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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2022, RV/7102850/2021

Eintritt der bescheinigten Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102850/2021-RS1
Hier: Unschlüssige Gutachten des Sozialministeriumservice hinsichtlich des Eintritts der bescheinigten Erwerbsunfähigkeit.
RV/7102850/2021-RS3
Die Bundesabgabenordnung kennt in ihren Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren keine gesetzlichen Beweisregeln, insbesondere keine Regelung, dass die Feststellung des Eintritts einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 ausschließlich davon abhängt, ob eine zeitnah zum Eintritt erstattete ärztliche Bestätigung vorliegt.
RV/7102850/2021-RS4
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Folgerechtssätze
RV/7102850/2021-RS1
wie RV/7101860/2018-RS3
Es besteht nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 keine unbedingte Bindung an die Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Entscheidung darüber, ob ein Gutachten im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 unschlüssig oder ergänzungsbedürftig ist, in jedem Fall der Beihilfenbehörde. Es ist unerheblich, ob diese in erster Instanz oder im Instanzenzug entscheidet. Eine Gutachtensergänzung oder ein neues Gutachten stellen Beweismittel dar. Das Verwaltungsgericht ist nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall seiner Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes , kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden. In ständiger Rechtsprechung wird diese Ansicht vom Verwaltungsgerichtshof vertreten (vgl. ; ; ; ).
RV/7102850/2021-RS2
wie RV/7101860/2018-RS5
"Sich selbst den Unterhalt zu verschaffen" bedeutet, dass das Kind auf dem ersten Arbeitsmarkt, also dem regulären Arbeitsmarkt, vermittelbar ist und so imstande ist, sich selbst ohne staatliche Zuschüsse zu erhalten. Anders als der reguläre oder "erste Arbeitsmarkt" besteht der sogenannte "zweite Arbeitsmarkt" aus Arbeitsplätzen, die mithilfe von Förderungen der öffentlichen Hand geschaffen worden sind. Ein "geschützter Arbeitsplatz", der staatlich gefördert ist, erfüllt nicht die Voraussetzung, dass sich der Arbeitnehmer selbst den Unterhalt verschafft. Der Unterhalt wird auf einem solchen Arbeitsplatz mittelbar durch die öffentliche Hand oder karitative Einrichtungen geleistet, die die Mittel für den "geschützten Arbeitsplatz" bereit stellen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des A B C, Adresse, nunmehr vertreten durch Mag. Lukas Amsüss, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Spiegelgasse 19, vom , Postaufgabe , gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für den im Jänner 1985 geborenen Beschwerdeführer ab August 2018 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer X, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit hob das Bundesfinanzgericht den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 2/20/21/22 vom , mit dem der Antrag des im Jänner 1985 geborenen Beschwerdeführers A B C vom auf erhöhte Familienbeihilfe für sich selbst ab Juni 2018 abgewiesen wurde und die Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 278 Abs. 1 BAO auf und verwies die Sache wird an das Finanzamt zurück. Zum Verfahrensgang bis zu diesem Beschluss wird auf die Ausführungen im verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht traf damals folgende Sachverhaltsfeststellungen:

Sachverhalt

Der Bf A B C wurde im Jänner 1985 geboren. Nach der Volkschule besuchte er drei Jahre lang ein Gymnasium, dann ein Jahr lang die Hauptschule. Ein Besuch der Handelsakademie war nicht erfolgreich. Im September 2001 begann der Bf eine Lehre bei G. Mit dem Konkurs des Arbeitgebers wurde im Juni 2003 die Lehre abgebrochen. Eine weitere Lehre oder eine andere Ausbildung wurde nicht begonnen. In den Jahren 2004 und 2005 gab es verschiedene Arbeitsversuche mittels Praktika, die aber alle nach kürzester Zeit abgebrochen wurden. Im November 2006 wurde die Untauglichkeit zum Wehrdienst festgestellt. Von 2006 bis 2016 bezog der Bf Leistungen vom AMS, seit 2016 ist der Bf in Invaliditätspension.

Der Bf leidet am Asperger Syndrom. Diagnostiziert wurde auch ein Zustand nach Polytoxikomanie, rezidive depressive Episoden sowie Hepatitis C.

Das Sozialministeriumservice hat bescheinigt, dass der Bf wegen des Asperger Syndroms einen Grad der Behinderung (GdB) von 50% aufweist. Er ist im Alltag ernsthaft beeinträchtigt. Laut diesen Bescheinigungen ist der Bf voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Das Sozialministeriumservice hat bislang den Grad der Behinderung und die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit (EU) erst ab der ersten stationären Behandlung im AKH im Jahr 2013 bescheinigt.

Bisher nicht fest, ob der Bf bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahrs voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig wurde.

Zu Begründung der Zurückverweisung führte das Bundesfinanzgericht aus:

Rechtsgrundlagen

§ 115 BAO lautet:

§ 115. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.

§§ 166 f BAO lauten:

§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

§ 167. (1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind gemäß § 177 Abs. 1 BAO die für Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellten Sachverständigen beizuziehen.

§ 183 BAO lautet:

§ 183. (1) Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.

(2) Die Abgabenbehörde kann die Beweisaufnahme auch im Wege der Amtshilfe durch andere Abgabenbehörden vornehmen lassen.

(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

(4) Den Parteien ist vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.

§ 270 BAO lautet:

§ 270. Auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangen, ist von der Abgabenbehörde Bedacht zu nehmen, auch wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt wird. Dies gilt sinngemäß für dem Verwaltungsgericht durch eine Partei oder sonst zur Kenntnis gelangte Umstände.

§ 278 BAO lautet:

§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 6 FLAG 1967 lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 90/2007 (anzuwenden vor , bzw. , § 55 Abs. 17 FLAG 1967):

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a) das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b) das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluß der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten, oder

c) das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden, oder

e) das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und

aa) weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten und

bb) bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice als Arbeitsuchende vorgemerkt sind und weder einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, haben noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten; das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice nachzuweisen; dabei bleiben ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) sowie Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und Beihilfen durch das Arbeitsmarktservice im Sinne dieses Absatzes in einem Kalendermonat bis zur Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG außer Betracht,

f) In dem Monat, in dem sie das 26. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h) sich in dem Monat, in dem sie das 26. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 26. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 26. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer.

(3) Für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem sie ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) bezogen hat, das den Betrag von 9 000 € übersteigt, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs. 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht; hiebei bleibt das zu versteuernde Einkommen für Zeiträume nach § 2 Abs. 1 lit. d unberücksichtigt,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

§ 6 FLAG 1967 lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 111/2010 (anzuwenden ab , bzw. , § 55 Abs. 17 FLAG 1967):

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder

c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden, oder

e) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

f) In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h) sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

i) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

j) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer.

(3) Für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem sie ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) bezogen hat, das den Betrag von 10.000 € übersteigt, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs. 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

Mit dem FreiwilligengesetzBGBl. I Nr. 17/2012 wurde in § 6 Abs. 2 FLAG 1967 (für den Beschwerdefall nicht von Bedeutung) am Ende der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende lit. k angefügt:

"k) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013."

Das ARÄG 2013 BGBl. I Nr. 138/2013 änderte § 6 Abs. 3 FLAG 1967 wie folgt:

"(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse."

§ 6 Abs. 3 FLAG 1967 i. d. F. ARÄG 2013 ist mit in Kraft getreten und erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr 2013 anzuwenden (§ 55 Abs. 24 FLAG 1967).

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2016 BGBl. I Nr. 144/2015, ausgegeben am , wurde (für den gegenständlichen Beschwerdefall nicht von Bedeutung) am Ende von § 6 Abs. 2 lit. f FLAG 1967 der Beistrich durch einen Punkt ersetzt und folgende Wortfolge angefügt:

"Diese Regelung findet in Bezug auf jene Vollwaisen keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. k gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,"

Die Novelle BGBl. I Nr. 156/2017 fügte (für den Beschwerdefall nicht von Bedeutung) an das Ende von § 6 Abs. 2 lit. b FLAG 1967 folgenden Wortlaut an (Inkrafttreten jeweils ):

"das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd für längstens drei Monate, oder"

und änderte § 6 Abs. 2 lit. c FLAG 1967 wie folgt (ebenfalls für den Beschwerdefall nicht von Bedeutung):

"das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder"

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 77/2018 wurde § 6 FLAG 1967 neuerlich geändert, und zwar rückwirkend ab (§ 55 Abs. 39 FLAG 1967). In dieser Fassung lautet § 6 FLAG 1967:

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd für längstens drei Monate, oder

c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder

(Anm.: lit. e aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

f) In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Vollwaisen keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. k gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h) sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

i) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

j) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

k) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.

(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

Die Materialien (IA 386/A NR 26. GP) begründen diese Änderung unter anderem so:

Eltern, deren Kinder nicht zu ihnen haushaltszugehörig sind (ohne tatsächlicher oder fiktiver Haushaltszugehörigkeit im Sinne des § 2 Abs. 5) und die ihren Kindern nicht überwiegend Unterhalt leisten, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht durch eine Sonderregelung die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich selbst die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe). Ein solcher Eigenanspruch ist nach der derzeitigen Rechtslage ausgeschlossen, wenn sich die Kinder auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass in Konstellationen, bei denen typischer Unterhalt der Kinder (überwiegend) durch die öffentliche Hand gedeckt ist, ein Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, wobei es nicht auf die Form der Unterbringung ankommt. Die in diesem Zusammenhang stehende Thematik, inwieweit ein Beitrag zu den Unterhaltskosten trotzdem einen Anspruch vermitteln kann, ist durch eine gesetzliche Präzisierung zu lösen.

Es soll nun sichergestellt werden, dass ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe auch dann gegeben ist, wenn das Kind selbst aufgrund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches (z.B. Pflegegeld) oder aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Deckung der Unterhaltskosten beiträgt. Gleiches soll gelten, sofern die Eltern zwar nicht überwiegend jedoch zumindest teilweise regelmäßig zum Unterhalt ihres Kindes beitragen.

Sofern der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine Bedarfsorientierten Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, ohne dass ein oben angesprochener Beitrag geleistet wird, soll kein Anspruch auf die Familienbeihilfe bestehen, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist.

Diese Regelungen sollen in Bezug auf alle Kinder gelten, grundsätzlich auch für Kinder, die erheblich behindert sind und demzufolge die erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sowie in Bezug auf Vollwaisen.

In Bezug auf erheblich behinderte Kinder, die nicht fähig sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, soll durch eine Sonderregelung der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe jedenfalls gegeben sein, wenn sie einen eigenständigen Haushalt führen. Eine eigenständige Haushaltsführung wird in der Regel dann vorliegen, wenn das Kind über eine Wohnung verfügt, in welcher es sich um die allgemeinen Dinge der Lebensführung - wenn auch mit punktueller Unterstützung - selbständig kümmert, keiner regelmäßigen Aufsicht unterliegt und seinen Tagesablauf selbst strukturieren kann. In diesem Fall soll die Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einem Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe nicht entgegenstehen.

Im Falle von Maßnahmen, die nach dem Strafvollzugsgesetz angeordnet werden, bei welchen es sich insbesondere um den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme handelt, soll ein Eigenanspruch der betroffenen Personen ausgeschlossen werden.

Gemäß den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes besteht eine Verpflichtung der öffentlichen Hand für den Unterhalt dieser betroffenen Personen umfassend zu sorgen. Jene Unterhaltsbedürfnisse, die im Zuge des Vollzuges einer Freiheitsstrafe bzw. des Vollzuges einer vorbeugenden Maßnahme, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, typischerweise anfallen, werden von der öffentlichen Hand ausreichend gedeckt.

§ 8 FLAG 1967 lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 111/2010 (anzuwenden ab , § 55 Abs. 17 lit. i FLAG 1967):

§ 8. (1) Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

(2) Ab beträgt die Familienbeihilfe für jedes Kind monatlich 105,4 €; sie erhöht sich für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem dieses das 3. Lebensjahr vollendet, um monatlich 7,3 €; sie erhöht sich weiters für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem dieses das 10. Lebensjahr vollendet, um monatlich 18,2 €; sie erhöht sich weiters ab Beginn des Kalendermonats, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet, um monatlich 21,8 €. Diese Beträge gelten für eine Vollwaise (§ 6) entsprechend.

(3) Ab erhöht sich der monatliche Gesamtbetrag an Familienbeihilfe

a) für zwei Kinder um 12,8 €,

b) für drei Kinder um 47,8 €,

c) für vier Kinder um 97,8 €, und

d) für jedes weitere Kind um 50 €.

(4) Ab erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist, monatlich um 138,3 €.

(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

(7) Die Abs. 4 bis 6 gelten sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

(8) Für jedes Kind, das in einem Kalenderjahr das 6. Lebensjahr bereits vollendet hat oder vollendet und das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erhöht sich die Familienbeihilfe für den September dieses Kalenderjahres um 100 €.

