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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2022, RV/5100404/2019

Verspätungszuschlag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Weinberger & Höchtl Steuerberatung OG, Mariazeller Straße 150, 3100 St. Pölten, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Verspätungszuschlag betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

I. Der Bescheid wird abgeändert. Der Verspätungszuschlag betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2016 beträgt € 15.396,24 (d.s. 6,00 % von € 256.604,00).

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Am wurde die Einkommensteuer 2016 i.H.v. € 303.150,00 gemäß § 184 BAO geschätzt. Der Beschwerdeführer hatte keine Einkommensteuererklärung 2016 eingereicht.

Am gleichen Tag wurde ein Verspätungszuschlag für die Einkommensteuer 2016 i.H.v. € 24.252,00 festgesetzt.

2. Der Einkommensteuerbescheid wurde mit Beschwerde bekämpft; die Beschwerdevorentscheidung vom setzte die Einkommensteuer mit € 253.476,00 fest.

Der Verspätungszuschlagsbescheid vom wurde gemäß § 295 Abs. 3 BAO an die Beschwerdevorentscheidung angepasst und ein Verspätungszuschlag i.H.v. € 19.264,17 festgesetzt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die streitgegenständliche Beschwerde.

3. Die Beschwerde vom wendet ein, die Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2016 erfolgte objektiv zu spät. Aufgrund der Quotenregelung für berufsmäßige Parteienvertreter seien die Abgabenerklärungen spätestens mit abzugeben gewesen; tatsächlich seien die Steuererklärungen am abgegeben worden. Es liege somit eine objektive Säumnis von 170 Tagen vor. Der Beschwerdeführer habe sehr hohe Vorauszahlungen bei der Einkommensteuer geleistet und auch Anfang 2018 eine Sondervorauszahlung für die Einkommensteuer 2016 vorgenommen. Insgesamt weiche die bescheidmäßige Festsetzung der Einkommensteuer um € 13.303,00 von den Vorauszahlungen und Anspruchszahlungen (gemeint wohl Anzahlungen) ab. Bei gleichem Sachverhalt sei der Verspätungszuschlag für die Umsatzsteuer mit 0,1 % der Bemessungsgrundlage, für die Einkommensteuer mit 7,6 % festgesetzt worden, obwohl die Umsatzsteuerzahllast durch Vorauszahlungen abgedeckt gewesen seien und die gesamte Einkommensteuer bereits durch Vorauszahlungen und Anspruchszahlungen entrichtet gewesen sei. Die Festsetzung i.H.v. 0,1 % der ohnehin bereits fristgerecht gezahlten Abgaben erscheine innerhalb des der Abgabenbehörde eingeräumten Ermessensrahmens und werde daher nicht durch Beschwerde bekämpft. Die Abgabenbehörde setze nunmehr für den gleichen Sachverhalt den 76-fachen Verspätungszuschlag für die Einkommensteuer an; dies liege jedenfalls außerhalb des Ermessens. Der Beschwerdeführer beantrage, den Verspätungszuschlag für die Einkommensteuer mit ebenfalls 0,1 % der Bemessungsgrundlage festzusetzen.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der (unstrukturierten) Begründung führte das Finanzamt aus, es liege zumindest leichte Fahrlässigkeit an der verspäteten Einreichung der Abgabenerklärung und wiederholte Säumigkeit vor. Der Beschwerdeführer neige zur Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten. Bei der Ermessensübung stelle die Höhe von Anspruchszinsen einen berücksichtigungswürdigen Grund dar, wenn die Voraussetzung der Rechtzeitigkeit vorliege. Die Anzahlung der Einkommensteuer für das Jahr 2016 sei am erfolgt, somit um 91 Tage verspätet. Angesichts des bisherigen Erklärungsverhaltens werde unter Bedachtnahme auf Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller im Betracht kommenden Umstände die Beschwerde abgewiesen.

