Lehrgang "Dipl. Energetiker/in für emotionale Balance" der V-Akademie ist keine Berufsausbildung iSd FLAG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Pamperl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Familienbeihilfe 07.2016-09.2017 Sozialversicherungsnummer ***SV-Nr*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom wurde von der Beschwerdeführerin Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für das Kind ***1***, geb. am ***2***, für den Zeitraum Juli 2016 bis September 2017 rückgefordert. Begründend wird ausgeführt, dass Familienbeihilfe nur dann bestünde, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Dies wäre dann anzunehmen, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung von Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antrete. ***Kind*** habe keine einzige Prüfung im ersten Studienjahr abgelegt. Es sei daher von keiner Ernsthaftig- und Zielstrebigkeit auszugehen.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom wird ausgeführt, dass ***Kind*** neben ihren Vorlesungen an der Universität Wien den Diplomlehrgang zur Energetikerin für emotionale Balance an der ***V-Akademie*** Wien im Zeitraum Oktober 2016 bis Juni 2017 besucht und diesen mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen hätte. Der Lehrgang sei am mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen und das Diplom zuerkannt worden. Des Weiteren habe sie im Zeitraum bis erfolgreich eine Ausbildung für Akupunkt-Massage, Craniosacral-Therapie und Fussreflexzonen-Massage im Fachinstitut ***3*** absolviert. Mitgesendet werden eine Aufstellung über Präsenzunterricht der ***V-Akademie***, wonach einmal wöchentlich, beginnend mit bis in der Zeit von 9:00 Uhr bis 16:30 Uhr ein Präsenzunterricht stattfindet sowie eine Informationsbroschüre über den Basislehrgang zum/zur Dipl. Energetiker/in für emotionale Balance, ein Abschlusszeugnis und Diplom der ***V-Akademie*** sowie mehrere Bestätigungen der ***4***, Praxis für ganzheitliche Behandlungsformen.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wird ausgeführt, dass für das Studium an der Universität keine einzige Prüfung abgelegt wurde und der absolvierte Lehrgang nicht die volle Zeit des Kindes beansprucht hätte.
Mit Vorlageantrag vom wird ausgeführt, dass der Lehrgang zur Ausübung des Berufes einer Energetikerin ermächtige und laut Wirtschaftskammer Österreich ein freies Gewerbe sei. Der Besuch des Lehrgangs sei nicht ausschließlich deshalb erfolgt, um ein privates Interesse zu befriedigen. Der zeitliche Aufwand im Rahmen des Lehrgangs belaufe sich auf mindestens 1046 Einheiten, das seien 1046 Stunden, die absolviert werden müssten. Rechne man diese 1046 Stunden in Wochen um, ergebe das bei einer 35-Stunden-Woche einen zeitlichen Aufwand von 30 Wochen, das wären 7,5 Monate Studium. Oder anders dargestellt würden es 41,84 ECTS-Punkte sein. Die weiteren 6 jeweils 3-tägigen Kurse seien hier noch nicht berücksichtigt. Sie würden 144 Stunden oder 5,76 ECTS-Punkte ergeben. Sie würden der weiteren Vertiefung und Ausweitung des Lehrgangs dienen.
Im Vorlagebericht vom weist das Finanzamt darauf hin, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass bei dem absolvierten Lehrgang an der ***V-Akademie***, der nur an einem Tag pro Woche abgehalten wurde, die volle Zeit des Kindes beansprucht wurde. Nach der Judikatur sei kein Beihilfenanspruch gegeben, wenn der zeitliche Aufwand für einen Kursbesuch nur wenige Tage pro Monat betrage. Verwiesen wird darauf auf .
