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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2022, RV/7100215/2019

Umfang der Hauptwohnsitzbefreiung bei großem Grundstück

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100215/2019-RS1
Bei der Hauptwohnsitzbefreiung ist nicht auf die Ortsüblichkeit und somit nicht auf die Grundstücksgrößen in der unmittelbaren Nachbarschaft abzustellen, sondern von einer typisierenden Betrachtung auszugehen. Im Allgemeinen ist ein Bauplatz von 1.000 m² jedenfalls als ausreichend anzusehen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Alexander Hajicek als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Nathalie Kovacs als beisitzende Richterin sowie die fachkundigen Laienrichter ***L1*** und ***L2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG, Rathausstraße 15, 1010 Wien, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend
1. Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2016 und
2. Einkommensteuer 2016,
Steuernummer ***Bf1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge Bf) brachte am die Einkommensteuererklärung über FinanzOnline ein und erklärte in dieser keine Einkünfte aus Veräußerung von privaten Grundstücken.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde die Einkommensteuer 2016 erklärungsgemäß veranlagt.

Aufgrund einer Prüfung der Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer beim Parteienvertreter zur Erfassungsnummer ***123/456*** durch das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel wurde festgestellt, dass die Hauptwohnsitzbefreiung für das gesamte Grundstück mit einem Flächenausmaß von 2.890 m2 geltend gemacht wurde und erfolgte eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt Wien 1/23.

Mit Bescheid vom hob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid gemäß § 299 BAO auf und setzte gleichzeitig mit dem ersetzenden Einkommensteuerbescheid Immobilienertragsteuer iHv rund 12.900 € fest. Begründend führte es aus, nur ein Grundanteil von maximal 1.000 m2 sei steuerfrei.

Gegen den Aufhebungsbescheid und den Einkommensteuerbescheid erhob der Bf Beschwerden. In seiner Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid bringt er im Wesentlichen vor, Voraussetzung der Aufhebung wäre die Gewissheit der Rechtswidrigkeit. Der bloße Hinweis auf eine Kontrollmitteilung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel und anscheinend das VwGH-Erkenntnis vom , das in der Bescheidbegründung des Aufhebungsbescheides nicht einmal erwähnt sei, rechtfertige für sich keine Bescheidaufhebung. Der Aufhebungsbescheid begnüge sich im Ergebnis mit einer Scheinbegründung. Das Finanzamt führe keine Argumente ins Treffen, die die "Fertigkeit" der Rechtswidrigkeit indiziere. Das Finanzamt könne dies auch gar nicht, weil es es unterlassen habe, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt vor Aufhebung zu klären (zB ua.).
In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid brachte der Bf im Wesentlichen vor, dass nach dem Erkenntnis des , dem begünstigten Eigenheim Grund und Boden in jenem Ausmaß zuzuordnen sei, das üblicherweise als Bauplatz erforderlich sei. Die Beurteilung, welche Grundstücksgröße üblicherweise für einen Bauplatz erforderlich sei, erfolge nach der Verkehrsauffassung. Eine starre Grenzziehung im Ausmaß von 1.000 m2 finde weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien Deckung. Ebenso wenig lege die aktuelle Rechtsprechung fest, dass Grundanteile, die 1.000 m2 überstiegen, der Hauptwohnsitzbefreiung unzugänglich seien.
Der Bf legte der Beschwerde Auszüge aus dem Wiener Baugrundkataster von Grundstücken in unmittelbarer Nachbarschaft des veräußerten Grundstückes als Nachweis dafür bei, dass die durchschnittliche Grundstücksfläche in ***Z*** üblicherweise in etwa 3.500 m2 betrage.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab. Betreffend die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass eine mangelhafte Begründung des Aufhebungsbescheides in der Beschwerdevorentscheidung bzw. im Rechtsmittelverfahren ergänzt bzw. richtiggestellt werden könne, es dürfe bloß kein anderer (neuer) Aufhebungsgrund herangezogen werden. Aus der Begründung der beiden miteinander verbundenen Bescheide (Aufhebungsbescheid und neuer Sachbescheid vom ) sei zu erkennen, worauf das Finanzamt die Aufhebung gestützt habe. Der Abgabepflichtige habe die Hauptwohnsitzbefreiung für die gesamte Liegenschaft geltend gemacht und dabei nicht berücksichtigt, dass die Befreiung für Grund und Boden nur in jenem Ausmaß zustehe, als der Garten der Nutzung des Eigenheims diene. Dies gelte bis zu einem Ausmaß, das üblicherweise als Bauplatz erforderlich sei. Bis zu einer Größe von 1.000 m2 sei dies jedenfalls anzunehmen.

