinsamer oder getrennter Versteuerung eingeräumt wurde, muss jener Dienstgeber, der den höheren steuerpflichtigen Bezug auszahlt (vgl. § 3 Abs. 1 der genannten VO) - bei Bejahung der vorgenannten Tatbestandsmerkmale - eine gemeinsame Versteuerung vornehmen und nach § 47 Abs 4 EStG 1988 auch einen einheitlichen Lohnzettel ausstellen. Wendet man nunmehr diese gesetzlichen Prämissen auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt an, so zeigt sich folgendes Bild: Der Bf. bezieht einerseits unstrittig - da er, wie festgestellt, vor 1955 geboren wurde - einen Ruhegenuß nach dem Bundesgesetz vom über die Pensionsansprüche der Bundesbeamten, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen (Pensionsgesetz 1965 idgF, BGBl. Nr. 340/1965; idF kurz: PensionsG 1965). Andererseits würde ihm - bei Zutreffen der Rechtsansicht der belangten Behörde, was nach der hier vertretenen Rechtsansicht jedoch nicht zu prüfen ist - durch die vergünstigte Zurverfügungstellung der Wohnung ein weiterer Vorteil aus demselben Dienstverhältnis zufließen, da auszuschließen ist, dass das BMLV dem Bf. den Wohnraum auch bei Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses überlassen hätte und weiter überlassen würde. Somit ist nach Ansicht des Gerichtes der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 2 der hier maßgeblichen Verordnung, wonach gleichzeitig "Bezüge und Vorteile" zufließen, erfüllt. Dass in der leg. cit. von einem "früheren Dienstverhältnis zum Bund" die Rede ist, schadet nicht und scheint wohl eine Ungenauigkeit bzw. ein Versehen des Verordnungsgebers zu sein, der offenbar das Faktum, dass durch die Versetzung bzw. den Übertritt in den Ruhestand eines Beamten das Dienstverhältnis nicht beendet wird, außer Acht gelassen haben dürfte. Nach Ansicht des Gerichtes liegt es auf der Hand, dass damit nur Bezüge und Vorteile aus einem aufrechten Dienstverhältnis zum Bund gemeint sein können: Nach den bereits zitierten Erläuternden Bemerkungen zu § 47 Abs. 4 EStG 1988 sollte durch die gemeinsame Versteuerung dem - wörtlich - "allgemeinen Wunsch der Pensionisten" Rechnung getragen werden; eine Bevorzugung einer bestimmten Pensionistengruppe war mit dieser Norm ganz offensichtlich nicht intendiert. Es ist für das erkennende Gericht auch kein Grund ersichtlich, weshalb gerade Bezüge von im Ruhestand befindlichen Beamten des Bundes nicht von der gemeinsamen Versteuerung umfasst sein sollten, wenn hingegen alle sonstigen Pensionen ausdrücklich erfasst werden (so jene nach dem ASVG, BSVG, GSVG, B-KUVG, BB-BG, Bezügegesetz, Verfassungsgerichtshofsgesetz). Dem Grundsatz der gesetzesmäßigen Interpretation von Verordnungen folgend, kommt deshalb das erkennende Gericht zu dem Schluss, dass auch der hier zu beurteilende Sachverhalt unter § 2 Abs. 1 Z. 2 der maßgeblichen VO zu subsumieren ist. Dies bedeutet in concreto, dass eine obligatorische Verpflichtung zur gemeinsamen Versteuerung des Geldbezuges (BVAEB) und des (möglicherweisen) Sachbezuges (BMLV) aufgrund des Dienstverhältnisses zum Bund besteht. Da der Ruhegenuss den höheren steuerpflichtigen Bezug darstellt, oblag folglich der BVAEB als Arbeitgeberin die gemeinsame Versteuerung, und das BMLV als Arbeitgeber traf die Pflicht zur Meldung der von ihm geleisteten Steuerpflichtigen Sachbezügen. Eine Berechtigung zur Ausstellung eines eigenen Lohnzettels für den Sachbezug durch das BMLV bestand hingegen nicht, im Gegenteil: Dieses Vorgehen verstieß gegen die zwingende, dem Bf. ein subjektives Recht einräumende, Anordnung des § 47 Abs. 4 EStG 1988, wonach in den in der VO aufgezählten Fällen einer gemeinsamen Versteuerung mehrerer Pensionen vom "Hauptarbeitgeber" ein einheitlicher Lohnzettel ausgestellt werden muss (arg. "ist"). Somit ist der Bf. mit einem Verstoß einer öffentlichen Kasse gegen diese Norm konfrontiert, die für ihn aber gleichzeitig eine unmittelbare Inanspruchnahme zur Lohnsteuer bedeutet; nach Ansicht des Gerichtes ist diese Rechtsfolge unbillig, da de facto die (negativen) Auswirkungen der Pflichtverletzung des Arbeitgebers auf ihn überbunden werden. Das Gericht gelangt deshalb zu dem Schluss, dass im Falle einer zwingenden gemeinsamen Versteuerung der Tatbestand des "gleichzeitigen Zufließens zweier oder mehrerer lohnsteuerpflichtiger Pensionsbezüge" iSd § 41 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 nicht verwirklicht wird, und selbst das Ausstellen eines weiteren Lohnzettels eine unmittelbare Inanspruchnahme des Arbeitnehmers iSd § 83 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 nicht zu rechtfertigen vermag.

Nur der Ordnung halber ist zum Hinweis der belangten Behörde, wonach das BFG in ähnlich gelagerten Fällen seiner Argumentation gefolgt sei, anzumerken, dass für das erkennende Gericht keine Bindung an diese Rechtsprechung besteht.

Die angefochtenen Bescheide waren insgesamt sohin ersatzlos aufzuheben.

2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich vor: Soweit überblickbar hat das Höchstgericht einerseits die Frage, ob Ruhegenuss-, und Sachbezüge aus einem Dienstverhältnis zum Bund gemeinsam gemäß § 47 Abs. 4 EStG iVm der Verordnung BGBl II 2001/55 zu versteuern sind, noch nicht beantwortet; andererseits fehlt Rechtsprechung zu der Frage, ob der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG auch dann erfüllt ist, wenn der Arbeitgeber entgegen der Pflicht zur gemeinsamen Versteuerung (und Ausstellung eines Lohnzettels), eine solche nicht vornimmt und folglich der Arbeitnehmer gemäß § 83 Abs. 2 Z 1 EStG unmittelbaren Anspruch genommen wird. Die ordentliche Revision war sohin nach Ansicht des Gerichtes zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
unmittelbare Inanspruchnahme des Dienstnehmers zur Lohnsteuer
Verstoß gegen gemeinsame Versteuerung mehrerer Pensionen
Naturalwohnung Bundesheer
Zitiert/besprochen in
Bodis in SWK 18/2024, 903
ARD 6900/9/2024
ÖStZB 2024/60
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100493.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at