Wohnrecht mindert nicht den gemeinen Wert einer Liegenschaft
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die Öffentliche Notare Dr. Erich Leutgeb Dr. Leopold Mayerhofer Partnerschaft, Hauptplatz 13, 3580 Horn über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom , betreffend Grunderwerbsteuer, ErfNr., zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Übergabsvertrag vom übergab ***1*** die Liegenschaft EZ*KG* je zur Hälfte an ihren Sohn und dessen Lebensgefährtin, die Beschwerdeführerin ***Bf1***.
Die Erwerber verpflichteten sich im Gegenzug zur Übernahme und weiteren Duldung eines im Jahr 2007 an der Liegenschaft zugunsten des Begünstigten eingeräumten Wohnrechts sowie zur Übernahme eines außerbücherlichen Althaussanierungsdarlehens.
Am wurde der Übergabsvertrag der belangten Behörde mit einer Abgabenerklärung angezeigt. Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, den gemeinen Wert der Liegenschaft bekanntzugeben und auszuführen, welche Werte in der Abgabenerklärung als Bemessungsgrundlage angegeben worden seien.
Diesem Vorhalt entsprechend legten die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte ein Gutachten eines Immobilienmaklerbüros, der Makler GmbH, vom vor, in dem das Grundstück mit Gebäude mit 152.865 EUR sowie das Wohnrecht des Begünstigten mit 64.936 EUR bewertet wurde. Unter Berücksichtigung des Wohnrechts ergebe sich somit ein Gesamtwert von 87.929 EUR. Die Wertermittlung basiere auf einer Marktpreisschätzung, wobei ein Verkauf der Liegenschaft aufgrund des eingeräumten Wohnrechtes nur sehr schwer möglich sei.
Weiters gaben die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte an, dass für den Erwerbsvorgang zwischen ***1*** und ihrem Sohn der anteilige dreifache Einheitswert (31.830,70 EUR) als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer herangezogen worden sei. Hingegen sei beim Erwerbsvorgang zwischen ***1*** und der Beschwerdeführerin der halbe Verkehrswert (entsprechend dem vorgelegten Gutachten 43.964,50 EUR) als Bemessungsgrundlage angegeben worden.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Grunderwerbsteuer für den Erwerbsvorgang der Beschwerdeführerin mit 3,5% vom Wert des Grundstücks iHv 76.432,50 EUR - somit 2.675,14 EUR - fest. Begründend führte die belangte Behörde aus, der halbe Verkehrswert (gemeint wohl: der halbe gemeine Wert) des Grundstücks betrage 76.432,50 EUR.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom wendete die Beschwerdeführerin unter Verweis auf das vorgelegte Gutachten ein, der halbe Verkehrswert betrage lediglich 43.964,50 EUR.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führt sie aus, dass gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 bei nicht begünstigten Erwerbsvorgängen mindestens der gemeine Wert als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer anzusetzen sei. Infolge der für den gemeinen Wert in § 10 Abs. 2 und 3 BewG 1955 angeordneten Außerachtlassung persönlicher und ungewöhnlicher Verhältnisse, die den Verkehrswert unter Umständen sehr beeinflussen könnten (z.B. bei der Belastung eines Grundstücks durch ein Wohnrecht), könne der gemeine Wert wesentlich vom Verkehrswert abweichen.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und wendete sich im Vorlageantrag vom gegen die Nichtberücksichtigung des Wohnrechts bei der Ermittlung des gemeinen Werts. Begründend führte sie aus, dass es sich bei dem eingeräumten Wohnrecht weder um ein ungewöhnliches oder persönliches Verhältnis iSd § 10 Abs. 2 BewG 1955 noch um eine Verfügungsbeschränkung iSd § 10 Abs. 3 BewG 1955 handle. Durch das eingeräumte Wohnrecht sei die Verwertungsmöglichkeit der Liegenschaft eingeschränkt und es liege eine objektive Wertminderung vor, die ihren Preis keineswegs abweichend von den allgemeinen Marktverhältnissen beeinflusse. Es liege auch keine Verfügungsbeschränkung vor, die in der Person der Steuerpflichtigen gelegen sei, da die Begründung des Wohnrechts nicht von den betroffenen Personen selbst (also der Übergeberin und der Übernehmerin) vereinbart worden sei. Vielmehr sei das Wohnrecht dem berechtigten Begünstigten bereits Jahre vor der gegenständlichen Übergabe eingeräumt worden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Mit wurde zugunsten des Begünstigten - im Gegenzug zur Übertragung seines Anteils an der gegenständlichen Liegenschaft an ***1*** - ein Wohnrecht an der gegenständlichen Liegenschaft begründet und im Grundbuch eingetragen.
Mit Übergabsvertrag vom übergab ***1*** die Liegenschaft EZ*KG* je zur Hälfte an ihren Sohn und an dessen Lebensgefährtin, die Beschwerdeführerin. Die Übernehmenden verpflichteten sich im Gegenzug zur Übernahme und weiteren Duldung des zugunsten des Begünstigten eingeräumten Wohnrechts sowie zur Übernahme eines außerbücherlichen Althaussanierungsdarlehens mit einem aushaftenden Betrag in Höhe von 43.894,16 EUR.