Der Bf erhob einen Vorlageantrag.

In der mündliche Verhandlung vom brachte der Vertreter des Bf im Wesentlichen ergänzend vor, dass die Hauptwohnsitzbefreiung darauf abziele, dass ein Steuerpflichtiger, der bereits seit vielen Jahren auf dem Grundstück gewohnt habe, bei einer Veräußerung nicht durch eine unerwartete Steuerbelastung überrascht oder getroffen werden solle. Dies habe mit der Errichtung des Gebäudes, wie es bei den Arbeiterwohnstätten der Fall sei, nichts zu tun.
Bei der Verkehrsüblichkeit komme es auf die Lage des Grundstückes an. Das starre Abstellen auf eine Grenze von 1.000 m2 würde zu dem Ergebnis führen, dass zB die Veräußerung eines 2.500 m2 großen Grundstückes mit einem baufälligen Bauernhaus im Umfang des 1.000 m2 übersteigenden Teiles steuerpflichtig wäre, hingegen die Veräußerung einer Luxusvilla mit 997 m2 Grundstück befreit wäre. Dies führe zu einem nicht sachgerechten und gleichheitswidrigen Ergebnis.

Die Finanzamtsvertreterin verwies auf die Einkommensteuerrichtlinien Rz 6634 und die dort vorgesehene Grenze von 1.000 m2. Darüber hinaus verwies sie auf ein Erkenntnis des , in welchem auf die typisierende Betrachtungsweise abgestellt wurde.

Der steuerliche Vertreter erwiderte, dass auch bei typisierender Betrachtung sich nicht wegargumentieren lasse, dass der Verwaltungsgerichthof auf die Ortsüblichkeit abstelle. Berücksichtige man die Verhältnisse in ***Z***, so sei dann eine entsprechende Grundstücksgröße ortsüblich.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf erwarb die Liegenschaft EZ ***23***, KG ***23456*** ***Z*** mit einem Flächenausmaß von 2.890 m2 im Jahr 2015 aufgrund eines Schenkungsvertrages auf den Todesfall von ***A***, diese wiederum erwarb jeweils Hälfteeigentum in den Jahren 1989 und 1995.

Mit Kaufvertrag vom verkaufte der Bf diese Liegenschaft an die ***KG*** um einen Kaufpreis von 1.175.000 €.

Die Liegenschaft diente dem Bf seit dem Jahr 2004 durchgehend bis zur Veräußerung als Hauptwohnsitz. Der Hauptwohnsitz wurde mit aufgegeben.

Die gesamte Liegenschaft weist laut Grundbuchstand eine Fläche von 2.890 m2 auf, wovon 300 m2 bebaut sind.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem im Akt befindlichen Kaufvertrag vom , dem historischen Grundbuchsauszug und dem Vorbringen des Bf insbesondere hinsichtlich der Dauer des Hauptwohnsitzes. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Aufhebungsbescheid

Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Mit dem aufzuhebenden Bescheid ist der den angefochtenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

Wird der Bescheid von Amts wegen aufgehoben, legt die Abgabenbehörde fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid für inhaltlich rechtswidrig erachtet. Sohin legt sie im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides die Sache, über die im Beschwerdeverfahren gegen einen Aufhebungsbescheid zu entscheiden ist, fest (vgl ).

Eine mangelhafte Begründung des Aufhebungsbescheides kann im Beschwerdeverfahren ergänzt bzw. richtig gestellt werden, jedoch darf kein anderer (neuer) Aufhebungsgrund herangezogen werden (vgl ; ).
Dabei muss aus der Begründung beider miteinander verbundener Bescheide (Aufhebungsbescheid und neuer Sachbescheid) zu erkennen sein, worauf die Abgabenbehörde die Aufhebung gestützt hat (vgl ).

