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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2022, RV/4100672/2018

AfA-Satz bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung - Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer durch ein Gutachten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4100672/2018-RS1
Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (). Fehlen im Gutachten konkrete Angaben zu behaupteten Feuchtigkeitsschäden, kann bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung keine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer Berücksichtigung finden.
RV/4100672/2018-RS2
Wenn im Gutachten von einer nicht begründeten „üblichen Gesamtnutzungsdauer“ (65 Jahre) für ein vermietetes Gebäude ein ebenfalls nicht begründet ermitteltes „fiktives Alter“ (12 Jahre) in Abzug gebracht und so eine Restnutzungsdauer von 53 Jahren ermittelt wird, ist dies keine taugliche Schätzung der Restnutzungsdauer.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinI. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Glatzhofer & Matschek Steuerberatungsgesellschaft mbH, Bahnhofstraße 45, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gleichzeitig werden die Einkommensteuerbescheid 2016 und 2017 zum Nachteil des Beschwerdeführers abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) hatte 2014 ein Gebäude erworben. Nach einer Generalsanierung und der Errichtung eines Zubaus in den Jahren 2015/2016 vermietete er die drei im Gebäude gelegenen Wohnungen ab Juli 2016.

In den Einkommensteuererklärungen 2016 und 2017 ging der Bf. bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von einer 35-jährigen Nutzungsdauer (AfA 2,86%) des generalsanierten Gebäudes aus. Die AfA betrug € 8.950,32 (Bemessungsgrundlage € 313.281,10).

In den Einkommensteuerbescheiden 2016 und 2017 verminderte das Finanzamt den AfA-Satz auf 1,83% p. a (jährliche AfA € 5.732,68). In der Begründung führte es aus:

"Da Sie auf den mündlichen Vorhalt zur Höhe des Afa-Satzes nicht geantwortet haben, war nachstehende Entscheidung zu treffen:

zulässige Abschreibungsdauer eines Gebäudes, das zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen gemäß § 16 Ziff d EStG: 67,7 Jahre
Kürzung der Nutzungsdauer durch Feuchtigkeitsschäden lt. Gutachten: 13,0 Jahre
Restlaufzeit 54,7 Jahre, entspricht einem Afa-Satz von 1,83 %, das sind jährlich € 5.732,68.

Eine Verkürzung der Gebäudenutzungsdauer durch vorzeitige Instandsetzung der Holzfassade kann nicht erkannt werden."

Dagegen erhob der Bf. Beschwerde. Der maßgebliche Inhalt findet sich im Sachverhalt der nachfolgend festgehaltenen Auszüge aus der Beschwerdevorentscheidung.

In der zum Nachteil des Bf. abändernden Beschwerdevorentscheidung (BVE) ließ es nur den gesetzlichen AfA-Satz von 1,67 % p. a. (€4.698,91) zum Abzug zu. In der BVE heißt es wie folgt:

"Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat im Oktober 2014 die beschwerdegegenständliche Liegenschaft um den Kaufpreis in der Höhe von € 72.200,- zum Zwecke der Vermietung und Verpachtung erworben. Die Aufteilung der Anschaffungskosten erfolgte im Verhältnis 60% Gebäude (€ 43.200,-) und 40% Grund und Boden (€ 28.800,-).

In den Jahren 2015 und 2016 wurde das Gebäude umfassend saniert und ein südseitiger Zubau errichtet. Die Bau- und Sanierungskosten betrugen no. € 308.029,90, die dafür erhaltenen Förderungen und Zuschüsse betrugen € 39.956,-.

Ab Juli 2016 werden die zur Verfügung stehenden 3 Wohneinheiten zu identen Mietpreisen vermietet.

In den eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2016 und 2017 wurde die Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit einer Nutzungsdauer von 35 Jahren (AfA-Satz 2,86%) berechnet und ein Betrag in der Höhe von € 8.950,32 für den Altbestand (inkl. Anschaffungsnebenkosten) und für die Umbau- und Sanierungskosten als Werbungskosten zum Abzug gebracht.

Die Verkürzung der im § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 normierten Nutzungsdauer von 66,66 (periodisch) Jahren für Gebäude, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, auf 35 Jahre (AfA-Satz 2,86%) wurde mit einem Gutachten über die "Technische Nutzungsdauer" und "Restnutzungsdauer" des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Baumeister Herrn X vom (Anm.: diesem Erkenntnis als Beilage "Gutachten" angeschlossen) belegt.

Inhalt des Gutachtens (Zusammenfassung):

Als Zweck der Gutachtenserstellung wird im Gutachten Folgendes angegeben: Die gutachterliche Feststellung der technischen Nutzungsdauer soll für die steuerliche Absetzung der Sanierungskosten auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für das Mehrfamilienwohnhaus verwendet werden.

Der Bewertungsstichtag wird mit , das Datum der Befundaufnahme mit angegeben.