Laut dem - als "Wertermittlung zwecks Verkaufseinschätzung" bezeichneten - vorgelegten Gutachten der Makler GmbH vom beträgt der Gesamtwert der Liegenschaft (ohne Berücksichtigung des eingeräumten Wohnrechts) 152.865 EUR.
Das Wohnrecht wurde im vorgelegten Gutachten basierend auf einem monatlichen Mietpreis von 500 EUR netto und einer angenommenen Lebenserwartung des am ***Geburtsdatum*** geborenen Begünstigten von 16,3 Jahren unter Anwendung eines Rechnungszinssatzes von 4% mit 64.936 EUR bewertet.
Der Verkehrswert der Liegenschaft unter Berücksichtigung des Wohnrechts wurde im Gutachten mit 87.929 EUR angegeben.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, insbesondere aus dem übermittelten Übergabsvertrag vom und dem Gutachten. Die Feststellungen betreffend die Einräumung des Wohnrechts im Jahr 2007 beruhen auf Grundbuchsauszügen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Im Beschwerdefall sind die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG 1987), BGBl. Nr. 309/1987, in der Fassung BGBl. I Nr. 36/2014 anzuwenden.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen. Gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a GrEStG 1987 ist die Steuer - abweichend von Abs. 1 - bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG 1987 angeführten Personenkreis vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen. Gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 ist die Steuer - abweichend von Abs. 1 sowie Abs. 2 Z 2 und 3 - vom gemeinen Wert zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstücks.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist die Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987 gehören auch Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten, zur Gegenleistung.
§ 10 Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955, lautet in der für den beschwerdegegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 71/2003 auszugsweise:
Gemäß § 10 Abs. 2 BewG 1955 wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 10 Abs. 3 BewG 1955 sind als persönliche Verhältnisse auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob ein an der Liegenschaft eingeräumtes Wohnrecht als wertmindernd bei der Ermittlung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen ist.
Mit Übergabsvertrag vom übergab ***1*** die Liegenschaft EZ*KG* je zur Hälfte an ihren Sohn und dessen Lebensgefährtin, die Beschwerdeführerin. Dieser Erwerb durch die Beschwerdeführerin stellt - im Gegensatz zum Erwerb des anderen Liegenschaftsanteils durch ihren Lebensgefährten - keinen Erwerbsvorgang unter nahen Angehörigen iSd § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG 1987 dar.
Die Grunderwerbsteuer ist daher gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 ist jedoch der gemeine Wert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstücks.
Im gegenständlichen Fall wurde im Übergabsvertrag vereinbart, dass im Gegenzug zur Übernahme der Liegenschaft ein außerbücherliches Darlehen und das bestehende Wohnungsrecht von der Beschwerdeführerin und ihrem Lebensgefährten übernommen werden. Sowohl das Darlehen als auch das übernommene Wohnrecht zählen als von den Erwerbern übernommene sonstige Leistungen iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 als Teil der Gegenleistung. Zu bemerken ist, dass das grundbücherlich eingetragene Wohnrecht auch dann zur Gegenleistung zählen würde, wenn dessen Übernahme nicht vertraglich vereinbart worden wäre. Gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987 gehören auch Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten, zur Gegenleistung. Das Wohnrecht stellt eine solche Belastung dar, weil es als absolutes Recht gegenüber dem jeweiligen Eigentümer der belasteten Sache wirkt und damit kraft Gesetzes auf den Erwerber übergeht (vgl. ).
Das übernommene Darlehen ist gemäß § 14 BewG 1955 mit dem Nennwert - somit mit dem am aushaftenden Betrag iHv 43.894,16 EUR (anteilig: 21.947,08 EUR) - zu bewerten.
Das dem Begünstigten auf Lebenszeit eingeräumte Wohnrecht an der Liegenschaft ist gemäß § 16 BewG 1955 mit dem Kapitalwert anzusetzen. Der heranzuziehende Wert des eingeräumten Wohnrechts ergibt sich aus einer versicherungsmathematischen Berechnung der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen. Dabei ist gemäß § 16 iVm § 15 Abs. 1 BewG 1955 ein Zinssatz von 5,5% anzuwenden.
Da im vorgelegten Gutachten bei der Bewertung des Wohnrechts ein Rechnungszinssatz von 4% zur Anwendung gekommen ist, entspricht die dort vorgenommene Bewertung nicht dem Kapitalwert des § 16 BewG 1955 und kann daher nicht zur Bewertung dieser Gegenleistung herangezogen werden. Es bestehen jedoch keine Bedenken dem Gutachten für die weitere Berechnung dahingehend zu folgen, dass das Wohnrecht mit einem monatlichen Mietpreis iHv 500 EUR anzusetzen ist.
