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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.06.2022, RV/7101864/2021

Ausgaben für bürgerliche Kleidung und Reinigung bürgerlicher Kleidung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Julia Carola Cermak-Kapl MA in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF StNr***, zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO - im Umfang der Beschwerdevorentscheidung - teilweise Folge gegeben.

  2. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  3. II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen ihrer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 machte die Beschwerdeführerin unter anderem sonstige Werbungskosten iHv EUR 155,61 für Berufskleidung sowie Reinigungskosten von 157 Waschladungen zu je 80 Cent (EUR 125,60) geltend.

In der Vorhaltsbeantwortung vom gab die Beschwerdeführerin diesbezüglich an, dass sie als Behindertenbetreuerin tätig sei und die Arbeitskleidung meist nach jedem Dienst aufgrund des Kontaktes mit Kot, Urin und Erbrochenem extra gewaschen werden müsse. In der Beilage übermittelte die Beschwerdeführerin drei Belege der Firma ***Modehaus*** iHv gesamt EUR 111,93 (Rechnung vom über EUR 47,97, Rechnung vom über EUR 31,98 und Rechnung vom über EUR 31,98). Handschriftlich wurde auf dem Beleg vermerkt "+ 43,68 € Kilometergeld".

Im Einkommensteuerbescheid 2020 wurden die Aufwendungen für Bekleidung und Schuhe nicht berücksichtigt und begründet, dass es sich um keine typische Berufskleidung handle. Reinigungskosten der Berufskleidung seien nur dann als Werbungskosten absetzbar, wenn sie durch Fremdbelege (gewerbliche Putzerei oder Wäschereibetrieb) nachgewiesen werden würden. Die geltend gemachten Aufwendungen hätten daher nicht berücksichtigt werden können.

In der gegen den Bescheid gerichteten Beschwerde vom gab die Beschwerdeführerin an, dass es sich - wie aus den Rechnungen ersichtlich sei - um bürgerliche Kleidung handle, die über die Grundausstattung hinausgehe und daher eine berufliche Veranlassung anzunehmen sei.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt erneut darauf hin, dass die Aufwendungen für Kleidung und Schuhe nicht berücksichtigt worden seien, da es sich um keine typische Berufskleidung handle. Aus den vorgelegten Rechnungen vom ***Modehaus*** sei nicht ersichtlich, dass es sich um eine typische Berufsbekleidung handle (Damenhosen, Oberbekleidung).

Am brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageatrag ein und führte erneut aus, dass es sich bei der Arbeitskleidung um bürgerliche Kleidung handle, die über die Grundausstattung hinausgehe. Es sei daher laut Erkenntnis des VGH (gemeint wohl: VwGH) eine berufliche Veranlassung anzunehmen. Weiter seien auch die bereits einmal beantragten Reinigungskosten für diese Arbeitskleidung zu berücksichtigen.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Über Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes mit Beschluss vom erklärte die Beschwerdeführerin ergänzend zu den Reinigungskosten, sie habe im Jahr 2020 an 157 Tagen Dienst gehabt. Die Arbeitskleidung sei nach jedem Dienst verunreinigt und müsse gereinigt werden. Der Arbeitgeber biete keine Möglichkeit an, die Arbeitskleidung zu reinigen, daher müsse sie ihre Arbeitskleidung nach jedem Dienst separat (nicht mit ihrer privaten Kleidung) in ihrer privaten Waschmaschine waschen. Die 80 Cent je Waschladung ergäben sich aus den Stromkosten, Waschmittel und Wasserverbrauch. Betreffend Kilometergeld gab sie an, dass dies die Wegstrecke zwischen Wohnort und Geschäft beträfe und mit 0,42 Cent / Kilometer berechnet worden sei. Da die Kleidung in Gmünd nicht mehr vorrätig gewesen sei, habe sie nach Zwettl fahren müssen.