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 60/2013 wurde § 8 Abs. 3 FLAG 1967, anzuwenden ab , geändert:

"(3) Ab erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, wenn sie

a) für zwei Kinder gewährt wird, um 6,4 € für jedes Kind,

b) für drei Kinder gewährt wird, um 15,94 € für jedes Kind,

c) für vier Kinder gewährt wird, um 24,45 € für jedes Kind,

d) für fünf Kinder gewährt wird, um 29,56 € für jedes Kind,

e) für sechs Kinder gewährt wird, um 32,97 € für jedes Kind,

f) für sieben Kinder gewährt wird, um 35,4 € für jedes Kind,

g) für acht Kinder gewährt wird, um 37,23 € für jedes Kind,

h) für neun Kinder gewährt wird, um 38,65 € für jedes Kind,

i) für zehn Kinder gewährt wird, um 39,78 € für jedes Kind,

j) für elf Kinder gewährt wird, um 40,71 € für jedes Kind,

k) für zwölf Kinder gewährt wird, um 41,49 € für jedes Kind,

l) für dreizehn Kinder gewährt wird, um 42,14 € für jedes Kind,

m) für vierzehn Kinder gewährt wird, um 42,7 € für jedes Kind,

n) für fünfzehn Kinder gewährt wird, um 43,19 € für jedes Kind und

o) für sechzehn und mehr Kinder gewährt wird, um 50 € für jedes Kind."

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 35/2014 erhielt § 8 Abs. 2 bis 4 FLAG 1967 folgende Fassung (zum Inkrafttreten siehe § 55 Abs. 27 lit. d ff. FLAG 1967):

"(2) Die Familienbeihilfe beträgt monatlich

1. ab

a) 109,7 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,

b) 117,3 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,

c) 136,2 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,

d) 158,9 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet;

2. ab

a) 111,8 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,

b) 119,6 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,

c) 138,8 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,

d) 162 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet;

3. ab

a) 114 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,

b) 121,9 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,

c) 141,5 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,

d) 165,1 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet."

"(3) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind

1. ab , wenn sie

a) für zwei Kinder gewährt wird, um 6,7 €,

b) für drei Kinder gewährt wird, um 16,6 €,

c) für vier Kinder gewährt wird, um 25,5 €,

d) für fünf Kinder gewährt wird, um 30,8 €,

e) für sechs Kinder gewährt wird, um 34,3 €,

f) für sieben und mehr Kinder gewährt wird, um 50 €;

2. ab , wenn sie

a) für zwei Kinder gewährt wird, um 6,9 €,

b) für drei Kinder gewährt wird, um 17 €,

c) für vier Kinder gewährt wird, um 26 €,

d) für fünf Kinder gewährt wird, um 31,4 €,

e) für sechs Kinder gewährt wird, um 35 €,

f) für sieben und mehr Kinder gewährt wird, um 51 €;

3. ab , wenn sie

a) für zwei Kinder gewährt wird, um 7,1 €,

b) für drei Kinder gewährt wird, um 17,4 €,

c) für vier Kinder gewährt wird, um 26,5 €,

d) für fünf Kinder gewährt wird, um 32 €,

e) für sechs Kinder gewährt wird, um 35,7 €,

f) für sieben und mehr Kinder gewährt wird, um 52 €."

"(4) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist,

1. ab um 150 €;

2. ab um 152,9 €;

3. ab um 155,9 €."

§§ 10, 11, 12, 13 FLAG 1967 lauten:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Die in § 8 Abs. 5 FLAG 1967 genannte Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), BGBl. II Nr. 261/2010, lautet in der Fassung BGBl. II Nr. 251/2012:

Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Inkrafttreten

Die Verordnung tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

In der Anlage zur Verordnung werden die Rahmensätze für die einzelnen Erkrankungen verbindlich angegeben.

Erhöhungsbetrag setzt Anspruch auf den Grundbetrag voraus

Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht nur, wenn auch Anspruch auf den Grundbetrag besteht ( RV/7102479/2013).

Wird die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung beantragt, handelt es sich um ein einziges Anbringen (§ 85 BAO), auch wenn für die Gewährung des Erhöhungsbetrages ein eigenes weiteres Formular (Beih 3) zusätzlich zum Formular Beih 1 und für die Feststellung der erheblichen Behinderung ein eigenes weiteres Verfahren im Rahmen des Familienbeihilfenverfahrens vorgesehen ist. Im Fall einer bescheidmäßigen Erledigung (§ 13 FLAG 1967) ist daher über das gesamte Anbringen zu entscheiden, also im Fall einer entsprechenden Antragstellung sowohl über den Grundbetrag nach § 8 Abs. 2 FLAG 1967 auch über allfällige Erhöhungsbeträge nach § 8 Abs. 3 FLAG 1967 bzw. nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 ( RV/7104516/2014).

Es ist aber auch zulässig, zunächst die Familienbeihilfe (Grundbetrag) zu beantragen (Beih 1) und erst später, beispielsweise weil Beweismittel noch nicht vorliegen oder erst nachträglich das Vorliegen einer erheblichen Behinderung erkannt wurde, den Erhöhungsbetrag (Beih 3) zu beantragen.

§ 13 FLAG 1967 Satz 2 ist in Verbindung mit §§ 11, 12 FLAG 1967 grundsätzlich so zu verstehen, dass der Bescheidspruch im Familienbeihilfeverfahren bei erstmaliger Erlassung eines Bescheides nur auf (gänzliche oder teilweise) Abweisung eines Beihilfenantrags bezogen auf einen bestimmten Zeitraum lauten kann, während die (gänzliche oder teilweise) Stattgabe eines Beihilfenantrags bezogen auf einen bestimmten Zeitraum grundsätzlich im Wege der Auszahlung nach § 11 FLAG 1967, verbunden mit einer Mitteilung nach § 12 FLAG 1967, zu erfolgen hat. Ist für einen Kalendermonat ein Antrag nicht zur Gänze abzuweisen oder einem Antrag nicht zur Gänze Folge zu geben, sondern einem Antrag nur teilweise Folge zu geben, ist insoweit, als dem Antrag nicht Folge gegeben wird, ein Abweisungsbescheid zu erlassen, ansonsten mit Auszahlung vorzugehen ( RV/7100657/2015).

Erhöhte Familienbeihilfe

Besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) gemäß § 2 Abs. 1 lit. a, b, d, e, g, i, j, k oder l FLAG 1967 oder gemäß § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 lit. a, b, c, f, h, i, j oder k FLAG 1967, steht gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 dem Bezieher der Familienbeihilfe ein Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe zu, wenn das Kind erheblich behindert ist. In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) aus anderen Gründen als zufolge einer Behinderung des Kindes, in der Regel wegen Minderjährigkeit oder wegen einer Berufsausbildung.

Anspruchsvoraussetzung für Familienbeihilfe (Grundbetrag und Erhöhungsbetrag) ist gemäß § 2 Abs. 1 lit. c oder h FLAG 1967 oder gemäß § 6 Abs. 2 lit. d oder g FLAG 1967 entweder eine behinderungsbedingte voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit (§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967) oder eine erhebliche Behinderung (§ 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. g FLAG 1967).

Grundbetrag nur, wenn voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig

Der Bf hat im Jänner 2006 das 21. Lebensjahr vollendet. Dem Bf steht nur dann der Grundbetrag an Familienbeihilfe zu, wenn die Voraussetzungen des §6 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 i.V.m. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 vorliegen:

Voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 und § 6 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, und zwar auf erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967, für Kinder, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Selbsterhaltungsfähigkeit ist gegeben, wenn das Kind sämtliche Unterhaltsbedürfnisse im Rahmen der bestimmten konkreten Lebensverhältnisse aus eigenen Kräften zu finanzieren imstande ist, und zwar auch außerhalb des elterlichen Haushalts. Selbsterhaltungsfähig ist ein Kind nur dann, wenn es auf sich allein gestellt mit seinen Einkünften alle Lebensbedürfnisse, also auch den (allenfalls fiktiven) Geldaufwand zur Erlangung notwendiger Pflege- und Erziehungsleistungen, decken könnte (vgl. 4 Ob 156/19y).

"Sich selbst den Unterhalt zu verschaffen" bedeutet, dass das Kind grundsätzlich auf dem "Ersten Arbeitsmarkt", also dem regulären Arbeitsmarkt, vermittelbar ist und so imstande ist, sich selbst ohne Zuwendungen anderer und ohne staatliche Zuschüsse zu erhalten (vgl. RV/7101860/2018).

Die alleinige Beschäftigungsmöglichkeit in einer "geschützten Behindertenwerkstätte" führt nicht zu einer Selbsterhaltungsfähigkeit, da sich in diesem Fall das Kind den Unterhalt nicht selbst verschafft, sondern durch staatlich oder karitativ finanzierte Einrichtungen alimentiert wird. Würde eine Person etwa nur bei Vorliegen von im Wesentlichen karitativen Motiven eines Arbeitsgebers oder zu therapeutischen Zwecken beschäftigt werden, ohne dass der Arbeitgeber realistischerweise eine Arbeitsleistung erwarten könnte und würde der Beschäftigte dabei lediglich eine Art Taschengeld erhalten, reicht dies noch nicht aus, um von der Selbsterhaltungsfähigkeit dieser Person auszugehen (vgl. 94/14/0125; 2009/16/0325).

Der Nachweis der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit ist gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 (ausschließlich) durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu führen (vgl. RV/7102677/2017).

Auch eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit auf Grund einer psychischen Erkrankung vermittelt einen Familienbeihilfeanspruch (vgl. RV/7101641/2016; RV/7102140/2016; Ro 2017/16/0009).

Besteht keine vor dem 21. (bei Berufsausbildung: 25.) Lebensjahr eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, steht weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, steht sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 19).

Erkrankung mit variierendem Verlauf

Eine Behinderung im Sinn des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einen Grad von mindestens 50 v. H. bzw. eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt, sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert.

Aber erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche (bei i. W. unter 21jährigen) einen Grad von mindestens 50 v.H. aufweist bzw. (bei i. W. über 21jährigen) eine damit verbundene voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, ist der Tatbestand des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt (vgl. RV/7104275/2017).

Es kommt also weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. erreicht bzw. die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit nach sich zieht (vgl. RV/7106028/2016; Ra 2017/16/0023; 2013/16/0170; Ra 2014/16/0010).

Nachweisführung

§ 8 Abs. 6 FLAG 1967 bestimmt zur Lösung der Frage, ob das Kind behindert oder voraussichtlich dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, die Nachweisführung ausschließlich durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (früher: Bundessozialamt, jetzt: Sozialministeriumservice).

Diese Bescheinigung hat gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu erfolgen.

Dem um die Erstattung des Gutachtens ersuchten Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen kommt die Befugnis zur Entscheidung (Zuerkennung oder Abweisung) über den Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe nicht zu (vgl. 94/14/0013). Das von ihm zu erstattende Gutachten hat den Befund und die daraus abgeleiteten fachlichen Schlüsse (Gutachten im engeren Sinn) in nachvollziehbarer Weise darzustellen (vgl. etwa VwGH, 96/14/0043).

Die Beweisregelung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 geht als Spezialnorm den allgemeinen Bestimmungen des § 166 BAO betreffend Beweismittel und des § 177 BAO betreffend den Sachverständigenbeweis vor (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 12 m w.N.), schließt deren ergänzende Anwendung aber nicht aus (vgl. RV/7101860/2018).

Bei der Antwort auf die Frage, ob das Kind erheblich behindert war bzw. ist oder dauernd außerstande war bzw. ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten grundsätzlich gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und nicht einander widersprechend sind (vgl. 2011/16/0063; 2010/16/0068, und die bei Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung). Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung grundsätzlich von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen (vgl. 2010/16/0068).

Es besteht nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zu § 8 Abs. 6 FLAG 1967 jedoch keine unbedingte Bindung an die Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Entscheidung darüber, ob ein Gutachten im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 unschlüssig oder ergänzungsbedürftig ist, in jedem Fall der Beihilfenbehörde. Eine Gutachtensergänzung oder ein neues Gutachten stellen Beweismittel dar.

Das Verwaltungsgericht ist nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall seiner Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen (vgl. RV/7101860/2018).

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 700/07, kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden.

In ständiger Rechtsprechung wird diese Ansicht vom Verwaltungsgerichtshof vertreten (vgl. 2010/16/0068; 2009/16/0325; 2013/16/0013; Ro 2017/16/0009).

Inhaltliche Anforderungen an Gutachten des Sozialministeriumservice

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Ra 2015/10/0076, m.w N.) muss ein Sachverständigengutachten, das von einer Behörde - oder einem Verwaltungsgericht (vgl. Ra 2015/03/0058, m.w.N.) - der jeweiligen Entscheidung zu Grunde gelegt wird, einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn enthalten sowie ausreichend begründet sein (vgl. Ra 2017/09/0015).

Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten (im engeren Sinn) aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Während somit der Befund die vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen enthält, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (vgl. Ra 2016/05/0026, m.w.N.).

Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhalts durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen (vgl. für viele 2013/16/0013).

Die Behörde hat - im Rahmen ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes (§ 115 BAO) - ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinander zu setzen und es entsprechend zu würdigen (vgl. etwa Ra 2017/09/0015 oder Ra 2016/04/0057, m.w.N).

