Aufhebung Sicherstellungsauftrag aufgrund Doppelsicherstellung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Absenger - Dr. Rathausky Steuerberatungsgesellschaft mbH, Dr.-Karl-Widdmann-Straße 55, 8160 Weiz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt Salzburg-Land) vom betreffend die Sicherstellung von Einkommen- und Umsatzsteuer 2008 bis 2010 und 2017 zu Recht erkannt:
I.
Der im angefochtenen Sammelbescheid vom enthaltene Bescheid über die Sicherstellung von Umsatzsteuer 2017 (EUR 17.300,00) wird ersatzlos aufgehoben.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Sicherstellungsauftrag des Finanzamtes Salzburg-Land (kurz FA) vom über insgesamt EUR 438.800 erging im Zuge einer Außenprüfung und wurde vom steuerlich vertretenen Beschwerdeführer (kurz Bf.) mit Beschwerde vom bekämpft.
Nach Einbringung einer Säumnisbeschwerde (vgl. ) wies das FA diese mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, woraufhin der Bf. mit die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte.
Zusätzlich findet im elektronisch vorgelegten Akt eine Beschwerdevorentscheidung vom , die vom FA als "überzählig" bezeichnet wurde.
Gem. § 323b Abs. 1 BAO trat das Finanzamt Österreich für dessen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des am zuständig gewesenen Finanzamtes.
Erst mit legte sodann das FAÖ die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vor. Sie fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FV 3 und damit in die Zuteilungsgruppe 7007.
Von der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie vorerst der Gerichtsabteilung 7009 zur Erledigung zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom (veröffentlicht in der Geschäftsverteilung - Stand ) wurde sie dieser Gerichtsabteilung abgenommen, neu verteilt und der Gerichtsabteilung 7013 zugewiesen.
Nachdem das Bundesfinanzgericht das FA u einem Zwischenbericht über den aktuellen Verfahrensstand aufgeforderte hatte, übermittelte dieses am den Außenprüfungsbericht vom über die Jahre 2008 bis 2017 und legte am auch die Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag vom vor. Am übermittelte es zusätzlich einen Entwurf zu einem Umsatzsteuerbescheide 2017 und stimmte aufgrund einer Doppelsicherstellung der Aufhebung des hier bekämpften Sicherstellungsauftrages vom hinsichtlich der Umsatzsteuer 2017 zu.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit dem bekämpften Sicherstellungsauftrag wurden folgende Abgabenansprüche sichergestellt:
1.1. Buchungen am Finanzamtskonto
Aktuell scheinen am Finanzamtskonto in Hinblick auf den Sicherstellungsauftrag die folgenden Aussetzungen der Einhebung (Spalte AEH) bzw. der folgende nicht ausgesetzte Rückstand (Spalte Rückstand) auf. Diese resultieren aus den unter Bescheiddatum angegebenen Vorschreibungen.
Dem stehen die in der Spalte Sicherstellung angegebenen Beträge im hier zu beurteilenden Sicherstellungsauftrag gegenüber.
Hinsichtlich der Umsatz- und Einkommensteuer 2017 scheinen keine Rückstände bzw. Aussetzungen der Einhebung auf. Dazu wurden offenbar noch keine Abgabenbescheide erlassen.
Auffällig ist, dass die Umsatzsteuer 2017 auch schon im Sicherstellungsauftrag vom (siehe unten) aufscheint. Dieser weist für die Umsatzsteuer 2017 EUR 24.800 aus, der hier zu beurteilende EUR 17.300.
1.2. Begründung des Sicherstellungsauftrages vom
Der Sicherstellungsauftrag wurde - neben einem Hinweis auf einen Sicherstellungsauftrag vom für die Jahre 2011 bis 2016 - im Kern wie folgte begründet (Markierung "fett" durch das Bundesfinanzgericht):
"… Aufgrund einer für die Jahre 2008 - 2017 laufenden Außenprüfung, wurden bis zum heutigen Tag folgende Feststellungen getroffen:
1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2008 - 2010 und 2017
Vom Abgabepflichtigen wurden bisher laufend Verluste aus Gewerbetrieb erklärt. Anlässlich der gegenständlichen Außenprüfung der Prüfungsjahre 2011-2016 konnte jedoch bis dato eine tatsächliche betriebliche Tätigkeit nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. Auf Grund der, im Rahmen einer Hausdurchsuchung am , sichergestellten Unterlagen, kann davon ausgegangen werden, dass durch Hrn. ***Bf.1*** keine gewerblichen Leistungen erbracht wurden. Auf die Bescheidbegründung im Prüfungsauftrag vom hinsichtlich der Jahre 2008-2017 wird verwiesen.
