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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2022, RV/4100704/2019

Berichtigung Vorsteuer - Rückgängigmachung Kauf

Beachte

Revision eingebracht (Parteienrevision und Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2022/15/0030, Ro 2022/15/0031. Revision der zweitrevisionswerbenden Partei (Bf.) mit Erk. vom als unbegründet abgewiesen. Zurückweisung der Revision des erstrevisionswerbenden Finanzamtes mit Beschluss vom .

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
Wird ein Vertrag mit Wirkung ex nunc aufgelöst, so ist die Vorsteuer nur im Umfang der noch aushaftenden Beträge und nicht in ihrer ursprünglichen Gesamthöhe zu berichtigen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth Hafner als Vorsitzende, die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L., sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Herwig Draxler und Mag. Josef Bramer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Aicher & Partner Steuerberater OG, Schillerplatz 5, 9300 St.Veit/Glan, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , vertreten durch HR Dr. Gerald Lackner, betreffend Umsatzsteuer 2012 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage ./I angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist die Frage strittig, ob in der Vereinbarung den Ratenkaufvertrag vom aufzulösen, eine Rücklieferung oder aber eine Rückgängigmachung zu sehen und letzterenfalls die Vorsteuer entsprechend zu berichtigen ist.

Nachdem die belangte Behörde mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für das Veranlagungsjahr 2012 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festgesetzt hatte, da - so die Begründung - "noch nicht endgültig geklärt ist, ob es sich um eine Rücklieferung oder eine Rückabwicklung handelt", fand am Sitz der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) im Jahr 2019 eine Außenprüfung gemäß §§ 147ff BAO ua auch die Umsatzsteuer 2012 betreffend statt. Dabei wurde die Feststellung getroffen, dass in der zwischen der Rechtsvorgängerin der Bf. einerseits und der vormaligen Firma A [eingetragen im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt zur FN xxxxxxx; nunmehr Y; (in der Folge kurz: Firma A)] andererseits am getroffenen Vereinbarung den Ratenkaufvertrag aus dem Jahr 2006 aufzulösen, keine neue Lieferung, sondern eine Rückgängigmachung der ursprünglichen Lieferung zu sehen sei. Die Vorsteuer müsse sohin - entgegen dem Vorgehen im vorläufigen Bescheid - entsprechend berichtigt werden.

Die belangte Behörde schloss sich der Rechtsansicht der Betriebsprüfung an und erließ am den verfahrensgegenständlichen Bescheid, mit dem die Vorsteuer gemäß § 16 Abs. 3 Z 3 UStG 1994 um Euro xxxxxx zu Lasten der Bf. berichtigt wurde.

Dagegen richtet sich die mit datierende Beschwerde der steuerlich vertretenen Bf., in der im Wesentlichen die Bejahung einer Rückabwicklung moniert wird. Der ursprüngliche Ratenkaufvertrag sei mit der in Rede stehenden Auflösungsvereinbarung "durch Anrechnung des Kaufpreises und der geleisteten Abschlagszahlung einvernehmlich beendet worden". Die Firma A habe weder den im Erstvertrag enthaltenen Eigentumsvorbehalt geltend gemacht, noch sei eine Rückabwicklung sechs Jahre nach dem Kauf erfolgt. Auch sei die von der belangten Behörde zur Begründung herangezogene Entscheidung des EuGH in der Rs Lombard () mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht einschlägig. Schließlich habe bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des vorläufigen Bescheides im Jahr 2014 keine Ungewissheit im Sinne des § 200 Abs. 1 BAO bestanden, weshalb zwischenzeitlich Verjährung eingetreten und folglich der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit belastet sei. In einem wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat gestellt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und inhaltlich im Wesentlichen auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung vom verwiesen. Zur Höhe der Vorsteuerberichtigung führt die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass nur eine Gesamtberichtigung in Frage käme, da gegenständlich kein Fall einer Uneinbringlichkeit iSd § 16 Abs. 3 Z 1 UStG, sondern der einer Rückgängigmachung mit Rückgabe der gelieferten Sache vorläge. In Ermangelung der Ausstellung einer Rechnung über die Nutzungsüberlassung des Kaufgegenstandes in Höhe der bisher bezahlten Raten, sei die Vorsteuer ungekürzt zu berichtigen. Schließlich verwies die belangte Behörde zum Einwand der Verjährung auf die einschlägige Judikatur des VwGH.

Dem Antrag der Bf. auf Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht vom kam die belangte Behörde am nach und beantragte in einem deren Abweisung.

Nachdem sowohl die Bf. als auch die Firma A aufgefordert worden waren, diverse Unterlagen vorzulegen bzw. Fragen zu beantworten, brachte die Bf. mit vorbereitendem Schriftsatz vom noch - soweit für die Beurteilung der Rechtsfrage von Relevanz - vor, dass nicht die (zuvor zitierte) Entscheidung des EuGH in der Rs Lombard, sondern vielmehr jene in der Rs NLB Leasing () einschlägig sei: Ausgehend von konkret genannten Bestimmungen im Ursprungsvertrag sei - so die Bf. - eindeutig, "dass der vereinbarte Eigentumsvorbehalt schon ursprünglich zivilrechtlich nicht nach dem "klassischen" Modell des Vertragsrücktritts, sondern einer Verwertungsabrede bei aufrechter Kaufpreisforderung ausgestaltet wurde"; es sei auch keine Rede davon, dass die Firma A durch die Vereinbarung vom auf ihre Ansprüche aus dem ursprünglichen Vertrag in irgendeiner Weise verzichtet hätte; die Ansprüche seien "dem Grunde nach beibehalten worden". Eine Berichtigung der Vorsteuer sei somit - da gegenständlich ein Fall einer Verwertung vorliege - in Anlehnung an den Tenor in der Rs NLB Leasing unzulässig.

