Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.06.2022, RV/5100004/2021

Wiederholter Antritt zu den Teilprüfungen der Reifeprüfung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100004/2021-RS1
Im Rahmen der Bescheiderlassung der Abgabenbehörde unterlaufene Fehler im Sinne des § 293 BAO sind im Spruch des in der Beschwerdesache ergehenden Erkenntnisses richtigzustellen (vgl. Stoll, BAO, 2826; vgl. zur beantragten Berichtigung gemäß § 293 BAO auch Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3, § 279 Rz 3).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom zu VNR ***1***, mit dem ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***K*** (VNR ***2***) für den Zeitraum ab Jänner 2020 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird dahin abgeändert, dass der oben angeführte Antrag für den Zeitraum ab Februar 2020 abgewiesen wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In einer Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wurde der Beschwerdeführerin bekannt gegeben, dass für ihre Tochter ***K*** Familienbeihilfe (nur mehr) bis einschließlich Jänner 2020 gewährt wird.

Mit einem am unterfertigten und am beim Finanzamt eingelangten Formblatt Beih 100 beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ab "", da deren Maturaprüfung aufgrund Krankheit noch ausständig sei.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens und Beischaffung einer Übersicht über die von der Tochter der Beschwerdeführerin am BORG "***3***" absolvierten Prüfungsantritte zur Reifeprüfung wies das Finanzamt mit Bescheid vom den am eingelangten Beihilfeantrag für den Zeitraum ab Jänner 2020 ab. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies werde dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt. Da die Tochter der Beschwerdeführerin bereits vier Mal zur Reifeprüfung angetreten sei und die Familienbeihilfe bis zum dritten Nebentermin ausbezahlt wurde, sei der Antrag abzuweisen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , eingelangt am . Darin brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass ihre Tochter die letzte Teilprüfung der Matura (Mathematik) am positiv absolviert habe und ab Oktober 2020 studiere. Ihre Tochter habe krankheitsbedingt im September 2019 nicht zum Nebentermin im Fach Mathematik und im Jänner 2020 nicht zum Nebentermin im Fach Deutsch antreten können. Sie sei aber erfolgreich zum zweiten Nebentermin Mai 2020 in Deutsch und zum dritten Nebentermin September 2020 in Mathematik angetreten. Im Ablehnungsbescheid werde eine fehlende Ernsthaftigkeit der Absichten in den Raum gestellt. Dazu möchte sie festhalten, dass ihre Tochter seit dem Schuljahr 2015/16 im Lernhilfeinstitut ***4*** regelmäßig Nachhilfe in Anspruch genommen habe, einerseits zur Vorbereitung auf Schularbeiten im Fach Mathematik, andererseits zur Maturavorbereitung in den Fächern Deutsch und Mathematik. Von einer fehlenden Lernbereitschaft und einer mangelnden Ernsthaftigkeit der Absichten könne daher wohl kaum die Rede sein. Die Leiterin des Nachhilfeinstitutes habe sie stets über die positiven Rückmeldungen der Nachhilfelehrerinnen in Bezug auf die Lernbereitschaft und den Fleiß ihrer Tochter informiert.

In einem Vorhalt vom wies das Finanzamt die Beschwerdeführerin darauf hin, dass ihre Tochter seit Februar 2020 nicht mehr in ihrem Haushalt lebe. Sie möge die ab diesem Zeitpunkt geleisteten Unterhaltszahlungen an Ihre Tochter vorlegen (Kontoauszüge). Ferner mögen die Dienstverträge Ihrer Tochter (***6***, ***5***, ...) vorgelegt werden. Schließlich wurde um Übermittlung einer Bestätigung mit Datum über die Nachhilfestunden, sowie eine Aufstellung, wie viele Stunden ihre Tochter für die Vorbereitung der Matura (für alle Nebentermine) aufgewendet habe, ersucht.