Mangels betrieblicher Tätigkeit, sind nach derzeitigem Erhebungsstand, keine Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten, mit Ausnahme der bezahlten MwSt, anzuerkennen.
Da, nach freier Beweiswürdigung durch die Finanzverwaltung, diese Zahlungen durch die nichtselbständige Funktion als Prokurist der Fa. ***Arbeitgeber O*** begründet waren, sind diese daher als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, im Wege der Veranlagung, zu versteuern.
2. Erhaltene Zahlungen 2008 - 2010 und 2017
Im Rahmen einer Hausdurchsuchung am wurden von der Steuerfahndung zahlreiche Unterlagen sichergestellt. Nach Durchsicht dieser Unterlagen wurde festgestellt, dass der genannte Abgabepflichtige, für die Überfakturierung von Mieten an die Fa. ***Arbeitgeber O***, im Jahr 2008 durch die jeweiligen Vermieter, offensichtlich Überzahlungen iHv brutto € 197.500,- , im Jahr 2009 von € 329.600,- und im Jahr 2017 iHv € 145.000,- als kick-back-Zahlungen erhalten hat und diese Beträge nicht in den eingereichten Jahressteuererklärungen als Einkünfte erklärt wurden.
Auf Grund von Überfakturierungen durch die Fa. ***Zeitrschrift 1 GmbH*** an die Fa. ***Arbeitgeber O*** wurde vereinbart, dass die Überzahlungen, beinahe zeitgleich, mit den Überweisungen der Fa. ***Arbeitgeber O***, auf ein Kto des Hrn. ***Bf.1*** gezahlt wird, es wurde auch vereinbart, dass auf den Rechnungen 2009 als Zahlungsgrund "Verkaufsschulungen" verrechnet werden sollen bzw. auf den Beraterverträgen wurde als Leistungsgegenstand "Beratungsleistungen für den Modebereich und Trendrecherche" angeführt. Im Zuge der Betriebsprüfung wurde jedoch festgestellt, dass es sich um diesbezüglich um Scheinverträge handelt und tatsächlich keine diesbezüglichen Leistungen von Hrn. ***Bf.1*** erbracht wurden.
Darstellung der noch nicht versteuerten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:
[...]
3. Pferdehandel, Reitsport 2017
Betreffend Pferdehandel und Reitsport wurden bisher nur Betriebsausgaben bzw. Vorsteuerabzüge geltend gemacht. Aufwendungen für den Reitsport der Tochter ***T*** ***Tochter*** stellen nach ho. Meinung keine steuerlich anzuerkennenden Betriebsausgaben dar und sind der Privatsphäre des Abgabepflichtigen zuzurechnen; es liegt diesbezüglich auch keine steuerlich anzuerkennende Einkunftsquelle vor. Der diesbezügliche VSt-Abzug ist aus diesen Gründen auch nicht anzuerkennen. Überdies hat sich auch die vorgelegte Prognoserechnung (Budgetplan) 2016 - 2020 als unrichtig herausgestellt, da noch keinerlei Einnahmen erzielt werden konnten.
4. MwSt-Schuld auf Grund der Rechnung (S 11 Abs. 12 UStG):
Da nach Ansicht der Finanzverwaltung keine unternehmerische Tätigkeit hinsichtlich der erhaltenen Provisionszahlungen (= "kick-back-Zahlungen" nichtselbständiger Arbeit) vorliegt und die in Rechnung gestellte Leistung nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, wird die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer auf Grund der Rechnung, gem. § 11 Abs. 12 UStG, geschuldet; auch die Anerkennung der bisher angesetzten Vorsteuerbeträge war zu versagen.
Voraussichtliche steuerliche Auswirkung bzw. Berechnung der zu sichernden Abgabenforderung:
Umsatzsteuer:
Die Endbeträge wurden entsprechend gerundet.
Einkommensteuer:
Es wurden die Endbeträge entsprechend gerundet.