Am fand eine mündliche Verhandlung vor dem Senat statt, die mit der Verkündung des Beschlusses, dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt, endete.

II. Sachverhalt

Die Bf. ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.xxxx errichtete und im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt zur FN xxxxxxx eingetragene Personengesellschaft mit dem Sitz in der politischen Gemeinde B. Ab firmierte sie unter dem Namen "C". Per wurde die Firma geändert auf "D GmbH und Co. KG", weiters erfuhr der Geschäftszweig eine Änderung von "Vercharterung von Luftfahrzeugen" auf "Erwerb und Verwaltung von Beteiligungen und von beweglichem und unbeweglichem Vermögen". Als unbeschränkt haftende Gesellschafterin fungiert seit Bestehen die D GmbH (FN xxxxxxx), als Kommanditisten traten im Zeitraum 2006 bis zumindest Ende 2012 die E GmbH (FN xxxxxxx), sowie Herr F (geb. xx.xx.xxxx) und Herr G (geb. xx.xx.xxxx) in Erscheinung.

Am stellte die Bf. als Käuferin der Firma A ein schriftliches Angebot auf Abschluss eines Ratenkaufvertrages über das Luftfahrzeug der Marke "Beechcraft Premier I" (Seriennummer: xxxx), das von der Firma A konkludent angenommen wurde [vgl. Pkt. 28 des Anbots auf Abschluss des Ratenkaufvertrages vom (das in der Folge aus Gründen der vereinfachten Lesbarkeit lediglich als "Ratenkaufvertrag" oder kurz "RKV" bezeichnet wird)]. Vereinbarungsgemäß kaufte vorerst die Firma A das Flugzeug von der Firma H (FN xxxxxxx des Landesgerichtes Salzburg) und veräußerte es in der Folge an die Bf. weiter. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von Euro xxxxxx (zuzüglich Umsatzsteuer) vereinbart, der jedoch wie folgt in Teilbeträgen entrichtet werden sollte (Pkt. 6.3. RKV):

  • Einmalrate in Höhe von Euro xxxxxx am Tag der Übernahme des Luftfahrzeuges,

  • einem monatlichen Zinsdienst bis inkl. in Höhe des vertraglich festgelegten Zinssatzes,

  • 120 laufende Monatsraten zu je Euro xxxxx sowie

  • einer einmaligen Schlussrate in Höhe von Euro xxxxxx.

Neben konkreten Regelungen zum Kauf und zur Übernahme des Luftfahrzeuges (Pkt. 3. RKV), Beginn und Dauer desselben (Pkt. 5. RKV), Kaufpreisanpassung (Pkt. 7. RKV), Zahlungsmodalitäten (Pkt. 9. RKV), Sicherheiten, Steuern, Gebühren und Abgaben (Pkt.e 10. und 11. RKV), Wartung/Instandhaltung (Pkt. 13. RKV), Gewährleistung (Pkt. 14. RKV), Überprüfung und Versicherungen (Pkt.e 15. und 16. RKV), Informationspflichten sowie Datenschutz (Pkt.e 20. und 21. RKV), wurde zwischen den Vertragsteilen auch vereinbart, dass die Bf. berechtigt ist, das Luftfahrzeug als Passagierflugzeug zu Bedarfsflugzwecken zu nutzen (Pkt. 12. RKV). Das Vertragsobjekt sollte hingegen bis zur vollständigen Erfüllung des Ratenkaufvertrages im alleinigen und uneingeschränkten Eigentum der Firma A verbleiben; erst mit Bezahlung der Schlussrate sowie Erfüllung aller sonstigen Verpflichtungen sollte das Eigentum auf die Bf. übergehen (Pkt.e 4.3 die iVm 19 RKV). Schließlich wurde der Firma A in Pkt. 17.1. RKV das Recht eingeräumt, die Vereinbarung jederzeit aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Gemäß Unterpunkt 17.1.1. RKV gilt als wichtiger Grund insbesondere, wenn die Bf. mit der Zahlung der Kaufpreisraten oder des monatlichen Zinsendienstes trotz Mahnung ganz oder teilweise mehr als 30 Tage oder mit sonstigen Zahlungen mehr als 30 Tage ab Fälligkeit in Verzug gerät. In diesem Fall sollte die Firma A einen sofort fälligen Anspruch gegen die Bf. in Höhe aller offenen Zahlungen aus dem Ratenkaufvertrag, insbesondere der bis dahin fälligen Beträge und darüber hinaus aller noch offenen monatlichen Zinsendienste und Kaufpreisraten gemäß Zahlungsplan (abgezinst zum 6-Monats-EURIBOR-Satz zum Zeitpunkt der Vertragsaufhebung), für sämtliche Aufwendungen (insbesondere Rechtsverfolgungskosten), und für alle der Firma A entstandenen Schäden, die ihr durch die vorzeitige Beendigung des Ratenkaufvertrages entstanden sind und noch entstehen werden, haben (Pkt. 17.2. RKV). Vereinbarungsgemäß sollte die Aufhebung des Ratenkaufvertrages mit Zugang der Aufhebungserklärung an die Bf. wirksam werden (Pkt. 17.4. RKV). Endet der Ratenkaufvertrag auf andere Weise als durch die vollständige Erfüllung aller die Bf. treffenden Zahlungspflichten, so ist sie einerseits nicht mehr zur Nutzung des Luftfahrzeuges berechtigt und hat dieses andererseits auf einem von der Firma A zu benennenden Flughafen in Österreich zu übergeben (Pkt. 17.5. RKV). Schließlich ist im Pkt. 17.10 RKV noch nachfolgende Regelung enthalten: "Sollte der Käufer die offenen Forderungen der Firma A aus der Aufhebung des Ratenkaufvertrages (vgl. Vertragspunkt 17.2.) nicht innerhalb einer Frist von 30 Tagen begleichen, so hat Firma A das Recht, nach eigenem Ermessen das Luftfahrzeug durch Verkauf, Vermietung o. ä. zu verwerten. […]".