Im gegenständlichen Fall wurde der Aufhebungsbescheid vom damit begründet, dass die Aufhebung aufgrund einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel betreffend Immobilienertragssteuern erfolgte.

Die Begründung des mit dem Aufhebungsbescheid verbundenen Einkommensteuerbescheides lautet:
"Die Bemessungsgrundlage der Immobilienertragsteuer ergibt sich wie folgt:


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Grundfläche It. Grundbuch
2.890m 2
Grundfläche nach Verkehrsauffassung
1.000m 2
Verkaufspreis
1.175.000€
40% Anteil Grund und Boden
470.000€
HWS-Befreiungsbetrag
162.630,00€
BMGL nach HWS-Befreiung
307.370€
86% pauschale Anschaffungskosten
264.338€
Bemessungsgrundlage ImmoEst
43.032€

Gem. Erkenntnis des Ro 2015/15/0025 ist nur jener Grund und Boden It Hauptwohnsitzbefreiung gem. § 30 Abs. 2 EStG 1988 von der Besteuerung ausgenommen, der nach der Verkehrsauffassung üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist. Analog zu diesem Erkenntnis ist daher nur ein Grundanteil von maximal 1000m2 steuerfrei. Jener Grund und Boden, der die 1000m2 übersteigt, ist folglich der ImmoESt zu unterwerfen (vgl Rz 6634 EStR).
Es wurde bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die ImmoESt gem.
§ 16 Abs 1 Z 8 lit. d EStG 1988 40% des Gesamtverkaufspreises als Anteil für den Grund und Boden in Ansatz gebracht und die steuerfreien 1000m2 von der Berechnung ausgeschieden. Jener Teil des 40%igen Anteils des Grund und Bodens, der die 1000m2 übersteigt, wurde somit der Besteuerung unterworfen und gem. § 30 Abs 4 Z 2 EStG 1988 davon noch 86% als fiktive Anschaffungskosten abgezogen."

Aus der Begründung beider miteinander verbundenen Bescheide ist eindeutig erkennbar, dass die Abgabenbehörde die Aufhebung auf die zu Unrecht für das gesamte Grundstück geltend gemachte Hauptwohnsitzbefreiung und die Unrichtigkeit der Berechnung der Immobilienertragsteuer stützte.

Zur Begründung des Vorliegens der Rechtswidrigkeit wird auf Pkt. 3.2. verwiesen.

Die Aufhebung gemäß § 299 BAO ist eine Ermessensentscheidung. Die Rechtmäßigkeit dieser Ermessensentscheidung ist unter Bedachtnahme auf § 20 BAO zu beurteilen. Gemäß § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen.
Im vorliegenden Fall hat das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse an der Rechtsbeständigkeit überwogen. Auch sind die steuerlichen Auswirkungen iHv rund 12.900 € Immobilienertragssteuer nicht bloß geringfügig.

Die Aufhebung gem. § 299 BAO erfolgte daher rechtskonform und war die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid abzuweisen.

3.2. Einkommensteuerbescheid

§ 30 EStG 1988 lautet auszugsweise (soweit für den gegenständlichen Beschwerdefall von Bedeutung):
(1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.
(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:
1. Aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer
a) ab der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung) bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder
b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
...
(3) Als Einkünfte ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. …
(4) Soweit Grundstücke am ohne Berücksichtigung von Steuerbefreiungen nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:
1. Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. …
2. In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.
Der Unterschiedsbetrag erhöht sich um die Hälfte der in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 abgesetzten Herstellungsaufwendungen, soweit sie innerhalb von fünfzehn Jahren vor der Veräußerung vom Steuerpflichtigen selbst oder im Fall der unentgeltlichen Übertragung von seinem Rechtsvorgänger geltend gemacht wurden.

§ 30a Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl I 2015/118 lautet:

Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 30% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

Ein Eigenheim ist gemäß dem in § 30 Abs. 2 Z. 1 EStG zitierten § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen.