Es ist demnach davon auszugehen, dass Herr ***Bf.1*** ***M*** (unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht) zumindest seit dem Jahr 2008 wesentliche Verkürzungen an Umsatzsteuer und Einkommensteuer bewirkt hat.
Um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, kann die Abgabenbehörde nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO) bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) einen Sicherstellungsauftrag erlassen (§ 232 BAO).
[…]
Von einer Gefährdung der Einbringung ist auszugehen, weil aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden muss, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint.
Hinsichtlich der gegenständlichen Abgaben besteht der dringende Verdacht der Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs. 1 und § 33 Abs. 2 lit a FinStrG iVm § 38 FinStrG. Auf die Begründung im Prüfungsauftrag vom , betreffend die Jahre 2008-2017, wird verwiesen. Des Weiteren besteht derzeit ein offener Rechtsstreit vor Gericht, bei welchem Hr. ***Bf1*** vom ehemaligen Dienstgeber "***Arbeitgeber O***", wegen dienstlicher Verfehlungen, auf Schadenersatz geklagt wurde. Der Streitwert beträgt € 646.774,21.-. Da das Vorverfahren, betreffend der Kündigungsentschädigung wegen der fristlosen Entlassung des Pflichtigen, zu Ungunsten des Herrn ***Bf.1*** entschieden wurde, sowie auch der begründete Verdacht der Untreue vorliegt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das laufende Verfahren auch zu Ungunsten von Herrn ***Bf.1*** entschieden werden wird und daher mit einer baldigen Überschuldung des Pflichtigen gerechnet werden muss.
Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages liegt im Ermessen der Abgabenbehörde und erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit.
Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen.
Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit der Abgabenforderung oder des durch die Vollstreckungshandlung zu erzielenden Einbringungserfolges - könnte daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abgesehen werden. Davon konnte im gegenständlichen Fall jedoch nicht ausgegangen werden.
Den obigen Ausführungen zufolge liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages vor."
1.3. Prüfungsauftrag vom
Im vorgelegten Akt findet sich zwar kein Prüfungsauftrag vom , wohl aber einer, der mit datiert ist und sich auf die Einkommen- sowie Umsatzsteuer 2008 bis 2017 und § 99 FinStrG bezieht.
Dessen Begründung deckt sich über weite Strecken mit der Begründung des Sicherstellungsauftrages.
Zusätzlich ist daraus noch ersichtlich, dass für die Jahre 2008 und 2009 "Überfakturierungen" von Drittfirmen an ***Arbeitgeber O*** und zeitnah "Gegenrechnungen" des Bf. bzw. der "M. ***Bf.1*** und Mitbesitzer" an diese Drittfirmen aufgefunden worden seien, welche ihm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als "Kick-back Zahlungen" zugeflossen und bisher vermutlich als gewerbliche Einkünfte erklärt worden seien. Bereits im Betriebsprüfungsverfahren für die Jahre 2004 bis 2007 (BP-Bericht vom ) seien Einnahmen aus Vermittlungsprovisionen nicht der Personengemeinschaft, sondern zur Gänze dem Bf. direkt zugerechnet worden.
Auf Grund der sichergestellten Unterlagen könne davon ausgegangen werden, dass diesbezüglich durch den Bf. keine gewerbliche Leistung erbracht wurde, sondern diese "Provisions"-zahlungen durch seine Funktion als Prokurist der Fa. ***Arbeitgeber O*** begründet und daher als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erklären gewesen seien. Etwaige Subprovisionen an die seinerzeitige Lebensgefährtin ***LebensG*** seien lt. Aktenlage wirtschaftlich unbegründet.
Aufgrund des allgemeinen (Begleit-)Wissens bezüglich der allgemeinen Steuerpflicht in Österreich und der oben dargestellten Tatmodalität sei eine vorsätzliche Tatbegehung jedenfalls indiziert. Es bestehe somit der begründete Verdacht, dass der Bf. in den Jahren 2008 bis 2010 und 2017 vorsätzlich, unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, Verkürzungen an Einkommen- und Umsatzsteuer in noch zu bestimmender Höhe bewirkt hat, wobei dieser die Taten mit der Absicht ausführte, sich durch die wiederkehrende Begehung einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen und damit die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß §§ 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG in Verbindung mit § 38 FinStrG begangen hat.
