Haushaltszugehörigkeit, Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten, Tragung der Unterhaltskosten in Höhe der Familienbeihilfe?
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen im Zeitraum Mai 2018 bis März 2019, folgenden Beschluss:
I. Der angefochtene Bescheid vom und die Beschwerdevorentscheidung vom werden unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Begründung
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in Folge BF) bezog für ihren Sohn ***Sohn***, geboren am ***geb***, u.a. im Zeitraum Mai 2018 bis März 2019 erhöhte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Gesamthöhe von EUR 4.170,-.
Der Sohn der BF lebt seit dem in einer betreuten Wohngemeinschaft, der ***WG*** in ***1***. Diese Information entnahm die belangte Behörde dem Antrag des (Stief)vaters ***V***.
Die belangte Behörde forderte mit Bescheid vom die seit zu Unrecht bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zurück, da der Sohn nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit der BF lebt.
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom bringt die BF folgendes vor:
"Mit Bescheid vom fordert das FA die Rückerstattung der Kinderbeihilfe für ***S*** ***5*** für den Zeitraum von Mai 2018 bis März 2019 mit der Begründung, dass ***S*** nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit uns lebt. Da die Kinderbeihilfe wie nachstehend ausgeführt zum Wohle des Kindes ***S*** verwendet wird, erhebe ich Einspruch wie folgt.
***S*** ist zwar an Schultagen derzeit in einer betreuten Wohneinheit in ***3*** untergebracht. Der ordentliche Wohnsitz von ***S*** ist jedoch die Adresse des Elternhauses in ***K***. Obsorgeberechtigt sind wir als Kindeseltern. Während der Schulzeit übernachtet ***S*** jedes 2. Wochenende von Freitag bis Sonntag bei uns. Die übrigen Wochenenden besucht er uns tagsüber. Dazu kommen noch ca. 90 schulfreie Tage an denen ***S*** überwiegend bei uns verweilt, (insgesamt ca. 190 Tage pro Jahr). In dieser Zeit erhält ***S*** durch uns Kost und Geld für Freizeitaktivitäten. Darüber hinaus sorgen wir für notwendige Auslagen (Sehbehelfe, zusätzliche Kleidung, Kommunikation, etc.)
Auch Ausflüge und Urlaube werden gemeinsam mit der Familie verbracht. Unsere finanziellen Aufwendungen für ***S*** können wir jährlich in etwa mit Euro 2.500,00 veranschlagen.
Gemäß Vereinbarung mit der Jugendfürsorge ist in den Kosten für den Regress der Unterhaltskosten für ***S*** eine Rückerstattung von monatl. Euro 150,00 vereinbart. Darin ist die durch die Kindeseltern zu erhaltende Kinderbeihilfe bereits eingerechnet.
Als Aufwandsentschädigung für die gesamte Haushaltsführung erhält ***S*** von der Diakonie wöchentlich Euro 50,00. Ohne unsere Hilfe für die Ergänzung der Einrichtung und die Besorgung von der zur Haushaltsführung notwendigen Gegenstände könnte er ohne unsere finanzielle Unterstützung alleine nicht überleben. Unsere Zuwendungen können wir neben der Organisation obiger Gegenstände mit mind. Euro 50,00 wöchentlich beziffern.
Aufgrund eines schweren Freizeitunfalles war ***S*** vom bis und vom bis im LKH ***3*** stationär untergebracht. In dieser Zeit war ein Besuch meines Sohnes zur Beobachtung und einer schnelleren Genesung mind. 5 Mal pro Woche erforderlich. Unsere emotionale Unterstützung, auch im Zusammenhang mit seiner psychischen Störungen war hier dringend erforderlich. Die Mehrkosten für die An- und Abreise sowie zusätzlichen Sonderausgaben können während der Spitalsaufenthalte mit wöchentlich etwa 150,00 Euro beziffert werden.