Das Flugzeug wurde am an die Bf. geliefert und von dieser als Bedarfsflugzeug betrieben.

Am stellte die Firma A der Bf. eine berichtigte Rechnung über den (tatsächlichen Ein-) Kaufpreis iHv netto Euro xxxxxxx zzgl. 20 % Ust iHv Euro xxxxxx insgesamt sohin Euro xxxxxxx aus.

Die o.a. Umsatzsteuer wurde von der Firma A fristgerecht abgeführt.

Nachdem das Flugzeug nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte, kam es zumindest ab dem Jahr 2009 vermehrt zu Zahlungsschwierigkeiten, wobei die Rückstände nach entsprechenden Mahnungen - meist nachdem die Gesellschafter der Bf. entsprechende Zuschüsse geleistet hatten - beglichen wurden.

Mit Schreiben vom wandte sich die Bf. an die Firma A, und bezog sich darin vorerst auf die "Vorgespräche und die Ihnen dargestellte wirtschaftliche Lage", sowie das Faktum, dass die Gesellschafter nicht mehr in der Lage seien, weitere Kapitalerhöhungen vorzunehmen, weshalb beabsichtigt sei, die Gesellschaft zu liquidieren; aus diesen Gründen werde der Firma A die einvernehmliche Auflösung des bestehenden Mietkaufvertrages unter gleichzeitiger Rückstellung des Flugzeuges und Leistung einer Abschlagszahlung in Höhe von Euro xxxxxxx angeboten. Hierauf reagierte die Firma A brieflich am , forderte eingangs die sofortige Begleichung des aushaftenden Rückstandes ein und erteilte der vorgeschlagenen Vorgehensweise eine Absage, sowie wörtlich weiter: "Sollte der o.a. Betrag von Euro xxxxx nicht fristgerecht bei uns einlangen, behalten wir uns weitere Schritte vor. Dies hätte aus heutiger Sicht in letzter Konsequenz zur Folge, dass wir den Leasingvertrag 504.347 aufkündigen und einen Betrag von Euro xxxxxxx zur Zahlung fällig stellen."

Schließlich schlossen die Vertragsparteien des Ratenkaufvertrages unter Beitritt der Gesellschafter der Bf. einerseits und der Firma I in Gründung andererseits am eine Vereinbarung mit nachfolgendem - entscheidungsrelevanten - Inhalt:

[...]

[….]

[...]

[…]

Zum Zeitpunkt der Unterfertigung dieser Vereinbarung lag der aus dem Ratenkaufvertrag vom noch offene Restkaufpreis bei Euro xxxxxxx.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Firma A den RKV aus wichtigem Grund im Sinne des Pkt.es 17 aufgelöst bzw. ihren darin vereinbarten Eigentumsvorbehalt geltend gemacht hat.

Das Luftfahrzeug wurde am am Flughafen Kiew (Ukraine) von der Bf. an die Firma I - wie am vereinbart - übergeben. Am selben Tag schlossen die Firma A als Verkäuferin einerseits und die Firma I als Käuferin andererseits ein "Hire purchase Agreement" das verfahrensgegenständliche Flugzeug betreffend zu einem - wiederum in Raten zahlbaren - Kaufpreis von USD xxxxxxx ab. Auch in dieser schriftlichen Vereinbarung waren konkrete Regelungen über zB die Abnahme des Flugzeuges (Pkt. 4.), Eigentumsverhältnisse und Registrierung (Pkt. 5.), Kaufpreis (Pkt. 7.), Wartung und Haftung (Pkte. 14. u. 15.), Inspektionsrechte und Versicherungen (Pkte. 16. u. 17.), sowie Kosten Steuern und Gebühren (Pkt. 20.) enthalten.

Die zwischen der Bf. und der Firma A am vereinbarte Abschlagszahlung, die sich aus der Differenz des Wertverlustes des Luftfahrzeuges und den offenen Verbindlichkeiten zusammensetzte, wurde am beglichen.

Am stellte die Firma A der Bf. eine Gutschrift über den am noch aushaftenden Saldo aus dem RKV iHv Euro xxxxxxx abzüglich der Abschlagszahlung vom Euro xxxxx zzgl. der Rückstände Euro xxxxx zzgl. 20 % USt. Euro xxxxx gesamt sohin Euro xxxxxxx aus.

Darauf reagierte die Bf. mit anwaltlichem Schreiben vom und stellte der Firma A ihrerseits eine Rechnung über den Betrag von Euro xxxxxxx, samt dem Hinweis, dass aufgrund des ausländischen Lieferortes eine im Inland nicht steuerbare Leistung vorläge, aus. In der Folge legten die Parteien der Auflösungsvereinbarung im Korrespondenzwege ihre unterschiedlichen Rechtsansichten dar, wobei die Firma A von einer Rückgängigmachung der ursprünglichen Lieferung, die Bf. hingegen von einem Rückkauf ausging.