Mit Beschluss vom fordert das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin auf, bekannt zu geben, an welchen Tagen ihre Tochter am Präsenzunterricht teilgenommen hatte sowie einen Nachweis über die Absolvierung von Prüfungen und der Diplomarbeit sowie der praktischen Einheiten vorzulegen. Weiters wird angefragt, wie viele Unterrichtseinheiten 1 Tag Präsenzunterricht beinhaltete und darzulegen, ob eine Unterrichtseinheit 60 Minuten oder 45 Minuten betrage. Weiters wird die Beschwerdeführerin ersucht, Folgendes vorzulegen: Einen Nachweis, aus dem hervorgeht, wie viele Unterrichtseinheiten auf die einzelnen Lehrinhalte entfallen, eine Aufstellung über die angeführten 100 Einheiten Videounterricht, eine Aufstellung darüber, wie viele Wochenstunden ***Kind*** im Zeitraum Juli 2016 bis September 2017 für die hier strittige Ausbildung aufgewendet hat und den Arbeitsvertrag mit ***5*** GmbH. Die Beschwerdeführerin wird zudem gebeten, bekannt zu geben, an welchen Tagen ***Kind*** welche Videoeinheiten absolviert hat, in welchem Zeitraum an der Diplomarbeit gearbeitet wurde und wie viele Stunden pro Tag/Woche für Selbststudium, Videoeinheiten, Diplomarbeit und Praktikum in diesem Zeitraum aufgewendet wurde.
In Beantwortung dieses Beschlusses führt die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom aus, dass eine Unterrichtseinheit 45 Minuten umfasse und nicht, wie von ihr irrtümlich angeführt, 60 Minuten. Daher würden die Unterrichtseinheiten im Rahmen des Lehrganges 784,5 Stunden (mit 60 Minuten) oder 31,38 ECTS-Punkte ergeben. Eine Aufstellung der angeführten Unterrichtseinheiten (außer die konkreten Präsenzzeiten bzw. Prüfungen und das Praktikum) nach Stunden, Stunden/Tag, Stunden/Woche bzw. in Zeiträumen lasse sich nach über 5 Jahren nach Ende der Ausbildung nicht mehr zuordnen. Durch den Abschluss des Diplomlehrganges sollte der Nachweis erbracht sein, dass die Ausbildungskriterien positiv und im vorgegebenen Zeitrahmen erfüllt worden wären. Beigelegt wird eine Bestätigung der ***V-Akademie*** vom , wonach die Tochter der Beschwerdeführerin am Lehrgang Dipl. Energetiker/in für emotionale Balance regelmäßig teilgenommen hätte und die zwei verpflichtenden Zwischentests positiv absolviert hätte sowie eine Teilnahmebestätigung der ***V-Akademie*** vom , wonach bestätigt wird, dass die die gesamte Ausbildungsdauer von bis donnerstags von 09:00 bis 16:30 Uhr dauerte und ein wöchentlicher Zeitaufwand von mind. 20 Stunden gegeben sei; 348 Einheiten Unterricht, 348 Einheiten Selbststudium, 250 Einheiten Diplomarbeit und 100 Einheiten praktische Umsetzung, somit Gesamteinheiten von 1046. Zudem wird ein Praxisnachweis über den Zeitraum November 2016 bis Juni 2017 vorgelegt. Laut einem beigelegten Dienstzettel der ***5*** GmbH vom war die Tochter der Beschwerdeführerin ab als Praktikantin mit einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 11 Stunden beschäftigt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Tochter der Beschwerdeführerin legte die Reife- und Diplomprüfung am mit gutem Erfolg ab. Ab Wintersemester 2016 war sie an der Universität Wien als ordentliche Studierende des Bachelorstudiums Biologie zur Fortsetzung gemeldet (Studienbestätigung vom ). Für dieses Studium wurden keine Prüfungen abgelegt (Beantwortung eines Ergänzungsersuchens mit Eingabe vom der Beschwerdeführerin).
Die Tochter der Beschwerdeführerin absolvierte im Zeitraum von bis den Lehrgang "Basislehrgang zum/zur Dipl. Energetiker/in für emotionale Balance" der ***V-Akademie***. Als Lehrinhalte werden in der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Informationsbroschüre der ***V-Akademie*** folgende genannt: Aufbau und Anatomie des menschlichen Körpers, Grundlagen der TCM/Organ- und Meridianlehre, Entspannung und Mediation, Grundlagen der Kinesiologie, Holistic Pulsing, Energetische Klopftechniken, Kommunikation mit Kundinnen und Kunden, Beratungs- und Praxisräume optimal gestalten und Arbeiten mit Tensor und Pendel. Vorgesehen sind zudem die praktische Umsetzung in Form von 100 Einheiten, wobei davon maximal 20 Einheiten in Peergruppentreffen absolviert werden können sowie eine Diplomarbeit, welche 30 bis 50 Seiten umfasst. Weiters erhalten alle Teilnehmer/innen eines Diplomlehrgangs Videos mit folgenden Inhalten: Präsentationstechniken/Kommunikation/Gesprächsführung, Marketing/Dienstleistungsentwicklung und rechtliche Grundlagen. Diese dienen zur Unterstützung in den Soft Skills und bei der Unternehmensgründung.