Das Finanzamt gab zu der Vorhaltsbeantwortung an, dass - wie bereits vorgebracht - die Ausgaben für keine typischen Berufskleider oder Arbeitsschutzkleidung getätigt worden seien. Die gekaufte Kleidung könne auch außerhalb des Berufes getragen werden, daher sei die Finanzverwaltung der Ansicht, dass die beantragten Aufwendungen und Ausgaben (Kleidung, Reinigung und Fahrtkosten für den Kauf) gemäß § 20 EStG nicht abzugsfähig seien.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war im streitgegenständlichen Jahr 2020 als Behindertenbetreuerin bei der ***Einrichtung*** angestellt. Sie arbeitete an 157 Tagen im Jahr 2020. Sie kaufte bürgerliche Bekleidungstücke im ***Modehaus*** in Zwettl und Gmünd, welche sie bei der beruflichen Tätigkeit trug und Kosten iHv EUR 155,61 verursachten. Aufgrund der Tätigkeit mit behinderten Menschen kam es zu einer verstärkten Verschmutzung der bürgerlichen Kleidung, welche die Beschwerdeführerin nach der Arbeit bei sich im Haushalt wusch. Die Höhe eines damit verbundenen Mehraufwandes konnte weder dem Grunde noch der Höhe nach glaubhaft gemacht werden; Fremdbelege wurden nicht vorgelegt.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem, dem Bundesfinanzgericht vorliegenden, Akteninhalt und ist als solcher nicht strittig.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die beruflich genutzte bürgerliche Kleidung sei an jedem einzelnen Arbeitstag derartig verschmutzt, dass die Reinigung gesondert von der privaten Wäsche zu erfolgen habe, erscheint als solches außerhalb der Lebenserfahrung liegend. Aufzeichnungen, die belegen, wann tatsächlich eine gesonderte Reinigung erfolgt ist, wurden nicht vorgelegt. Da die Reinigung im privaten Haushalt erfolgt ist, wurden auch keine Fremdbelege vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

  1. Bekleidung

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Bekleidungsaufwand kann nur dann als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn es sich um typische Berufskleidung oder um bloße Arbeitsschutzkleidung handelt. Eine ausschließliche berufliche Verwendung ist nicht erforderlich, es genügt die überwiegend berufliche Verwendung (). Bekleidung, die üblicherweise auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit getragen wird, kann nicht zu Werbungskosten führen. Das gilt auch dann, wenn die Bekleidung tatsächlich nur während der Arbeitszeit getragen wird () oder wenn die Verwendung derartiger Kleidungsstücke im Interesse des Arbeitgebers liegt oder von diesem angeordnet wird ().

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind daher Aufwendungen für die Anschaffung und Instandhaltung von Bekleidung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, auch wenn die Kleidung tatsächlich nur in der Arbeitszeit getragen wird, wenn es sich dabei um bürgerliche Kleidung und nicht um typische Berufskleidung handelt. Entscheidend ist, dass sich die beruflich verwendete Bekleidung ihrer objektiven Beschaffenheit nach unstrittig nicht von einer solchen Bekleidung unterscheiden lässt, wie sie üblicherweise im Rahmen der privaten Lebensführung Verwendung findet. Mit der Begrenzung auf typische Berufskleidung soll der Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug auf solche Bekleidung beschränkt werden, bei der offensichtlich ist, dass sie im Wesentlichen nur für die berufliche Verwendung geeignet ist, und damit ein Konnex zur privaten Lebensführung und zur privaten Bekleidung von vornherein ausscheidet (vgl. ).

Von der Beschwerdeführerin wurden am 10. und , wie aus den vorgelegten Rechnungen ersichtlich, sechs Damenhosen und ein Paar Damenshorts bei ***Modehaus*** (***GmbH***, ***Fn***) gekauft. Bei diesen Kleidungsstücken handelt es sich um Bekleidung, die sich nach dem äußeren Erscheinungsbild nicht von einer solchen Bekleidung unterscheiden lässt, wie sie üblicherweise im Rahmen der privaten Lebensführung Verwendung findet. Bei dem Geschäft handelt es sich um eine Modehauskette, bei der von einem großen Teil der Bevölkerung private Kleidung gekauft wird. Ob diese tatsächlich nur im Beruf getragen wird, ist nicht ausschlaggebend. Auch eine Unterscheidung, ob die Bekleidung zur Grundausstattung gehört oder darüber hinaus geht, ist nicht zu treffen. Die geltend gemachten Kosten für den Kauf der Bekleidung können daher nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind grundsätzlich in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten anzusetzen. Da jedoch dem Kauf der Kleidung - wie oben begründet - die berufliche Veranlassung fehlt, sind auch die mit diesen Käufen in Zusammenhang stehenden Fahrtkosten nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

  1. Reinigungskosten

Wie oben ausgeführt dürfen nach § 20 Abs 1 EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden und stellen somit nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben dar.