5. Im Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und die Stattgabe der Beschwerde, zudem das Ansetzen eines Erörterungstermins und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

6. Im Vorlagebericht vom führte das Finanzamt aus, der Abgabepflichtige sei hinsichtlich der Steuererklärung 2016 nicht in einer Quotenliste enthalten gewesen. Die Abgabefrist für die Steuererklärung 2016 wäre daher der gewesen. Es sei zwar ein Fristverlängerungsansuchen am eingebracht worden, dieses sei jedoch als verspätet anzusehen gewesen; aufgrund des Fristverlängerungsansuchens sei lediglich eine Nachfrist gewährt worden, da abgelaufene Fristen nicht verlängert werden könnten. Somit betrage die objektive Säumnis 509 Tage. Auch wenn die bescheidmäßige Festsetzung der Einkommensteuer insgesamt nur um € 13.303,00 von den Vorauszahlungen und Anspruchszinsen (gemeint wohl Anzahlungen) abgewichen sei, habe die Anspruchsverzinsung erst mit begonnen und sei die Anzahlung erst Ende Jänner 2018 entrichtet worden. Unstrittig sei, dass der Abgabepflichtige die Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 nicht gewahrt habe. Die Fristversäumnis sei als erheblich zu beurteilen (509 Tage). Auch sei der Abgabepflichtige wiederholt säumig; bereits in den Vorjahren seien die Erklärungen verspätet eingereicht worden bzw. die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege zu ermitteln gewesen. Der Grad des Verschuldens sei als über den minderen Grad des Versehens hinausgehend einzustufen. Auch liege der finanzielle Vorteil auf der Hand; es sei nicht außer Acht zu lassen, dass finanzielle Vorteile aus einer verspäteten oder gänzlich unterlassenen Erklärungsabgabe nicht nur in Zinsvorteilen bestünden, sondern auch in wirtschaftlichen Vorteilen aller Art. Das Finanzamt habe das Ermessen rechtsrichtig geübt, daher erscheine der Verspätungszuschlag in der gewählten Höhe als angemessen. Das Finanzamt beantrage die Abweisung der Beschwerde.

7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde der gegenständliche Akt dem bisher zuständig gewesenen Richter gemäß § 9 Abs 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung ***1*** zugewiesen.

8. Im Vorhalteverfahren legte das Finanzamt den Antrag auf Fristverlängerung zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 vom vor und merkte an, dass dieser fristgerecht eingereicht worden sei. Die beantragte Fristverlängerung bis zum sei vom Finanzamt (stillschweigend) gewährt worden.

Weiters legte es den Bescheid vom vor, in dem der Beschwerdeführer an die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 erinnert wurde. Es wurde eine weitere Frist bis gesetzt.

Zudem erklärte das Finanzamt den Ablauf des Ausschlusses von der Quotenregelung bei Steuerberatern und Wirtschaftstreuhändern.

9. Am gab der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers eine Stellungnahme per Mail ab, in der er sich mit einer Reduktion des Verspätungszuschlages auf 0,64% einverstanden erklärte. Die Berechnung des Verspätungszuschlages in dieser Höhe ergäbe sich aus dem , BMF-010103/0030-VI/2006.

10. In der mündlichen Verhandlung am brachte das Finanzamt vor, es sehe einen Verspätungszuschlag iHv € 10.000,00 als angemessen an.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer erzielt betriebliche Einkünfte.

2. Er hat für das Jahr 2016 keine Einkommensteuererklärung abgegeben, die Bemessungsgrundlagen wurden geschätzt (siehe Einkommensteuerbescheid vom ).

Er hat auch keine Umsatzsteuererklärung 2016 abgegeben (siehe Ausdruck Veranlagungsakt 2016 des AIS-DB2 vom ).

3. Die Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 ist am abgelaufen. Die vom Finanzamt gesetzte "Nachfrist" zur Einreichung dieser Erklärung ist am abgelaufen (siehe Bescheid vom ).

4. Die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 2015 wurden am eingereicht. Für die Einreichung der Erklärungen 2015 ist die "Nachfrist" am abgelaufen (siehe Ausdruck Erklärungsversand des AIS-DB2 für 2015 vom ).

Für die Einkommen- und Umsatzsteuer 2014 wurden keine Erklärungen eingereicht, die Bemessungsgrundlagen wurden mit Bescheiden vom geschätzt (siehe Ausdruck Veranlagungsakt 2014 des AIS-DB2 vom ).

Für das Jahr 2013 liegen weder eine Einkommen- noch eine Umsatzsteuererklärung auf (siehe Ausdruck Veranlagungsakt 2013 des AIS-DB2 vom ; Ausdruck aus dem FinanzOnline für 2013 vom ).

Für die Einkommen- und Umsatzsteuer 2012 wurden keine Erklärungen eingereicht, die Bemessungsgrundlagen wurden mit Bescheiden vom geschätzt (siehe Ausdruck Veranlagungsakt 2012 des AIS-DB2 vom ).