Voraussetzungen für die Zuerkennung des Diploms sind mind. 80%ige Anwesenheit bei den Kurseinheiten der Fachmodule, 2 positive schriftliche Modulprüfungen, mündliche und praktische Abschlussprüfung, positive Beurteilung der Diplomarbeit und Nachweis über 100 Einheiten Berufspraktikum/Peergruppen.
Der Lehrgangsumfang wird mit einem Gesamtumfang von 1046 Einheiten folgendermaßen angegeben:
348 Einheiten Unterricht (inkl. 100 Einheiten Videounterricht)
348 Einheiten Selbststudium
250 Einheiten Diplomarbeit
100 Einheiten Praktische Umsetzung (davon bis zu 20 Einheiten Peergruppentreffen)
Eine Einheit entspricht 45 Minuten.
Die Videounterricht-Einheiten werden von der ***V-Akademie*** den Teilnehmern zur Verfügung gestellt. Sie sind nicht prüfungsrelevant und es wird von der Akademie nicht überprüft, ob die Videoeinheiten absolviert wurden oder nicht (Telefonat des Bundesfinanzgerichts mit der ***V-Akademie*** am ).
Die 248 Einheiten (186 Stunden) Präsenzunterricht teilen sich folgendermaßen auf die einzelnen Fächer auf:
Start up (Vorstellung der Akademie, Vorstellung der Referenten, Vorstellungsrunde der Teilnehmer, Rahmenbedingungen, Was erwartet die Teilnehmer in dieser Ausbildung, Lehrgangsziele, Vorbereitung/Einstieg ins Fachthema Basiswissen Mensch): 4 Einheiten (3 Stunden)
Basiswissen Mensch: 12 Einheiten (9 Stunden)
Grundlagen der TCM: 8 Einheiten (6 Stunden)
Organ- und Meridianlehre: 48 Einheiten (36 Stunden)
Holistic Pulsing: 32 Einheiten (24 Stunden)
Kinesiologie: 48 Einheiten (36 Stunden)
Entspannung und Mediation: 32 Einheiten (24 Stunden)
Energetische Klopftechnik: 16 Einheiten (12 Stunden)
Raumgestaltung: 4 Einheiten (3 Stunden)
Klientengespräch: 4 Einheiten (3 Stunden)
Arbeiten mit dem Biotensor: 8 Einheiten (6 Stunden)
TCM Ernährung: 8 Einheiten (6 Stunden)
Fachkompetenztest 1/Diplomarbeit: 8 Einheiten (6 Stunden)
Fachkompetenztest 2 /Praxistag: 8 Einheiten (6 Stunden)
Abschlussprüfung: 8 Einheiten (6 Stunden)
Das Abschlusszeugnis mit ausgezeichnetem Erfolg wurde am ausgestellt. Das Diplom mit ausgezeichnetem Erfolg wurde am ausgestellt.
Zudem werden folgende Kurse bei ***7***, Praxis für ganzheitliche Behandlungsformen abgelegt: Akupunktmassage A-Kurs, Kursdauer bis , Akupunktmassage Ohr Kurs, Kursdauer bis , Craniosacral-Therapie in Verbindung mit der chin.Energielehre, Kursdauer bis , Fussreflexzonen Massage, Kursdauer von bis , Akupunktmassage B-Kurs, Kursdauer von bis und Akupunktmassage C-Kurs (Wirbelsäule), Kursdauer von bis .
In der Zeit von bis war die Tochter der Beschwerdeführerin als geringfügige Angestellte bei ***5*** GmbH beschäftigt. Ab arbeitete sie bei ***8*** Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. als Angestellte.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich auf den steuerlichen Akteninhalt sowie den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin, insbesondere der Informationsbroschüre der ***V-Akademie*** zum hier strittigen Lehrgang, den vorgelegten Bestätigungen über das Diplom und das Abschlusszeugnis, die Bestätigungen über die abgelegten Kurse und den Bestätigungen der ***V-Akademie***. Sie sind unter den Parteien unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 in der hier maßgeblichen Fassung haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Der Begriff "Berufsausbildung" wird im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) fallen darunter jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätige Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (, vom , 2006/15/0076 und vom , 2007/15/0050, , Ra 2018/16/0203). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinne der oben angeführten Gesetzesbestimmung kommt es überdies nicht nur auf das ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (; vgl auch Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, Rz 36 und 39). Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet (). Der Besuch von im Allgemeinen nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltungen kann dagegen nicht als Berufsausbildung gewertet werden, selbst dann nicht, wenn diese Ausbildung für eine spätere spezifische Berufsausbildung Voraussetzung oder nützlich ist.