Die Firma A bezahlte weder den am in Rechnung gestellten Rechnungsbetrag, noch erfolgte zwischen den Vertragsteilen eine nach außen in Erscheinung tretende Endabrechnung der Differenz zwischen den Einnahmen aus dem Verkauf des Luftfahrzeuges an die Firma I und den von der Bf. geschuldeten Beträgen (samt Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlung).

Schließlich begehrte die Firma A im UVA - Zeitraum 02/2012 gemäß § 16 Abs. 3 Z. 3 UStG eine Minderung der Bemessungsgrundlage um Euro xxxxxxx (=Umsatzsteuergutschrift in Höhe von Euro xxxxxxx), der von der belangten Behörde im Rechtsmittelwege stattgegeben wurde.

III. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt basiert auf den einerseits ohnedies in Klammer genannten Beweismitteln sowie andererseits auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Errichtung, dem Sitz, den Firmennamen, sowie den Beteiligungsverhältnissen gründen auf dem offenen Firmenbuch unter Berücksichtigung der dort hinterlegten historischen Daten.

Der festgestellte Inhalt der Ratenkaufvereinbarung ist zwischen den Parteien unstrittig und geht unzweifelhaft aus der im Akt erliegenden Vertragskopie hervor.

Dass das Flugzeug am geliefert und der festgestellte Kaufpreis verrechnet wurde, resultiert aus der Rechnung vom . Die Nutzung durch die Bf. zu Bedarfsflügen legte der steuerliche Vertreter im Zuge der mündlichen Senatsverhandlung vom (VH-Protokoll S. 3) dar.

Die Entrichtung der Umsatzsteuer laut Rechnung vom wurde von der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung bestätigt (VH-Protokoll S. 3).

Die steuerliche Vertretung selbst führte im Zuge der Verhandlung am aus, dass das Flugzeug nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte und von Seiten der Gesellschafter der Bf. mehrfach Zuschüsse zwecks Abdeckung der offenen Saldi aus dem RKV geleistet werden mussten; dass Mahnungen erfolgten wurde einerseits von der Bf. nicht ernsthaft bestritten, und resultiert andererseits aus den im Akt erliegenden Urkunden (Schreiben und ).

Der Inhalt der vor dem Abschluss der Auflösungsvereinbarung geführten Korrespondenz zwischen der Bf. und der Firma A bzw. der Vereinbarung selbst ist den Schreiben vom und sowie dem Vertrag vom entnommen.

Dass - entgegen den Verfahrensstandpunkten der Parteien - der RKV weder aus wichtigem Grund aufgelöst, noch der Eigentumsvorbehalt geltend gemacht wurde, resultiert aus nachfolgenden Überlegungen: Eingangs ist festzuhalten, dass das Beweisverfahren vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung beherrscht wird (§ 167 BAO). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Randordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO- Kommentar, Tz.2 zu § 166, Tz. 6 und 8 zu § 167 mwN). All diese Prämissen vorausgeschickt, bestand aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens keinerlei Veranlassung, von einer Auflösung des Vertrages gemäß Pkt. 17. RKV auszugehen: Weder der vor Abschluss der Vereinbarung vom im Akt inneliegenden Korrespondenz, noch dem Inhalt des letztgenannten Vertrages selbst ist eine derartige vorzeitige Vertragsauflösung zu entnehmen. In der Mahnung vom behält sich die Firma A lediglich das Recht vor "weitere Schritte gemäß Punkt 17 des genannten Vertrages in die Wege zu leiten"; die daraufhin erfolgte tatsächliche Geltendmachung der vorzeitigen Auflösung wurde jedoch nicht nachgewiesen. Auch in der Vereinbarung vom sucht man vergeblich nach einer der Bf. gegenüber erklärten vorzeitigen Vertragsauflösung bzw. Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes; im Gegenteil: Darin ist mehrfach ausdrücklich die Rede davon, den RKV "einvernehmlich"/"mit sofortiger Wirkung einvernehmlich" zu beenden, oder "einvernehmlich" zu erledigen, bzw. "die Ansprüche einer Enderledigung" zuzuführen (vgl. Pkte. I. II. und V. der genannten Vereinbarung). Schon die so gewählte mehrfache Diktion in der erwähnten Vereinbarung schließt die behauptete Auflösung aus wichtigem Grund aus, da einvernehmlich nach dem allgemeinen Sprachverständnis eben gerade das Gegenteil von einseitig darstellt. Auch ist eine schriftliche, einseitige Aufhebungserklärung der Firma A, die der Bf. zugegangen wäre - wie in den Pkten. 17.4 iVm 23.1 RKV vereinbart - weder dem Akteninhalt zu entnehmen, noch mit dem soeben zitierten Inhalt der Auflösungsvereinbarung vom vereinbar. Selbiges gilt für die Behauptung, wonach der Eigentumsvorbehalt gezogen worden wäre: Auch dafür fehlt eine im Sinn des Pkt. 23.1 RKV notwendige schriftliche, empfangsbedürftige Mitteilung der Firma A an die Bf.. Dass die Firma A in der Gutschrift vom auf die vorzeitige Vertragsbeendigung gemäß Pkt. 17.1. hinwies, schadet der soeben dargelegten Beweiswürdigung aus nachfolgenden Gründen nicht: Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Gutschrift im April 2012 war der RKV bereits seit mehreren Wochen einvernehmlich aufgelöst. Der gegenständliche Hinweis konnte sohin keine Rechtswirkung mehr entfalten bzw. die bereits eingetretene Rechtswirkung nicht konterkarieren. Die Ausführungen der Firma A in diesem Schreiben können nach Ansicht des Gerichts nur im Zusammenhang mit dem offenbar zu diesem Zeitpunkt erkannten Problem, ob eine Rückabwicklung oder aber ein Rückkauf vorliegt, gesehen werden. Die Firma A wollte damit ganz offensichtlich den für sie günstigeren Rechtsstandpunkt untermauern.