In der Baubeschreibung werden hinsichtlich des "Altbaus" folgende Angaben gemacht:

Errichtung des Wohnhauses mit Windfangzubau: 1959
Bau- und Erhaltungszustand: bei üblich guter bis sehr guter Unterhaltung
augenscheinliche Mängel: Verfärbungen in der Fassadenschalung, Feuchtigkeitsschäden im Keller des Untergeschosses, erhöhte Feuchtigkeit in der Untergeschosswohnung

Sanierungsmaßnahmen: Sanier-, Außenputz, Feuchtigkeitsanstrich, Wärmedämmung, Noppenfolie, Drainagierung, schallschutzmäßige Sanierung, Stahlbetondecken und Holztramdecken, Verstärkung und Stabilisierung der bestehenden Dachstuhlkonstruktion, Erneuerung Dachdeckung inkl. Spenglerarbeiten, Vollwärmeschutz und Holzschalung, Adaptierung Elektro- und Heizungsinstallationen, Erneuerung sanitäre Anlagen, Errichtung Heizungssystemmit Wärmepumpe und Flachkollektoren, Erneuerung Regenwasserversickerungen

Zum Zubau - Untergeschoss wird Folgendes ausgeführt:
Bau- und Erhaltungszustand: bei üblich guter bis sehr guter Unterhaltung
augenscheinliche Mängel: Verfärbungen in der Fassadenschalung
Bauausführung: Streifenfundamente mit Betonplatte, Ziegelmauerwerk mit Vollwärmeschutz, Holztramdecke, Flachdach mit Foliendach, Holzschalung auf Unterkonstruktion, Parkettboden, Fenster- und Fenstertüren in Kunststoff-Aluminium-Konstruktion, Deckenkonstruktion mit sichtbaren Holztramen im Zubau, Außenstiege: Stahlkonstruktion mit Stahlträger

Weiters wird im Gutachten ausgeführt, dass für die steuerliche Absetzung von Sanierungskosten die wirtschaftliche Nutzungsdauer nicht maßgeblich sei. Maßgeblich sei vielmehr die technische Nutzungsdauer, welche von der Qualität der verwendeten Baumaterialien und der Haltbarkeit der tragenden Bauteile beeinflusst wird. Für die Bemessung der technischen Nutzungsdauer seien nur jene Bauteile maßgeblich, die üblicherweise im Lebenszyklus eines Gebäudes, wie Fundierungen, tragende Wand- und Deckenkonstruktionen, nicht erneuert würden. Die technische Nutzungsdauer eines Bauwerkes ließe sich grundsätzlich durch bautechnische Maßnahmen fast beliebig verlängern.

Bei generalsanierten Bauwerken sei die Restnutzungsdauer vornehmlich vom Bauzustand zum Zeitpunkt nach der durchgeführten Sanierung anhängig, wobei zu berücksichtigen sei, dass für den Bauzustand nicht nur die gewählte Bauweise, sondern auch besondere Umstände, welche erst in späteren Jahren festgestellt werden oder eintreten, maßgebend seien.

In der Folge wird erläutert, dass sich die Restnutzungsdauer, die in Jahren angibt, wie lange das Gebäude bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und Bewirtschaftung voraussichtlich noch genutzt werden kann, aus der üblichen Gesamtnutzungsdauer abzüglich Alters des Gebäudes ergäbe. Eine Verlängerung oder Verkürzung der Restnutzungsdauer erfolge nur, wenn besondere Umstände vorlägen.

Beim verfahrensgegenständlichen Mehrfamilienwohnhaus lägen folgende technische Umstände (Mängel) vor, die eine Verkürzung der Restnutzungsdauer rechtfertigen:

a) Feuchtigkeitsabdichtungsmängel - nicht behebbar

b) Mangelbehebung für eine mangelhafte oder nicht ausreichend vorhandene Feuchtigkeitsabdichtung mit unverhältnismäßigem Aufwand

c) verstärkte Abnutzung durch Verwendung von Baumaterialien mit eingeschränkter Haltbarkeit

d) Vernachlässigung von notwendigen Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten

Die Restnutzungsdauer wurde wie folgt ermittelt bzw. geschätzt:

Baujahr des Gebäudes 1959
Verjüngung durch Modernisierung 45 Jahre
fiktives Baujahr 2004
Bewertungsjahr 2016
=fiktives Alter des Gebäudes 12 Jahre

Übliche Gesamtnutzungsdauer 65 Jahre

abzgl. fiktives Alter des Gebäudes 12 Jahre

= Restnutzungsdauer 53 Jahre

Die Verkürzung der Restnutzungsdauer durch technische Umstände wurde wie folgt ermittelt bzw. geschätzt:

Restnutzungsdauer nach Generalsanierung/Zubau 53 Jahre
abzgl. Verkürzung durch Feuchtigkeitsschäden =
25% von 53 Jahren = 13,25 gerundet 13 Jahre
abzgl. Verkürzung durch vorzeitige Instandsetzung/
Erneuerung Holzfassaden 5 Jahre
=verbleibende Restnutzungsdauer 35 Jahre

Zu den technischen Umständen in Bezug auf Feuchtigkeitsschäden wurde ergänzend ausgeführt:
Am Bestandsobjekt sind bereits nach einem Jahr nach den Sanierungsmaßnahmen (Anmerkung: Befundaufnahme fand erst am statt) augenscheinlich Feuchtigkeitsschäden im bergseitigen Bereich des Untergeschosses und merklich spürbare Feuchtigkeitsschäden (Geruchsbelästigung) im Wohnungsbereich im Untergeschoss festgestellt worden. Die Feuchtigkeitsschäden im Wohnungsbereich im Untergeschoss werden durch erhöhtes Beheizen der Wohnung und durch verstärktes Be- und Entlüften der Wohnung hintangehalten. Im Zuge der Generalsanierung waren die Feuchtigkeitsschäden nicht behebbar und/oder mit unverhältnismäßigen Kosten behebbar.