Da unsere Aufwendungen für ***S*** die bereits erhaltenen bzw. aus der Kinderbeihilfe zu erwartenden Zuwendungen bei weitem übersteigen, können wir die für ***S*** laufend notwendigen Leistungen ohne staatliche Beihilfe nicht finanzieren.
Ich beantrage hiermit den Verzicht auf eine Rückforderung der im Zeitraum Mai 2018 bis März 2019 erhaltenen Kinderbeihilfe. Weiters beantragt der Kindsvater, Hr. ***V***, als Verwalter sämtlicher Ausgaben, die Fortzahlung der staatlichen Kinderbeihilfe für ***S***. Zur Abklärung des Sachverhaltes bitten wir gegebenen Falles um eine persönliche Vorsprache bei dem zuständigen Referenten des Finanzamtes."
Am erreichte die belangte Behörde folgendes Schreiben der BF samt Kostenaufstellung:
"Da die Originalrechnungen nicht mehr vorhanden sind übersende ich Ihnen anliegend als Kostennachweis eine Aufstellung von relevanten Ausschnitten der Bankauszüge der Konten ***M*** und ***V*** mit ergänzenden Unterlagen für den Bezugszeitraum 03-2018 bis 03-2019 mit nachstehender Übersicht.
[...]
In der Kostenaufstellung nicht enthalten sind Ausgaben für
- Telefonwertkarten (Internet) für ***S*** von mtl. Euro 25,00.
- frei erworbene Einrichtungsgegenstände für ***S*** aus Familienbesitz und dem Freundeskreis wie (Eckschlafbank, Schreibtisch, TV-Gerät, Wandkästen, Kühl- und Gefrierschrank, Küchenutensilien u. dgl.) in Höhe von einmalig ca. Euro 300,00 inkl.Transportkosten,
- Aufwendungen zur Haushaltsführung, Kost, Freizeitaktivitäten während der Heimfahrten (auch der im Heimfahrtsplan nicht enthaltenen Besuche) und sonstiger Sonderausgaben für ***S*** in Höhe von etwa Euro 50,00 wöchentlich."
Diesem Schreiben beigefügt waren außerdem Teilausschnitte aus div. Bankauszügen, die Rechnung/Abholschein der Brille (Feb/März 2019), div. Überweisungsbelege der Taschengeldleistung (für die Monate 6/18, 7/18, 11/18, 12/18, 1/19, 2/19), die Begleichung der Rechtsanwaltskosten (von EUR 2.000,- am ) sowie eine Aufstellung der Heimfahrten für 2018 und 2019:
[...]
Daraufhin erließ die belangte Behörde am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und begründete diese wie folgt:
"Wie bereits im Rückforderungsbescheid ausführlich dargelegt, haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, wenn diese zu deren Haushalt gehören.
Um ein Kind, das sich außerhalb der gemeinsamen Wohnung der Familie aufhält, als haushaltszugehörig ansehen zu können, darf der Aufenthalt des Kindes nur ein "vorübergehender" sein (siehe § 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz). Dies bedeutet, dass die Abwesenheit von der Wohnungsgemeinschaft nur eine zeitlich beschränkte sein darf, wie dies bei einer Ausbildung oder Schulbesuch eines Kindes oder einer beruflich bedingten Abwesenheit der Fall ist.
Aus der von Ihnen vorgelegten Aufstellung der Heimfahrten Ihres Sohnes ***S*** ist ersichtlich, dass dieser in erster Linie 14-tägig die Wochenenden und die Urlaube bzw. Feiertage in Ihrem Haushalt verbringt, die übrige Zeit befindet sich das Kind in Anstaltspflege (Wohngemeinschaft "***WG1***").
Die Haushaltszugehörigkeit ist nur dann nicht aufgehoben, wenn für das Kind, welches wegen eines Leidens oder Gebrechens sich laufend in Pflege in einer dafür ausgestatteten Anstalt befindet und die Kosten des Unterhalts mindestens in der Höhe der erhöhten Familienbeihilfe (bei ***S*** wurde eine 60 %ige Behinderung durch das Sozialministeriumservice festgestellt) Ihrerseits beigetragen wird - das sind bei ***S*** EUR 304,50.
Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurden Aufzeichnungen vorgelegt, die belegen sollen, dass Sie den überwiegenden Unterhalt für ***S*** leisten.
Dabei wurden in erster Linie das Taschengeld in Höhe von EUR 60,--monatlich nachgewiesen sowie einmal Ausstattung zusätzlich von EUR 100,--.
Außerdem erfolgte ein Nachweis für den Kauf einer Brille im März 2019 im Gesamtbetrag von EUR 300,-.
Der Nachweis für die Übernahme von Vertretungskosten für eine Strafsache in Höhe von EURO 2.000,-- wurde im März 2018 ausgestellt - für diesen Zeitraum steht auch die erhöhte Beihilfe noch zu und wurde auch ausbezahlt.
Zu den Kosten für den Unterhalt gehören nicht nur die Kosten der Unterbringung des Kindes sondern auch jene Kosten, die für Pflege und Erziehung aufgewendet werden, wie z.B. Kosten der Bekleidung, ärztliche Betreuung, Verpflegung, Geschenke etc. Dabei ist es unerheblich, ob diese Ausgaben freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung erfolgen. Diese Kosten können aber nur anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen werden (siehe ,RV/0752-1/08).
Ausgenommen jener Beträge, die für Taschengeld und Brille zusätzlich zum verpflichtenden Beitrag an die Jugendfürsorge zu entrichten sind, wurden keinerlei Rechnungen oder Zahlungsbelege vorgelegt aus denen die behaupteten Aufwendungen für ***S*** nachgewiesen worden wären (Ausflüge, Fahrtkosten wegen Besuch im Krankenhaus, Hallenbäderbesuche, Notebook, Essensaufwendungen etc.) Der monatliche Aufwand wurde für den strittigen Zeitraum in Höhe von EUR 210,- (Unterhaltskosten an die Jugendwohlfahrt und Taschengeld) in der überwiegenden Zeit nachgewiesen.
Die übrigen Kosten wurden entweder mit Barzahlung oder anteiligen Schätzungen beziffert, von denen keine belegmäßigen Nachweise diese Aufstellung untermauern würden.
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen und der Tatsache, dass sich Ihr Sohn in Drittpflege befindet und es sich bei den genannten Besuchen bzw. Übernachtungen nur auf Zeit beschränkte Abwesenheiten von der Betreuung handelt, kann im vorliegenden Fall von einer, einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelten fiktiven Haushaltszugehörigkeit im Sinne des §2 Abs. 5 Satz 2 lit. a FLAG keine Rede sein.
Die Familienbeihilfe sowie der Erhöhungsbetrag wegen Behinderung steht für den strittigen Zeitraum nicht zu und wird Ihre Beschwerde abgewiesen."
Im Vorlageantrag vom bringt die BF vor:
"[…] Dem vom FA für den Zeitraum Mai 2018 bis März 2019 bekannt gegebenen Rückforderungsbetrag von Euro 4.170,00 stehen für diesen Zeitraum durch uns nachgewiesene Ausgaben in Höhe von Euro 4.301,25 gegenüber. Darüber hinaus wurden zusätzliche Aufwendungen für ***S*** während seiner Heimfahrten, seinen Besuchen und sonstige Zuwendungen in Höhe von Euro 1.000,00 nicht berücksichtigt. Ferner beträgt die Kostenbeteiligung an die BH-Tulln für die Fremdunterbringung mtl. Euro 150,00.
Strittig sind die Anfechtungspunkte: ob
- die Unterbringung von ***S*** zur Pflege und Heilung seines Leidens und Gebrechens nur vorübergehend oder dauerhaft besteht, da seitens des Jugendamtes diesbezüglich keine Angaben vorliegen.