Auch Aufwendungen für die Reinigung bürgerlicher Kleidung sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, auch wenn die Berufsausübung eine erhöhte Kleiderabnutzung bedingt, gesetzliche Vorschriften eine bestimmte bürgerliche Bekleidung vorschreiben oder diese berufsbedingt immer in ordentlichem Zustand sein muss. Entsprechend dem auf Gründen der Steuergerechtigkeit beruhenden Aufteilungsverbot nach § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 könnte ein Aufwand für die Reinigung nur dann steuerlich Berücksichtigung finden, wenn diese (beispielsweise wegen besonderer Verschmutzung oder Pflegeerfordernisse) eindeutig zuordenbare höhere Kosten verursacht, als die Reinigung so genannter bürgerlicher Kleidung, dem Aufwand somit auch keine relevante private Mitveranlassung zukommt (vgl. ; ; ).

Erfolgt die Reinigung im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen zusammen mit anderer Bekleidung, sind anteilige Reinigungsaufwendungen im Hinblick auf das Aufteilungsverbot des § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig.

Bei den in Streit stehenden Bekleidungsstücken handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht um typische Berufskleidung, sondern um beruflich genutzte bürgerliche Kleidung, die gleichfalls auch privat genutzt werden kann. Beruflich veranlasste Aufwendungen für Kleidung, bei der es sich nicht um typische Berufskleidung, sondern um so genannte bürgerliche Kleidung handelt, die privat getragen werden kann, sind steuerlich auch dann nicht zu berücksichtigen, dh nicht als Werbungskosten abzugsfähig, wenn solche Kleidungsstücke ausschließlich bei der Berufsausübung getragen werden oder wenn bei der Berufsausübung eine bestimmte bürgerliche Kleidung zwingend getragen werden muss ().

Jeder Berufstätige benötigt für die berufliche Tätigkeit Bekleidung. Die Kosten dieser Bekleidung sind nach Rechtsprechung und Lehre unbestritten nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung. Es widerspricht der Steuergerechtigkeit, wenn die Reinigungskosten für die bei der Berufsausübung von der Beschwerdeführerin getragene Bekleidung Werbungskosten darstellen würden, während die Reinigungskosten für die bei der Berufstätigkeit getragene Bekleidung anderer Steuerpflichtiger nicht abzugsfähig sind.

Im Hinblick auf die Voraussetzung gemäß der oa zitierte Judikatur des VwGH (vgl. ; ; ), dass die Reinigung der beruflich genutzten bürgerlichen Kleidung eindeutig zuordenbare höhere Kosten verursachen muss, als die Reinigung so genannter bürgerlicher Kleidung und dem Aufwand auch keine relevante private Mitveranlassung zukommen darf, ist festzustellen, dass ein solcher eindeutig zuordenbarer höherer Aufwand nicht feststellbar ist. Von der Beschwerdeführerin wurden keine Fremdbelege für die Reinigung vorgelegt und keine Aufzeichnungen darüber geführt, wann tatsächlich eine gesonderte Reinigung aufgrund der verstärkten Verschmutzung erfolgt ist. Wie bereits oben erwähnt, muss von jedem Steuerpflichtigen die beruflich genutzte Wäsche im eigenen Haushalt gewaschen werden. Die betreffende Kleidung kann von der Beschaffenheit her keinen höheren Aufwand verursachen, da es sich um typische bürgerliche Kleidung handelt. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Reinigung erfolge immer gesondert von der privaten Wäsche, kann nicht gefolgt werden. Es sind daher keine eindeutig zuordenbaren höheren Kosten feststellbar und ist jedenfalls von einer privaten Mitveranlassung auszugehen.

Die Kosten für die Reinigung der beruflich genutzten bürgerlichen Kleidung sind daher gemäß § 20 EStG 1988 nicht als Werbungskosten absetzbar.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (insb. hinsichtlich der Bekleidung sowie ; ; betreffend die Reinigungskosten).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101864.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at