Laut § 2 der 99. Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Festlegung des Grundanteils bei vermieteten Gebäuden im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 8 lit d EStG 1988 (GrundanteilV 2016) sind in Gemeinden mit mindestens 100.000 Einwohnern und in Gemeinden, in denen der durchschnittliche Quadratmeterpreis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke (baureifes Land) mindestens 400 Euro beträgt, als Anteil des Grund und Bodens
- 30% auszuscheiden, wenn das Gebäude mehr als 10 Wohn- oder
Geschäftseinheiten umfasst, oder - 40% auszuscheiden, wenn das Gebäude bis zu 10 Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst.

Im Beschwerdefall ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Hauptwohnsitzbefreiung dem Grunde nach unbestritten.

Strittig ist lediglich das Ausmaß des von der Befreiung umfassten Grund und Bodens, im Konkreten die Steuerpflicht des 1.000 m2 übersteigenden Grundanteils.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis , zum Ausmaß der Befreiung ausgesprochen:

"Der unbestimmte Begriff des Eigenheims "samt Grund und Boden" bedarf der Auslegung. Nach den Erläuterungen zur Neuregelung der Immobilienbesteuerung mit dem 1. StabG2012 (1680 BlgNR 24. GP, 8) sind "wie bisher Eigenheime und Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b)" von der Besteuerung ausgenommen, welche zwischen Anschaffung und Veräußerung durchgehend für mindestens zwei Jahre den Hauptwohnsitz des Veräußerers darstellen. Zur Stammfassung des § 30 EStG 1988 wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ausgeführt, dass die Steuerbefreiung auch für den "Grundanteil bzw. den Grund gelte, der üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist" (621 BlgNR 17. GP, 82). In welchem Umfang Grund und Boden einer Baulichkeit zuzuordnen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Entnahme eines gemischtgenutzten Gebäudes im Erkenntnis vom , 98/15/0019, behandelt. Demnach bildet bei einem bebauten Grundstück das Gebäude mit Grund und Boden ein einheitliches Wirtschaftsgut. Dabei gehört zum Wirtschaftsgut nicht nur jener Boden, auf dem das Gebäude steht, sondern auch die das Gebäude umgebende Bodenfläche, welche nach der Verkehrsauffassung zusammen mit dem Gebäude als Einheit "bebautes Grundstück" angesehen wird.

Unter Bedachtnahme auf die Gesetzesmaterialien und die angeführte Rechtsprechung desVerwaltungsgerichtshofes ist die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 dahingehend auszulegen, dass dem begünstigten Eigenheim "Grund und Boden" in jenem Ausmaß zuzuordnen ist, das "üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist". Nur in diesem Ausmaß erstreckt sich die Steuerbefreiung auch auf den mitveräußerten "Grund und Boden". Die Beurteilung, welche Grundstücksgröße üblicherweise für einen Bauplatz erforderlich ist, erfolgt nach der Verkehrsauffassung."

Dem begünstigten Eigenheim ist demnach Grund und Boden in jenem Ausmaß zuzuordnen, das üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist. Die Beurteilung, welche Grundstücksgröße üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist, erfolgt nach der Verkehrsauffassung.

Zorn kommentierte in RdW 2017/258, 328ff das VwGH-Erkenntnis Ro 2015/15/0025 wie folgt:
"Die Hauptwohnsitzbefreiung beinhaltet, was die befreite Grundstücksfläche anbelangt, eine Limitierung. Neben der Fläche, auf welcher das Gebäude errichtet ist, erfasst die Befreiung so viel an das Gebäude umgebender Fläche, als üblicherweise (nach der Verkehrsauffassung, wohl unter Einbeziehung der örtlichen Bauvorschriften) als Bauplatz erforderlich ist. Das werden aber wohl keinesfalls mehr als 1.000 m2 sein."