Die schnellere Abnutzung durch die Feuchtigkeitseinwirkung auf die tragenden Gebäudeteile wurde mit 25% der Restnutzungsdauer eingeschätzt.

Durch die Wahl der Baumaterialien sei eine Verkürzung der Restnutzungsdauer zu erwarten, da die Abwitterung der Holzfassaden einschließlich des darunter befindlichen Vollwärmeschutzes eine vorzeitige Instandsetzung und/oder Erneuerung der Holzfassaden erfordert.

Im Ergebnis wurde im vorgelegten Gutachten mit Stichtag für das generalsanierte Mehrfamilienwohnhaus mit Zubau eine Restnutzungsdauer (Verkürzung der ermittelten üblichen Restnutzungsdauer von 53 Jahren um insgesamt 18 Jahre) von 35 Jahren ermittelt.

Im Zuge der Beschwerde wurde beantragt, die durch den technischen Gutachter festgestellten Verkürzungen der Restnutzungsdauer aufgrund der Feuchtigkeitsschäden in einem Ausmaß von 25% der Ausgangsnutzungsdauer sowie die Verkürzung der Nutzungsdauer um fünf Jahre aufgrund der Baustoffwahl anzuerkennen. Ausgehend von der gesetzlich normierten Abschreibungsdauer von 66,66 Jahren ergäbe sich bei einer Verkürzung von 25% für die Feuchtigkeitsschäden und einer Verkürzung von 5 Jahren für die Baustoffwahl eine Restnutzungsdauer von 45 Jahren.

Der Beschwerde ist somit zu entnehmen, dass der Bf. als Ausgangsbasis für eine Reduktion der Abschreibungsdauer nunmehr abweichend vom vorgelegten Gutachten "Ausgangsnutzungsdauer" von 66,66 (periodisch) ausgeht und nicht von einer It. Gutachten reduzierten üblichen Gesamtnutzungsdauer von 53 Jahren.

Rechtliche Würdigung:

Für ein zur Einkünfteerzielung im außerbetrieblichen Bereich genutztes Gebäude (Vermietung und Verpachtung) normiert § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 einen AfA-Satz von 1,5%, der ohne Nachweis zur Anwendung kommt. Soll ein höherer AfA-Satz angewendet werden, so ist die (kürzere) Nutzungsdauer nachzuweisen. Dies hat in aller Regel - insbesondere auch bei gebrauchten Gebäuden - durch ein Gutachten zu geschehen. Die Beweislast in Ansehung einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen.

Durch einen nachträglichen aktivierungspflichtigen Aufwand kann sich die Restnutzungsdauer eines Gebäudes verlängern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Investitionsaufwand den Restbuchwert des Betriebsgebäudes übersteigt und die Restnutzungsdauer des Gebäudes kürzer ist als die für die Zusatzinvestition ermittelte Nutzungsdauer.

Aufwendungen im Zusammenhang mit umfangreichem Herstellungsaufwand (zB Aufstockung eines Gebäudes, Zusammenlegung von Wohnungen, erstmaligem Einbau von Zentralheizungen, Aufzugsanlagen usw., Umstellung der Wärmeversorgung von Öl, Gas oder einem festen Brennstoff auf Fernwärme, Versetzung von Zwischenwänden, Einbau von Badezimmern und WC - Kategorieanhebung, Einbau von Gebäudeteilen an anderen Stellen, Versetzen von Türen und Fenstern), die nicht einwandfrei dem Erhaltungsaufwand zugerechnet werden können, sind zur Gänze als Herstellungsaufwand anzusehen (; ; ; ; ).

Auch bei Vornahme einer Generalüberholung, wenn dadurch ein unbrauchbar gewordenes oder in seiner Brauchbarkeit durch schwere Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit und Nutzungsdauer bestimmenden Teilen wesentlich gemindertes Wirtschaftsgut wieder voll verwendungsfähig wird (vgl. ), ist von Herstellungsaufwendungen auszugehen.

Herstellungsaufwand auf ein vorhandenes Gebäude ist grundsätzlich auf die Restnutzungsdauer zu verteilen. Gegebenenfalls ist eine neue Restnutzungsdauer zu ermitteln. Ist das Gebäude voll abgeschrieben, sind die aktivierungspflichtigen Aufwendungen stets auf die für sie ermittelte Nutzungsdauer zu verteilen. Kommt dem Herstellungsaufwand für sich selbst Gebäudecharakter zu, ist die AfA dieser Herstellungsaufwendungen gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 ohne Nachweis der Nutzungsdauer mit 1,5% der Aufwendungen zu bemessen.

Eine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer ist grundsätzlich durch ein Gutachten über den Bauzustand schlüssig und nachvollziehbar darzulegen ().

Das Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde.

Eine schlüssige Ermittlung der im Einzelfall anzusetzenden kürzeren Restnutzungsdauer setzt ein Eingehen auf den konkreten Bauzustand des Gebäudes voraus. Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer.