- eine Rückforderung der FB+KG gerechtfertigt ist, zumal die Kinderbeihilfe wie ausgeführt zum Wohle des Kindes verwendet wurde.
- Aufwendungen bei geregelten Heimfahrten, Besuchen und Zuwendungen (z.B. für die Ergänzung der Einrichtung und die Besorgung von der zur Haushaltsführung notwendigen Gegenstände sowie für Freizeitaktivitäten) berücksichtigt wurden.
- die Kostenbeteiligung an die BH-Tulln für die Fremdunterbringung mtl. Euro 150,00 in die erbrachten Leistungen mit eingerechnet wurde.
- Mehrkosten für die An- und Abreise der Kindesmutter sowie zusätzlichen Sonderausgaben während der Spitalsaufenthalte anerkannt werden.
- die am an die RA.-Kanzlei Mag. ***RA*** überwiesene Anzahlung für Vertretungskosten von ***S*** anerkannt wird, da eine Entscheidung des Strafgerichtes erst für den Rückforderungszeitraum zu erwarten war.
[…] Weiters bitten wir das Bundesfinanzgericht als Beweis der von uns aufgelisteten Kosten um unsere und die Einvernahme unseres Sohnes ***Sohn***."
Im elektronischen Verwaltungsakt findet sich ein Aktenvermerk vom :
"***BF*** wurde rückgefordert, weil durch Antrag des Stiefvaters ***V*** bekannt geworden ist, dass ***S*** nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt."
Einen weiteren Inhalt weist der elektronisch vorgelegte Verwaltungsakt nicht auf.
Mit Vorlagebericht vom legt die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor. In der Stellungnahme wird vorgebracht:
"Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs 5 FLAG 1967 näher umschrieben; demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl Nowotny in Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG, Rz 143 zu § 2 Abs 2).
§ 2 Abs 5 lit c FLAG 1967 besagt, dass eine fiktive Haushaltszugehörigkeit angenommen werden kann, wenn zu den Kosten des Unterhalts für ein Kind mindestens in Höhe der Familienbeihilfe, inklusive Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs 4 FLAG 1967, beigetragen wird. (Nowotny in Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG, Rz 148 zu § 2 Abs 2).
Der Sohn der Bf. ist aufgrund seiner erheblichen Behinderung (60 %) nicht nur vorübergehend in der ***4***" untergebracht und somit nicht haushaltszugehörig. Zu prüfen ist daher, inwieweit die Bf. zu den Unterhaltskosten ihres Sohnes beiträgt und eine fiktive Haushaltszugehörigkeit in diesem Zusammenhang in Frage kommt.
Aus der vorgelegten Aufstellung der Heimfahrten geht hervor, dass sich der Sohn ***S*** lediglich vierzehntägig an den Wochenenden und für Urlaube und Feiertage im Haushalt der Bf. aufhält, den Großteil der Zeit jedoch in Anstaltspflege (***4***") verbringt.
Zu den Kosten des Unterhaltes gehören nicht nur die Kosten für die Unterbringung, sondern auch die sonstigen Kosten, die für die Pflege und Erziehung eines Kindes aufgewendet werden, wie zB Kosten für Bekleidung, ärztliche Betreuung, zusätzliche Verpflegung, Geschenke. Es ist gleichgültig, ob diese Ausgaben freiwillig oder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgen. Diese direkten Unterhaltsleistungen können jedoch nur dann anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen werden (vgl RV/0752-I/08).
Die Bf. gibt an, sämtliche Aufwendungen für Kleidung, Sehbehelfe, Einrichtungsgegenstände, Kommunikation, Freizeitaktivitäten, Ausflüge und Urlaube in den Ferien zu tragen.
Ausgenommen jene Beträge, die an die Jugendfürsorge entrichtet und für Taschengeld und Brille aufgewendet wurden, legte die Bf. keinerlei Rechnungen oder Zahlungsbelege vor, aus welchen die behaupteten Aufwendungen für den Sohn ***S*** nachweislich ersichtlich waren. Der monatliche Aufwand wurde für den strittigen Zeitraum in Höhe von € 210,- nachgewiesen, die übrigen Kosten wurden lediglich mit Barzahlung oder anteiligen Schätzungen beziffert.