Es wurde daher vom Bundesfinanzgericht unter Zuhilfenahme des für die Bewertung von Renten und wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen vom BMF zur Verfügung gestellten Berechnungstools (zu finden unter: https://service.bmf.gv.at/Service/Anwend/Steuerberech/Par16/Par16.aspx ) - unter Angabe des Geburtsdatums des Begünstigten, des als Bewertungsstichtag sowie unter Annahme einer monatlichen Miete iHv 500 EUR (12 jährliche Raten iHv 500 EUR) - der Kapitalwert iSd § 16 BewG 1955 des gegenständlichen Wohnrechts mit 73.768,54 EUR (anteilig: 36.884,27 EUR) berechnet.
Die Gegenleistung für die übernommene Liegenschaft ist daher insgesamt mit 117.662,70 EUR zu bewerten. Der Wert der - auf den von der Beschwerdeführerin übernommenen Anteil der Liegenschaft entfallenden - Gegenleistung beträgt 58.831,35 EUR.
Wie bereits dargelegt, ist die Gegenleistung jedoch nur dann als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, wenn sie nicht geringer als der gemeine Wert des übernommenen Grundstücks ist.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Beschwerdeführerin ein Gutachten der Makler GmbH zur "Wertermittlung zwecks Verkaufseinschätzung" vorgelegt. Es bestehen keine Bedenken, die diesem Gutachten zugrundeliegende Bewertung des Grundstücks, die auch im bisherigen Verfahrensgang nicht bestritten wurde, grundsätzlich zur Ermittlung des gemeinen Werts der Liegenschaft heranzuziehen. Strittig ist ausschließlich, ob das an der Liegenschaft eingeräumte Wohnrecht dabei wertmindernd zu berücksichtigen ist.
Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist (vgl. ); dabei ist von einem objektiven Maßstab auszugehen (vgl. ). Der gemeine Wert wird nach dem Gesetzeswortlaut durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind (vgl. sowie vom , 91/16/0044). Hingegen sind ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse gemäß § 10 Abs. 2 BewG 1955 bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nicht zu berücksichtigen (vgl. ).
Ein Wohnrecht ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nicht zu berücksichtigen, weil unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes iSd § 10 Abs. 2 BewG 1955die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen sind, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind und es sich bei einem eingeräumten Wohnrecht um nicht zu berücksichtigende persönliche Verhältnisse iSd§ 10 Abs. 2 BewG 1955handelt (vgl. mwN).
Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, dasgegenständliche Wohnrecht sei bereits im Jahr 2007 und nicht von den nunmehrigen Vertragsparteien begründet worden und könne daher - mangels Bezugs zu ihrer Person - nicht als persönliches Verhältnis iSd § 10 Abs. 2 BewG anzusehen sein. Dem ist entgegenzuhalten, dass aus den Grundbuchsauszügen der gegenständlichen Liegenschaft ersichtlich ist, dass das Wohnrecht im Jahr 2007 dem Begünstigten gegen die Übertragung seines Liegenschaftsanteils an ***1*** eingeräumt wurde. Die Einräumung des gegenständlichen Wohnrechts war daher jedenfalls (auch) in der Person der ***1*** begründet. ***1*** ist jedoch als Übergeberin der gegenständlichen Liegenschaft eine am gegenständlichen Erwerbsvorgang beteiligte Person und somit - unabhängig von der vertraglichen Vereinbarung, dass die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte die Grunderwerbsteuer zu tragen hätten - auch Steuerschuldnerin iSd § 9 Abs. 4 GrEStG 1987. Daher handelt es sich auch bei dem im Jahr 2007 eingeräumten Wohnrecht um eine Verfügungsbeschränkung, die in der Person des bzw. eines Steuerpflichtigen oder seines Rechtsvorgängers begründet ist, die gemäß § 10 Abs. 3 BewG 1955 als persönliches Verhältnis iSd § 10 Abs. 2 BewG 1955 zu sehen ist (vgl. sowie vom , RV/7100931/2016).
Es ist der Beschwerdeführerin dahingehend zuzustimmen, dass das eingeräumte Wohnrecht zweifellos eine Einschränkung der Verwertungsmöglichkeit der Liegenschaft darstellt. Die daraus resultierende Wertminderung ist bei der Ermittlung des gemeinen Werts allerdings - anders als beim Verkehrswert - nicht zu berücksichtigen (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 10 Rz 40).
Aus den dargelegten Gründen war das eingeräumte Wohnrecht als persönliches Verhältnis iSd § 10 Abs. 2 BewG 1955 nicht zu berücksichtigen. Als gemeiner Wert des beschwerdegegenständlichen Grundstücks war daher der im Gutachten für den Gesamtwert der Liegenschaft (ohne Berücksichtigung einer Wertminderung durch das Wohnrecht) angegebene Wert iHv 152.865 EUR heranzuziehen.
Da im gegenständlichen Fall der Wert der Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstücks, ist die Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 vom gemeinen Wert zu berechnen.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht den - auf den von der Beschwerdeführerin übernommenen Anteil entfallenden - anteiligen gemeinen Wert iHv 76.432,50 EUR als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer herangezogen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage der Berücksichtigung eines Wohnrechts bei der Ermittlung des gemeinen Werts eines Grundstücks ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl. bis 0026 sowie vom , Ra 2016/16/0037). Das vorliegende Erkenntnis weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 10 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 10 Abs. 3 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101372.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at