Die Beweislast in Ansehung einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen. Für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer schreibt das Gesetz kein Beweismittel vor, in der Regel wird der Beweis durch das Gutachten eines Sachverständigen über den (technischen) Bauzustand zu erbringen sein (, ).

Enthält ein Gutachten keinen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer, ist es als Nachweis einer geringeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer ungeeignet, ohne dass es weiterer Ermittlungsschritte der Behörde bedarf ().

Als Umstände, auf Grund derer eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes angenommen werden kann, kommen insbesondere ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführung oder bestehende statische Probleme in Betracht (zB /0074).

Anerkennung des Gutachtens als Beweismittel für die Verkürzung der gesetzlichen Abschreibungsdauer von 66,66 (periodisch) Jahren auf35bzw. 45Jahre:

Das vom Bf. vorgelegte Gutachten ist aus folgenden Gründen nicht geeignet, eine kürzere als die gemäß § 16 EStG gesetzlich vermutete Nutzungsdauer erweislich zu machen:

Im Gutachten werden folgende technische Mängel angeführt, die eine Verkürzung der
(Rest-)Nutzungdauer rechtfertigen würden:

a) Feuchtigkeitsabdichtungsmängel - nicht behebbar

b) Mangelbehebung für eine mangelhafte oder nicht ausreichend vorhandene Feuchtigkeitsabdichtung mit unverhältnismäßigem Aufwand

c) verstärkte Abnutzung durch Verwendung von Baumaterialien mit eingeschränkter Haltbarkeit

d) Vernachlässigung von notwendigen Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten

zu Mangel a): Es wurde anlässlich der Befundaufnahme am , dh. 17 Monate nach der Inbetriebnahme des Gebäudes, festgestellt, dass augenscheinlich Feuchtigkeitsschäden im bergseitigen Bereich des Untergeschosses und merklich spürbare Feuchtigkeitsschäden (Geruchsbelästigung) im Wohnungsbereich im Untergeschoss aufgetreten sind.

Durch die permanente Feuchtigkeitseinwirkung infolge Sicker- und Hangwässer sei mit einer technisch schnelleren Abnutzung des gesamten tragenden Untergeschoßmauerwerkes einschließlich Streifenfundierungen zu rechnen.

Gleichzeitig wird angemerkt, dass die Feuchtigkeitsschäden im Wohnungsbereich im Untergeschoss durch erhöhtes Beheizen der Wohnung und durch verstärktes Be- und Entlüften der Wohnung hintangehalten werden.

In der Befundbeschreibung wird weiters angeführt, dass sowohl der Altbau als auch der Zubau im Untergeschoß einen guten bis sehr guten Erhaltungszustand aufweisen. Als augenscheinlich mangelhaft wurden die Verfärbungen in den Fassadenschalungen und Feuchtigkeitsschäden im Keller des Untergeschoßes und erhöhte Feuchtigkeit in der Untergeschoßwohnung beurteilt.

Das Ausmaß der schnelleren Abnutzung durch die Feuchtigkeitseinwirkung auf die tragenden Gebäudeteile wurde mit 25% der Restnutzungsdauer geschätzt. Die konkrete Ermittlung dieses Prozentsatzes wird im Gutachten nicht näher ausgeführt.

Inwiefern die aufsteigende bzw. eindringende Feuchtigkeit die Qualität der Bauausführung beeinträchtigt bzw. bereits zu Schäden an der Bausubstanz geführt hat, lässt sich den Ausführungen des Gutachtens nicht entnehmen. Dem Gutachten ist weder eine präzise und detaillierte Ausführung eines schlechten Bauzustandes bzw. einer schlechten Bauausführung noch eine konkrete Beschreibung der aufgrund der bestehenden technischen Mängel bereits bestehenden Schäden zu entnehmen.

Die allgemeinen Aussagen, dass durch die permanente Feuchtigkeitseinwirkung mit einer technisch schnelleren Abnutzung des Untergeschoßmauerwerkes einschließlich Streifenfundamentierung zu rechnen sei, ist nicht geeignet, einen höheren AfA-Satz zu stützen ().

Es ist nicht nachvollziehbar, wie aus der im Gutachten dargelegten Befundbeschreibung und der Feststellung von nicht näher erläuterten Feuchtigkeitsschäden eine Verkürzung der
(Rest-)Nutzungsdauer von gerade 25% (im Gutachten entspricht dies 15 Jahren von der geschätzten Restnutzungsdauer von 53 Jahren) ermittelt wurde. Das Gutachten bzw. das Beschwerdebegehren enthalten hiezu weder Berechnungen noch nähere Angaben, sondern beschränken sich darauf, die geschätzten 25% von der Restnutzungsdauer von 53 Jahren (=15 Jahre It. Gutachten) bzw. von der gesetzlichen Nutzungsdauer von 66,66 (periodisch) Jahren (=16,66 periodisch Jahre It. Beschwerde) in Abzug zu bringen.

Die Angabe eines Prozentsatzes erscheint im Hinblick auf eine Verkürzung der Nutzungsdauer nicht zielführend, da in Abhängigkeit der gewählten (Ausgangs-)Nutzungsdauer unterschiedliche Verkürzungen zustande kommen, die "rein rechnerisch" ermittelt werden - bei 53 Jahren Restnutzungsdauer ergibt sich eine Verkürzung um 15 Jahre, bei 66,66 (periodisch) Jahren ergibt sich eine Verkürzung von 16,66 (periodisch) Jahren.