Die gesetzliche Fiktion der Haushaltszugehörigkeit kommt daher nicht zur Anwendung. Das FA beantragt, die Beschwerde abzuweisen."
Am forderte die Richterin die belangte Behörde auf, die bezogene Familienbeihilfe im Rückforderungszeitraum monatsweise aufzuschlüsseln, den vorgebrachten Kostenbeitrag an die Jugendfürsorge in Höhe von 150,- vorzulegen sowie Angaben zum aktuellen Bezugsstatus der Familienbeihilfe zu erstatten.
Diesem Ersuchen kam die belangte Behörde mit Mail vom nach und übermittelte die angeforderten Informationen und Dokumente.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen
§ 2 FLAG 1967 lautet auszugsweise:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a)für minderjährige Kinder,
b)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. […]
c)für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, […]
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a)sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält, [..]
c)sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4). Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.
§ 2a FLAG 1967 lautet:
§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.
§ 10 FLAG 1967 lautet:
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
§ 183 BAO lautet:
(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
§ 265 BAO lautet:
(1) Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
§§ 278 BAO lautet:
§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
Fehlende Entscheidungsreife
Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
Strittig ist, ob der Sohn der BF, der minderjährige ***Sohn***, dem gemeinsamen Haushalt der BF und ihrem Ehegatten angehört, obwohl er sich tatsächlich laut Vorlagebericht des Finanzamts seit April 2018 in der "***4***" aufhält. Zunächst ist von Bedeutung, ob dieser Aufenthalt im Sinne von § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 nur vorübergehend ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist gemäß § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 zu prüfen, ob sich der Sohn wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet und die BF zu den Kosten des Unterhalts des Sohns mindestens in Höhe der Familienbeihilfe beiträgt.
Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt unter anderem nicht als aufgehoben, wenn (§ 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält.
Ein vorübergehender Aufenthalt außerhalb des gemeinsamen Haushalts steht dem Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht entgegen, ein ständiger allerdings schon.
Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. ). Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehendgewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. ). Das bloße Verbringen der Ferien im Haushalt bzw. fallweise kurze Besuche im Haushalt unterbrechen einen ständigen Aufenthalt außerhalb des Haushalts nicht (vgl. ; ; ; ; ).
Für die Frage, ob ein Aufenthalt ein vorübergehender oder ein ständiger ist, ist von einer Ex-ante-Betrachtung auszugehen (vgl. ; ). Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt außerhalb des elterlichen Haushalts nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, also wenn der Aufenthalt von Anfang an auf längere Zeit angelegt war, ab Beginn dieses auswärtigen Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt außerhalb des elterlichen Haushalts vor (vgl. ).
Befindet sich ein Kind im Rahmen der vollen Erziehung und Pflege in einer Einrichtung der Kinder-und Jugendhilfe wird dieser ständige Aufenthalt durch vierzehntägige Aufenthalte in der elterlichen Wohnung nicht unterbrochen. Mehr oder weniger regelmäßige Aufenthalte an den Wochenenden bei den Eltern ändern in diesem Fall unabhängig von Besuchsregelungen an einer dauernden, nicht nur vorübergehenden Heimunterbringung nichts (vgl. ; ). Andererseits wird bei einem "gewöhnlichem" Aufenthalt in einem Internat als Schüler aus Ausbildungsgründen (nicht als Maßnahme eines Wohnortwechsels zur Sicherung des Kindeswohls) und Rückkehr in den elterlichen Haushalt an jedem Wochenende die Haushaltszugehörigkeit nach § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 nicht aufgehoben (vgl. ).