Sowohl der noch aushaftende Restkaufpreis per , als auch die Übergabe des gegenständlichen Flugzeuges an die Firma I am am Flughafen Kiew (UKK) steht zwischen den Parteien außer Streit.

Der Vertragsabschluss zwischen der Firma A als Verkäuferin einerseits und der Firma I als Käuferin andererseits, sowie der Inhalt der darüber getroffenen Vereinbarung vom ergeben sich unstrittig aus dem "Hire and Purchase Agreement", das dem Gericht in Kopie vorliegt.

Dass sich die Abschlagszahlung - wie festgestellt - aus der Differenz des Wertverlustes des Luftfahrzeuges und den offenen Verbindlichkeiten zusammensetzte ergibt sich aus dem von der Bf. mit Schriftsatz vom selbst vorgelegten E-Mail Mag. Stefan Mirus vom . Die Begleichung derselben geht unzweifelhaft aus den im Akt erliegenden Kontenauszügen hervor.

Die Feststellungen zur zwischen der Firma A und der Bf. nach Abschluss der Auflösungsvereinbarung vom geführten Korrespondenz basieren auf den Schreiben vom , , , sowie .

Nachdem die Bf. keine Endrechnung im Zusammenhang mit der behaupteten Verwertungsabrede (vgl. Vorbringen im Schriftsatz um ) vorlegen konnte und eine solche nach den Ausführungen der steuerlichen Vertretung im Rahmen der mündlichen Senatsverhandlung vom auch nicht existiert, war die entsprechende Feststellung zu treffen. Ebenso wurde kein Nachweis über die Bezahlung des Rechnungsbetrages vom vorgelegt; eine solche kann auch nicht aus den internen Buchungen der Bf. abgeleitet werden (vgl. Beilage./II. zum Verhandlungsprotokoll).

Dass schließlich der Firma A eine Minderung der Bemessungsgrundlage und sohin eine Umsatzsteuergutschrift in festgestellter Höhe gewährt wurde gab die belangte Behörde auf Frage des Gerichtes in der Verhandlung vom an und geht auch unstrittig aus dem Veranlagungsakt der Firma A hervor.

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.

1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

a. Zum Einwand der Verjährung

Nachdem die belangte Behörde mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für das Veranlagungsjahr 2012 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festsetzte, da - so die Begründung - "noch nicht endgültig geklärt ist, ob es sich um eine Rücklieferung oder eine Rückabwicklung handelt", hat sich das erkennende Gericht vorerst mit dem Einwand der Bf. zu befassen, ob der angefochtene, mit datierende Bescheid möglicherweise mangels Ungewissheit und daraus resultierender Verjährung mit Rechtswidrigkeit belastet ist.

Der Bf. ist insofern beizupflichten, als nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH die Lösung einer Rechtsfrage keine Ungewissheit im Sinn des § 200 BAO darstellt (so etwa ). Auch die Frage, ob gegenständlich eine Rücklieferung oder aber Rückabwicklung vorliegt, stellt eine reine Rechtsfrage dar, weshalb der Bescheid vom nicht vorläufig hätte erlassen werden dürfen. Dies vermag jedoch den Rechtsstandpunkt der Bf., nach dem zwischenzeitlich Verjährung eingetreten sei, nicht zum Durchbruch zu verhelfen: Wurde nämlich ein vorläufiger Abgabenbescheid erlassen, obwohl keine Ungewissheit im Sinne des § 200 Abs. 1 BAO bestanden hat, und erwächst ein derartiger Bescheid - wie gegenständlich - in Rechtskraft, so ist nach der höchstgerichtlichen Judikatur auch für die Frage, mit welchem Zeitpunkt die Verjährung beginnt, von der Ungewissheit im Sinne der leg. cit. bei Bescheiderlassung auszugehen. Dies hat zur Folge, dass der Verjährungsbeginn nach der Regelung des § 208 Abs. 1 lit. d BAO bestimmt wird. Hat tatsächlich keine Ungewissheit bestanden, beginnt die Verjährung somit mit Ablauf des Jahres der Erlassung des vorläufigen Bescheides (; , 2010/15/0073 mwN). Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Umsatzsteuer 5 Jahre, wobei diese im gegenständlichen Fall mit Ablauf des Jahres 2014, sohin am , zu laufen begonnen hat und erst am endete. Die Erlassung des (endgültigen) anfechtungsgegenständlichen Bescheides am erfolgte sohin noch innerhalb der offenen Verjährungsfrist, weshalb die von der Bf. monierte Rechtswidrigkeit nicht vorliegt.

b. Rückabwicklung oder Rücklieferung?