Zu Mangel b): Hinsichtlich des Einwandes des unverhältnismäßigen Aufwandes einer Mangelbehebung für eine mangelhafte oder nicht ausreichend vorhandene Feuchtigkeitsabdichtung wurden im Gutachten keinerlei Angaben gemacht.

Zu Mangel c): Durch die Wahl der Baumaterialien sei aufgrund der Abwitterung der Holzfassade einschließlich des darunter befindlichen Vollwärmeschutzes mit einer vorzeitigen Instandsetzung und/oder Erneuerung der Holzfassade zu rechnen.

Die dadurch eintretende Verkürzung der Restnutzungsdauer wurde im Gutachten ohne jede weitere Begründung mit 5 Jahren festgelegt.

Die Verwendung von Baumaterialien mit eingeschränkter Haltbarkeit kann grundsätzlich zu einer verstärkten Abnutzung der Bausubstanz führen. Eine Verkürzung der Nutzungsdauer kann allerdings nur unter der Voraussetzung eintreten, dass die verwendeten Baumaterialien die Bausubstanz (tragende Bauteile) betreffen und nicht jederzeit austauschbare Gebäudebestandteile (Fassade, Fenster usw.).

Inwiefern die Verwendung einer Holzschalung Einfluss auf die tragende Bausubstanz hat, wurde im Gutachten ebenfalls nicht erläutert. Die vorzeitige Abnutzung der Holzschalung aufgrund der Witterungsunbeständigkeit führt zu einer vorzeitigen Instandhaltung bzw. Instandsetzung, wobei die Reparatur bzw. der Austausch in Form von sofort abzugsfähigen Werbungskosten berücksichtigt werden kann. Einen Einfluss auf die Bausubstanz und somit auf die technische Haltbarkeit der tragenden Bauteile hat dieses Baumaterial nicht, weshalb eine Verkürzung der Nutzungsdauer in diesem Bereich nicht gerechtfertigt ist.

Zu Mangel d): Hinsichtlich der Vernachlässigung von notwendigen Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten wurden keine Angaben gemacht.

Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass das Gebäude im Jahr 2014 angeschafft wurde und unmittelbar darauf eine umfangreiche Sanierung inkl. Zubau stattgefunden hat. Die Kosten für diese Sanierung bzw. den Zubau beliefen sich auf no. € 308.029,90 und umfassten It. Rechnungsaufgliederung bzw. Beschreibung im Gutachten neben Erneuerungen und Adaptierungen der Elektro- und Heizungsinstallationen, des Heizungssystems auch den Außenputz, einen Feuchtigkeitsanstrich, die Wärmedämmung, Noppenfolie und die Drainagierung bzw. horizontale Abdeckung in den Kellerräumen. Im Bereich des Zubaus erfolgte unter anderem eine Streifenfundamentierung mit Betonplatte. Im Fassadenbereich wurde sowohl im Bereich des Altbaus als auch für den Zubau eine Holzschalung angebracht.

Aufgrund der Beschreibung der erfolgten Sanierungsarbeiten bzw. der Tatsache, dass ein Zubau neu errichtet wurde, lässt sich nicht ableiten, dass vor Inbetriebnahme des Gebäudes notwendige Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten nicht durchgeführt worden sind.

Insgesamt lässt sich aus dem dargestellten bzw. ermittelten Sachverhalt ableiten, dass die getätigten Arbeiten in einer Größenordnung (Umfang und Kosten) erfolgt sind, die einer Generalsanierung bzw. Neuherstellung nahekommt.

Dass das Gebäude nach der Anschaffung und umfassenden Sanierung bzw. der teilweisen Neuerrichtung nur mehr 35 Jahre technisch haltbar sein soll, wurde im Gutachten nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Auch in Bezug auf die wirtschaftlichen Erwägungen (Erwerb und Sanierung zum Zwecke der Einkünfteerzielung durch Vermietung und Verpachtung) erscheint die im Gutachten ermittelte Restnutzungsdauer von 35 Jahren nicht plausibel.

Der Nachweis der Voraussetzungen für ein Abweichen von der in § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 normierten Nutzungsdauer von 66,66 (periodisch) Jahren ist somit nicht gelungen, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist und entgegen den Erstbescheiden der gesetzliche AfA-Satz von 1,5% zur Anwendung kommt.

Die Abschreibung für das Gebäude (Anschaffungskosten Gebäude inkl. Umbaukosten nach Abzug der Förderungen insgesamt € 313.261,10) beträgt somit für die Jahre 2016 und 2017 jeweils € 4.698,91.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 in Verbindung mit § 8 Abs. 4 EStG 1988 kommt überdies auch im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Ansatz einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung in Betracht, wenn infolge besonderer Umstände ein außergewöhnlicher Wertverzehr durch technische oder wirtschaftliche Abnutzung (Doralt, EStG12, § 8, Tz 53f.) eingetreten ist.