Auch die Gutachten der Ärzte des Sozialministeriumservice haben den an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Sie dürfen sich daher insbesondere nicht widersprechen oder in bloßen Behauptungen erschöpfen (vgl. etwa VwGH, 96/14/0043).

Es ist nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens verpflichtet sind, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen (vgl. etwa 2010/16/0068, m.w.N.). Dies setzt voraus, dass sich Behörde vor Erlassung ihre Entscheidung Kenntnis vom gesamten Inhalt des jeweiligen Gutachtens verschafft.

Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. Ra 2016/04/0057, m.w.N.). Die Behörde hat sich dann mit dem Inhalt dieses Gegengutachtens auseinanderzusetzen (vgl. 95/09/0062).

Kenntnis des vollständigen Gutachtens

Da die Behörde verpflichtet ist, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für entsprechende Ergänzung zu sorgen, ist es unerlässlich, dass die Behörde vor Erlassung eines Bescheides Kenntnis von einem derartigen Gutachten hat.

Auch wenn das Finanzamt (zunächst) keine Kenntnis des vollständigen Gutachtenstextes hat, hat es vor Erlassung eines Bescheides zwingend gemäß § 183 Abs. 4 BAO das Parteiengehör zu wahren. Das bedeutet in Bezug auf Bescheinigungen des Sozialministeriumservice, dass es nicht ausreichend ist, wenn erst in der Bescheidbegründung auf diese Bescheinigung Bezug genommen wird, sondern dem Antragsteller ist nach Kenntniserlangung der "Metadaten" der Bescheinigung durch das Finanzamt im Wege des EDV-Verfahrens förmlich ("Vorhalt") Gelegenheit zu gehen, sich zu dieser Beweisaufnahme zu äußern (vgl. RV/7103019/2015; RV/7101641/2016 u.v.a.).

Wenn der Antragsteller an der Schlüssigkeit des Gutachtens zweifelt, wird das Finanzamt den vollständigen Text des Gutachtens, durch Anforderung beim Sozialministeriumservice, oder auch durch Anforderung beim Antragsteller beizuschaffen und dann das Gutachten auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu prüfen haben. Das Ergebnis dieser Prüfung muss sich in der Begründung des Bescheides (§ 93 Abs. 3 lit. a BAO) niederschlagen (vgl. RV/7103019/2015; RV/7101641/2016). Wenn dem Finanzamt das vollständige Gutachten nicht bekannt ist, hat es dieses daher vor Bescheiderlassung beizuschaffen (vgl. etwa RV/7105545/2014; RV/7103019/2015; RV/7101641/2016; RV/7101860/2018).

Auch wenn das Finanzamt wegen Umstellung des IT-Verfahrens vor einigen Jahren keinen unmittelbaren Zugang zu den Gutachten des Sozialministeriumservice mehr hat, besteht die Verpflichtung, dieses vor Erlassung eines Abweisungsbescheids anzufordern und selbst zu beurteilen (vgl. RV/7101860/2018).

Entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichts erfolgt in der Verwaltungspraxis keine Prüfung von Gutachten des durch die Finanzämter. Dies ist rechtswidrig (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 30 m.w.N.).

Unvollständigkeit der Gutachten des Sozialministeriumservice

Beide aktenkundigen Gutachten des Sozialministeriumservice gehen davon aus, dass der Bf am Asperger Syndrom leidet und deswegen voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Wie oben ausgeführt, können sich verschiedene Leiden im Lauf der Zeit verschlechtern, sodass am Beginn eines bestimmten Leidens häufig nicht festgestellt werden kann, ob und wann dieses einen Schweregrad erreichen wird, der dazu führt, dass der Patient nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten.

Der Bf führt in seinem Vorlageantrag und in seiner Gegenäußerung zum Vorlagebericht aus, dass es sich beim Asperger Syndrom um eine Form von Autismus handle, diese Erkrankung im Kindesalter beginne, chronisch und nicht episodisch verlaufe und die Erkrankung seit der Kindheit mit ihren Ausprägungen und Einschränkungen weitgehend unverändert bestehe. Bislang wurde dazu vom Finanzamt keine ärztliche Stellungnahme des Sozialministeriumservice eingeholt.

Nach dem Lehrabbruch sei es dem Bf nicht möglich gewesen, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Außerdem sei der Bf für wehrdienstuntauglich befunden worden. Schließlich habe die Bezirksverwaltungsbehörde bereits im Jahr 2006 festgestellt, dass sich der Bf den notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichend beschaffen kann.

Es werden vom Bf Gründe aufgezeigt, die einer neuerlichen fachärztlichen Würdigung zu unterziehen sind. Wenn die Erkrankung des Bf seit der Kindheit besteht, seither im Wesentlichen unverändert ist und der Bf auf Grund dieser Erkrankung bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahrs nicht in der Lage war, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, ist es nicht schlüssig, betreffend des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit auf den ersten Krankenhausaufenthalt abzustellen.

Der Bf bringt vor, dass seine Erkrankung lange Zeit weder von ihm selbst noch von seinen Eltern erkannt worden und es daher vorerst zu keiner dokumentierten ärztlichen Behandlung gekommen sei. Daher ist aus dem Fehlen ärztlicher Befunde nicht zu schließen, dass der Bf nach seinem Schulabbruch und danach seinem Lehrabbruch erwerbsfähig gewesen ist. Der Umstand, dass der Bf für die Ableistung des Wehrdienstes untauglich war, sagt allein über eine mögliche dauernde Erwerbsunfähigkeit nichts aus. (vgl. RV/7102586/2017; RV/7100758/2020), Von Bedeutung ist aber, aus welchem Grund der Bf für untauglich befunden wurde.

Es wäre daher durch den Bf das der Bescheinigung der Stellungskommission zugrunde liegende ärztliche Gutachten beizuschaffen und dieses der Behörde (bevor diese eine neuerliche ärztliche Stellungnahme einholt) vorzulegen. Dieses Gutachten ist vom Bundesheer erhältlich (siehe etwa RV/7100758/2020).

Beizuschaffen wäre auch das der Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension zugrunde liegende Gutachten. Aus dem Arztbrief vom geht hervor, dass der Bf schon zuvor vorläufig eine Invaliditätspension bezogen hat. Somit wäre auch das dieser vorläufigen Zuerkennung zugrundliegende Gutachten vom Bf, ebenfalls vor Einholung einer neuerlichen ärztlichen Stellungnahme, vorzulegen.

Wenn das zweite Gutachten des Sozialministeriumservice schreibt: "Der Betroffene gibt in der Beschwerde an, dass die Diagnose Asperger-Syndrom von der frühen Kindheit an besteht, doch eine Diagnose allein sagt noch nichts über das Ausmaß der Beeinträchtigung aus", setzt sich das Gutachten bereits mit dem ursprünglichen Vorbringen des Bf nicht hinreichend auseinander, jedenfalls aber nicht (da dem Gutachter nicht bekannt gewesen) mit dem Vorbringen ab dem Vorlageantrag.

Der Bf bringt vor, dass das Asperger-Syndrom eine tiefgreifende Entwicklungsstörung ist, die im Wesentlichen konstant bleibt und im Fall des Bf zu einer auch vom Sozialministeriumservice festgestellten voraussichtlichen dauernden Erwerbsunfähigkeit geführt hat. Damit kann der Zeitpunkt des Eintritts dieses Umstands nicht allein anhand der erstmaligen Diagnose festgestellt werden, sondern ist das Gesamtbild der Verhältnisse zu berücksichtigen.

Aus dem Arztbrief des Allgemeinen Krankenhauses vom geht hervor, dass es beim Bf im Alter von 18 Jahren im Rahmen multipler psychosozialer Belastungen zu einem Abgleiten in die Polytoxikomanie gekommen sei, das mehrere Jahre angedauert und auch zur Hepatitis C geführt habe. Im Alter von 18 Jahren hat der Bf seine Lehrstelle verloren. Danach kam es zu einzelnen kurzen Arbeitsversuchen in Form von Praktika, zuletzt im Jahr 2005.

Das Sozialministeriumservice hat in einem anderen Verfahren bei erfolgreichem Lehrabschluss, aber fehlender stabiler Etablierung am Arbeitsmarkt bei Polytoxikomanie mit wiederholtem Rückfall, eine behinderungsbedingte Erwerbsunfähigkeit bereits vor vollendetem 21. Lebensjahr festgestellt (vgl. RV/7101626/2020).

Im vorliegenden Fall liegt keine abgeschlossene Berufsausbildung vor. Offenbar wurde vom Bf ein Beruf tatsächlich nie ausgeübt (bisher wurde kein Sozialversicherungsdatenauszug eingeholt). Zusätzlich zu seinem Drogenkonsum besteht im hier gegebenen Fall nachweislich ein diagnostiziertes Asperger Syndrom.

Das Sozialministeriumservice hätte im fortgesetzten Verfahren entsprechend ausführlich zu begründen, warum es auf Grund dieser Anamnese nicht von einem Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres ausgeht. Der alleinige Verweis auf fehlende ärztliche Befunde aus dieser Zeit reicht für eine derartige Feststellung im gegenständlichen Fall nicht aus.

Ermittlungsverfahren nach der Zurückverweisung

Ergänzungsersuchen vom

Das Finanzamt richtete an den Bf folgendesErgänzungsersuchen vom :

Aufgrund des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes zu RV/7106317/2019 vom , wurde der abweisende Erstbescheid vom sowie die Beschwerdevorentscheidung vom aufgehoben und die Sache an das ho. Finanzamt zurückverwiesen.

Dies bedeutet, dass das Finanzamt nun wieder einen neuen Erstbescheid erlassen muss. Zuvor muss aber ein neues Gutachten beim Sozialministeriumsservice (=SMS) in Auftrag gegeben werden. Für die Gutachtenserstellung werden aber noch folgenden Beweismittel von Ihnen benötigt (siehe Seite 45 des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes zu RV/7106317/2019 vom ):

-Das der Bescheinigung der Stellungskommission zugrundeliegende ärztliche Gutachten.

-Das der Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension zugrundeliegende Gutachten.

-Das der vorläufigen Zuerkennung der Invaliditätspension zugrundeliegende Gutachten.

Zur Beschaffung und Vorlage dieser Dokumente wird Ihnen eine Frist bis zum eingeräumt. Sollte zur Beschaffung der verlangten Unterlagen mehr Zeit benötigt werden, kann eine Verlängerung dieser Frist mittels formlosen Schreibens beantragt werden.

Weiterer Verfahrensgang:

Sobald die verlangten Dokumente vorgelegt werden, wird von der ho. Behörde ein neues Gutachten beim SMS in Auftrag gegeben. Aufgrund dieses Gutachtens wird dann, je nach Inhalt des Gutachtens, ein neuerlicher abweisender Bescheid erlassen oder Ihnen die Familienbeihilfe gewährt.

Sozialversicherungsdaten

Das Finanzamt erhob am folgende Sozialversicherungsdaten betreffend den Bf:

Von bis Arbeiter
Von bis Arbeiterlehrling
Von mit Unterbrechungen bis : Arbeitslosengeldbezug, Notstandshilfe
Von bis : Arbeiter
Von bis : Arbeiter
Von mit Unterbrechungen bis : Arbeitslosengeldbezug, Notstandshilfe, Krankengeldbezug
bis : Angestellter
Von mit Unterbrechungen bis : Arbeitslosengeldbezug, Notstandshilfe, Krankengeldbezug
Von bis : Pensionsbezug wegen geminderter Arbeitsfähigkeit
Von mit Unterbrechungen bis : Arbeitslosengeldbezug, Notstandshilfe, Krankengeldbezug
Von bis : Pensionsvorschussbezug
Von bis laufend: Pensionsbezug geminderte Arbeitsfähigkeit.

Unterlagenvorlage vom

Am legte der Bf folgende Unterlagen vor:

Stellung

Das Ergebnis der Stellungsuntersuchung war ungeeignet, folgende Erkrankungen wurden diagnostiziert:

J30.1 0 6 Allergische Rhinopathie durch Pollen, Heufieber und Heuschnupfen, Pollenallergie o.n.A., Pollinose

J34.2 0 6 Nasenseptumdeviation, Verbiegung oder Subluxation des Nasenseptums (erworben) - bei Z.n. Nasenbeinfraktur

F32.1 0 0 Mittelgradige depressive Episode

F19.2 0 0 Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen \ Abhängigkeitssyndrom

Aus dem psychologischen Befund der Einzeluntersuchung:

...

Ohne Beruf

...

Schulbildung: VS(4) HAUPTS(1) GYM(3)

...

Der Pbd erzählt von langjährigen exzessiven THC-Konsum. Er erwähnt Substidol (intravenös), Halluzinogen und MDMA Missbrauch. In diesem Zshg berichtet er von einer massiven depressiven Verstimmung mit ausgeprägten autoagressiven Tendenzen seit 6 Mon.Der Pbd erwähnt demnächst eine Drogentherapie zu beginnen. Der DT ist auf THC positiv. Aufgrund der auf längere Sicht deutlich reduzierten Belastbarkeit des Pbd und der schlechten Prognose sollte von einer Verwendung im WD abgesehen werden.