Der steuerliche Vertreter wendete in der mündlichen Verhandlung ein, dass es bei der Verkehrsüblichkeit auf die Lage ankomme. In ***Z*** seien die Grundstücke rund um das beschwerdegegenständliche Grundstück 2.500 m² bis 5.000 m² groß. Dieser Maßstab sei daher auch im Beschwerdefall anzulegen. Das starre Abstellen auf eine Grenze von 1.000 m² würde zu dem Ergebnis führen, dass zB die Veräußerung eines 2.500 m² großen Grundstückes mit einem baufälligen Bauernhaus im Umfang des 1.000 m² übersteigenden Teiles steuerpflichtig wäre, hingegen die Veräußerung einer Luxusvilla mit 997 m² großem Grundstück befreit wäre, da sie unter 1.000 m² liege. Dies führe zu einem nicht sachgerechten und gleichheitswidrigen Ergebnis. Er verwies dazu auf Moser, ÖStZ 2017, 269.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es der VwGH im Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0025, abgelehnt hat, eine Anknüpfung an das konkrete Grundstück vorzunehmen. Daher muss die Verkehrsauffassung wohl im Sinne einer typisierenden Betrachtung für das gesamte Bundesgebiet gelten (vgl. Wisiak, BFG journal, 2020, 162ff). Außerdem käme es zu mehr oder weniger willkürlichen Ergebnissen, wenn man die durchschnittliche Grundstücksgröße anhand eines Vergleiches mit der näheren oder entfernteren Umgebung ermitteln würde.

Es ist daher - entgegen der Ansicht des Bf - nicht auf die Ortsüblichkeit und somit nicht auf die Grundstücksgrößen in der unmittelbaren Nachbarschaft abzustellen, sondern von einer typisierenden Betrachtung auszugehen (vgl. ).

Für den streitgegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Befreiung nur das Gebäude sowie Grund und Boden im Ausmaß von 1.000 m2 umfasst, die Veräußerung des restlichen Anteils an Grund und Boden im Ausmaß von 1.890 m2 hingegen der Besteuerung unterliegt.
Bei einer bebauten Fläche von 300 m2 erscheint ein Bauplatz von 1.000 m2 jedenfalls als ausreichend.

Zur Berechnung der Immobilienertragssteuer ist auszuführen:

Beim gegenständlichen Grundstück handelt es sich um "Altvermögen", da es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des 1. StabG 2012 zum nicht mehr steuerverfangen war. Ein Grundstück war dann nicht mehr steuerverfangen, wenn am die zehnjährige Spekulationsfrist iSd § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 abgelaufen war ( mwN). Im gegenständlichen Fall war die Spekulationsfrist aufgrund der Übernahme durch Schenkung auf den Todesfall im Jahr 2015 und der Anschaffung des Grundstückes durch die Rechtsvorgängerin in den Jahren 1988 und 1995 am bereits abgelaufen.

Das Finanzamt hat im vorliegenden Fall der Berechnung der Immobilienertragsteuer den Wert des Gebäudes mit 60% der Veräußerungskosten angesetzt. Dabei ist sie der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Festlegung des Grundanteils bei vermieteten Gebäuden im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. d EStG 1988 (GrundanteilV 2016), BGBl II Nr. 99/2016 gefolgt. Gemäß dieser Verordnung ist bei Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern und Gemeinden, in denen der durchschnittliche Quadratmeterpreis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke (baureifes Land) mindestens 400 € beträgt, als Anteil des Grund und Bodens 40% auszuscheiden, wenn das Gebäude bis zu 10 Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst.
Die Gemeinde Wien fällt eindeutig unter diese Bestimmung.

Gemäß § 30 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 sind, soweit Grundstücke am ohne Berücksichtigung von Steuerbefreiungen nicht steuerverfangen waren, als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten anzusetzen.

Auf den die 1.000 m2 übersteigenden Flächenanteil entfielen 768.425,61 € des Verkaufspreises, davon auf 40% Grund und Boden 307.370 €. Von diesem Veräußerungserlös waren 86% als pauschale Anschaffungskosten anzusetzen (= 264.338 €).
Somit ergab sich eine Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer von 43.032 €
(= 307.370 € - 264.338 €).

Die Berechnung des Finanzamtes war daher nicht zu beanstanden. Der Berechnung, den angesetzten Beträgen und der betraglichen Höhe wurde vom Bf auch nicht entgegengetreten.

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 war somit gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0025, zwar Aussagen bezüglich einer Begrenzung getroffen, aber offen gelassen, ob von einer typisierenden Betrachtungsweise auszugehen ist oder konkret auf die Verhältnisse vor Ort einzugehen ist. Die Revision war daher zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 30 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 30 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100215.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at