Nach Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, Rz 40, ist bei einer Ausbildung, deren Ziel die Ablegung der Matura oder Berufsreifeprüfung ist, mit Verweis auf die überwiegende Judikatur des UFS und des BFG als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, also mindestens 30 Wochenstunden, wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG zu sprechen (vgl etwa und vom , RV/7103779/2018). Nach Ansicht von Hebenstreit/Lenneis/Reinalter (vgl oben) liegt eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG generell nur dann vor, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungszeit von mindestens 30 Stunden anfällt (ebenso etwa ; ; sowie und ). Die erforderliche zeitliche Intensität muss auch dann vorliegen, wenn keine kursmäßige Vorbereitung auf eine Prüfung stattfindet.
In seiner Entscheidung vom , RV/1506-W/08 hat der UFS festgestellt, dass der "Diplomlehrgang zum Bewegungs- und Gesundheitstrainer", in welchem die Teilnehmer in die praktischen und theoretischen Grundlagen eingeführt werden, für sich betrachtet keine Berufsausbildung darstellt, auch wenn dieser Lehrgang für eine spätere Berufsausbildung oder für eine nachfolgende Ausbildung von Vorteil bzw Vorbereitung oder gar Voraussetzung sein kann. Es wurde festgestellt, dass es sich bei dieser von der ***V-Akademie*** angebotenen Ausbildung um keine berufsspezifische Ausbildung, sondern um eine solche, die auch von allgemein an Wellness, Gesundheit und Ernährung Interessierten besucht wird. Auch hinsichtlich der zeitlichen Intensität war von keiner Berufsausbildung auszugehen.
In seinem Erkenntnis vom , RV/2100188/2019 beschäftigte sich das Bundesfinanzgericht mit der Frage, ob ein Lehrgang zur "Diplomierten Ernährungstrainerin" über einen Zeitraum von 9 Monaten, der jeweils freitags von 14 bis 21 Uhr stattfand und eine Mindestanwesenheitspflicht von 80% hatte, eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellt. Laut Bestätigung der Akademie umfasste der wöchentliche Zeitaufwand 20 Stunden mit einem Umfang von 1046 Einheiten (348 Einheiten Unterricht, 348 Einheiten Selbststudium, 250 Einheiten Diplomarbeit, 100 Einheiten Praktische Umsetzung). Das Bundesfinanzgericht kam dabei zum Schluss, dass in diesem Fall das zeitliche Element, wonach sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheiden muss, nicht vorliegt. Dabei erwog das Bundesfinanzgericht: "Erwiesen ist lediglich, dass der Lehrgang über neun Monate einmal wöchentlich 7 Stunden dauerte, wobei sogar eine Anwesenheit von 80% insgesamt ausreichte, um ein Teilnahmezertifikat zu erhalten. Es ist zwar davon auszugehen, dass für Vorbereitung und Abschlussprüfung zusätzlich Zeit aufzuwenden war, jedoch wurden keine konkreten Nachweise zum tatsächlichen zeitlichen Erfordernis vorgelegt. Die Teilnahmebestätigung, die einen wöchentlichen Zeitaufwand von mindestens 20 Stunden bestätigt, muss als reine und hoch gegriffene Grobschätzung gewertet werden. So findet sich auf der Homepage der XAkademie zu ,FAQs' die Frage: "Mit welchem zeitlichen Aufwand muss ich rechnen?" die Antwort: ,Die Anzahl der Lehreinheiten ist sehr individuell und als Durchschnittswert kann man pro Unterrichtseinheit eine Stunde Lernzeit einplanen. […]'". Das Bundesfinanzgericht führte weiters aus, dass die Beschwerdeführerin die bloße Teilnahmebestätigung vorlegte ohne den Aufwand anhand einer persönlichen Aufstellung oder unter näheren Ausführungen etwa zur Diplomarbeit darzulegen.
Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. ; ). Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Anwendung auf den vorliegenden Fall
Die Tochter der Beschwerdeführerin absolvierte im Zeitraum von bis den Lehrgang "Basislehrgang zum/zur Dipl. Energetiker/in für emotionale Balance" der ***V-Akademie***. Der Lehrgangsumfang wird mit einem Gesamtumfang von 1046 Einheiten angegeben und gliedert sich in 248 Einheiten Präsenz-Unterricht, 100 Einheiten Videounterricht, 348 Einheiten Selbststudium, 250 Einheiten Diplomarbeit und 100 Einheiten Praktische Umsetzung. Eine Einheit entspricht 45 Minuten.
Von der ***V-Akademie*** werden pauschal 348 Einheiten für Selbststudium angeführt. Bei diesen pauschalen Einheiten handelt es sich um eine Angabe der ***V-Akademie***, die folgendermaßen begründet wird: "Da unsere Lehrgänge mit Prüfungen abgeschlossen werden, empfiehlt es sich, nach erfolgtem Unterricht, den Stoff zu Hause zu wiederholen und so zu festigen. Die Anzahl der dafür benötigten Lerneinheiten ist sehr individuell, als Durchschnittswert kann man jedoch pro Stunde Unterricht eine Stunde Lernzeit zu Hause einplanen." (Homepage der ***V-Akademie*** unter FAQs "Mit wie viel zeitlichem Aufwand muss ich rechnen?") Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass sowohl für die 3 angeführten Prüfungstage als auch die Einheiten zum Start up (Vorstellung der Akademie, der Referenten, der Teilnehmer und der Lehrgangsziele und Rahmenbedingungen) keine Zeiten für Selbststudium anfallen, da hierbei kein Unterricht vorliegt, bei dem der "Stoff zu Hause zu wiederholen und so zu festigen" ist. Zudem werden die Videos als zusätzliches Material von der ***V-Akademie*** zur Verfügung gestellt, diese sind aber weder Prüfungsstoff, noch wird von der Akademie überprüft, ob die Videos tatsächlich angesehen wurden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die 100 Einheiten Videos angesehen wurden, obwohl dies im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet wurde, ist nicht anzunehmen, dass für diese Videos zusätzlich 100 Einheiten Selbststudium angefallen sind, zumal der Stoff der Videos keine Relevanz für die Prüfungen hatte. Es sind daher zumindest 128 Einheiten der angeführten 348 Einheiten für Selbststudium abzuziehen. Es verbleiben somit pauschal 220 Einheiten. Wie auch im Erkenntnis vom , RV/2100188/2019 (siehe dazu bereits oben), geht das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Fall davon aus, dass es bei der Bestätigung der ***V-Akademie*** von einem wöchentlichen Zeitaufwand von 20 Stunden bei wöchentlich 6 Stunden Präsenzunterricht um eine hoch gegriffene Grobschätzung handelt. Dies muss auch bei der Angabe zur Lern- und Vorbereitungszeiten angenommen werden. Wie auch die ***V-Akademie*** selbst ausführt, ist die Anzahl der benötigten Lernstunden sehr individuell. Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerdeführerin dazu aufgefordert, bekannt zu geben, wieviel Zeit ihre Tochter für das Selbststudium sowie für die Diplomarbeit benötigt hat und in welchem Zeitraum. Dazu wurde von der Beschwerdeführerin bekannt gegeben, dass eine Zuordnung der Unterrichtseinheiten (außer die konkreten Präsenzzeiten, Prüfungen und Praktikum) nach Stunden, Stunden/Tag, Stunden/Woche bzw. in Zeiträumen nach über 5 Jahren nach Ende der Ausbildung nicht mehr möglich ist. Auch eine Schätzung des wöchentlichen Zeitaufwandes wurde von der Beschwerdeführerin nicht angeführt. Es wurde auch nicht behauptet, dass sämtliche Video-Einheiten absolviert wurden, sondern lediglich auf den positiven Abschluss des Lehrgangs verwiesen, für