...

Diagnosen

F32.1 0 Mittelgradige depressive Episode

F19.2 0 Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen \ Abhängigkeitssyndrom

Ärztliches Gutachten vom

Dr. ***1*** ***2***, Facharzt für Neurologie, erstellte am ein ärztliches Gutachten zum Antrag auf Gewährung einer Invaliditätspension für die Pensionsversicherungsanstalt, in dem er ausgeführt

...

Erlernter Beruf: Audio- und Videotechniker ohne LAP

...

der PW war in der Lehre bis zum Jahr 2003, dann ging die Fa. G in Konkurs ...

...

Der PW berichtet, dass er mit 10 Jahren im Gymnasium einen massiven Leistungsknick erfahren hat, er blieb zu Hause, interessierte sich nicht mehr für die Schule, saß nur vor dem Computer oder betrieb Sport (Handball). Er war sehr rebellisch und aggressiv zu Hause, es waren diese Jahre für seine Familie sehr schwierig. Mit 15 ist seine Mutter und seine Schwester dann umgezogen, er ist in der alten Wohnung geblieben, hat zwischenzeitlich versucht die HAK zu machen, das ist ihm nicht gelungen, weil er dort nicht oft aufgetaucht ist und schließlich entlassen wurde. Mit 16 Jahren hat er eine Lehre begonnen, diese hat er allerdings wie ein Zombie hinter sich gebracht, er konnte sich, nachdem er nach Hause gegangen war, nicht mehr erinnern was in der Lehre los war und hat alles vergessen was er gelernt hat. im Jahr 03 ist die Firma in Konkurs gegangen, was für ihn fast eine Erleichterung war. Er ist in eine andere Wohnung umgezogen, hat diese massiv verwahrlosen lassen, weil er dort mit seinen Freunden gefeiert hat. Danach folgten mehrer Umzüge, seine Freundin hat ihn verlassen und er hat mit 16 begonnen Drogen zu konsumieren. Zuerst hat er Gras geraucht, dann Extasy, Speed, Substitot i.v. für mehrere Monate, Pilze, LSD, Heroin, Kokain, wobei er sagt, er hat einfach mit 16 beschlossen sich selbst zu zerstören, weil er sonst keinen wirklichen Weg mehr gesehen hat. Im Jahr 06 hat er sich wieder gefangen, weil er eine Beziehung mit einer Frau aufgebaut hat, diese ist jedoch dann wieder in die Brüche gegangen. Er raucht seit 4 Jahren nur noch Gras und das seit zwei Wochen nicht mehr, da er eine Gerichtsverhandlung wegen Weitergabe hatte und gestern zu 3 1/2 Jahren auf Bewährung verurteilt wurde. Er ist ins Jugendhaus der Caritas gezogen und hat nun eine betreute Wohnung bekommen. Seit 05/09 hat er beschlossen einen neuen Weg zu gehen und sein Leben neu anzugreifen. Seine Hauptprobleme sind Angst, z.B. vor der Gerichtsverhandlung oder vorm heutigen Termin und Panikattacken. In der Straßenbahn hält er nicht aus wenn sich jemand neben ihn setzt, da muss er sofort aufstehen, menschliche Nähe ist für ihn ein großer Stressfaktor, manchmal geht es ihm so schlecht, dass er sich selbst verletzen muss - er zeigt mir Schnittwunden am linken Unterarm - dann fängt er sich wieder.

...

Der PW kommt alleine deutlich zu spät in meine Ordination, da er zuerst beim Rechtsanwalt, eine Stiege tiefer unten vorstellig war, er trägt überdurchschnittlich gebrauchte Kleidung und wirkt etwas ungepflegt, ist sehr devot und zuvorkommend, sehr unsicher im Umgang

...

psychicus:

Pat. klar, wach, orientiert, Duktus nachvollziehbar, das Ziel erreichend, keine prod. Symptomatik oder wahnhafte Verarbeitung, lediglich berichten von Flashback-Erlebnissen vermutlich nach LSD-Konsum, diese Jedoch nur sehr kurzzeitig dauernd, von der Stimmung unsicher, depressiv-ängstlich unterlegt. Schnittverletzungen linker Unterarm in Folge von Selbstverletzungen, Befindlichkeit neg. getönt, beids. nur eingeschränkt affizierbar.

...

Von psychiatrischer Seite wirkt der PW unsicher mit vorauseilendem Gehorsam, ängstlich unterlegt und leichtgradig depressiv. Die Affizierbarkeit ist beids. eingeschränkt, es werden Selbstverletzungen berichtet und die Narben vorgezeigt. Der PW ist aufgrund seiner milden depressiven Stimmungslage und seiner Angstsymptomatik vor dem Hintergrund einer vermutlich emotional instabilden Persönlichkeitsstörung derzeit nicht ausreichend belastbar um am allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt zu werden, eine Besserung ist durchaus möglich.

...

Ist eine Besserung des Gesundheitszustandes möglich? Ja.

ln welchem Zeitraum ? In Monaten.

Begründung: 12 bis 24 Monate

...

Ärztliches Gutachten vom

Dr. ***17***, Facharzt für Neurologie, erstellte am ein ärztliches Gutachten zum Antrag auf Gewährung einer Invaliditätspension für die Pensionsversicherungsanstalt, in dem er unter ausgeführt:

...

Erlernter Beruf: keiner

...

In den letzten 15 Jahren überwiegend ausgeübter Beruf:

Audio- und Videotechnikerlehrling vor 13 Jahren

...

2. Derzeitige Beschwerden:

Der PW kommt zur Begutachtung in Begleitung von Fr. Mag. N, welche auch in der Begutachtungssituation anwesend ist. Sie ist Bezugsperson von ***3***.

Der PW zeigt sich in der Begutachtungssituation nervös. Er gibt an immer einen erhöhten Spannungszustand zu haben. Entweder schlafe er sehr viel oder sehr wenig, derzeit schlafe er sehr wenig. Bezüglich der Tagesstruktur befragt gibt der der PW an, dass er eine Computersoftware habe um Musik zu machen. Es bestehe ein sozialer Rückzug. Suizidgedanken seien derzeit abgeklungen, diese würden jedoch periodisch auftreten. Drogen konsumiere er keine mehr. Früher habe er alles konsumiert. Zur Spannungslösung komme es zu rezidivierenden Selbstverletzungen durch Schneiden am linken Arm. Der PW berichtet, dass er eine Woche im Jahr habe, wo er viel Alkohol trinke, ansonsten sei er Alkohol abstinent. Jetzt sei dies bereits ein Jahr nicht mehr vorgekommen. Auch würde das Gewicht sehr stark schwanken, letztes Jahr hätte der PW 120 Kilogramm gehabt; derzeit 75 Kilogramm. Eine bewusste Diät würde der PW nicht ausüben. Er esse blockartig nur gewisse Dinge, beispielsweise einige Zeit nur Tomatensuppe oder dann nur Humus.

3. Derzeitige Therapie:

aktuell werde keine Medikation eingenommen, der PW habe bereits diverse Psychotherapien in Anspruch genommen und auch diverse Medikamente eingenommen, diese hätten jedoch sein Zustandsbild nur verschlimmert,

...

Psychisch: Bewusstseinsklar, allseits orientiert, der Antrieb vermindert, die Stimmung deutlich ängstlich, psychovegetativ angespannt, kaum affizierbar, die Sprache leise, der Ductus stockend Konzentration und Aufmerksamkeit lediglich aufgrund von Nervosität reduziert, Mnestik unbeeinträchtigt, kein Hinweis für Trugwahrnehmungen, Neigung zu Selbstverletzungen zur Spannungslösung, die Persönlichkeitsstruktur schizoid ängstlich vermeidend, selbstunsicher und anakastisch (zwanghaft) rezidivierende Suizidgedanken (derzeit abgeklungen).

...

8. Diagnosen in deutscher Sprache:

(Maßgeblich für die Minderung der Erwerbsfähigkeit)

a) Hauptdiagnose:

ICD-10: F84.5

Asperger-Syndrom

b) Nebendiagnosen:

ICD-10: F61.0

DD: Schwergradige kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, ängstlich vermeidenden, selbstunsicheren und anankastischen (zwanghaften) Anteilen

ICD-10: F19.20

c) Weitere Diagnosen:

Hepatitis C

9. Ärztliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit:

Der PW bietet die Symptomatik eines Asperger-Syndroms. Es besteht ein erhebliches Defizit in der sozialen lnteraktion, insbesondere im emotionalen Austausch. Differentialdiagnostisch ist eine schwergradig kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, ängstlich vermeidenden, selbstunsicheren und anankastischen (zwanghaften) Anteilen zu denken. Die Auswirkung im Sozialverhalten ist jedoch die gleiche. Er zeigte sich hochgradig psychovegetativ angespannt und ängstlich, Rezidivierende Suizidgedanken sind derzeit abgeklungen. Auch besteht ein Z. n. Polytoxikomanie. Der PW ist bereits seit langem diesbezüglich abstinent.

Aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht reicht die psychische Belastbarkeit für keinerlei geregelte Tätigkeiten am freien Arbeitsmarkt aus. Auch würde es insbesondere an der Einordenbarkeit mangeln. Er wohnt betreut durch ***3***. Zuletzt hat der PW vor 13 Jahren im Rahmen einer Lehre gearbeitet.

Aufgrund des Schweregrades der Störung und der Chronifizierung empfehle ich die dauerhafte Gewährung der Invaliditätspension.

...

Ist eine Besserung des Gesundheitszustandes möglich? Nein.

...

Geregelte Tätigkeiten sind nicht zumutbar.

...

Gutachtensanforderung vom

Das Finanzamt ersuchte am das Sozialministeriumservice um Erstellung eines neuen Gutachtens und gab dazu an:

... mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts (=BFG) vom zu RV/7106317/2019 wurde das derzeitig gültige Gutachten des SMS zu Herrn C (SV. Nr.: X) für unvollständig befunden (siehe zur Begründung den beiliegenden Beschluss ab Seite 44).

Der Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung wurden vom BFG aufgehoben und die Sache an das Finanzamt zurückverwiesen. Das Finanzamt hat nun einen neuen Bescheid auf Grundlage eines neuen Gutachtens zu erlassen (Sieh Anordnungen an das Finanzamt durch das BFG im beiliegenden Beschluss ab Seite 48). Dementsprechend wird um Erstellung eines neuen Sachverständigengutachtens betreffend Herrn C A (SV.Nr.: X) gebeten.

Anbei finden Sie, wie vom Bundesfinanzgericht angeordnet:

• Eine Kopie des Beschlusses vom zu RV/7106317/2019

• Die von Herrn C beigeschafften Beweismittel:

o Das der Bescheinigung der Stellungskommission zugrundeliegende ärztliche Gutachten

o Das der Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension zugrundeliegende Gutachten

o Das der vorläufigen Zuerkennung der Invaliditätspension zugrundeliegende Gutachten

• Einen Sozialversicherungsauszug von Herrn C ab

Abweisungsbescheid vom

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe neuerlich ab August 2018 mit folgender Begründung ab:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Laut amtsärztlichen Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom , und wurde Ihr Unvermögen sich den Unterhalt selbst zu verschaffen ab dem Monat September 2013, also nach Vollendung Ihres 21.Lebensjahres Demzufolge besteht ab dem Monat der Antragstellung August 2018 kein Anspruch auf Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erhblicher Behinderung.

...

Hinweis

Im Zuge dieser Erledigung erstellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Auftrag des Finanzamtes folgende Bescheinigung(en) über das Ausmaß der Behinderung, die Ihnen zeitnah und mit separater Post zugesendet wird/werden:

Name des Kindes / Datum / Geschäftszahl

C A / / ***6***

Wird gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben, ist (sind) der Beschwerde die oben angeführte(n) Bescheinigung(en) beizulegen.

Beschwerde

Gegen den neuerlichen Abweisungsbescheid wurde vom Bf mit Schreiben vom , Postaufgabe , Beschwerde erhoben:

...

Der Abweisungsbescheid wird von Ihrer Seite damit begründet, dass laut Sachverständigengutachten (von , und ) mein Unvermögen, meinen Unterhalt selbst zu verschaffen erst nach meinen 21 .Lebensjahr besteht.

Dazu möchte ich anmerken, dass das Sachverständigengutachten vom anführt, dass die Selbsterhaltungsunfähigkeit ab 09/2013 objektivierbar sei und für den Zeitraum vor 09/2013 keine relevanten Befunde vorliegen, wobei die Selbsterhaltungsunfähigkeit ab 3/2010 als wahrscheinlich angesehen wird. Laut Beschluss des Bundesfinanzgerichts durch Richterin Elisabeth Wanke vom (GZ.RV/7106317/2019) wurde entschieden, dass in meinem gegenständlichen Fall der alleinige Verweis auf fehlende ärztliche Befunde für die Feststellung meiner Erwerbsunfähigkeit nicht ausreicht. Es wäre von Seiten des Sozialministeriumservice ausführlich zu begründen, warum bei meiner Diagnose und Anamnese nicht von einer dauernden Erwerbsunfähigkeit vor meinem 21 .Lebensjahr ausgegangen wird. Dies ist in meinem Falle nicht geschehen.