1.4. Beschwerde vom
Mit dieser Beschwerde rügte der steuerlich vertretene Beschwerdeführer (kurz Bf.) eingangs, ihm sei zu den Behauptungen über Provisionszahlungen kein Parteiengehör gewährt worden.
Diese Provisionszahlungen seien nie geflossen und es habe auch keine Grundlage dafür gegeben. Tatsächlich erhaltene Zahlungen von diversen Auftraggebern habe er in seiner Einkommensteuererklärung angegeben.
Für 2017 habe man noch keine Steuererklärung erstellt, weil sich die dafür notwendigen Unterlagen in Gewahrsam der Finanzverwaltung befänden.
Die Jahre 2008 bis 2010 seien bereits verjährt. Für eine längere Verjährung sei eine eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellung über eine Abgabenhinterziehung als Vorfrage eine Voraussetzung (; , 2009/16/0076). Diese werde bestritten.
Vom Prüfer seien keine stichhaltigen Unterlagen, die eine Abgabenhinterziehung beweisen würden, vorgelegt worden. Für die Beurteilung der "hinterzogenen Abgabe " gelte nach Art. 6 MRK die Unschuldsvermutung (; ). Die massiv überzogene Vorgehensweise erwecke den Anschein, der Bf. solle unter Druck gesetzt werden.
Eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung liege nach der Judikatur vor allem bei drohenden Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschleppung sowie bei Vermögensverschiebung ins Ausland vor. All diese Punkte träfen auf den Bf. nicht zu.
Eine abstrakte Möglichkeit von Vermögensverminderung reiche nicht aus () und es müssten entsprechende Tatsachen bzw. Feststellungen und nicht bloße Vermutungen vorliegen ().
Die Schadenersatzforderung aus dem Verfahren mit der ***Arbeitgeber O*** seien zurzeit nur eine Vermutung, da das Verfahren bei weitem noch nicht abgeschlossen sei, sondern erst von einem Gutachter die Werthaltigkeit der vom Bf. getätigten Werbeaktivitäten ermittelt werde. Erst danach lasse sich feststellen, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist.
Das Ergebnis des Verfahrens über die Kündigungsentschädigung lasse keine Rückschlüsse auf die Schadensersatzklage der ***Arbeitgeber O*** zu, da dieser Aktivprozess deswegen verloren worden sei, weil der Bf. im Zuge von Revisions- und Aufarbeitungsarbeiten nicht ausreichende und vollständige Informationen erteilt habe (entlassungswürdiger Vertrauensverlust). Ein pflichtwidriges oder gar unrichtiges Mitwirken an einer nachträglichen Revision kann per se jedoch keine Schäden verursacht haben.
Das wesentlichste Argument der Schadensersatzforderung sei die Werthaltigkeit der Leistungen für das Unternehmen, die der Bf. beauftragte. Deswegen habe das Gericht die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachverständigen für notwendig erachtet. Zur Erörterung des gerade in Ausarbeitung befindlichen Gutachtens, sowie zur Einvernahme der Parteien und Zeugen habe das Gericht bereits mehrere Verhandlungen ab März 2019 angesetzt, sodass frühestens im Sommer 2019 mit einer Entscheidung gerechnet werden könne und somit aktuell keine Gefährdung der Einbringung bestehe.
Der Bf. verfüge zudem über eine Versicherung, die bei geringfügiger Pflichtverletzung Schäden aus der Geschäftsführung ersetze.
Zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages der ersten Instanz lägen die notwendigen Voraussetzungen nicht vor. Der Bescheid sei ersatzlos aufzuheben.
Der Bf. habe mit einen Dienstvertrag mit der ***Arbeitgeber neu*** abgeschlossen, der ab 1. Jänner2019 beginne und ein Jahresfixum von EUR 150.000,00 sowie eine gewinnabhängige Provision beinhalte. Aus diesem Grund sei eine allfällige Steuer finanzierbar und es fehle somit die Gefährdung der Einbringung.
1.5. Beschwerdevorentscheidung vom
Mit der Beschwerdevorentscheidung entgegnete das FA, das Parteiengehör sei nicht notwendig gewesen und zudem im Beschwerdeverfahren sanierbar (). Der Bf. sei anlässlich der Beschuldigtenvernehmung am mittlerweile auch zu den Provisionszahlungen befragt worden und es sei ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Dazu verwies das FA auf ein 11-seitiges Protokoll.