Eine außergewöhnliche technische Abnutzung liegt vor, wenn gegenüber der gewöhnlichen Abnutzung ein erhöhter Substanzverlust eingetreten ist (materieller Verschleiß eines Wirtschaftsgutes, zB durch Beschädigung, Brand, Bruch, aber auch übermäßige Nutzung oder Beschädigung eines vermieteten Wirtschaftsgutes durch den Mieter oder infolge mangelhafter Instandhaltung.

Eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung liegt vor, wenn durch außergewöhnliche Umstände die wirtschaftliche Nutzbarkeit eines Wirtschaftsgutes gesunken ist bzw. die Verwendungsmöglichkeit endet oder gemindert wird. Sie ist jedenfalls dann zulässig, wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Verwendung durch Nutzung oder anderweitige Veräußerung endgültig entfallen.

Die Normal-AfA nach § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d in Verbindung mit § 7 Abs. 1 EStG 1988 dient nicht der Vorwegnahme einer allfälligen künftigen außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abschreibung."

Im Vorlageantrag verneinte der Bf. ausdrücklich, von einer Ausgangsnutzungsdauer von 66,66 Jahren ausgegangen zu sein. Das Finanzamt habe außer Acht gelassen, dass die Nutzungsdauer wegen der Feuchtigkeitsschäden um 25% zu reduzieren sei. Er begehre weiterhin eine Nutzungsdauer von 35 Jahren.

Der Feststellung des Fehlens einer detaillierten Ausführung eines schlechten Bauzustandes, einer schlechten Bauausführung oder einer Beschreibung bereits bestehender konkreter Schäden sei zu entgegnen, dass der Gutachter das Vorhandensein von Feuchtigkeitsschäden ausdrücklich bestätige.

Dem Fehlen von Feststellungen, warum der Aufwand für eine fehlende Feuchtigkeitsabdichtung unverhältnismäßig sei, sei entgegenzuhalten, dass allgemein bekannt sei, dass ältere Gebäude unter Umständen Feuchtigkeitsprobleme aufweisen, da in der Regel die gesamte Bodenplatte nicht entsprechend den heutigen Baustandards errichtet sei. Eine Sanierung wäre nur durch einen völligen Neubau zu erreichen.

Der Gutachter habe Schäden an der Holzfassade aufgrund der Materialauswahl bestätigt. Der Austausch der Holzfassade führe nach Ansicht des Bf. nicht zum sofortigen Werbungskostenabzug, sondern zu gemäß § 28 Abs. 2 EStG zu verteilenden Aufwendungen. Die Fassade selbst sei das schützende Element der tragenden Bausubstanz und somit jedenfalls ein wichtiges Bauelement.

Im Vorlagebericht begehrte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde im Sinne der Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung. Die Vorbringen im Vorlageantrag würden zu keiner Änderung der getroffenen rechtlichen Würdigung führen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Strittig ist im gegenständlichen Fall die Höhe der Nutzungsdauer des 2014 erworbenen, in der Folge generalsanierten, um einen Zubau erweiterten und ab Juli 2016 vermieteten Gebäudes.

Begehrt wird seitens des Bf. mit dem Gutachten, anstelle der gesetzlichen Nutzungsdauer von 66,67 Jahren eine Nutzungsdauer von 53 Jahren zu berücksichtigen. Das Finanzamt erachtet den Nachweis durch das Gutachten als nicht erbracht und beantragt die Berücksichtigung des gesetzlichen AfA-Satzes.

Beweiswürdigung

Die Entscheidung des BFG fußt auf dem vorgelegten Akteninhalt und den Vorbringen der Parteien, insbesondere den Ausführungen im Gutachten sowie in der Beschwerdevorentscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Zur Höhe des AfA-Satzes

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. d EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (s ). Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer (EStR 6444) [Lenneis in Jakom EStG, 14. Aufl. (2021), § 16,Rz. 42].

Maßgeblich für eine höhere AfA im außerbetrieblichen Bereich ist idR die technische und nicht die wirtschaftliche Nutzungsdauer (s ). Gründe für eine kürzere Gebäudenutzungsdauer können z. B. ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme darstellen (s ). Zukünftige Verhältnisse dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sich diese im gegenwärtigen Zeitpunkt bereits verlässlich voraussagen lassen (z. B. konkret bevorstehender Abbruch des Gebäudes, s Mirna SWK 91, A I 261 mit Hinweis auf ; s auch ).

Bei Bauten in Massivbauweise (Ziegel- oder Steinmauerwerk, Stahlbeton, Stahl oder massive Holzkonstruktion, mit Ausfachung der Wände aus Ziegel- oder Steinmauerwerk, Gasbeton, Betonfertigteilen, Sandwichpaneelen aus Metall, Kunststoff, Glasbausteinen, massivem Glas, Massivholz oder Massivholzplatten, s EStR 3139a) ist eine Nutzungsdauer von insgesamt 200 Jahren und mehr denkbar (s zu einem gebrauchten, alten Gebäude).