Bei meiner Diagnose (Asperger-Syndrom), welche zu den Entwicklungsstörungen zählt, dessen Beginn ausnahmslos im Kleinkindalter oder in der Kindheit festgelegt wird, wird im ICD-10 Klassifikationssystem, sowie auch in diverser Fachliteratur erläutert, dass es sich um einen stetigen Verlauf ohne Remissionen oder Rezidive handelt. Auch wenn die Kernsymptome des Asperger Syndroms entwicklungspsychologische Variabilität zeigen, bleiben diese aber bis ins Erwachsenenalter als persistierende und tiefgreifende Symptomatik erhalten (Vgl. u.a. https://www.icd-code.de/icd/code/F84.5.html: oder Lehnhardt et. al. (2011): Autismus-Spektrum-Störung im Erwachsenenalter: klinische und neuropsychologische Befunde spätdiagnostizierter Asperger-Syndrome.). Anhand meines Lebenslaufes wird deutlich sichtbar, dass ich, trotz erst später Diagnosestellung, bereits vorher unfähig war, mir meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Meine Laufbahn ist durch diverse Abbrüche gekennzeichnet, u.a. Wiederholung der dritten Klasse Gymnasium mit anschließendem Wechsel in die Hauptschule. Abbruch der HAK nach 6 Monaten. Abbruch der Lehre bei G, sowie von diversen Praktika/Kursen (Z.B. G Arbeitsstiftung, ***7*** Gastronomie, Qualifizierungscluster Hotel) (siehe AMS Betreuungsplan von ).

Die Diagnose Asperger-Syndrom ist, aufgrund einer breit gefassten Definition, nicht immerfrühzeitig feststellbar. Dennoch wird in der Literatur auch die Wichtigkeit einer (Früh-)Förderung erläutert, "...denn nur so kann betroffenen Kindern eine soziale Integrationerleichtert und Erwachsenen mit Asperger Syndrom ein weitgehend selbstständiges Lebenermöglicht werden." (2 Vergin (2005): Die Lebenssituation von erwachsenen Personen mit Asperger Syndrom (Diplomarbeit).) Eine (Früh-) Förderung jeglicher Art, habe ich nicht erhalten, da bei mirdie Diagnose erst spät gestellt wurde.

Aufgrund meiner schwierigen persönlichen und familiären Lebenssituation kann ich keineDiagnosen oder weiteren Bescheinigungen meiner Einschränkung vor dem 18. LebensjahrVorbringen. Dies ist jedoch unter anderem durch meine Erkrankung am Asperger-Syndrombegründet und sollte mir dementsprechend nicht nachteilig ausgelegt werden.

Nur weil der Autismus bei mir nicht früh genug diagnostiziert wurde, bedeutet das nicht, dasser nicht schon vor meinem 18. bzw. 21. Lebensjahr bestand und davor nicht schon zu einerSelbsterhaltungsunfähigkeit geführt hat. Meine Versuche einer Beschäftigung nachzugehenoder eine Ausbildung zu absolvieren sind vor meinem 21. Lebensjahr nachweislichgescheitert.

Des Weiteren möchte ich anführen, dass mir bei der Untersuchung vom keinerleiFragen zu meiner Grunderkrankung (Diagnose Asperger-Syndrom) gestellt wurden, sondernich lediglich zu meinem früheren Drogenkonsum befragt wurde. Auch auf Nachfragen durchmeine Betreuerin Fr. ***8*** von ***3***, welche mich bei der Untersuchung begleitetund unterstützt hat, wurde nicht auf meine Diagnose Asperger-Syndrom eingegangen.

Ich bitte Sie daher aus dieser Perspektive heraus mein Ansuchen erneut zu prüfen.

...

Beilagen:

Abweisungsbescheid vom

Sachverständigengutachten vom

Beschluss Bundesfinanzgericht vom

AMS Betreuungsplan

Folgendes Sachverständigengutachten war beigefügt:

Gutachten vom

Am erstattete das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle Wien, folgendes Sachverständigengutachten:

Sachverständigengutachten

(mit Untersuchung)
nach der Einschätzungsverordnung (BGBI. II Nr. 261/2010)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des/der Untersuchten:
A B C
Geschlecht:
Männlich
Geburtsdatum:
***9***
Verfahrensordnungsbegriff:
***10***
Wohnhaft in
Adresse
Identität nachgewiesen durch:
Pass
Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleichsgesetz
Begutachtung durchgeführt am
In der Zeit
Von 00:45 bis 09:00 Uhr
Untersuchung:
In der Landesstelle des Sozialministeriumservice
Dolmetsch anwesend: NEIN
Name:
Begleitperson anwesend: JA
Name: Mag. L M N
Begleitperson erforderlich
Nein
Name der / des Sachverständigen
Dr. B H
Fachgebiet der / des Sachverständigen
Neurologie

Anamnese:

VGA 4/15: 50 % ( GdB und EU ab 9/13).

Beschwerde: Es ergibt sich zwangsläufig aufgrund der Diagnose ein Beginn der Erkrankung im Kindesalter. Die Erkrankung am Asperger-Syndrom begründet eine Erwerbsunfähigkeit, die erst 2013 festgestellt wurde, nachdem alle meine Versuche einen Beruf zu erlernen scheiterten.

Es liegt lediglich ein Befund vom AKH Wien Psychiatrie vor ( wie im VGA) mit den Diagnosen Asperger Syndrom m, Hepatitis C und St.p. multiplen Substanzgebrauch . Er habe einen HS Abschluss, habe mehrere Arbeitsversuche gemacht, ab dem 18. Lj. habe er Drogen konsumiert. Nach 2013 keine Fa Behandlung, es liegen keine Befunde vor 2013 vor.

Derzeitige Beschwerden:

Einsamkeit, wenig Lebenslust, Schlafstörung

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

keine

Sozialanamnese:

lebt alleine,teilbetreutes Wohnen, pensioniert, kein Pflegegeld , keine Erwachsenvertretung

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

keine rezenten Befunde

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Ernährungszustand:

Größe: cm Gewicht: kg Blutdruck:

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt.

An den oberen Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt.

An den unteren Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen,

Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. möglich,

die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt.

Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ.

Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben.

Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel unauffällig

Gesamtmobilität- Gangbild:

Psycho(patho)logischer Status:

Zeitlich, örtlich zur Person ausreichend orientiert, Auffassung regelrecht, Antrieb vermindert, Stimmung depressiv, Ein-und Durchschlafstörung; nicht produktiv, nicht suizidal eingeengt

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd. Nr
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB%
1
Asperger SyndromUnerer Rahmensatz, da Teilselbständigkeit gegeben
50

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu Vorgutachten:

keine Änderung. Der Betroffene gibt in der Beschwerde an, dass die Diagnose Asperger-Syndrom von der frühen Kindheit an besteht, doch eine Diagnose allein sagt noch nichts über das Ausmaß der Beeinträchtigung aus.

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern: X ja O nein

GdB liegt vor seit: 09/2013

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

GdB ab Diagnosestellung im AKH, für die Zeit davor liegen keine Befunde vor. Es kann daher nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit ein GdB vor diesem Zeitpunkt eingeschätzt werden.

Herr A B C ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 18. Lebensjahr eingetreten.

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 21. Lebensjahr eingetreten.

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Unfähigkeit den Unterhat zu verschaffen ab 09/13 objektivierbar, für die Zeit davor liegen keine relevanten Befunde vor.

X Dauerzustand

Gutachten erstellt am von Dr. B H

Gutachten vidiert am von Dr. O P

Betreuungsplan

Folgender Betreuungsplan des Arbeitsmarktservice Gänserndorf vom wurde vorgelegt:

Sehr geehrter Herr A C,

hier halten wir die zwischen dem AMS und Ihnen getroffenen Vereinbarungen fest.

Sie sind beim AMS arbeitslos vorgemerkt.

Ihre Ausgangssituation:

• Sie suchen eine neue Arbeitsstelle.

• Eine Vermittlung wird durch die fehlende Ausbildung und große Unzuverlässigkeit erschwert.

• Sie benötigen Beratung hinsichtlich Qualifikation.

• Sie benötigen Beratung hinsichtlich Berufsorientierung.

• Ihr letztes Dienstverhältnis bei ***11*** endete wegen fristloser Entlassung, da Sie nach dem Krankenstand nicht mehr zur Arbeit erschienen sind.

Die bisherigen Versuche, eine Arbeit zu finden waren nicht erfolgreich, weil:

• die Vermittlungsversuche des AMS bisher gescheitert sind,

• selbst keine Stellen gefunden wurden,

• sämtliche Bewerbungen nicht zum Erfolg geführt haben. Aus Ihrer Sicht hat das folgenden Grund: schlechte Arbeitsmarktlage.

• Sie haben immer wieder Nichtmeldezeiten (ohne Dienstverhältnis und Einkommen).

AUSBILDUNG UND PRAXIS:

.) seit 9/2001 Lehrling (Audio-Videotechniker bei G, vorzeitiger Austritt wegen Konkurs,vom -)

.) Praxis: nach der abgebrochenen Lehre nur bei ***11*** vom -

.) AMS-Kurse: G Arbeitsstiftung - (abgebrochen)

Jobs4Youth Einstiegsmodul -

QC3 Modul Gastronomie 31.1.- (abgebrochen)

Jobs4Youth Einstiegsmodul 14.3.-

J4Y 05 Qualifizierungscluster Hotel 25.4.- (abgebrochen)

) KEIN Führerschein

Ziel der Betreuung:

• Das AMS unterstützt Sie bei der Suche nach einer Stelle als Hilfsarbeiter bzw. Schankbursch bzw. alle lt. Gesetz zumutbare Tätigkeiten.

• Das AMS unterstützt Sie beim Überwinden von Hindernissen bei der Vermittlung, und zwar durch das Kursangebot und die Fördermöglichkeiten.

...

Gutachten vom 1./

Tatsächlich liegt dem angefochtenen Bescheid folgendes am 1./ erstattete Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle Wien, zugrunde (OZ 15 des elektronischen Verwaltungsakts):

Sachverständigengutachten

(mit Untersuchung)
nach der Einschätzungsverordnung (BGBI. II Nr. 261/2010)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des/der Untersuchten:
A B C
Geschlecht:
Männlich
Geburtsdatum:
***9***
Verfahrensordnungsbegriff:
***6***
Wohnhaft in
Adresse
Identität nachgewiesen durch:
Reisepass ...
Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleichsgesetz
Begutachtung durchgeführt am
In der Zeit
Von 11:30 bis 12:00 Uhr
Untersuchung:
In der Landesstelle des Sozialministeriumservice
Dolmetsch anwesend: NEIN
Name:
Begleitperson anwesend: JA
Name: Fr. ***8***, Betreuerin ***3***
Begleitperson erforderlich
Nein
Name der / des Sachverständigen
Dr.in ***13*** ***14***
Fachgebiet der / des Sachverständigen
Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie

Anamnese:

Ärztliches Sachverständigengutachten, BASB, FLAG :

Asperger Syndrom GdB 50%

ab

Der Untersuchte ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen

Ärztliches Sachverständigengutachten, BASB, FLAG :

Asperger Syndrom GdB 50%

09/2013

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 18. Lebensjahr eingetreten.

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 21. Lebensjahr eingetreten.

Unfähigkeit den Unterhat zu verschaffen ab 09/13 objektivierbar, für die Zeit davor liegen keine relevanten Befunde vor.

:

..." Der angefochtene Bescheid vom und die Beschwerdevorentscheidung vom werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben. Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen".

Neuantrag ab Datum:

Er sei immer schon ein schwieriges Kind gewesen, er sei hyperaktiv gewesen, habe nicht wirklich Freunde gehabt.

Er habe mit der Schule Probleme gehabt, habe im Gymnasium, bei zuvor gutem Schulerfolg, nur mehr schlechten Schulerfolg gehabt.

Im 18. Lebensjahr Beginn mit Drogenabusus, er habe viele verschiedene Drogen zu verschiedenen Zeiten genommen und immer wieder aufgehört. Nach 6-7 Jahren habe er das ganz eingestellt.

2013 erstmalige stat. Aufnahme Psychiatrie AKH - er sei selber in die Ambulanz gegangen, weil er wissen wollte was mit ihm anders sei. Dort Diagnosestellung eines Asperger Syndroms.

Er sei in Folge bei verschiedenen Psychiatern und Therapeuten gewesen.

Seit letztem Jahr sei er beim PSD

Seit ein paar Wochen sei ein Nierenstein bekannt, der kontrolliert werde. Er habe damals Schmerzen gehabt.

Derzeitige Beschwerden:

Er fühle sich einsam, aufgebracht

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Temesta bei Bedarf wegen Schlafstörungen- er brauche es phasenweise

PSD ca. 1x/ Woche

Sozialanamnese:

VS, 4 Jahre Gymnasium mit Wiederholung der 3. Klasse, dann1la HS - HS Abschluss, HAK begonnen, nach ca. 6 Monaten abgebrochen, habe zu viele Fehlstunden gehabt. Dann Beginn Lehre für Audio- Videotechnik bei G ca. 2,5a- dann Abbruch einerseits wegen Konkurs der Firma. Aber der Chef habe auch gesagt, dass er ihn sowieso gefeuert hätte wenn kein Konkurs gewesen wäre.