Familienbeihilfe steht, wenn der Sohn nicht gemäß § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 haushaltszugehörig war, gemäß § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 zu, wenn sich der Sohn wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befand und die BF zu den Kosten des Unterhalts des Sohns mindestens in Höhe der Familienbeihilfe beigetragen hat. Bestand keine ständige Anstaltspflege "wegen eines Leidens oder Gebrechens", kommt es gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 darauf an, ob die BF die gesamten Unterhaltskosten ihres Sohnes (einschließlich der Kosten der Unterbringung in der Wohngemeinschaft) überwiegend, also zu mehr als der Hälfte, getragen hat.
Dazu ist zunächst von Bedeutung, ob sich der (aus welchen Gründen geht aus dem Verwaltungsakt nicht hervor) erheblich behinderte Sohn "wegen eines Leidens oder Gebrechens" oder aus anderen Gründen in der betreuten Wohneinheit aufhielt. Ein ständiger Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft kann eine Anstaltspflege gemäß § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 darstellen (vgl. ). Liegt ein nicht nur vorübergehender Anstaltsaufenthalt "wegen eines Leidens oder Gebrechens" vor, und wird zu den Kosten des Unterhalts für ein Kind mindestens in Höhe der Familienbeihilfe, hier inklusive Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 beigetragen, ist diese Anspruchsvoraussetzung erfüllt und es kann die erforderliche fiktive Haushaltszugehörigkeit angenommen werden (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 148). Fehlt es an einem ständigen Anstaltsaufenthalt "wegen eines Leidens oder Gebrechens" und liegt keine Haushaltszugehörigkeit vor, kommt es gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 darauf an, welche Person die überwiegenden Unterhaltskosten des Sohnes getragen hat.
Die BF hat in ihrer Beschwerde angegeben, dass ihr Sohn "an Schultagen" in einer "betreuten Wohneinheit in ***3***" untergebracht sei und jedes zweite Wochenende von Freitag bis Sonntag in die elterliche Wohnung zurückkehre und an den anderen Wochenenden über Tag in der elterlichen Wohnung wohne ohne zu nächtigen. Darüber hinaus verweile der Sohn an den rund 90 schulfreien Tagen überwiegend in der elterlichen Wohnung. Die Obsorge komme weiterhin den Eltern zu. Die BF hat im Verfahren weiters angegeben, ihrem Sohn monatlich € 60,- an Taschengeld zu überweisen, ihm bei persönlichen Treffen monatlich Telefonwertkarten für Internetempfang über € 25,- zur Verfügung zur Verfügung zu stellen. Eine Zahlung über € 310,- für eine Brille im Februar 2019 und über € 2.000,- an einen Rechtsanwalt als Vorschuss für Verteidigungskosten des Sohnes im März 2018 sind belegmäßig nachgewiesen.
Die BF hat auch vorgebracht, dass sie eine Reihe verschiedener, näher dargestellter Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Unterhalt von ***Sohn*** hatte. Dazu gibt es mit Ausnahme der Einsicht in den vorgelegten "Heimfahrtskalender" und in die vorgelegten Zahlungsbelege keinerlei aktenmäßig dokumentierte Ermittlungen des Finanzamts.
Dem im Vorlageantrag gestellten Beweisantrag auf Einvernahme des damals 17-jährigen Sohnes ist die belangte Behöre entgegen § 183 Abs. 3 BAO i.V.m. § 265 Abs. 1 BAO nicht nachgekommen. Das Finanzamt bestreitet das Vorbringen der BF lediglich pauschal, ohne konkrete Ermittlungshandlungen gesetzt zu haben.