Im Zeitraum vom bis zum wurden dem Beschwerdeführer gegenüber 39 erste Säumniszuschläge festgesetzt (siehe Ausdruck Saldoabfrage (nur SZA) vom ).

5. Am wurde die Einkommensteuer 2016 im Schätzungsweg ermittelt und mit € 303.150,00 festgesetzt (siehe Einkommensteuerbescheid vom ); es wurden Anspruchszinsen iHv € 1.677,54 festgesetzt (siehe Ausdruck Veranlagungsakt 2016 des AIS-DB2 vom ).

Am wurde die Einkommensteuer 2016 mit Beschwerdevorentscheidung iHv € 253.476,00 festgesetzt (siehe Beschwerdevorentscheidung vom ); die Anspruchszinsen wurden um € 720,66 reduziert (siehe Anspruchszinsenbescheid vom ).

Am hob das Finanzamt die Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 299 BAO auf und erließ eine neue Beschwerdevorentscheidung, in der die Einkommensteuer mit € 256.604,00 festgesetzt wurde (siehe Beschwerdevorentscheidung vom ). Der Verspätungszuschlagsbescheid vom wurde an die Beschwerdevorentscheidung vom gleichen Tag gemäß § 295 Abs 3 BAO angepasst (siehe Verspätungszuschlagsbescheid vom ).

6. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 Einkommensteuervorauszahlungen iHv € 60.173,00 geleistet. Am hat er € 300.000,00 auf sein Abgabenkonto eingezahlt. Davon hat er € 180.000,00 mit Verrechnungsweisung auf die Einkommensteuer 01-12/2016 gewidmet (siehe Ausdruck Saldoabfrage (Buchungen) vom ).

7. Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers hat am ein Fristverlängerungsansuchen, in dem die Verlängerung der Einreichfrist für die Einkommensteuererklärung 2016 bis beantragt wurde, eingereicht (siehe Fristverlängerungsansuchen und Liste elektronische Fristverlängerung - jeweils Ausdrucke aus dem AIS-DB2 der Finanzverwaltung vom ).

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aufgrund der in Klammer angeführten Unterlagen und aufgrund folgender Überlegungen:

Für die Abgabe der Steuererklärungen 2016 erfolgte am ein Einzelfallausschluss des steuerlichen Vertreters von der Quote (siehe Ausdruck Grunddatenverwaltung Historische Ansicht Beziehungen vom ). Seine Liste "Ausschluss von der Quotenregelung" konnte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers über die Databox von FinanzOnline einsehen (siehe Stellungnahme des Finanzamtes vom ).

Die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2016 endete am bzw. bei Abgabe elektronischer Erklärungen am .

Dass die Abgabe der Steuererklärungen 2015 nicht (mehr) in die Quotenregelung des steuerlichen Vertreters fiel, war dem steuerlichen Vertreter bewusst. Er hat am einen Antrag auf Fristverlängerung bis zum gestellt; diesem wurde stillschweigend stattgegeben (siehe Antrag auf Fristverlängerung vom und Stellungnahme des Finanzamtes vom ). Die vom Finanzamt eingeräumte "Nachfrist" für die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 endete am (siehe Bescheid vom ).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

1. Vorauszuschicken ist, dass der , BMF-010103/0030-VI/2006 die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen darstellt. Eine Bindung des Bundesfinanzgerichtes an die Meinung des BMF besteht nicht.

2. Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabenpflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag von 10% der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Der gesetzliche Zweck der Festsetzung von Verspätungszuschlägen besteht darin, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und die Entrichtung der Abgabe sicherzustellen. Mit Verspätungszuschlägen wird die Säumnis bei Erfüllung der Abgabenerklärungspflicht und die daraus für die Finanzverwaltung/dem Fiskus entstehenden Folgen und Risken geahndet, während Säumnisse bei Erfüllung der Zahlungspflichten die Festsetzung eines Säumniszuschlages zur Folge haben ().

3. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages knüpft zunächst an objektive Voraussetzungen: der Abgabepflichtige hat die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht eingehalten und diese Fristversäumnis war unentschuldbar. Ob der Abgabenpflichtige eine Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung versäumt hat oder nicht, richtet sich nach den einschlägigen Abgabenvorschriften.

Eine Verspätung ist unentschuldbar, wenn den Abgabenpflichtigen daran ein Verschulden trifft. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verspätung dann entschuldbar, wenn der Abgabepflichtige die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus ().