Dazu gab die Beschwerdeführerin am bekannt, dass der tägliche Lernaufwand zur Vorbereitung auf die einzelnen Maturafächer schriftlich und mündlich durchschnittlich dreieinhalb bis vier Stunden betragen habe. Während dieser Zeit habe sich ihre Tochter gezielt mit den Aufgabenstellungen der Nachhilfe auseinandergesetzt und Hausübungen erledigt, die von der Nachhilfe bis zum nächsten Termin zu erledigen waren. Des Weiteren habe sich ihre Tochter während dieser Zeit intensiv mit den Lern- und Lehrinhalten der einzelnen zur Matura relevanten Schulfächer auseinandergesetzt und geübt.

Ferner wurden Überweisungsbestätigungen vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin an ihre Tochter ab monatlich 250 € überwiesen hat. Als Zahlungsreferenz wurde "Familienbeihilfe" angeführt.

Weiters wurde eine Bestätigung der LERNHILFE ***4*** vorgelegt, derzufolge im Schuljahr 2019/20 für die der Tochter der Beschwerdeführerin erteilte Nachhilfe am ein Betrag von 215 € für 10 Unterrichtseinheiten, am ein Betrag von 150,50 € für 7 Unterrichtseinheiten und am ein Betrag von 360 € für 20 Unterrichtseinheiten bezahlt wurde.

Schließlich wurden Dienstzettel und Dienstverträge vorgelegt, die eine jeweils geringfügige Beschäftigung der Tochter der Beschwerdeführerin bei den Firmen ***5*** (monatlicher Grundbezug 391,59 €) und ***6*** (wöchentlich 9 Stunden zu je 38,97 €) belegen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom ab. Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Dies werde dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessen Zeitraums antrete. Da die Tochter der Beschwerdeführerin bereits vier Mal zur Reifeprüfung angetreten sei und die Familienbeihilfe bis zum dritten Nebentermin ausbezahlt worden wäre, sei die Beschwerde abzuweisen. Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hätten Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehöre. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei. Da die Tochter der Beschwerdeführerin bei dieser seit nicht mehr haushaltszugehörig sei und die Beschwerdeführerin auch nicht die überwiegende Kostentragung übernehme, bestehe kein Anspruch mehr auf Familienbeihilfe ab Jänner 2020.

In einer Vollmachtsbekanntgabe vom wurde bekannt gegeben, dass die Beschwerdeführerin Rechtsanwalt ***RA*** mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt habe. Der einschreitende Rechtsvertreter berief sich auf die ihm mündlich erteilte Vollmacht. Es wurde um Kenntnisnahme und weitere Zustellungen zu dessen Handen ersucht.

In dem vom Rechtsvertreter eingebrachten Vorlageantrag vom wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Tochter der Beschwerdeführerin habe am die letzte noch ausständige Maturaprüfung absolviert. Die Annahme der belangten Behörde, dass diese bereits vier Mal zur Reifeprüfung angetreten sei, entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Tatsächlich habe diese im September 2020 beim dritten Nebentermin in Mathematik und im Mai 2020 beim zweiten Nebentermin in Deutsch die Matura abgeschlossen. Sie habe in Mathematik bei einem Nebentermin (September 2019) und in Deutsch bei einem Nebentermin (Jänner 2020) aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte. Diese Nebentermine wären sohin auch nicht als Antritte zu beurteilen. Bei der Beurteilung, ob ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen vorliege, sei nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend, sondern, dass es der Schüler durch das Antreten zu Prüfungen "versuchen" müsse. Die Tochter der Beschwerdeführerin sei zu jedem möglichen Termin - sofern die Wahrnehmung aus gesundheitlichen Gründen möglich gewesen sei - angetreten. Der Prüfungsantritt sei damit auch innerhalb einer angemessenen Zeit erfolgt. Daneben habe sie insbesondere auch Nachhilfeunterricht in Anspruch genommen und liege auch aufgrund dessen ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen vor. Es sei zwar grundsätzlich richtig, dass die Tochter der Beschwerdeführerin bei dieser nicht mehr haushaltszugehörig sei, jedoch übernehme die Beschwerdeführerin nach wie vor die überwiegenden Unterhaltskosten. Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 habe die Beschwerdeführerin Anspruch auf Familienbeihilfe, zumal ihre Tochter auch bei keiner anderen Person, welche Anspruch auf Familienbeihilfe habe, haushaltszugehörig sei. Auf die bisher von der Beschwerdeführerin bereits vorgelegten Urkunden werde verwiesen. Zum Beweis des Vorbringens wurde die Einvernahme der Beschwerdeführerin, des ***8*** sowie der Tochter der Beschwerdeführerin beantragt.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

In einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin ersucht, zu folgenden Punkten Stellung zu nehmen und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

1) Nach dem Vorbringen in der Beschwerde hat Ihre Tochter die Maturaprüfung in Mathematik im September 2020 bestanden. Die Nachreichung des positiven Zeugnisses wurde zwar in der Beschwerde angekündigt, findet sich jedoch nicht in den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen. Um Übermittlung einer Ablichtung des Zeugnisses wird ersucht.

2) Das Finanzamt hat die Abweisung der Beschwerde auch damit begründet, dass Ihre Tochter ab Februar 2020 bei Ihnen nicht mehr haushaltszugehörig war und damit Ihr Anspruch gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 weggefallen ist. Ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967 würde voraussetzen, dass Sie die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend getragen haben.

Ob eine Person die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend getragen hat, hängt einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab. Ohne (zumindest schätzungsweise) Feststellung der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind lässt sich somit nicht sagen, ob die Unterhaltsleistung in einem konkreten Fall eine überwiegende war (ständige Rechtsprechung seit ).

Es wird daher um Darstellung und Glaubhaftmachung der tatsächlichen Unterhaltskosten des Kindes im Zeitraum Februar 2020 bis September 2020 ersucht. Ferner möge näher dargelegt werden, wer welchen Teil dieser Kosten getragen hat.

Nach dem Vorbringen in der Stellungnahme vom haben Sie monatlich einen Betrag von 250 € auf das Bankkonto Ihrer Tochter überwiesen. Ihre Tochter war im Zeitraum Februar bis September 2020 auch selbst (geringfügig) erwerbstätig. Den vorliegenden Lohnzetteldaten ist zu entnehmen, dass Ihre Tochter bis bei der Fa. ***6*** GmbH, und ab bei der Fa. ***5*** GmbH beschäftigt war. Die wöchentliche Arbeitszeit bei der Fa. ***6*** GmbH betrug neun Stunden, woraus ein Monatsbezug von 381,13 € resultierte. Bei der Fa. ***5*** GmbH wurde ein Monatsverdienst von 391,59 € erzielt (Beilagen zur Stellungnahme vom ).

Im verfahrensgegenständlichen Beihilfenantrag wurde ***7*** als Kindesvater genannt, in der Beihilfendatenbank wird ***8*** als Vater geführt. Es wird um Mitteilung ersucht, in welchem Verwandtschaftsverhältnis diese beiden Personen zum Kind stehen und wer im Zeitraum Februar 2020 bis September 2020 in welchem Umfang zur Deckung der Unterhaltskosten des Kindes beigetragen hat.

Informativ wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe besteht, wenn die Eltern nicht die überwiegenden Unterhaltskosten tragen. Ein solcher Eigenanspruch Ihrer Tochter wurde vom Finanzamt offenbar im Zeitraum ab Oktober 2020 bejaht, da seit diesem Zeitpunkt Ihrer Tochter (aufgrund einer weiteren Berufsausbildung) Familienbeihilfe gewährt wird.

3) Nach den Eintragungen in der Beihilfendatenbank wurde Ihnen bis einschließlich Jänner 2020 Familienbeihilfe ausbezahlt (Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom ). Auch dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung ist zu entnehmen, dass nach Ansicht des Finanzamtes "bis zum dritten Nebentermin" (Jänner 2020) ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Der Abweisungsbescheid hätte daher richtigerweise wohl den Zeitraum ab Februar 2020 betreffen sollen.

4) In der Vollmachtsbekanntgabe Ihres Rechtsvertreters vom wurde auch ein Antrag auf Aktenübersendung gestellt. Es ist den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen nicht zu entnehmen, ob diesem Antrag auf Akteneinsicht entsprochen wurde. Es wird um Mitteilung ersucht, ob dieser Antrag noch aufrecht ist bzw. in welche konkreten Aktenteile allenfalls Einsicht genommen werden möchte. In den vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Aktenteilen finden sich im Wesentlichen nur von Ihnen im Zuge des Verfahrens übermittelte Unterlagen. Das Finanzamt hat lediglich von der Schule (BORG ***4***) eine Übersicht über die von Ihrer Tochter abgelegten Reifeprüfungstermine angefordert. Eine Ablichtung dieser Übersicht ist zur Wahrung des Parteiengehörs als Beilage angeschlossen.