2004 und 2005 verschiedene Arbeitsversuche und Praktika übers AMS

2010 Verurteilung auf Bewährung wegen Weitergabe von Drogen

2006- 2016 mit Unterbrechungen AMS und zuletzt Notstandshilfe

Er glaube, dass er 2010 die IP für 2 Jahre hatte, dann sei sie aberkannt worden, ab 2016 dauernde IP Gewährung

Einkünfte: ab Zuerkennung der Invaliditätspension, Wohnbeihilfe

kein Pflegegeld

Bundesheer: untauglich

Führerschein: keiner

Erwachsenenvertreter: nein

Eltern geschieden, ab dem 14. LJ lebte der AW alleine im Haus der Mutter, Mutter lebte in einer Wohnung, dann habe er versucht irgendwo Zimmer oder Unterkunft zu bekommen, habe auch 1 Monat beim Vater in Amerika einen Neuversuch gestartet, sei auch obdachlos gewesen, ca. 3-4 Jahre war er in einem Jugendhaus der Caritas.

Seit ca. 5 oder 6 Jahre eigene Wohnung, teilbetreut - ca. 1-2x/Woche

Er lebe recht einsam, habe eigentlich nur Kontakt zur Bezugsbetreuerin, er zeichne gerne Comics, gehe viel spazieren

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Statusblatt Bundesheer

"ungeeignet"

Diagnosen

J30.1 0 6 Allergische Rhinopathie durch Pollen, Heufieber und Heuschnupfen, Pollenallergie o.n.A., Pollinose

J34.2 0 6 Nasenseptumdeviation, Verbiegung oder Subluxation des Nasenseptums (erworben) - bei Z.n. Nasenbeinfraktur

F32.1 0 0 Mittelgradige depressive Episode

F19.2 0 0 Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und

Konsum anderer psychotroper Substanzen \ Abhängigkeitssyndrom

Psychologische Einzeluntersuchung (Bundesheer) :

Mittelgradige depressive Episode

Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen \ Abhängigkeitssyndrom

Versicherungsdatenauszug

Gutachten PV zur Gewährung der IP Nerven FA Dr. ***2*** wegen IP :

Angst und depressive Störung gemischt

Verdacht auf emotional instabile Persönlichkeitsstörung

Hepatitis C

Zustand nach Polytoxikomanie

...derzeit nicht ausreichend belastbar um am allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt zu werden, eine Besserung ist durchaus möglich....

Gutachten PV zur Gewährung der IP Psychiater Dr. ***17*** :

Asperger-Syndrom

DD: Schwergradige kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, ängstlich vermeidenden, selbstunsicheren und anankastischen Anteilen

Z. n. Polytoxikomanie, seit langem abstinent

...Aufgrund des Schweregrades der Störung und der Chronifizierung empfehle ich die dauerhafte Gewährung der Invaliditätspension.....

zur Untersuchung mitgebrachte Befunde:

Neurologisch Psychiatrisches Gutachten Dr. ***12*** ans Arbeits- und Sozialgericht Wien hinsichtlich Ablehnung der PV bezüglich Zuerkennung der Invaliditätspension: (Anm.: unvollständig)

Dg.: mäßiggradige Depression bei stabiler Grundstruktur, kognitiv mnestische Parameter erhalten

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

35 jähriger in gutem AZ

Ernährungszustand:

gut

Größe: 183,00 cm Gewicht: 110,00 kg Blutdruck:

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:

voll mobil, Brille

Gesamtmobilität-Gangbild:

kommt frei gehend zur Untersuchung, wird von Betreuerin begleitet, kommen mit ÖVM

Psycho(patho)logischer Status:

Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, vermeidet Blickkontakt mehr oder weniger komplett, summt teilweise vor sich hin und wippt mit dem Oberkörper, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb erscheinen etwas reduziert, Stimmungslage gedrückt deutlich, stabil, kaum affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomati k

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd. Nr
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB%
1
Asperger Syndrom, Zustand nach multiplem Substanzgebrauch - seit Jahren abstinentUnterer Rahmensatz, da Teilselbständigkeit gegeben
50

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Keine Änderung zum Vorgutachten

GdB liegt vor seit: 09/2013

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

lt. Vorgutachten.

Herr A B C ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 18. Lebensjahr eingetreten.

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 21. Lebensjahr eingetreten.

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Nach der Anamnese ist der Beginn einer psychischen Erkrankung in die Jugend zurückreichendnachvollziehbar. Es liegen keine Befunde vor, die daraus eine schwerwiegende krankheitsbedingteFunktionseinschränkung in einem solchen Ausmaß ableiten ließen, dass eine daraus resultierendeanhaltende Selbsterhaltungsunfähigkeit vordem 18./21. LJ eingetreten ist.

Der frühest vorliegende Befund, der ein psychiatrisches Leiden beschreibt ist aus 11/2006(Stellungsuntersuchung) woraus sich aber keine dauerhafte Selbsterhaltungsunfähigkeit ergibt.

Die Selbsterhaltungsunfähigkeit kann gleichbleibend zu den Vorgutachten ab 09/2013 bestätigtwerden. Wobei nach der Befundlage diese bereits ab 3/2010 (erstmalige Zuerkennung derkrankheitsbedingten Pension befristet) wahrscheinlich war.

X Dauerzustand

Gutachten erstellt am von Dr.in ***13*** ***14***

Gutachten vidiert am von Dr. ***15*** ***16***

Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen:

Sachverhalt:

Sie haben am die erhöhte Familienbeihilfe ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung beantragt. Laut fachärztlichen Sachverständigengutachten vom , und ist die dauernde Erwerbsunfähigkeit mit September 2013 eingetreten.

Daher wurde Ihr Antrag auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe abgewiesen.

Gesetzliche Grundlagen:

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 für Vollwaisen oder diesen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gleichgestellte volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind. Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht.

Als erheblich behindert gilt ein Kind gemäß 8 Abs. 5 FLAG 1967, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren.

Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Die Feststellung des Behinderungsgrades eines Kindes, für das erhöhte Familienbeihilfe nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 beantragt wurde, hat somit nach den Bestimmungen des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 auf dem Wege der Würdigung ärztlicher Sachverständigengutachten zu erfolgen.

Würdigung:

Ein Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe wäre - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des FLAG - gegeben, wenn nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 bei Ihnen vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufgrund einer Behinderung eine dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten wäre. Besteht keine vor dem 21. Lebensjahr eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, stehen weder der Grund- noch der Erhöhungsbetrag an Familienbeihilfe zu.

Die medizinischen Sachverständigengutachten gehen davon aus, dass eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, jedenfalls nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist. Da die Gutachten in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise zum gleichen Ergebnis kommen, ist das Finanzamt daran gebunden.

Hinsichtlich Ihrer Ausführungen, die dauernde Erwerbsunfähigkeit sei bereits viel früher eingetreten, wird auf das Erkenntnis des Ra 2014/16/0010 verwiesen, in dem der Gerichtshof zum Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit ausführt, dass § 6 Abs. 2 lit. d FLAG auf den Zeitpunkt des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit abstellt. Eine solche Behinderung "kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit Längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt."

Im vorliegenden Beschwerdefall liegen die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 nicht vor, weil eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, jedenfalls nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.

Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag vom

Mit Schreiben seines nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters vom stellte der Bf Vorlageantrag:

...

I. Vollmachtsbekanntgabe

In umseits rubrizierter Rechtssache gibt die beschwerdeführende Partei (Bf) bekannt, dass sie Rechtsanwalt Mag. ... mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hat und ersucht, in Hinkunft Zustellungen zu Händen des Herrn Mag. ... vorzunehmen.

Gemäß der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamt Österreich vom , frühestens zugestellt am stellt die beschwerdeführende Partei (Bf) innerhalb offener Frist folgenden

II. Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht für Hr. A C

Die Beschwerdevorentscheidung wird von der belangten Behörde unter anderem damit begründet, dass laut Sachverständigengutachten (vom , und ) das Unvermögen des Bf, seinen Unterhalt selbst zu verschaffen erst nach seinem 21. Lebensjahr besteht. Zur besseren Einschätzung der Situation aus fachärztlicher Perspektive werden aktuell Stellungnahmen von behandelnden Psychiaterlnnen eingeholt, die dem Finanzamt/Bundesfinanzgericht ehestmöglich nachgereicht werden.

Im Gutachten vom wird angeführt, dass aufgrund der Anamnese ein Beginn der psychischen Erkrankung des Bf in die Jugend zurückreichend nachvollziehbar ist. Für eineEinschätzung betreffend Ausmaß der Funktionseinschränkung und daraus resultierendenSelbsterhaltungsunfähigkeit wird ausschließlich auf nicht vorhandene Befunde Bezug genommen.In diesem Zusammenhang soll auf den Beschluss des Bundesfinanzgerichts durch Richterin FrauElisabeth Wanke vom (GZ. RV/7106317/2019) verwiesen werden. In demgegenständlichen Fall des Bf reiche der alleinige Verweis auf fehlende ärztliche Befunde für eineAblehnung der erhöhten Familienbeihilfe nicht aus. Es soll erneut darauf hingewiesen werden,dass der Beginn der Erkrankung bei einer Diagnose Asperger-Syndrom laut WHO-Klassifikationzwangsläufig im Kindesalter liegt. Diese Krankheitsform verläuft chronisch und nicht episodisch,das heißt sie manifestiert sich in jungen Jahren und verläuft danach in Ausprägung undSchweregrad konstant ohne schwankenden Ausprägungsformen. Sie trat also in der Kindheit aufund besteht seither in ihren Ausprägungen und Einschränkungen weitgehend unverändert.Anhand der Laufbahn des Bf wird klar ersichtlich, dass eine Erwerbsfähigkeit und damit inVerbindung stehend, die Fähigkeit sich selbst den Lebensunterhalt zu verdienen, zu keinemZeitpunkt bestanden hat.

Die Begründung der belangten Behörde der Ablehnung stützt sich auf die Entscheidung desVerwaltungsgerichtshofes , Ra 2014/16/0010. Es wird darauf hingewiesen, dass es sichim angeführten Fall um ein völlig anderes Krankheitsbild (Persönlichkeitsstörung F60) handelt. DasAsperger-Syndrom (F84.5) unter dem der Bf leidet, gehört laut ICD-10 zur Gruppe derEntwicklungsstörungen (F80-F89), die im Kindheits- und Jugendalter auftreten. Zusätzlich wird inder Entscheidungsbegründung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass derRevisionswerber den Präsenzdienst absolviert hat. Er konnte außerdem eine Lehre abschließenund es war ihm offensichtlich immer wieder über längere Zeiträume (70 Monate in 6 Jahren)möglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Bf wurde von der Stellungskommission alsuntauglich eingeordnet. Eine Lehre konnte nie abgeschlossen werden. Die Versuche insBerufsleben einzusteigen sind alle gescheitert. Es handelt sich somit um deutlich unterschiedlicheLebensgeschichten und Fallverläufe; bei dem Bf wird klar ersichtlich, dass eine Erwerbsfähigkeitund damit in Verbindung stehend, die Fähigkeit sich selbst den Lebensunterhalt zu verdienen, zukeinem Zeitpunkt bestanden hat.

Aufgrund einer schwierigen persönlichen und familiären Lebenssituation können keine Befundeoder weitere Bescheinigungen der Einschränkung vor dem 18. bzw. 21. Lebensjahr vorgebrachtwerden. Dies ist jedoch auch durch die Erkrankung am Asperger-Syndrom, der darausresultierenden belasteten Familiensituation und der damit verbundenen späten Diagnosestellungbegründet und kann nicht nachteilig für den Bf ausgelegt werden. Anhand der vorgebrachtenUnterlagen und der medizinischen Klassifikationen zeichnet sich deutlich ab, dass der Bf bereitsvor seinem 21. Lebensjahr unfähig war, sich selbst den Lebensunterhalt zu verdienen, wohingegenes keinerlei Indizien oder Beweise gibt, die auf eine Erwerbsfähigkeit im jungen Erwachsenenalterhinweisen.

Unterlagenvorlage vom

Mit Schreiben seines rechtsfreundlichen Vertreters vom legte der Bf einen Arztbrief von Mag. Dr. ***4*** ***5*** vom13.5.2021 vor, aus dem hervorgeht:

Herr C wird seit Mai/2021 konsiliarpsychiatrischvon mir betreut. Am fand ein fachärztlicher Begutachtungstermin statt und es wurden mir die bisherigen Arztbriefe und Stellungsnahmen zur Verfügung gestellt.