Unterlassener oder künftig notwendiger Instandsetzungsaufwand begründet allerdings keinen erhöhten AfA-Satz, kann aber uU zu einer AfaA führen (s Q/Sch § 8 Rz 22). Finden sich in einem Gutachten keine hinreichenden Aussagen über den Bauzustand, keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführung oder zu allfälligen bereits bestehenden Schäden, etwa als Folge aufsteigender Feuchtigkeit oder eines vermuteten Schädlingsbefalls, ist es zur Nachweisführung für einen niedrigeren AfA-Satz nicht geeignet (s dazu Lochmann ; DKMZ/Doralt § 16 Rz 159; , Behandlung der VwGH-Beschwerde zu 2011/13/0078 mit Beschluss v abgelehnt; ). Die kürzere Lebensdauer verschiedener Gebäudeteile (Installationen, Verputz, Türen, Fußböden, Anstrich, Malerei, sanitäre Einrichtungen) begründet keine kürzere Nutzungsdauer als die sich aus den konstruktiven und haltbaren Bauteilen ergebende einheitliche technische Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes (s -G/03 mit Hinweis auf ; und ; Q/Sch § 8 Rz 22). Das vom StPfl vorgelegte Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung durch die FV (s ).

Der höhere AfA-Satz kann nur für das gesamte Gebäude nachgewiesen werden [Lenneis in Jakom EStG, 14. Aufl. (2021), § 8, Rz. 29 und 31].

Das BFG beurteilt das vom Bf. für die Begründung der 2,86%-igen Nutzungsdauer vorgelegte Gutachten wie folgt:

Zum Bewertungsstichtag

Der Auftrag an den Gutachter erfolgte am , die Besichtigung und Befundung des Gebäudes durch den Gutachter war am . Bewertungsstichtag ist der .

Ausführungen des Gutachters, aufgrund welcher Unterlagen er zur Entscheidung kommen konnte, dass die von ihm am festgestellten Mängel bereits am vorlagen, sind dem Gutachten nicht zu entnehmen. Der Bf. brachte ebenso keine Unterlagen für das Vorliegen entsprechender Schäden bereits zum vor.

Grundsätzliches

Vorweg ist festzuhalten, dass der Bf. nicht in Abrede stellt, dass sowohl der Altbestand als auch der Zubau in Massivbauweise errichtet sind. Dem Gutachter folgend ist hier die technische Nutzungsdauer der tragenden Bauteile relevant. Auch geht der Gutachter davon aus, dass sich die technische Nutzungsdauer eines Bauwerkes grundsätzlich durch bautechnische Maßnahmen fast beliebig verlängern lässt (Gutachten Pkt. 3.1.3. und 3.1.4.).

Die im Gutachten festgehaltenen "Sanierungsmaßnahmen im Zeitraum 2015/2016" sprechen dafür, dass diese Maßnahmen auf eine langfristige Nutzung des Gebäudes ausgerichtet waren. Der Gutachter hat diese Verjüngungsmaßnahmen selbst mit 45 Jahren Nutzungsdauer beziffert.

Grundsätzlich ist auch noch festzuhalten, dass sowohl die Beschwerdevorentscheidung als auch der von der belangten Behörde der Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 265 Abs. 4 BAO zur Kenntnis gebrachte Vorlagebericht den Charakter eines Vorhaltes hat (vgl. , zitiert in ). Zumal sich im gegenständlichen Fall das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung eingehend mit dem Gutachten auseinandersetzte und festhielt, woran es für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer mangelte, wäre es dem Bf. unbenommen geblieben, seine Vorbringen entsprechend zu konkretisieren und auch zu dokumentieren.

Zur Feststellung der Gesamtnutzungsdauer des Mehrfamilienwohnhauses (Gutachten
Pkt. 3.2.)

Es fehlen die Grundlagen für die vom Gutachter angenommene "übliche Gesamtnutzungsdauer (Anm.: vor Verjüngung)" von 65 Jahren, ebenso gibt es keine näheren Angaben, warum die Verjüngungsmaßnahmen gerade mit 45 Jahren bemessen sind. Der Gutachter beschränkt sich auf nicht kommentierte Zahlen.

Zur Ermittlung der Restnutzungsdauer (Gutachten Pkt. 3.2.)

Im Lichte der o. a. Ausführungen bildet der Vorgang, dass von einer nicht begründeten "üblichen Gesamtnutzungsdauer" (65 Jahre) ein ebenfalls nicht begründet ermitteltes "fiktives Alter" (12 Jahre) in Abzug gebracht und so eine Restnutzungsdauer von 53 Jahren ermittelt wird, keine taugliche Schätzung der Restnutzungsdauer, weil schon die zugrunde liegenden Parameter in keiner Weise nachvollzogen werden können.

Zu den einzelnen Positionen betreffend die Verkürzung der Restnutzungsdauer (entsprechend der Reihenfolge laut BVE)

  1. Feuchtigkeitsmängel nicht behebbar und

  2. Mangelbehebung für eine mangelhafte oder nicht ausreichend vorhandene Feuchtigkeitsabdichtung mit unverhältnismäßigem Aufwand

Das BFG teilt in diesen beiden Punkten vollinhaltlich die Ansicht des Finanzamtes und verweist auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

Es fehlen konkrete Angaben zu konkreten Schäden. Mehr, als dass im bergseitigen Bereich des Untergeschoßes es zu einer erhöhten Feuchtigkeit kommt und sich in der Wohnung im Untergeschoß die dadurch bedingte Geruchsbelästigung durch vermehrtes Heizen und Be- und Entlüften hintanhalten lässt, wird nicht festgestellt. Das Gutachten konnte in keiner Weise nachweisen, dass durch die am festgestellten "augenscheinlichen" Feuchtigkeitsschäden tragende Elemente einen solchen Schaden aufweisen, der eine Verminderung der Nutzungsdauer "von 25%" rechtfertigte. Bloß allgemein gehaltene Aussagen über Konsequenzen von nicht näher erläuterten Feuchtigkeitsschäden reichen - wie schon in der BVE ausgeführt - nicht aus, eine Verminderung des "Ausgangswertes" von 25% vorzunehmen.