Zu diesem Vorhalt wurde mit Schriftsatz vom Stellung genommen und darin ausgeführt:

Das von ***RA*** geführte Einzelrechtsanwaltsunternehmen wurde mit in die ***RA-GmbH***, eingebracht, sodass die Beschwerdeführerin nunmehr durch die ***RA-GmbH***, rechtsfreundlich vertreten wird.

Zum dg. Vorhalt vom wird nachstehende Urkundenvorlage erstattet:
Beilage ./A Reifeprüfungszeugnis Bundes-Oberstufenrealgymnasium "
***3***" vom
Beilage ./B Geburtsurkunde
***K*** vom
Beilage ./C Beurkundung der Anerkennung der Vaterschaft vom

Weiters wird bekannt gegeben, dass die Unterhaltskosten im beschwerdegegenständlichen Zeitraum überwiegend von der Kindesmutter getragen wurden. Der leibliche Vater, ***7***, leistete im beschwerdegegenständlichen Zeitraum einen monatlichen Geldunterhalt von € 437,00. Das aus der geringfügigen Beschäftigung erzielte Eigeneinkommen wurde von ***K*** für persönliche Bedürfnisse verwendet. Sämtliche darüber hinausgehende laufende Aufwendungen wurden von der Kindesmutter geleistet. Hierzu zählen die Kosten der Versorgung, der gelegentlichen Wohnsitznahme im elterlichen Wohnhaus, Übernahme von medizinisch gebotenen Unterstützungen (Therapiekosten), sonstige Aufwendungen, usw.

***8*** ist der Ehemann der Kindesmutter und fand nach der Eheschließung, bezogen auf ***K***, eine Namensgebung durch den Ehemann der Mutter statt.

Dem Aktenübersendungsantrag vom wurde mit E-Mail vom entsprochen.

Der Stellungnahme waren die darin erwähnten Beilagen angeschlossen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt samt Beweiswürdigung

1.1. Reifeprüfung

Die am ***9*** geborene Tochter der Beschwerdeführerin hat das 18. Lebensjahr am ***10*** vollendet. Laut vorgelegter Schulbesuchsbestätigung vom hat sie im Schuljahr 2017/18 die 8. Klasse am Bundes-Oberstufenrealgymnasium "***3***" besucht, aber nicht erfolgreich abgeschlossen. Diese Klasse musste daher im Schuljahr 2018/19 wiederholt werden (Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom , eingelangt am im Rahmen der Überprüfung des Beihilfenanspruches vom ).

Aus der von der Schule vorgelegten Prüfungsübersicht geht hervor, dass das Kind im Mai 2019 erfolglos zur Reifeprüfung angetreten ist (negative Beurteilungen in Deutsch und Mathematik).

Im Fach Deutsch erfolgte eine neuerlich negative Beurteilung der schriftlichen Prüfung am , auch die am abgelegte Kompensationsprüfung wurde negativ beurteilt. Zur schriftlichen Prüfung in Mathematik am ist das Kind krankheitsbedingt nicht angetreten (ärztliche Bestätigung der Dr. ***11***).

Auch zur neuerlichen schriftlichen Wiederholungsprüfung in Deutsch am ist das Kind aus gesundheitlichen Gründen nicht angetreten (Bestätigung der Schule vom ). Die schriftliche Wiederholungsprüfung in Mathematik am wurde ebenso wie die Kompensationsprüfung in diesem Fach am negativ beurteilt.

Die schriftliche Wiederholungsprüfung in Deutsch am wurde erfolgreich abgelegt, die schriftliche Wiederholungsprüfung in Mathematik dagegen am ebenso wie die Kompensationsprüfung am negativ beurteilt.