den jedoch beispielsweise die Video-Einheiten keine Voraussetzungen sind. Bei den Praxis-Einheiten ist anzumerken, dass die zeitlichen Angaben lediglich von der Tochter der Beschwerdeführerin selbst angeführt und von ihr selbst unterzeichnet wurden. Ein Nachweis über die absolvierten Einheiten selbst liegt nicht vor. Weiters hat die Tochter der Beschwerdeführerin nach diesen Aufzeichnungen etwa die Hälfte der Praxiseinheiten bei ihren eigenen Eltern absolviert. Eine objektive Überprüfung durch die ***V-Akademie*** dürfte hierbei kaum möglich sein. Selbst wenn man von den großzügigen Angaben von 220 Einheiten Selbststudium, 248 Einheiten Präsenzunterricht, 250 Einheiten Diplomarbeit, 100 Einheiten Video-Training und 100 Einheiten Praktikum ausgeht, beläuft sich der gesamte Kurs auf 918 Einheiten (688,5 Stunden). Aufgeteilt auf den Zeitraum des Kurses (bis zum Datum des Diploms sind es 35 Wochen) würden sich 19 Wochenstunden ergeben. Hierbei sind jedoch bereits sämtliche Lern- und Vorbereitungszeiten sowie die Diplomarbeit beinhaltet. Damit ist die zeitliche Intensität für diesen Kurs allerdings weit von der oben dargestellten überwiegenden Rechtsprechung des BFG und UFS sowie der Literatur, die von mindestens 30 Wochenstunden ausgehen, um die volle Zeit des Kindes zu binden (bzw. 20 Stunden Unterricht und dazukommend noch Lern- und Vorbereitungszeiten), entfernt. Daran ändert sich auch nichts, wenn man die im Zeitraum Juli 2016 bis Juni 2017 sechs jeweils 3-tägigen Kurseinheiten berücksichtigt.
Zur Aussage der Beschwerdeführerin, dass der Lehrgang mit 31,38 ECTS-Punkten zu bemessen sei, ist auszuführen, dass das Arbeitspensum eines Jahres nach § 54 Abs 2 UG 2002 für alle Bildungseinrichtungen und für alle Studien im Sinne des Europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen (European Credit Transfer System) mit 60 ECTS-Punkten zu bemessen ist. Es ist bei der Aussage der Beschwerdeführerin allerdings zu beachten, dass eine pauschale Anzahl von Stunden von Lehrgängen der ***V-Akademie*** nicht ohne weiteres, insbesondere wohl nicht ohne Auseinandersetzung mit den Inhalten, in ECTS-Punkten umgerechnet werden kann. Dies zeigt sich bereits durch den Verweis der ***V-Akademie*** auf ihrer Homepage auf die Akkreditierung durch die Weiterbildungsakademie Österreich (wba, ***V-Akademie***, abgefragt am ). Hierbei wird beispielsweise der Lehrgang zum/zur Dipl. Mentaltrainer/in der ***V-Akademie*** mit 816 Unterrichtseinheiten mit 9 ECTS-Punkten akkreditiert während die Ausbildung zum/zur Dipl. Lebens- und Sozialberater/in der ***V-Akademie*** mit 1364 Unterrichtseinheiten mit 36 ECTS-Punkten akkreditiert wird. Somit wären für 1 ECTS-Punkt im Rahmen des Lehrgangs zum/zur Dipl. Mentaltrainer/in 90 Unterrichtseinheiten notwendig während bei der Ausbildung zum/zur Dipl. Lebens- und Sozialberater/in 38 Unterrichtseinheiten reichten. Die Annahme der Beschwerdeführerin von 31,38 ECTS-Punkten bei 1046 Unterrichtseinheiten würden für 1 ECTS-Punkt 33 Unterrichtseinheiten unterstellen. Aus dem Verweis der ***V-Akademie*** auf die Akkreditierungsseite der wba wird aber bereits ersichtlich, dass für die Mehrzahl der von der ***V-Akademie*** angebotenen Lehrgänge wesentlich mehr Unterrichtseinheiten für die Erreichung von 1 ECTS-Punkt erforderlich sind. Selbst unter der günstigen Annahme von 31,38 ECTS-Punkten würde dies gerade einmal der Hälfte eines Studienjahres entsprechen, wobei im Regelfall die Lehrveranstaltungen und Prüfungen der ordentlichen Studien wie auch im hier strittigen Lehrgang ebenfalls zwischen Oktober und Juni besucht und abgelegt werden.