Der ursprüngliche Prüfungsauftrag sei am auf die Jahre 2008 bis 2017 ausgedehnt und die Rechtsgrundlage auf § 99 Abs. 2 FinStrG erweitert worden. Auch dieser Bescheid sei dem Bf. am 4. Dezember 8018 zur Kenntnis gebracht und hinsichtlich der Provisionszahlungen sowie der Abgabenhinterziehungsproblematik ausführlich begründet worden.
Für 2008 seien überdies am Wiederaufnahmebescheide sowie neue Sachbescheide für Umsatz- und Einkommensteuer ergangen, die ein Mehrergebnis von gesamt EUR 118.791,82 ergeben hätten. Diese Bescheide seien insbesondere hinsichtlich der Provisionen, Unternehmereigenschaft, Steuerhinterziehung und Verjährung auch ausführlich begründet worden. Das FA verwies auf diese Begründungen.
Gegen diese Bescheide sei am Beschwerden eingelangt. Ob eine etwaige Verjährung vorliegt, sei nicht im Rahmen der Beschwerdeerledigung betreffend den Sicherstellungsauftrag zu klären.
Ein Sicherstellungsauftrag sei kein abschließender Sachbescheid. Es reiche daher aus, jene Feststellungen, die auf das Entstehen der Abgabenschuld hinweisen, entsprechend anzuführen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Feststellungen der Betriebsprüfung, insbesondere hinsichtlich der Provisionszahlungen sowie der Verjährungsproblematik, habe im Zuge des Abgabenfestsetzungsverfahrens zu erfolgen.
Eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der (späteren) Einbringung läge auch vor,
bei dringendem Tatverdacht der Abgabenhinterziehung und wirtschaftlichen Problemen,
wenn voraussichtlich mit einer hohen Abgabenschuld zu rechnen ist und dieser nur mit Pfandrechten belastete unbewegliches Vermögen gegenübersteht sowie
bei schwerwiegenden Mängeln in den Büchern und Aufzeichnungen.
All diese Umstände und Gefährdungsmomente seien objektiv bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages gegeben gewesen:
Der dringende Tatverdacht der Abgabenhinterziehung sei im Sicherstellungsauftrag unter Punkt 1 und 2 hinreichend begründet und in weitere Folge auch im Prüfungsauftrag vom erläutert worden.
Auf Grund der beiden Sicherstellungsaufträge sei eine Steuernachforderung in Höhe von insgesamt EUR 896.300,00 ermittelt worden. Zusätzlich habe im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages eine Forderung des ehemaligen Dienstgebers in Höhe von EUR 646.774,21 bestanden, hinsichtlich der ein gerichtsanhängiger Rechtsstreit offen war. Daher sei objektiv mit einer Überschuldung zu rechnen gewesen.
Bezüglich der in den Jahren 2008 bis 2010 unter Punkt 2 angeführten Einnahmen seien keinerlei Aufzeichnungen geführt worden. Diese seien bisher auch nicht erklärt worden.
Das Gerichtsverfahren betreffend die Schadenersatzforderung von der ***Arbeitgeber O*** sei noch immer nicht abgeschlossen. Im Zuge der Hausdurchsuchung am beim Bf. sei auch ein IPhone, sowie ein IPad aufgetaucht, welche er offensichtlich nach seiner Entlassung nicht an seinen Dienstgeber zurückgegeben hatte. Überdies sei im Zuge der Prüfung festgestellt worden, dass offensichtlich ein Anteil der Mietüberzahlungen an den Bf. privat rückflossen. Deshalb sei von der Steuerfahndung am ein Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue (§ 153 StPO) erstattet worden, weshalb erwartet werde, dass die Fa. ***Arbeitgeber O*** ihre Schadenersatzforderung gegenüber dem Bf. noch entsprechend erweitern wird.
Eine Versicherung, die bei geringfügiger Pflichtverletzung Schäden aus der Geschäftsführung ersetzt, wäre im gegenständlichen Fall kein Grund gewesen, keinen Sicherstellungsauftrag zu erlassen, da es sich um keine geringfügige Pflichtverletzung handle. Der dringliche Verdacht der Untreue gegenüber dem seinerzeitigen Dienstgeber habe sich auf Grund der Feststellungen anlässlich der Betriebsprüfung massiv erhärtet (Hinweis auf den Prüfungsauftrag vom und den Anlassbericht an die StA Wels vom ).