Nach der (nationalen österreichischen) Norm des § 16 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den ein Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen, wenn sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert hat. Die Berichtigung ist für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgelts eingetreten ist (§ 16 Abs. 1 Z. 2 UStG 1994). Dies gilt nach der Anordnung des § 16 Abs. 3 Z. 3 UStG 1994 sinngemäß, wenn eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rückgängig gemacht worden ist. Diese Regelungen wurden in Umsetzung der (unionsrechtlichen) Mehrwertsteuersystemrichtlinie (RL 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, in der Folge kurz: MwSt-SystRL) ins nationale Recht implementiert; so ist etwa die Berichtigung der Steuerbemessungsgrundlage in Art. 90 MwSt-SystRL geregelt, die Bestimmungen über die Berichtigung der Vorsteuer finden sich in Art. 184 ff leg. cit. Allgemein sieht Art. 90 Abs. 1 MwSt-SystRL vor, dass die Steuerbemessungsgrundlage im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes entsprechend vermindert wird. Nach Art. 184 MwSt-SystRL wird der ursprüngliche Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war. Gemäß Art. 185 leg. cit. ist der ursprüngliche Vorsteuerabzug insbesondere dann zu berichtigen, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzuges berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben; nach der Richtlinie betrifft das insbesondere "rückgängig gemachte Käufe". Während Art. 90 MwSt-SystRL sohin das Recht eines Lieferers regelt, seine Steuerbemessungsgrundlage zu vermindern, wenn er nach der Bewirkung eines Umsatzes die vorgesehene Gegenleistung nicht oder nur teilweise erhält, betrifft Art. 185 leg cit. die Berichtigung der von der anderen Partei desselben Umsatzes ursprünglich vorgenommenen Abzüge; die beiden Artikel stellen nach der Judikatur des EuGH die beiden Seiten desselben wirtschaftlichen Vorganges dar und sind kohärent auszulegen ( T-2, C-396/16). Der in diesen Artikeln vorgesehene Berichtigungsmechanismus ist Bestandteil der mit der Mehrwertsteuerrichtlinie eingeführten Vorsteuerabzugsregelung. Er soll die Genauigkeit der Vorsteuerabzüge in der Weise erhöhen, dass die Neutralität der Mehrwertsteuer gewährleistet wird ( FIRIN, C-107/13, Rn. 48 und 50). Aus einer Gesamtbetrachtung der Art. 184 und 185 Abs. 1 der MwSt-SystRL ergibt sich, dass in dem Fall, in dem sich aufgrund der Änderung eines der ursprünglich bei der Berechnung des Vorsteuerabzugs berücksichtigten Faktoren eine Berichtigung als notwendig erweist, die Berechnung der Höhe dieser Berichtigung dazu führen muss, dass der Betrag des endgültig vorgenommenen Vorsteuerabzugs demjenigen entspricht, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt gewesen wäre, wenn diese Änderung ursprünglich berücksichtigt worden wäre ( Kreissparkasse Wiedenbrück, C-186/15, Rn. 47).

All diese allgemeinen Prämissen der europarechtlichen Normen und Judikatur vorausgeschickt ist in der Folge zu fragen, was unter dem Begriff der "rückgängig gemachten Käufe" iSd Art. 185 MwSt-SystRL zu verstehen ist. Zur - zu Art. 184 MwSt-SystRL kohärent auszulegenden - Bestimmung des Art 90 Abs. 1 MwSt-SystRL ist der EuGH in der Rechtssache Lombard Ingatlan Lizing Zrt. [ (in der Folge kurz: Lombard)] der Argumentation der Europäischen Kommission gefolgt und hat zu den in dieser Norm verwendeten Begriffen der Annullierung, Rückgängigmachung und Auflösung ausgesprochen, dass damit sowohl die Fälle der rückwirkenden Auflösung (ex tunc) als auch die Fälle der Auflösung mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) zu erfasst sind (Rz 23). Demnach verpflichte Art. 90 Abs. 1 die Mitgliedstaaten, die Steuerbemessungsgrundlage und mithin den Betrag der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Mehrwertsteuer immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach der Bewirkung eines Umsatzes die gesamte Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält (Rz 26), sowie wörtlich weiter: "Die in Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Begriffe der Annullierung, der Rückgängigmachung und der Auflösung hingegen beziehen sich auf Situationen, in denen infolge entweder einer rückwirkenden Annullierung oder aber einer für die Zukunft wirkenden Auflösung die Verpflichtung des Schuldners zur Begleichung seiner Schuld entweder vollständig erloschen ist oder auf einer endgültig festgelegten Stufe eingestellt wird-mit den Folgen, die sich daran für den Gläubiger knüpfen (Rz 31)."

Als Zwischenergebnis ist sohin an dieser Stelle festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des EuGH der Begriff der Rückgängigmachung des Art. 90 Abs. 1 MwSt-SystRL

- aufgrund der Verpflichtung zur kohärenten Auslegung dem "rückgängig gemacht" des Art. 185 MwSt-SystRL entspricht,

- sowohl eine Vertragsauflösung mit Wirkung ex nunc als auch ex tunc umfasst und schließlich

- zu einer endgültigen Beendigung des Ursprungsvertrages führt.