Das aktuelle psychosoziale Funktionsniveau von Hrn. C ist stark eingeschränkt Er lebt in einem teilbetreuten Wohnen in ... bei ***3***, 1-2 X pro Wochen finden Kontakte mit Betreuerinnen von ***3*** statt, die ihn bei Aufgaben des täglichen Lebens unterstützen. Herr C geht keiner Erwerbstätigkeit nach, auch Beschäftigungsangebote wie etwa über eine Tagesstätte des PSD werden seit Jänner2021 nicht mehr wahrgenommen und vehement abgelehnt. Davor hatte eine tagesstrukturierende Betreuung über die Tagesstätte des PSD für etwa 2 Jahre stattgefunden, hatte jedoch immer wieder zu Überforderungszuständen mit selbstschädigenden Verhaltensweisen geführt. Regelmäßig soziale Außenkontakte zu Familienmitgliedern oder Freunden/Bekannten bestehen nicht.

2013wurde im Rahmen einer stationären Aufnahmean der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MUW/AKH Wien erstmalig die Diagnose einerAutismusspektrumstörung(Aspergersyndrom, F84.5)gestellt. BekannteNebendiagnosen sind ein Status postpolytoxikomanerSubstanzmissbrauch(aktuell stabilabstinent), rezidivierende depressive Episoden und ein StatuspostInterferontherapie beiHepatitis C-Infektion.

Die bisherige Biographie von Herrn C legt die Schlussfolgerung nahe, dassdas psychosozialeFunktionsniveauaufgrund der Autismusspektrumstörungauchvor2013, dem Datum der Erstdiagnose, aufähnlicheWeise wie gegenwärtigeingeschränkt war. Hinweise daraufsind, dass Herr C die Volksschuleabsolvierte, das Gymnasium nach 3Klassen abbrach (häufigeAbwesenheiten), 1 JahrHauptschuleabsolvierte und eine HAK abbrach. 2001-2003gelang ihm eine Lehre, diejedoch aufgrund ebenfalls häufigerAbwesenheiten und dem Konkursdes Unternehmensnicht abgeschlossen werden konnte. 2004-5setzte sich das Muster der vermindertenBelastungsfähigkeit im beruflichen Kontext fort, mehrere Praktika im Rahmen vonJobs4Youth-Einstiegsmodulen wurden nach kürzester Zeit wieder abgebrochen. 2006-16bezog der Arbeitslosen und Notstandshilfe, lebte in unsteten Wohnverhältnissenund inObdachlosigkeit. 2016 wurde Hrn. C eine Invaliditätspensionzugesprochen.

Aktuelle Medikation: keine laufende Medikation, in der Anamnese Gabe unterschiedlichste Psychopharmaka

Aus fachärztlicher Sicht ist bei Herrn C gegenwärtig eine Erwerbsunfähigkeit aufgrund der Grunderkrankung einer Autismusspektrumsstörung und der stark dadurch stark eingeschränkten interaktionellen Kompetenzen festzustellen. Die Biographie legt nahe, dass Herr C zumindest seit seiner Jugendzeit unter erheblichen Einschränkungen seines psychosozialen Funktionsniveaus gelitten hat.

In der Hoffnung mit diesen Informationen den Entscheidungsprozess zur Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe unterstützt zu haben, ...

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Bezughabende Normen

§ 6 Abs 2 lit d iVm § 8 Abs 6 FLAG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Im Abweisungsbescheid vom wurde der Antrag des Bf auf erhöhte Familienbeihilfe ab Juni 2018 abgewiesen.

Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde weiters dem Bundesfinanzgericht zu GZ. RV/7106317/2019 vorgelegt, das die Beschwerde jedoch an die Abgabenbehörde zurückverwies und den bekämpften Abweisungsbescheid vom mit Beschluss aufhob.

Nach den aufgetragenen Ermittlungen kam die belangte Behörde erneut zu dem Schluss, dass die Familienbeihilfe nicht zustehe und wies den - nun wieder - offenen Antrag auf (erhöhte) Familienbeihilfe ab.

Dagegen wurde wieder Beschwerde erhoben.

Der Bf weist laut Gutachten des Sozialministeriumsservice vom und einen Grad der Behinderung von 50% auf. Die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist ab September 2013 eingetreten. Die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen trat somit nicht vor Vollendung des 21. Lebensjahres ein.

Bzgl weiterer Ausführungen zum Sachverhalt und Verfahrensgang wird auf den sehr umfangreichen Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom zu GZ. RV/7106317/2019 verwiesen.

Beweismittel:

siehe Inhaltsverzeichnis, insb eingeholte Gutachten des SMS

Stellungnahme:

In den beiden in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Sozialministeriumsservice konnte kein Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres festgestellt werden.

Die Diagnose Asperger-Syndrom und der Umstand, dass diese Krankheit von Kindheit an besteht, sagt noch nichts über das Ausmaß der Beeinträchtigung aus.

Nach § 8 Abs 6 FLAG 1967 ist die dauernde Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen anhand einer Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (zwischenzeitig in Sozialministeriumsservice [=SMS] umbenannt) auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Eine solche Bescheinigung stellte das SMS nicht aus, weshalb die Voraussetzungen des § 6 Abs 2 lit d FLAG 1967 nicht erfüllt sind.

Zur Zurückverweisung durch das BFG ist es der belangten Behörde im Sinne der Verwaltungsökonomie ein Anliegen, auszuführen, dass das BFG nach Ansicht der belangten Behörde nicht den richtigen und vor allem verwaltungsökonomischsten Weg eingeschlagen hat.

Das BFG zog im "ersten" Beschwerdeverfahren das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vom Sozialministeriumsservice (kurz SMS) erstellte Gutachten in Zweifel. Im Ergebnis kam es zu dem Schluss, dass ein neues Gutachten, in dem auch auf das Vorbringen im Vorlageantrag Rücksicht genommen wird, durch das SMS erstellt werden soll.

Üblicherweise wird in solchen Fällen ein Ermittlungsauftrag vom BFG an die Abgabenbehörde erteilt. In diesem wird der Abgabenbehörde aufgetragen, ein neues Gutachten beim SMS in Auftrag zu geben und die entsprechenden Handlungen (Dokumente übermitteln, EDV-Abwicklung) diesbezüglich durchzuführen.

Im angesprochenen Beschwerdeverfahren verweist das BFG allerdings - unter Aufhebung der ursprünglichen Bescheide - die Sache an die Abgabenbehörde zurück und führt aus, dass ein neues Gutachten zu erstellen ist.

Die Zurückverweisung wird mit verwaltungsökonomischen Gründen, der schlechten Personalausstattung des BFG und der Tatsache, dass das BFG elektronisch selbst kein neues Gutachten anfordern kann, begründet.

Im nun eingetretenen Falle eines abermals negativen Gutachtens musste/muss nun das gesamte Rechtsmittelverfahren erneut durchlaufen werden. Das zeigt, dass durch die Zurückverweisung gerade nicht der verwaltungsökonomischste Weg eingeschlagen wurde und die Beschwerde nun abermals dem BFG vorgelegt werden muss.

Zudem ist der belangten Behörde auch nicht ersichtlich, wieso seitens des BFG der Ausführung eines sehr umfangreichen Zurückverweisungsbeschlusses gegenüber einem - unter Umständen recht kurz ausfallenden - Ermittlungsauftrag der Vorrang eingeräumt wurde. Der endgültige Abschluss des Falles rückt somit potenziell in weite Ferne (was wohl weder im Sinne der Beschwerdeführerin noch der Amtspartei ist).

Nach RV/3100270/2011, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Der VwGH betonte mehrfach (zB , 2004/14/0059; , 2006/16/0220; , 2009/15/0206), dass solche Aufhebungen nur "ausnahmsweise" erfolgen sollen.

Allein die Meinung des BFG, dass unter Umständen ein neues Gutachten einzuholen ist - was bei einer ex-post-Betrachtung ohnehin nun zu keinem anderen Ergebnis geführt hat - erfüllt die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung im Hinblick auf die obigen Ausführungen nicht.

Mittlerweile existieren drei - grundsätzlich gleichlautende - Gutachten und keines konnte bescheinigen, dass die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.

Dieser Umstand verbunden mit der Tatsache, dass die Abgabenbehörde medizinische Sachverhalte nicht beurteilen kann und somit auch an schlüssige Gutachten gebunden ist, führt zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für den Bezug der (erhöhten) Familienbeihilfe nicht vorliegen.

Aus diesen Gründen wird beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Das Gutachten vom (OZ 15) wurde vom Finanzamt nachträglich vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt, Beweiswürdigung, Rechtsgrundlagen, rechtliche Beurteilung

Zu Sachverhalt, Beweiswürdigung, Rechtsgrundlagen und rechtlicher Beurteilung wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im verwiesen.

Die im fortgesetzten Verfahren führen (mit Ausnahme der Feststellung, ob der Bf bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahrs voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig wurde) zu keinen Änderungen der dort getroffenen Sachverhaltsfeststellungen.

Streitpunkt

Einziger Streitpunkt ist, ob die vom Sozialministeriumservice bescheinigte voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit erst ab September 2013 mit der ersten stationären Behandlung (Gutachten , , 1./, Finanzamt), "wahrscheinlich" ab März 2010 (erstmalige Zuerkennung der Invaliditätspension, Gutachten 1./) oder bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres, also vor dem Jänner 2006 (Bf) eingetreten ist.

Begründung der Zurückverweisung

Die tragende Begründung des war, dass es sich nach Angaben des Bf beim Asperger Syndrom um eine Form von Autismus handle, diese Erkrankung im Kindesalter beginne, chronisch und nicht episodisch verlaufe und die Erkrankung seit der Kindheit mit ihren Ausprägungen und Einschränkungen weitgehend unverändert bestehe und es dem Bf nach dem Lehrabbruch im Oktober 2003 (mit 18 Jahren) nicht mehr möglich gewesen sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen. "Wenn die Erkrankung des Bf seit der Kindheit besteht, seither im Wesentlichen unverändert ist und der Bf auf Grund dieser Erkrankung bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahrs nicht in der Lage war, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, ist es nicht schlüssig, betreffend des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit auf den ersten Krankenhausaufenthalt abzustellen. ... Das Sozialministeriumservice hätte im fortgesetzten Verfahren entsprechend ausführlich zu begründen, warum es auf Grund dieser Anamnese nicht von einem Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres ausgeht. Der alleinige Verweis auf fehlende ärztliche Befunde aus dieser Zeit reicht für eine derartige Feststellung im gegenständlichen Fall nicht aus."

Die belangte Behörde hat sich im fortgesetzten Verfahren mit dieser tragenden Begründung des überhaupt nicht auseinandergesetzt. Der Abweisungsbescheid vom verweist bloß auf die Gutachten vom , und , ohne diese in irgendeiner Form im Sinne des zu würdigen. Die Beschwerdevorentscheidung vom behauptet, dass die Gutachten schlüssig und nachvollziehbar seien, führt aber nicht weiter aus, warum. Dass das in der BVE zitierte Erkenntnis , für den gegenständlichen Fall einer nicht episodisch verlaufenden Erkrankung nicht einschlägig ist, wurde im Vorlageantrag vom dargelegt.

Zwar setzt sich das Finanzamt im Vorlagebericht ausführlich mit der seiner Meinung nach vorliegenden Unzweckmäßigkeit des auseinander, beschränkt sich aber bezüglich der Prüfung der Schlüssigkeit der Gutachten darauf in einem Satz festzuhalten, "dass die Abgabenbehörde medizinische Sachverhalte nicht beurteilen kann". Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat in seinem letzten Gutachten vom 1./ in Kenntnis des wiederholt, dass keine Befunde vor dem September 2013 vorlägen und deshalb eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit erst ab September 2013, allenfalls ab März 2010, bestätigt werden könne.

In der Sozialanamnese schreibt das Gutachten vom 1./, dass es nach der (im 18. Lebensjahr) abgebrochenen Lehre nur in den Jahren 2004 und 2005 (19., 20. Lebensjahr) "verschiedene Arbeitsversuche und Praktika übers AMS" gegeben habe. Aus den Sozialversicherungsdaten ergibt sich, dass der Bf darüber hinaus nur einmal im Jahr 2008 für wenige Tage angestellt gewesen ist. Mit der Argumentation des Bf, dass seine Erkrankung im Kindesalter beginne, chronisch und nicht episodisch verlaufe, seine Erkrankung seit der Kindheit mit ihren Ausprägungen und Einschränkungen weitgehend unverändert bestehe und es dem Bf nach dem Lehrabbruch nicht mehr möglich gewesen sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen, setzt sich weder die belangte Behörde noch das Sozialministeriumservice auseinander.

Keine unbedingte Bindung an Bescheinigungen des Sozialministeriumservice

Wie bereits im ausgeführt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde grundsätzlich an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend waren (z.B. mwN; ; ). Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in einer Reihe von Erkenntnissen die Auffassung vertreten, dass die der Entscheidung nach § 8 Abs. 6 FLAG zu Grunde zu legenden Gutachten den an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen haben, sich daher insbesondere nicht widersprechen oder in bloßen Behauptungen erschöpfen dürfen, und dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens die Beweiskraft vorliegender Gutachten zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen haben ( mit Hinweis auf ; ).

Das Verwaltungsgericht ist aber nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall seiner Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen. Nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes , kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden (z.B. ).