Der mit geschlossene Dienstvertrag mit der ***Arbeitgeber neu*** ändere nichts an der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung, da auch die pfändbaren Jahresbezüge des Zeitraumes 2019 bis 2021 zu gering seien, um die zu erwartenden Steuernachforderungen und Forderungen des ehemaligen Dienstgebers abzudecken.
Allein die in beiden Sicherstellungsaufträgen ausgewiesen Steuernachzahlungen beträgen EUR 896.300,00 und seien nur teilweise durch das vorhandene Vermögen des Bf. gedeckt.
Der Bf. sei am von seinem Dienstgeber Fa. ***Arbeitgeber O*** fristlos entlassen worden. Lt. einem vorliegenden Vermögensstatus vom habe der Pflichtige ein massives Liquiditätsproblem gehabt. Die wesentlichen Aktiva des Bf. zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages hätten aus der Kaufpreisforderung "Haus ***Ort X***" in Höhe von rd. EUR 400.000,00 sowie einigen Reitpferden bestanden. Eine Wohnung in ***Anschrift 2*** (Wert lt. Schätzungsgutachten vom 11. Sepember 2012 EUR 395.000) sei lt. Grundbuchsauszug vom mit Pfandrechten in Höhe von höchstens EUR 416.379,92, und einem Wohngebrauchsrecht bis belastet gewesen.
Auf Grund der wirtschaftlichen Lage sowie den sonstigen Umständen habe geschlossen werden können, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinhebung voraussichtlich gesichert erscheint. Der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung genüge und eine vom potenziellen Abgabenschuldner gesetzte Gefährdungshandlung sei nicht erforderlich. Es reicht, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen geschlossen werden könne, dass mit einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der voraussichtlich anfallenden Abgaben gerechnet werden muss (; , 96/14/0170; , 97/14/0004).
1.6. Vorlageantrag vom
Im Vorlageantrag verwies der Bf. auf seine Beschwerde und ergänzte, ein Sicherstellungsauftrag setze die Verwirklichung eines Abgabentatbestandes sowie voraus, dass die Abgabenschuld nicht verjährt ist.
Die dem Sicherstellungsauftrag zugrundeliegenden Zahlungen seien tatsächlich nie geflossen. Vom FA hätten nicht einmal ansatzweise handfeste Unterlagen vorgelegt werden können, aus denen ein Geldfluss ableitbar sei. Ganz im Gegenteil verfüge es über ein Protokoll der Zeugeneinvernahme des Geschäftsführers jener Firma, die angeblich Zahlungen geleistet haben soll. Darin sei ausdrücklich festgehalten, dass keine Zahlungen getätigt wurden, die Geldflüsse, die dem Sicherstellungsauftrag zugrunde liegen, nicht den Tatsachen entsprechen und damit kein steuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht wurde.
Mangels Fließens der Einnahmen in den Jahren 2008 bis 2010 könne es darüber auch keine Aufzeichnungen geben.
Es könne nicht Zweck des Sicherstellungsauftrages sein, Art. 6 MRK zu umgehen, indem Sicherstellungsaufträge über bereits verjährte Abgaben (wären sie angefallen) erlassen werden.
1.7. Sicherstellungsauftrag vom (2011 bis 2017) und Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Die Beschwerde verwies eingangs auf einen weiteren Sicherstellungsauftrag, gegen den ebenfalls fristgerecht Beschwerde erhoben worden sei.
Damit ist offensichtlich der Sicherstellungsauftrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom über die Umsatz- und Einkommensteuer 2011 bis 2016 sowie die Umsatzsteuer 2017 gemeint, der mit Beschwerde vom bekämpft wurde. Nach einer Säumnisbeschwerde hatte dieses Finanzamt die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen, woraufhin mit die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt wurde.
Erst nachdem das FA durch das Bundesfinanzgericht auf diese Vorgänge aufmerksam gemacht wurde, legte dieses am auch die Beschwerde gegen diesen älteren Sicherstellungsauftrag an das Verwaltungsgericht vor.