Da Gerichte sich bei der Auslegung der nationalen Vorschrift so weit wie möglich an Wortlaut und Zweck der unionsrechtlichen Richtlinien zu orientieren und Rechtsbegriffe, die in der Richtlinie und im innerstaatlichen Recht übereinstimmen, entsprechend den gemeinschaftsrechtlichen Begriffen auszulegen haben, ist der weiteren rechtlichen Beurteilung die soeben dargelegte Definition des Begriffes der Rückgängigmachung durch den EuGH auch bei Auslegung des Wortlautes der innerstattlichen Regelung des § 16 Abs. 3 Z 3 UStG 1994 ("…eine steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden ist") zugrunde zu legen, was zu folgendem Ergebnis führt:

Durch die Vereinbarung vom wurde die ursprüngliche, mit dem RKV vom vereinbarte Lieferung des Flugzeuges - entgegen der Rechtsansicht der Bf. - iSd Vorausgeführten mit Wirkung ex nunc rückgängig gemacht. Es liegt nämlich nach Ansicht des Gerichtes eine innere Verknüpfung zwischen der Lieferung des Gegenstandes im Jahr 2006 und dessen Rückgabe 2012 vor: Aufgrund der nach der Lieferung aufgetretenen - festgestellten - Zahlungsschwierigkeiten kamen die Parteien in der Vereinbarung aus dem Jahr 2012 expressis verbis überein, den RKV "mit sofortiger Wirkung einvernehmlich" zu beenden, wobei mit Zahlung der in der Auflösungsvereinbarung angeführten Beträge und Übergabe des dort ebenfalls genannten Protokolls wörtlich "alle Ansprüche aus dem Mietkaufvertrag Nr. 504347 einvernehmlich erledigt sind, sodass die Firma A aus und im Zusammenhang mit dem Mietkaufvertrag Nr. 504347 keine Forderungen an eine der Vertragsparteien erheben wird. Gleichzeitig bestätigt die C keinerlei Ansprüche mehr gegenüber der Firma A aus dem Mietkaufvertrag Nr. 504347 zu haben." Nach dem soeben dargestellten klaren Willen der Vertragsparteien sollte mit der Vereinbarung vom der RKV somit unter konkret genannten Bedingungen aufgelöst werden. Ein selbstständiges, vom ursprünglichen Geschäft losgelöstes Rechtsgeschäft ist in dieser vertraglichen Regelung schon aus diesem Grunde nicht zu sehen. Für das Vorliegen eines - wie von der Bf. behaupteten - Rückkaufs spricht einzig die jahrelange Nutzung des Luftfahrzeuges, was jedoch an der rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern vermag: Hätte die Firma A das Flugzeug tatsächlich nur zurückkaufen wollen, so hätte es lediglich eines Kaufvertrages und der Regelung der essentialia negotii (Kaufobjekt, Kaufpreis) bedurft; ein Eingehen auf den RKV wäre nicht notwendig gewesen. Schließlich fehlen in der Vereinbarung vom auch Regelungen über den Kaufpreis, Gewährleistung, Versicherung, Wartung, Instandhaltung etc., wie sie sowohl Bestandteil des RKV als auch des in der Folge mit der Firma I geschlossenen Vertrages waren. Ganz offensichtlich entspricht es dem Usus in der Luftfahrtbranche, diese Nebenabreden im Falle des entgeltlichen Erwerbes vertraglich zu treffen. Auch deren Fehlen im Vertrag des Jahres 2012 spricht klar dafür, dass keine - wirtschaftlich selbständige - Rücklieferung, sondern eine Rückgängigmachung des Ursprungsvertrages von den Parteien intendiert war.

Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde ist aber auch nicht von der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes auszugehen, dafür liegen - wie festgestellt - keine Beweisergebnisse vor; vielmehr haben die Parteien am die endgültige Bereinigung, und somit - unabhängig von den im RKV genannten wichtigen Auflösungsgründen - einen neuen Rechtstitel für die Vertragsauflösung geschaffen. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die zum Eigentumsvorbehalt wechselseitig vertretenen Rechtsstandpunkte.

Nur der Ordnung halber sei deshalb darauf hinzuweisen, dass die Rechtsansicht der Bf., wonach im RKV eine Verwertungsabrede bei aufrechter Kaufpreisforderung im Sinne des EuGH Urteiles in der Rechtssache NLB Leasing () enthalten gewesen und folglich der Ursprungsvertrag durch den Vertrag vom "gerade beibehalten" (vgl. Schriftsatz Bf. vom ) worden sei, aus nachfolgenden Gründen nicht überzeugt: Der RKV enthält keine, mit dem Urteil NLB Leasing vergleichbare, Verwertungsklausel. In der zitierten EuGH Entscheidung verkaufte die NLB als Leasinggeberin - nachdem Domino als Leasingnehmerin ihren Verpflichtungen aus zwei Leasingverträgen über die Vermietung von zwei Immobilien nicht nachgekommen war - wie in den Ursprungsverträgen vorgesehen, die betreffenden Immobilien, nachdem sie sie wieder in Besitz genommen hatte, an einen Dritten. In der Folge erstellte die NLB eine Endabrechnung und zahlte den erlösten Mehrbetrag an Domino aus. Vor dem EuGH stellte sich sodann die Frage, ob in diesem Vorgehen ein Fall der Annullierung oder der Auflösung von Verträgen im Sinn des Artikels 90 Abs. 1 MwSt-SystRL zu sehen und somit die Besteuerungsgrundlagen entsprechend zu vermindern sei. Die leg cit. ist - so der Tenor - dahin auszulegen, dass es einem Steuerpflichtigen nicht erlaubt, seine Besteuerungsgrundlagen zu vermindern, wenn er alle Zahlungen für die von ihm erbrachten Leistungen tatsächlich erhalten hat oder wenn der Vertragspartner, ohne dass der Vertrag aufgelöst oder annulliert worden wäre, ihm den vereinbarten Preis nicht mehr schuldet. Gerade dieser Fall liegt jedoch gegenständlich nicht vor: Mit der Vereinbarung vom wurde der RKV ja mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst, worin der wesentliche Unterschied zum Sachverhalt in der Rs NLB Leasing liegt. Im Übrigen verkennt die Bf., dass in der von ihr bemühten Vertragsbestimmung des Pkt. 17.10. RKV keine Verwertungsabrede enthalten ist: Das Wesen einer solchen liegt nämlich darin, dass - was die Bf. ohnedies nicht bestreitet - durch den Verkauf des Vertragsgegenstandes an einen Dritten (vornehmlich durch den Verkäufer), die offenen Forderungen des ursprünglichen Käufers getilgt, sohin der Vertrag zwar erfüllt aber gleichzeitig aufrechterhalten wird. Das ergibt sich aus Pkt. 17.10. aber nicht: Einerseits wird der Firma A darin nicht nur das Recht nach eigenem Ermessen das Luftfahrzeug durch Verkauf, sondern auch durch Vermietung oder ähnliches zu verwerten, eingeräumt; andererseits steht ihr dieses Recht nur nach Aufhebung des RKV zu. Gerade darin ist der wesentliche Unterschied zu einer Verwertungsklausel zu sehen, die eben gerade keine zeitlich vorausgehende Aufhebung des Rechtsgeschäftes bedingt. Im Übrigen haben die Parteien des RKV keine konkreten Regeln über die nach der Verwertung durchzuführende Verrechnung des erzielten Kaufpreises mit den offenen Forderungen getroffen; auch aus der Vereinbarung vom sind solche nicht zu entnehmen. Dass die Bf. intern die offenen Forderungen auszubuchen hatte, mag buchhalterische Gründe haben, mangels Publizität ist darin aber keine "Endabrechnung" wie von der Bf. im Zuge der mündlichen Verhandlung behauptet, zu sehen.