Auch dem Einwand im Vorlageantrag, dass der Gutachter das Vorhandensein von Feuchtigkeitsschäden ausdrücklich bestätige, entbindet den Bf. nicht von einem konkret zu erbringenden Nachweis der behaupteten Schäden.

Mag - wie im Vorlageantrag ins Treffen geführt - die grundsätzliche Problematik der Abdichtung bei älteren Häusern bestehen, so wird diese hier schon im Erwerbszeitpunkt des Gebäudes für einen in der Branche kundigen Bf. bestanden haben; daher ist anzunehmen, dass er die Entscheidung zum Kauf und zur Sanierung des Gebäudes inklusive der Errichtung des Zubaus im Bewusstsein dieser möglichen Problematik getroffen hat. Wie aufgezeigt, fehlt es aber ohnehin an konkreten, nachvollziehbaren diesbezüglichen Angaben.

Der Gutachter hat auch keine näheren (betragsmäßigen) Angaben zu seiner Feststellung gemacht, dass "im Zuge der Generalsanierung die Feuchtigkeitsschäden nicht behebbar und/oder mit unverhältnismäßigen Kosten behebbar" gewesen wären. Ebenso wenig lässt sich nachvollziehen, welche konkreten Feuchtigkeitsschäden nicht behebbar waren und welche nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten behebbar gewesen wären.

Angemerkt werden darf noch, dass der Bf. Beanstandungen seitens des/der Mieter für den Beschwerdezeitraum nicht behauptete und entsprechend dokumentierte.

Der vom Bf. für Feuchtigkeitsschäden begehrten Verminderung von 25% des Ausgangswertes bzw. im Gutachten von 13 Jahren vermag das BFG daher nicht zu folgen. Das Gutachten wird in diesen Punkten dem Erfordernis nicht gerecht, einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herzustellen.

  1. Verstärkte Abnutzung durch Verwendung von Baumaterialien mit eingeschränkter Haltbarkeit

Auch in diesem Punkt teilt das BFG die Ansicht des Finanzamtes in der BVE und verweist auf die diesbezüglichen Ausführungen. Ergänzend darf festgehalten werden, dass es im Gutachten keine Aussagen zu den konkret verwendeten Baumaterialien und ihrer Qualität sowie den konkret eingetretenen Schäden gibt. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, allein die Wahl von weniger haltbaren Baumaterialien durch einen erhöhten AfA-Satz auszugleichen.

Angesichts des Umstandes, dass das Gutachten nicht nachzuweisen vermochte, dass durch die Abwitterung der Holzfassade zum Bewertungsstichtag tragende Bauteile in einem solchen Maß beschädigt waren, dass sie eine - hinsichtlich der konkreten Höhe nicht begründete - Verkürzung der Restnutzungsdauer von 5 Jahren rechtfertigen, erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Frage, ob ein Ersatz der Holzfassade ein sofort absetzbarer Erhaltungsaufwand oder aber nach § 28 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigender Aufwand ist.

Wenn auch der Bf. selbst von der Wichtigkeit (für die tragenden Bauteile) der Holzfassade ausgeht, so gesteht er - siehe hiezu seine Ausführungen im Vorlageantrag - zu, dass es sich bei der Fassade nicht um ein tragendes Element, sondern um ein "schützendes Element der tragenden Bausubstanz" handelt.

Dem Begehren auf Verminderung der Restnutzungsdauer um (weitere) 5 Jahre kommt daher keine Berechtigung zu.

  1. Vernachlässigung von unterlassenen Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen

Diesbezüglich hielt das Finanzamt in der BVE fest, dass keine Angaben hiezu gemacht worden seien. Auch im Vorlageantrag gibt es hiezu keine weiteren Ausführungen seitens des Bf., auf die das BFG einzugehen hätte.

Abschließend darf festgehalten werden:

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen geht das BFG davon aus, dass keine Gründe vorliegen, eine geringere als die gesetzliche Nutzungsdauer von 66,67 Jahren den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugrundezulegen. Im Gutachten fehlen konkrete, nachvollziehbare Angaben zum Bauzustand sowie zu den behaupteten Mängeln. Ein nachvollziehbarer Schluss vom Befund zu den vom Gutachter angesetzten Parametern und der von ihm ermittelten Restnutzungsdauer ist daher nicht möglich. Das BFG vermochte beim vorliegenden Sachverhalt der begehrten Nutzungsdauer von 35 Jahren nicht zu folgen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung bewegt sich im Rahmen der freien Beweiswürdigung, wobei die in der Rechtsprechung des VwGH an ein Gutachten gestellten Kriterien berücksichtigt wurden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Beilagen:
1 Gutachten
2 Berechnungsblätter

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at