Dieser Sicherstellungsauftrag beruft sich im Kern vor allem auf den Zufluss von umsatzsteuerpflichtigen Umsätze aus Malta (Umsatzsteuer 2013 - 2017 sowie Einkommensteuer 2013 - 2016) sowie den bisherigen - nach Ansicht des FA aber unzulässigen - Abzug diverser Betriebsausgaben. Er bietet damit nur wenige Überschneidungen mit dem hier zu beurteilenden Sicherstellungsauftrag.
Auffällig ist, dass auch dieser Sicherstellungsauftrag einen Betrag für die Umsatzsteuer 2017 enthält (EUR 24.800), die auch im hier zu beurteilenden Sicherstellungsauftrag mit EUR 17.300 aufscheint.
Nachdem das FA auf diese Diskrepanz aufmerksam gemacht wurde, gestand es die Doppelberücksichtigung ein und legte per Mail vom einen Entwurf zur geplanten Festsetzung der Umsatzsteuer 2017 (mit einer Zahllast von EUR 18.480,00) vor.
Abschließend stimmte das FA der Aufhebung des hier bekämpften Sicherstellungsauftrages hinsichtlich der Umsatzsteuer 2017 zu.
2. Rechtliche Beurteilung
Das Bundesfinanzgericht ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen. Dies gilt auch hinsichtlich eines angefochtenen Sicherstellungsauftrages. Es hat sich in einem solchen Verfahren nicht darauf zu beschränken, ob die von der Abgabenbehörde erster Instanz herangezogenen Umstände zutreffen bzw. für eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung kausal sind. Sie hat vielmehr auf Grund der - allerdings bereits im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gegebenen - Sachlage ohne Rücksicht darauf zu entscheiden, ob die Abgabenbehörde erster Instanz diesen vorliegenden Sachverhalt zur Begründung ihres Bescheides herangezogen hat oder nicht ().
§ 232 BAO lautet soweit hier von Relevanz:
(1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;
b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;
c) den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann;
d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
Für jeden Abgabenanspruch die Abgabenbehörde - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 232 BAO - einen gesonderten Sicherstellungsauftrag erlassen. Fasst sie mehrere solche Ansprüche aus Zweckmäßigkeitsgründen in einer einzigen Bescheidausfertigung zusammen, hat diese für jeden Anspruch die Angaben gemäß § 232 Abs. 2 BAO zu enthalten. Die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld gemäß § 232 Abs. 2 lit. a BAO ist somit Spruchbestandteil; dies auch dann, wenn mehrere Bescheide formularmäßig zusammengefasst werden. Im Sicherungsverfahren sollen auf Grund des Sicherstellungsauftrages als Exekutionstitel für jeden Abgabenanspruch Pfandrechte begründet werden. Dies setzt die exakte Benennung der jeweiligen Abgabenart und ihrer Höhe im Spruch voraus (vgl. unter Hinweis auf ). Der Bescheid hat für jeden Anspruch die Angaben gemäß § 232 Abs. 2 BAO zu enthalten, wenn die Abgabenbehörde mehrere Abgabenansprüche aus Zweckmäßigkeitsgründen in einer einzigen, (formularartigen) Bescheidausfertigung zusammenfasst (). Es handelt sich dabei um einen Sammelbescheid.
2.1. Entstehung des Abgabenanspruchs
Vom Verwaltungsgerichtshof wurde klargestellt (zuletzt ), dass die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages zunächst die Verwirklichung jenes Tatbestandes voraussetzt, an den die Abgabepflicht geknüpft ist.
Dabei genügt es, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach (nämlich gemäß § 4 BAO) mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe vorliegen (). Ausreichend ist die auf konkrete Umstände gestützte Vermutung, ohne dass bereits der Nachweis erbracht werden muss (vgl. ). Dabei muss zwar nicht das genaue Ausmaß der Abgabenschuld ermittelt und dem Sicherstellungsauftrag zu Grunde gelegt werden, jedoch müssen entsprechende Tatsachen (Sachverhalte) ermittelt und angeführt werden, aus denen fundiert auf die Höhe der Abgabe, die sicherzustellen beabsichtigt ist, geschlossen werden kann ().
Ein angefochtener Sicherstellungsauftrag ist ohne Rücksicht auf später eingetretene Tatsachen allein darauf zu prüfen, ob im Zeitpunkt seiner Erlassung die dafür erforderlichen sachlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. etwa mit weiteren Nachweisen).