Als Zwischenergebnis ist sohin festzuhalten, dass der RKV rückgängig gemacht wurde und kein Rückkauf des gegenständlichen Luftfahrzeuges an die Firma A erfolgt ist.

c. Umfang der Berichtigung

Strittig ist schließlich, in welchem Umfang die Berichtigung der Vorsteuer vorzunehmen ist. Die belangte Behörde vertritt dazu den Rechtsstandpunkt, dass die gesamte seinerzeit geltend gemachte Vorsteuer und nicht nur die sich aus den noch offenen Raten zum Zeitpunkt der Rückgängigmachung ergebende, zu berichtigen sei. Da im vorliegenden Fall - so die Argumentation - keine Rechnung über die Nutzungsüberlassung in Höhe der bisher bezahlten Raten vorliege, komme ein diesbezüglicher Vorsteuerabzug (derzeit) nicht in Betracht und habe die Berichtigung ungekürzt im Ausmaß von Euro xxxxxx zu erfolgen. Demgegenüber ist die Bf. der Ansicht, dass eine Änderung der Bemessungsgrundlage nur jene Teile des Ratenkaufpreises betreffen könne, die von der Firma A nicht schon durch Zahlung vereinnahmt worden waren.

Ausgehend von den vom EuGH stets betonten fundamentalen Grundsätzen des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems, wonach einerseits Bemessungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist und die Steuerverwaltung als Mehrwertsteuer keinen höheren als den dem Steuerpflichtigen gezahlten Betrag erheben darf (so auch in Lombard, C-404/16 mwN) und schließlich die Neutralität der Mehrwertsteuer zu gewährleisten ist (zB Lucreţiu Hadrian Vădan, C-664/16), ist nach Ansicht des Gerichtes dem Rechtsstandpunkt des Bf. beizupflichten. Würde man den gesamten Vorsteuerbetrag berichtigen, so würde die tatsächlich erhaltene Gegenleistung gerade nicht die Bemessungsgrundlage darstellen; die Steuerverwaltung würde weiters eine Art der Bereicherung erfahren, was wiederum dem Prinzip der Neutralität widerspricht. Schließlich ist dem Ausgangsverfahren der bereits mehrfach zitierten Entscheidung in der Rs. Lombard entnehmbar, dass auch damals lediglich eine teilweise Minderung der Steuerbemessungsgrundlage verfahrensgegenständlich war (vgl. insb. Rz 9), was vom EuGH nicht aufgegriffen wurde

Insgesamt ist deshalb festzuhalten, dass der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid somit - wie in dem einen integrierenden Bestandteil bildenden Berechnungsblatt./I dargestellt - teilweise Folge zu geben war.

2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständliche vor: Soweit überblickbar hat das Höchstgericht die Frage, ob im Falle einer Auflösung eines Kaufvertrages mit Ratenzahlungsvereinbarung, die Vorsteuer zur Gänze, oder aber lediglich im Ausmaß der zum Zeitpunkt der Beendigung noch aushaftenden Raten zu berichtigen ist, noch nicht entschieden, weshalb die ordentliche Revision zuzulassen war. Schließlich liegt keine innerstaatliche höchstgerichtliche Judikatur zu der Frage vor, ob eine Rückgängigmachung iSd § 16 Abs. 3 Z 3 UStG 1994 sowohl den Fall der Vertragsauflösung mit Wirkung ex tunc als auch jenen mit Wirkung ex nunc umfasst.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 3 Z 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 90 Abs. 1 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Art. 185 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Schlagworte
Rücklieferung oder Rückgängigmachung
Gesamtberichtigung oder Teilberichtigung nach offenen Beträgen
Vertragsauflösung ex nunc
Verweise
, Lombard

, NLB Leasing
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100704.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
CAAAC-30851