In qualitativer Hinsicht ist auszuführen, dass die beiden umfangreichsten Fächer mit jeweils 36 Stunden "Kinesiologie" und "Organ- und Meridianlehre" sind. "Holistic Pulsing" und "Entspannung und Mediation" nahmen jeweils 24 Stunden Lehre ein. Wie auch schon der UFS in seiner Entscheidung vom , RV/0845-G/08, festgestellt hat, liegt bei einem Lehrgang, bei dem das Fach "Einrichten und Raumgestalten" als eines der umfangreichsten Themen lediglich 36 Stunden aufweist, während die schulische Ausbildung zum Einrichtungsberater ein ganzes Schuljahr dauert, keine Ausbildung für einen Beruf vor. Hinsichtlich beispielsweise Kinesiologie ist auszuführen, dass eine diesbezügliche Ausbildung für einen Beruf im Regelfall mindestens 120 Stunden oder mehr dauert (Ausbildung zum/zur geprüften Kinesiologen/Kinesiologin des WIFI Wien 208 Lehreinheiten; Diplomausbildung Bioenergetische Kinesiologie des AMS Ausbildungskompass 120 Stunden in 5 Modulen; Diplomausbildung Kinesiologie der Wiener Schule für Kinesiologie 186 Stunden bzw. 245 Unterrichtseinheiten). Wie bereits oben ausgeführt, ist es nach der Rechtsprechung des VwGH erforderlich, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet. Der Besuch von im Allgemeinen nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltungen kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden, selbst dann nicht, wenn diese Ausbildung für eine spätere spezifische Berufsausbildung Voraussetzung oder nützlich ist. Durch die jeweils geringe Stundenanzahl der einzelnen Fächer unterscheidet sich der vorliegende Kurs nicht von Kursen, die Menschen mit allgemeinen Interesse an Entspannungstechniken/-methoden besuchen. Dies geht auch aus der Beschreibung auf der Homepage der ***V-Akademie*** sowie in der von der Beschwerdeführerin übermittelten Informationsbroschüre deutlich hervor: "Als Dipl. Energetiker für emotionale Balance sind Sie in der Lage, auf Ihr gesamtes Leben positiv Einfluss zu nehmen und es aktiv zu gestalten. Die Inhalte des Lehrgangs sind nach dem Methodenkatalog der WKO ausgerichtet. Das ermöglicht Ihnen einschlägiges Wissen und moderne Entspannungstechniken anzuwenden, die bei der Bewältigung von Alltagshektik und belastenden Situationen im Berufs- und Privatleben hilfreich sein können." Weiters wird ausgeführt, dass sich der Lehrgang an alle Personen richtet, die sich durch eine Zusatzqualifikation neue berufliche Chancen sichern möchten, sich beruflich neu orientieren und haupt- oder nebenberuflich als selbständige/r Energetiker/in arbeiten möchten oder eine umfassende Grundlagenausbildung aufgrund von persönlichem Interesse absolvieren möchten. Damit wird bereits deutlich, dass sich der Kurs sowohl an Menschen mit privatem als auch beruflichem Interesse richtet. Vom Ausbildungsumfang ist es auch für Menschen mit privatem Interesse an Entspannungstechniken/-methoden geeignet. Dies spiegelt sich in der geringen Stundenanzahl der einzelnen Fächer wider. Durch die jeweils geringe Stundenanzahl der einzelnen Methoden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese eine Intensität aufweisen, die über das Ausmaß von privat an Entspannungsmethoden interessierten Personen hinausgehen. Die von der Tochter der Beschwerdeführerin absolvierten Kurse bei ***7***, Praxis für ganzheitliche Behandlungsformen, vertiefen nicht die im absolvierten Lehrgang der ***V-Akademie*** angebotenen Inhalte, sondern stellen weitere, neben den im hier strittigen Lehrgang bestehenden Entspannungsmethoden für die Lösung körperlicher und seelischer Blockaden, wie Fußreflexzonenmassage, Akupunktur oder Craniosacral-Therapie, dar.
Aus diesen Gründen kann nicht angenommen werden, dass der hier strittige Lehrgang sowie die absolvierten Kurse die volle Zeit des Kindes beanspruchten und sich der Lehrgang von Lehrveranstaltungen oder Kursen, die aus privaten Interessen besucht werden, unterscheidet.
Das Kind der Beschwerdeführerin befand sich somit ab Juli 2016 nicht mehr in Berufsausbildung im Sinne des FLAG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung geklärt sind, liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103034.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at