In der Entscheidung , hat der Verwaltungsgerichtshof erkannt, dass die Judikatur, wonach eine mehrjährige berufliche Tätigkeit des Kindes die für den Anspruch auf Familienbeihilfe notwendige Annahme, das Kind sei infolge seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, widerlege, im Rahmen der durch das Bundesgesetz, BGBl. I 2002/105, geschaffenen neuen Rechtslage (ab ) keinen Anwendungsbereich mehr habe. Die Beihilfenbehörden hätten bei ihrer Entscheidung jedenfalls von der durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auszugehen und könnten von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 700/07). Im Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof betont, dass sowohl eine Gutachtensergänzung als auch ein neues Gutachten lediglich Beweismittel darstellen würden, deren Richtigkeit und Schlüssigkeit von der antragstellenden Partei bekämpft werden könne. Auch die Berufungsbehörde sei nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall ihrer Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen.

Nach dem Erkenntnis , kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden. In ständiger Rechtsprechung wird diese Ansicht auch vom Verwaltungsgerichtshof vertreten (vgl. ; ; ; ).

Das Bundesfinanzgericht ist daher nicht in jedem Fall an die Gutachten des Bundessozialamtes (nunmehr Sozialministeriumservice) gebunden, sondern kann von diesen nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung auch abgehen (vgl. ; ).

Keine neue Gutachtenseinholung

Die aktenkundigen Gutachten des Sozialministeriumservice stellen fest, dass der Bf voraussichtlich dauernd außerstande ist, selbst den Unterhalt zu verschaffen. Sie bestätigen aber nicht, dass dieser Zustand bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist. Sie gehen auf die hier entscheidende Frage, wann die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, trotz der Ausführungen im Aufhebungsbeschluss begründend nur unter Hinweis auf den ersten stationären Aufenthalt im AKH ein.

Eine Auseinandersetzung mit der fachlichen Argumentation des Bf erfolgte weder durch das Sozialministeriumservice noch durch das Finanzamt.

Das Bundesfinanzgericht hat bei der Ausübung der gerichtlichen Geschäfte auf die in § 6 Abs. 2 BFGG verankerten Grundsätze der Einfachheit, Raschheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit Bedacht zu nehmen, somit bei verschiedenen in Betracht kommenden Handlungsvarianten die möglichst unkomplizierteste, die zu einer möglichst schnellen Entscheidung führt, zu wählen (vgl. Wanke/Unger, BFGG § 6 Anm. 5 m.w N.; ; ; ; ; ; ; ). Die Veranlassung eines vierten Gutachtens oder einer Gutachtensergänzung durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen würde zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens und zu weiteren Verfahrenskosten führen.

Keine Beweisregeln in der Bundesabgabenordnung

Im gegenständliche Verfahren ist gemäß § 2 lit. a BAO die Bundesabgabenordnung anzuwenden. Die Bundesabgabenordnung kennt in ihren Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren keine gesetzlichen Beweisregeln, insbesondere keine Regelung, dass die Feststellung des Eintritts einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 ausschließlich davon abhängt, ob eine zeitnah zum Eintritt erstattete ärztliche Bestätigung vorliegt.

Nach § 166 BAO kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falls zweckdienlich ist. Die Behörde (und das Verwaltungsgericht) hat gemäß § 167 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Verfahrensergebnisse nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht.

Zur Diagnose ICD-10: F84.5 Asperger-Syndrom (ärztliches Gutachten vom ) führt ICD-10 aus:

F84.5 Asperger-Syndrom

Info:

Diese Störung von unsicherer nosologischer Validität ist durch dieselbe Form qualitativer Abweichungen der wechselseitigen sozialen Interaktionen, wie für den Autismus typisch, charakterisiert, zusammen mit einem eingeschränkten, stereotypen, sich wiederholenden Repertoire von Interessen und Aktivitäten. Die Störung unterscheidet sich vom Autismus in erster Linie durch fehlende allgemeine Entwicklungsverzögerung bzw. den fehlenden Entwicklungsrückstand der Sprache und der kognitiven Entwicklung. Die Störung geht häufig mit einer auffallenden Ungeschicklichkeit einher. Die Abweichungen tendieren stark dazu, bis in die Adoleszenz und das Erwachsenenalter zu persistieren. Gelegentlich treten psychotische Episoden im frühen Erwachsenenleben auf.

In der wissenschaftlichen Literatur finden sich zum Krankheitsverlauf beispielsweise folgende Aussagen:

"Es zeigte sich, dass der gesamte Lebensverlauf von einer defizitären sozialen Entwicklung geprägt ist. In der persönlichen Wahrnehmung der Menschen mit AS / HFA stehen die sozialen Schwierigkeiten während der Kindheit und Jugend herausragend im Vordergrund und nehmen ins Erwachsenenalter hinein leicht ab" (Gomolla, Der Lebensverlauf von Menschen mit Asperger Syndrom / High-Functioning Autismus, Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades einer Diplom-Psychologin im Fachbereich Psychologie der Universität Konstanz, 2002).

"Anhand von Biografien ist zu erkennen, dass das Asperger-Syndrom chronisch verläuft, d.h. dass die Krankheit normalerweise das ganze Leben besteht. Die Prognose für ein selbstständiges Leben ist beim Asperger-Syndrom viel wahrscheinlicher als beim frühkindlichen Autismus. Die Probleme im praktischen Alltag werden höchstwahrscheinlich andauernd gegenwärtig sein. ... Viele autistische Menschen profitieren von Tätigkeiten, welche sich durch eine gewisse Routine aufzeichnen. Diese wären z. B. Berufe in der IT-Branche oder Forschungsarbeiten in Bibliotheken. Meist weniger geeignet sind alle Berufe, in denen intensive Kundenkontakte, Teamarbeit oder soziale Belange Prorität besitzen. Es existieren jedoch immer wieder Ausnahmen. Einige Menschen mit Asperger-Syndrom sind in sozialen Berufen erfolgreich" (Jakob, Asperger-Syndrom zwischen Alltagsbewältigung, Krise und Komorbidität, Diplomarbeit an der Universität Wien, 2012, m.w.N.)

"Die Mehrzahl der Asperger-Patienten beendet die Schule mit dem Abitur, ebenfalls die Mehrzahl beendet eine Berufsausbildung im Sinne einer Lehre oder sogar mit Hochschulstudium. Trotzdem geht nur etwa ein Viertel der untersuchten Personen später einer regelmäßigen und dem Ausbildungsniveau entsprechenden Arbeitstätigkeit nach. Mehr als die Hälfte der Patienten war zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht arbeitstätig.... 22 Patienten waren noch nie in ihrem Leben berufstätig in irgendeiner Form. 37 gaben an arbeitslos zu sein und 22 waren berentet oder krankgeschrieben. 8 weitere Patienten gingen einem Minijob nach. 11 hatten zwar eine regelmäßige Arbeit, diese lag jedoch deutlich unter ihrem Ausbildungsniveau und lediglich 44 gingen einer regelmäßigen Arbeit nach, die auch ihrem Ausbildungsniveau entsprach. Ebenfalls 44 Patienten befanden sich zum Zeitpunkt der Untersuchung noch in der Ausbildung" (Schröck, Das psychosoziale Funktionsniveau spätdiagnostizierter Erwachsener mit Asperger-Syndrom, Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.B. 2014).

Aus diesen wissenschaftlichen Studien geht hervor, dass die Krankheitsverläufe beim Asperger-Syndrom chronisch sind (Jakob) und im Erwachsenalter eher leichter als schwerer werden (Gomolla). Die Mehrzahl der Patienten schließt die Berufsausbildung erfolgreich ab und rund ein Viertel der Patienten geht einer regelmäßigen und dem Ausbildungsniveau entsprechenden Berufstätigkeit nach (Schröck).

Im vorliegenden Fall Fall bedeutet das, dass der Bf zu der Gruppe der erwerbsunfähigen Menschen mit Asperger-Syndrom gehört und nicht der Gruppe, die im Erwerbsleben durchaus auch erfolgreich bestehen kann, was auch vom Sozialministeriumsservice mehrfach bescheinigt wurde. Wenn die Krankheitsverläufe im Erwachsenenalter typischerweise eher leichter als schwerer werden, spricht schon dieser Umstand dafür, dass die ab dem Jahr 2013 bescheinigte Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.

Im Gegensatz zu anderen Asperger-Patienten wurde vom Bf die Berufsausbildung nicht abgeschlossen. Ein Ausbildungsversuch an einer Höheren Schule wurde abgebrochen, ein Ausbildungsversuch in Form einer Lehre wurde abgebrochen. Laut Betreuungsplan des AMS vom , dem Sozialversicherungsdatenauszug sowie den Gutachten des Sozialministeriumservice arbeitete der Bf nach der im Juni 2003 (mit 18 Jahren) abgebrochenen Lehre nicht mehr. In den Jahren 2004 (mit 19 Jahren) und 2005 (mit 20 Jahren) gab es nur einige kurze Arbeitsversuche in Form von Praktika und Kursen des Arbeitsmarktservice. Im Jahr 2008 gab es neuerlich einen Arbeitsversuch für wenige Tage.

Bei der Stellung im Jahr 2006 wurde zwar nicht das Asperger-Syndrom diagnostiziert, aber F32.1 0 0 Mittelgradige depressive Episode und F19.2 0 0 Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen /Abhängigkeitssyndrom. Psychotische Episoden im frühen Erwachsenenleben sind beim Asperger-Syndrom möglich (vgl. ICD-10: F84.5).

Von behinderten Personen werden immer wieder, oft wiederholt, Versuche unternommen, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein werden (vgl. ). Derartige Arbeitsversuche dokumentieren keine Erwerbsfähigkeit (vgl. ; ; ; ).

Die obigen Ausführungen sprechen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts eindeutig dafür, dass die bescheinigte Erwerbsunfähigkeit des Bf bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Stellt man den dokumentierten Lebenslauf des Bf mit seinen abgebrochenen Ausbildungen und wenigen, kurzen Arbeitsversuchen dem Fehlen ärztlicher Bescheinigungen aus der Zeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres, die sich aus dem damals fehlenden Interesse des Bf und seiner Eltern an einer ärztlichen Hilfe erklären lassen, gegenüber, so wiegt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts im gegenständlichen Fall und beim vorliegenden Krankheitsbild der Umstand fehlender zeitnaher Befunde weit weniger als die anderen für den Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres sprechenden Beweismittel.

Voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten

Das Bundesfinanzgericht schließt sich der Feststellung des Sozialministeriumservice an, dass der Bf voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, sieht es allerdings als ausreichend erwiesen an, dass diese Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist, da bereits zu diesem Zeitpunkt Arbeitsversuche auf dem regulären Arbeitsmarkt gescheitert sind.

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) und ist gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.

Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des (monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 3 m.w.N.; u.v.a.).

Hebt das Bundesfinanzgericht einen gemäß § 13 FLAG 1967 ergangenen Abweisungsbescheid auf, weil Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) auszuzahlen ist, ist das Finanzamt gemäß § 25 Abs. 1 BFGG und § 282 BAO verpflichtet, im gegenständlichen Fall mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags (allenfalls: des Unterschiedsbetrags zu einer ausländischen Familienleistung) vorzunehmen.

Gemäß § 5 Abs. 1 FLAG 1967 führt ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes bis zu einem Betrag von € 10.000 in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von € 10.000, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 FLAG 1967 einschließlich § 8 Abs. 4 FLAG 1967 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den € 10.000 übersteigenden Betrag, wobei § 10 Abs. 2 FLAG 1967 nicht anzuwenden ist. Der Betrag von € 10.000 wurde ab 2020 auf € 15.000 angehoben.

Übersteigt das Einkommen des Kindes den Betrag von € 10.000 bzw. € 15.000, führt dies nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Familienbeihilfe. Nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes in § 5 Abs. 1 FLAG 1967 ist § 10 Abs. 2 FLAG 1967, wonach unter anderem der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt, endet, auf ein Übersteigen der Einkommensgrenze nicht anzuwenden. Wird der Grenzbetrag überschritten, verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind zu bezahlen ist, im betreffenden Kalenderjahr um den den Grenzbetrag übersteigenden Betrag (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 5 Rz 2).

Auch wenn infolge der Einkommensanrechnung kein Betrag auszuzahlen ist (die Familienbeihilfe im betreffenden Jahr also auf Null Euro zu kürzen ist), ändert dies nichts daran, dass im Übrigen der Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen bleibt (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 5 Rz 2).

Sollte der Bf ein Einkommen von über € 10.000 bzw. € 15.000 bezogen haben, ändert dies daher nichts am grundsätzlichen Anspruch und ist daher der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben. Es ist lediglich der Auszahlungsbetrag allenfalls gemäß § 5 Abs. 1 FLAG 1967 entsprechend zu kürzen (vgl. ).

Revisionsnichtzulassung

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, ist eine Revision nicht zuzulassen. Wann die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, ist eine Einzelfallentscheidung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§§ 166 f BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 177 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 270 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 11 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 12 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 6 Abs. 2 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102850.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at