Die Reifeprüfung wurde schließlich im September 2020 erfolgreich abgelegt, nachdem auch im Fach Mathematik die Wiederholungsprüfung positiv beurteilt worden war.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Zeugnissen sowie der von der Schule vorgelegten Prüfungsübersicht.

1.2. Haushaltszugehörigkeit des Kindes

Das Kind war bis an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin gemeldet. Ab dem war das Kind in ***12***, wohnhaft (Unterkunftgeber: ***13***), seit dem wird im Zentralen Melderegister als Wohnadresse wieder die Anschrift der Beschwerdeführerin ausgewiesen.

Das Kind war damit ab nicht mehr zum Haushalt der Beschwerdeführerin zugehörig. Die diesbezügliche Feststellung in der Beschwerdevorentscheidung vom wurde im Vorlageantrag vom als richtig bestätigt.

1.3. Überwiegende Tragung der Unterhaltskosten für das Kind

Im Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes wurde darauf hingewiesen, die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten hänge einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für das Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab. Ohne (zumindest schätzungsweise) Feststellung der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind lasse sich nicht sagen, ob die Unterhaltsleistung in einem konkreten Fall eine überwiegende war. Dazu wurde die Beschwerdeführerin ausdrücklich um Darstellung und Glaubhaftmachung der tatsächlichen Unterhaltskosten des Kindes im Zeitraum Februar 2020 bis September 2020 ersucht. Ferner wurde um Bekanntgabe ersucht, wer welchen Teil dieser Kosten getragen habe.

Die Beschwerdeführerin kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Die tatsächlichen Unterhaltskosten für das Kind in den genannten Monaten wurden nicht dargestellt, sodass schon aus diesem Grund nicht beurteilt werden kann, ob die für den Unterhalt erbrachten Leistungen der Beschwerdeführerin die Unterhaltskosten zum überwiegenden Teil abgedeckt haben. Dazu kommt, dass - wie im Vorhalt vom ausdrücklich erwähnt - die in der Stellungnahme vom nachgewiesenen Unterhaltsleistungen der Beschwerdeführerin in monatlichen Zahlungen von 250 € auf das Bankkonto ihrer Tochter bestanden. Der monatliche Geldunterhalt des leiblichen Kindesvaters wurde dagegen in der Stellungnahme vom mit 437 € beziffert, was für eine überwiegende Tragung der Unterhaltskosten durch den Kindesvater spricht. Das Vorbringen in der Stellungnahme vom , wonach von der Beschwerdeführerin über die erwähnten monatlichen Zahlungen hinaus auch "laufende Aufwendungen" wie die "Kosten der Versorgung, der gelegentlichen Wohnsitznahme im elterlichen Wohnhaus, Übernahme von medizinisch gebotenen Unterstützungen (Therapiekosten), sonstige Aufwendungen, usw." getragen habe, ist so pauschal gehalten, dass eine Feststellung, welcher zusätzliche Aufwand in den einzelnen beschwerderelevanten Monaten tatsächlich angefallen ist, nicht möglich ist.

Insgesamt gesehen hat damit die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie im Zeitraum Februar 2020 bis September 2020 die überwiegenden Unterhaltskosten für ihre Tochter getragen hat.

1.4. Zeitlicher Umfang der Vorbereitung auf die Reifeprüfungen (2/2020 bis 9/2020)

Die Beschwerdeführerin gab dazu am bekannt, dass der tägliche Lernaufwand zur Vorbereitung auf die einzelnen Maturafächer schriftlich und mündlich durchschnittlich dreieinhalb bis vier Stunden betragen habe. Während dieser Zeit habe sich ihre Tochter gezielt mit den Aufgabenstellungen der Nachhilfe auseinandergesetzt und Hausübungen erledigt, die von der Nachhilfe bis zum nächsten Termin zu erledigen waren. Des Weiteren habe sich ihre Tochter während dieser Zeit intensiv mit den Lern- und Lehrinhalten der einzelnen zu Matura relevanten Schulfächer auseinandergesetzt und geübt.