Im fortgesetzten Verfahren ist daher festzustellen, warum und auf welcher Rechtsgrundlage der im April 2018 15-jährige ***Sohn*** seit April 2018 in einer "betreuten Wohneinheit in ***3***" untergebracht war und ob es sich dabei die Wohneinheit in ***2*** bzw. die "***4***" handelt. Insbesondere ist auch zu erheben, ob der Aufenthalt "wegen eines Leidens oder Gebrechens" des Sohnes oder aus anderen Gründen erfolgt ist; weiters worin die erhebliche Behinderung des Sohnes besteht. Auch ist festzustellen, auf welche Dauer dieser Aufenthalt angelegt war und wie die Regelungen betreffend Aufenthalt in der betreuten Wohneinheit und in der elterlichen Wohnung lauteten. Schließlich ist festzustellen, welche Unterhaltskosten des ***Sohn*** insgesamt bestanden haben, welche dieser Unterhaltskosten "die Familie***" bzw. die BF für ***Sohn*** getragen und wer (Stiefvater oder Mutter) diese im Einzelnen finanziert hat. Es wird auch dem Beweisantrag auf Einvernahme des mittlerweile volljährigen ***Sohn*** nachzukommen sein, ergänzend ist auch seine Mutter und sein Stiefvater einzuvernehmen.
Zurückverweisung
Gemäß § 278 BAO kann das Verwaltungsgericht bei unterlassenen Ermittlungen mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen.
Die Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 278 Abs. 1 BAO steht im Ermessen des Gerichtes (vgl. etwa - zur Rechtslage nach § 278 Abs. 1 BAO i.d.F. FVwGG 2012 - ). Zulässig ist sie nach dem Gesetz erstens, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können (§ 278 Abs. 1 erster Satz BAO). Die Aufhebung und Zurückverweisung ist zweitens unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 278 Abs. 1 zweiter Satz BAO). Diese im Rahmen der sodann zu fällenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden positiven und negativen Voraussetzungen sind in rechtlicher Gebundenheit zu prüfen. Das Gericht hat die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte zu bezeichnen und zu beurteilen und auch die Frage zu beantworten, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre (vgl. ; ; ; ; ; ).
Die fehlenden Ermittlungsschritte wurden vorstehend dargestellt.
Die Aufhebung unter Zurückverweisung dient der Verfahrensbeschleunigung und entspricht dem Gebot der angemessenen Verfahrensdauer. Dem Bundesfinanzgericht fehlen zumindest für umfangreichere Ermittlungen die erforderlichen Ressourcen (das BFG hat eine verglichen mit allen anderen Gerichten signifikant zu niedrige Ausstattung mit nichtrichterlichen Mitarbeitern vgl. Wanke/Unger, BFGG § 18 Anm. 6). Die erforderlichen Erhebungen sind daher jedenfalls vom Finanzamt (sei es nach § 278 BAO, sei es bei Nichtaufhebung nach § 269 Abs. 2 BAO) durchzuführen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. für viele etwa , oder ).
Brauchbare Ermittlungsergebnisse, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung bloß zu vervollständigen sind (vgl. etwa oder ), liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Das Finanzamt hat im gegenständlichen Fall, wie oben ausgeführt, den Sachverhalt nicht in einer Weise ermittelt, dass sich hierauf eine Entscheidung stützen lässt.
Da es nicht Sache des Verwaltungsgerichts ist, anstelle der Verwaltungsbehörde erstmals ein brauchbares Ermittlungsverfahren zu führen, ist der angefochtene Bescheid gemäß § 278 BAO aufzuheben und die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen. Dies ist sowohl im Interesse der Raschheit der Entscheidung gelegen als auch mit einer erheblichen Kostenersparnisverbunden.
Die BF erhält somit schneller und kostengünstiger eine Entscheidung, wenn das Finanzamt nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Beachtung der im Aufhebungsbeschluss dargelegten Rechtsansicht des Gerichts neuerlich entscheiden kann (vgl. ; ; oder oder ).
Zuständigkeitsänderung
Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der unbesetzten Gerichtsabteilung 1064 abgenommen und zum Stichtag der Gerichtsabteilung 1078 neu zugeteilt.
Finanzamt Österreich
§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG)
§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.
(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.
(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.
Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i. V. m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Das Bundesfinanzgericht folgt hinsichtlich der Ermessensentscheidung der Aufhebung und Zurückverweisung der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH; Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7106508.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at