Diese muss in der Begründung des Sicherstellungsauftrages oder in der diesen bestätigenden Entscheidung dargetan werden. Sie muss jedenfalls erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde und welche Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung dafür maßgebend waren. Auf im Zeitpunkt der Entscheidung - auch des Bundesfinanzgerichts - vorliegende Tatsachen und Beweise ist Bedacht zu nehmen (vgl. ).
Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre.
Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, ist in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden. Deshalb ist die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld, wie sie nur durch ein ordnungsgemäßes Festsetzungsverfahren gewährleistet ist und etwa für die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld im Sinne des § 226 BAO Voraussetzung ist, nicht erforderlich (vgl. ; , 2005/13/0041, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Bei der Entscheidung über die Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag ist auf im Beschwerdeverfahren zur Kenntnis gelangte neue Tatsachen und Beweise - welche sich allerdings auf die Überprüfung der Frage zu beschränken haben, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages die dafür erforderlichen Voraussetzungen objektiv gegeben waren - Bedacht zu nehmen ().
Umstände, die nach Erlassung des Sicherstellungsauftrages eingetreten sind, sind nicht zu berücksichtigen. Verfahrensergebnisse im Abgabenfestsetzungsverfahren können allerdings ein Indiz für eine dem erstbehördlichen Sicherstellungsauftrag zugrunde gelegte unrichtige Sachverhaltsfeststellung darstellen. Derlei aufzuzeigen, obliegt der von einem Sicherstellungsauftrag betroffenen Partei ().
2.2. Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringung
In Bezug auf die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung muss der Begründung der Entscheidung entnommen werden können, aus welchen besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass die Einbringung nur bei raschem Zugriff der Behörde gesichert erscheint ( mit weiteren Nachweisen). Dabei hat sich das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag auf die Überprüfung zu beschränken, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet worden ist, die erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. ).
Das Höchstgericht fasste zusammen (vgl. mit weiteren Nachweisen), dass aus § 232 BAO hervorgeht, dass Sicherstellungsmaßnahmen im Wege eines Sicherstellungsauftrages innerhalb des in dieser Bestimmung umschriebenen Zeitraumes zulässig sind, wenn eine Gefährdung oder Erschwerung der nachfolgenden Einbringung von Abgaben begründet zu befürchten ist. Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden u.a.
bei drohendem Insolvenz- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte
oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein.
Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabepflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, werden,
ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt,
eine Maßnahme nach § 232 BAO rechtfertigen. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich.
In all diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 2007/15/0131, VwSlg 8260 F/2007).
Bei der Beurteilung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung ist auf die Umstände, insbesondere auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, abzustellen, wie sie bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages gegeben waren. Dabei ist aber uneingeschränkt auf Tatsachen Bedacht zu nehmen, die im Zuge des Beschwerdeverfahrens bekannt werden, soweit diese im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages objektiv bereits gegeben waren ().
2.3. Ermessen
Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen ().
Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit (Hinweis auf Ritz, Verwaltungsökonomie als Ermessenskriterium, ÖStZ 1996, 70) - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen ().
2.4. Zusammenfassung
Hier steht fest, dass die Umsatzsteuer 2017 doppelt sichergestellt wurde.
Sie ist in dem Umfang, in dem sie im hier zu beurteilenden Sicherstellungsauftrag enthalten ist, auch schon im etwa zwei Monate älteren Sicherstellungsauftrag vom enthalten. Sie wurde damit - unabhängig von anderen Sachverhaltselementen - doppelt sichergestellt.
Da dies jedenfalls unzulässig ist, war der Sicherstellungsauftrag vom (nur) hinsichtlich der Umsatzsteuer 2017 (EUR 17.300,00) aufzuheben.
Die im Sicherstellungsauftrag - zur Information - ausgewiesene Gesamtsumme reduziert sich dadurch auf EUR 421.500,00. Der übrige Sammelbescheid bleibt von dieser Entscheidung unberührt. Über die Beschwerde hinsichtlich der verbleibenden Sicherstellungen von Umsatz- und Einkommensteuer 2008 bis 2010 und von Einkommensteuer 2017 wird im weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht (GZ RV/6100410/2021) zu entscheiden sein.
2.5. Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG). Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.
Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100265.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at