Geht man davon aus, dass sich die Tochter der Beschwerdeführer an den gewöhnlichen Schultagen, somit Montag bis Freitag, in diesem Umfang auf die Reifeprüfung vorbereitet hat, so ergibt sich ein durchaus realistischer wöchentlicher Zeitaufwand von 17,5 bis 20 Stunden.

Selbst wenn man annimmt, dass der dargestellte Lernaufwand auch am Wochenende betrieben worden wäre (was nicht ausdrücklich behauptet worden ist), so ergibt sich ein wöchentlicher Zeitaufwand von 24,5 bis 28 Stunden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Rechtslage

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des FLAG 1967 lauten in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß, …

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich (bis zur Änderung durch das Finanz-Organisationsreformgesetz - FORG, BGBl I 104/2019: das Wohnsitzfinanzamt) automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich (zuvor: Wohnsitzfinanzamt) hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich (zuvor: Wohnsitzfinanzamt) zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Erwägungen

a) Das damals zuständig gewesene Wohnsitzfinanzamt Braunau Ried Schärding hat der Beschwerdeführerin Familienbeihilfe für ihre Tochter bis einschließlich Jänner 2020 ausbezahlt und auch eine entsprechende Mitteilung im Sinne des § 12 FLAG 1967 ausgestellt.

Im Beihilfenantrag vom wurde die Zuerkennung der Familienbeihilfe "ab " beantragt, obwohl sie für den Zeitraum Jänner 2020 bereits ausbezahlt worden war.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wies das Finanzamt darauf hin, dass die Familienbeihilfe "bis zum dritten Nebentermin" (nach Meinung des Finanzamtes wäre dieser im Jänner 2020 gelegen gewesen) ausbezahlt worden sei. Dass entgegen der oben erwähnten Mitteilung für den Zeitraum Jänner 2020 nach Ansicht des Finanzamtes kein Beihilfenanspruch bestanden hätte, ist weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch dem Vorlagebericht des Finanzamtes zu entnehmen.

Bei dieser Sachlage liegt im Spruch des angefochtenen Bescheides offenkundig ein der Abgabenbehörde unterlaufener, durch den Beihilfenantrag (ab "") ausgelöster Schreibfehler im Sinne des § 293 BAO vor, der im Spruch der gegenständlichen Entscheidung dahingehend richtiggestellt wurde, dass die Abweisung des Beihilfenantrages für den Zeitraum ab Februar 2020 ausgesprochen wird. Im Rahmen der Bescheiderlassung der Abgabenbehörde unterlaufene Fehler im Sinne des § 293 BAO sind im Spruch des in der Beschwerdesache ergehenden Erkenntnisses richtigzustellen (vgl. Stoll, BAO, 2826; ; ; vgl. zur beantragten Berichtigung gemäß § 293 BAO auch Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3, § 279 Rz 3).

b) Die Tochter der Beschwerdeführerin war bei dieser bis haushaltszugehörig. Ab dem fiel diese Haushaltszugehörigkeit und damit die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 weg. Eine anschließende überwiegende Kostentragung im Sinne des § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967 wurde von der Beschwerdeführerin nicht dargetan (siehe oben Punkt 1.3.), sodass für den Zeitraum ab März 2020 schon aus diesem Grund kein Beihilfenanspruch für diese mehr bestand.

c) Ein Beihilfenanspruch für Februar 2020 (für diesen Zeitraum hätte gemäß § 10 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967 aufgrund der bis bestehenden Haushaltszugehörigkeit noch ein Anspruch in Betracht kommen können) hätte vorausgesetzt, dass (auch) in diesem Monat sich das Kind noch in einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 befunden hätte.

Nach der Regelung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht ein Beihilfenanspruch für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden. Zur Frage, wann eine solche Berufungsausbildung im Sinne des FLAG anzunehmen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die dazu vorliegen müssen (vgl. jüngst etwa VwGH, , Ra 2018/16/0203 und , jeweils mwN). Unter den Begriff der Berufungsausbildung fallen demnach alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Überdies kommt es auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, und muss die Berufsausbildung auch in quantitativer Hinsicht die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch nehmen.

Was unter dieser "vollen Zeit" zu verstehen ist, ist weder im Gesetz geregelt noch trifft die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes diesbezüglich eine klare Aussage. Auch im Fall des Besuches einer Maturaschule führt der Verwaltungsgerichtshof nur allgemein aus, das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg manifestiere sich im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen. Zwar sei nicht (nur) der Prüfungserfolg ausschlaggebend, der Maturaschüler müsse aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen (Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2 Rz 39 mit Hinweis auf ).

Ist das Ziel der Ausbildung die Ablegung der Matura, ist nach der überwiegenden Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, also mindestens 30 Wochenstunden, wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt (Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2 Rz 40 mit Hinweis auf -F/07; ; ; ; vgl. aus der jüngeren Judikatur des Bundesfinanzgerichtes etwa auch und ).

Der im gegenständlichen Fall aufgewendete zeitliche Umfang der Vorbereitung auf die einzelnen Teilprüfungen der Reifeprüfung (siehe oben Pkt. 1.4.) genügt diesen Anforderungen nicht. Es lag daher aus diesem Grund - ebenso wie im Zeitraum ab März 2020 - auch schon im Monat Februar 2020 keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 mehr vor.

Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass die Rechtsansicht des Finanzamtes, es stünde grundsätzlich nur Familienbeihilfe bis zum "dritten Nebentermin" (tatsächlich zweiten Nebentermin) im Jänner 2020 zu, im Gesetz keine Deckung findet. Durch das Bundesgesetz BGBl 311/1992, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wurde, hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe an Studenten geändert und dazu nähere Regelungen geschaffen, wann bei Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, eine Berufsausbildung anzunehmen sei. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (465 der Beilagen XVIII GP) wird dazu ausgeführt:

In Ergänzung zur geplanten Neuordnung der Studienförderung ist es angezeigt, durch eine Novellierung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 auch Leistungsverbesserungen - insbesondere für Studierende - durchzuführen.

In diesem Zusammenhang soll auch der bereits nach jetziger Rechtslage und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangte Studienfortgang näher umschrieben werden, um eine einheitliche Verwaltungspraxis zu gewährleisten.

Nur bei Studierenden ist es erforderlich, bestimmte Kriterien über den Studienfortgang als Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe in das Gesetz aufzunehmen. Bei allen anderen Großjährigen, die sich in Berufsausbildung befinden, besteht keine solche Freiheit in der Studienwahl und im Studienfortschritt.

Lehrlinge zB unterliegen der ständigen Anwesenheits- und Erfolgskontrolle des Lehrherrn und der Berufsschule. Die anderen großjährigen Schüler besuchen Lehranstalten, bei denen schon von Gesetzes wegen Anwesenheits- und Erfolgspflicht gegeben ist. Nur Studierende an Universitäten, Hochschulen und Akademien können im Rahmen der jahrhundertealten, traditionellen akademischen Freiheiten ihr Studium und ihren Studienfortgang völlig frei bestimmen. Nur in diesen Fällen ist es daher erforderlich, Bestimmungen über Mindeststudienerfordernisse vorzusehen, bei deren Vorliegen von einer Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes gesprochen werden kann.

Daraus geht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes klar hervor, dass der Gesetzgeber nur bei Studierenden den Studienfortgang näher umschrieben hat und nur in den Fällen, in denen kein ausreichender Studienfortschritt erzielt wird, der Anspruch auf Familienbeihilfe wegfällt. Für die anderen "großjährigen Schüler" wurde keine vergleichbare Regelung geschaffen. Solange daher ein Schüler durch das Antreten zu den einzelnen Teilprüfungen der Matura innerhalb angemessener Zeit versucht, die Reifeprüfung erfolgreich abzulegen, besteht damit ein Beihilfenanspruch. Die Möglichkeit, zu den einzelnen Teilprüfungen wiederholt anzutreten, wird dabei zum einen durch die Bestimmung des § 40 SchUG begrenzt (höchstens dreimaliges Wiederholen der Teilprüfung), zum anderen würde dem Erfordernis eines ernstlichen und zielstrebigen Bemühens um den Studienfortgang dann nicht entsprochen, wenn zum nächstmöglichen Nebentermin grundlos kein Prüfungsantritt erfolgen würde. Das war gegenständlich jedoch nicht der Fall.

Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100004.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at