Ein Verschulden des Vertreters trifft den Vertretenen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 135 Rz 10 mit der an dieser Stelle zitierten hg. Rechtsprechung).

4. Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.

Gemäß der sogenannten "Quotenregelung" sind für durch Steuerberater, Rechtsanwälte, Masseverwalter usw. (sog. "Quotenvertreter") vertretene Abgabepflichtige die Abgabenerklärungen bis spätestens 31. März des zweitfolgenden Jahres in Papierform bzw. 30. April des zweitfolgenden Jahres im elektronischen Weg einzureichen.

Die Finanzbehörde kann jedoch bei Quotenvertretern jederzeit Abgabenerklärungen "abberufen".

Die "Quotenregelung" ist keine gesetzliche Regelung, sondern eine in Erlassform festgehaltene "Vereinbarung" des Bundesministeriums für Finanzen mit der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

Erlassmäßige Zufristungen durch das Bundesministerium für Finanzen sind zwar für die Frage der objektiven Verspätung ohne Einfluss (; ), doch kann einem Abgabepflichtigen, der zutreffend der erlassmäßigen Zufristung vertraut, kein Verschulden an einer derartigen Fristversäumnis angelastet werden ().

5. Die vom Finanzamt im Bescheid vom eingeräumte "Nachfrist" für die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 endete am .

Bis zur Schätzung der Bemessungsgrundlagen am hat der Beschwerdeführer keine Einkommensteuererklärung eingereicht. Er hat somit die Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 nicht eingehalten.

6. An der verspäteten Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 trifft den Beschwerdeführer ein Verschulden. Als Unternehmer hat er von seiner Pflicht zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen wissen müssen. Zudem war er seit vielen Jahren steuerlich vertreten. Dass er von der Pflicht zur Einreichung von (hier) Einkommensteuererklärungen bis zum gewusst hat, zeigt das Fristverlängerungsansuchen vom , in dem die Verlängerung der Einreichfrist ua. für die Einkommensteuererklärung 2016 bis beantragt wurde.

Was den Grad des Verschuldens anbelangt, so muss demnach vom Vorliegen eines Vorsatzes (Wissentlichkeit) ausgegangen werden.

Damit liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages vor.

7. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages vor, liegt es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob bzw. in welcher Höhe sie einen Verspätungszuschlag festsetzt. Dabei darf sie die Grenze von 10% der festgesetzten Abgabe nicht überschreiten.

Bei der Ermessungsübung sind v.a. das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen und der Grad des Verschuldens des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 135 Rz 13; ).

a. Die "Nachfrist" zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 endete am . Bis zum Ergehen des Erstbescheides am wurde keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 eingereicht. Erst am wurden mit der Beschwerde die tatsächlichen Beträge übermittelt. Auch wenn das Finanzamt ursprünglich fälschlicherweise von einer Fristüberschreitung von 509 Tagen ausgegangen ist, diese Ansicht in seiner Stellungnahme vom nunmehr nicht mehr aufrecht erhält, lag dennoch eine erhebliche Fristüberschreitung vor.

Nichtzutreffend ist das Vorbringen des steuerlichen Vertreters, die Fristversäumnis betrage 170 Tage, da aufgrund der Quotenregelung die Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 erst am abgelaufen sei. Wie bereits oben dargestellt, kam es zu einem Einzelfallausschluss des Beschwerdeführers von der Quotenregelung und hat der steuerliche Vertreter am auch einen (rechtzeitigen) Antrag auf Fristverlängerung ua. für die Einkommensteuer 2016 eingereicht. Somit war ihm das Fristende mit bewusst.

b. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 die Einkommensteuervorauszahlungen iHv € 60.173,00 und am eine Anzahlung auf die Einkommensteuer 2016 iHv € 180.000.00 geleistet.

Bei der Ermessensübung darf für den Verspätungszuschlag die Höhe von Anspruchszinsen nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Im Allgemeinen wird bei der Vorschreibung von Verspätungszuschlägen nämlich zu berücksichtigen sein, dass der Zinsvorteil des Abgabepflichtigen bereits durch die Nachforderungszinsen abgeschöpft wird. Eine zweifache Berücksichtigung dieses Vorteils ist unzulässig (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 135, Rz 13 mwN). § 205 BAO muss aber selbst der Ausschöpfung des Höchstbetrages des § 135 BAO dann nicht entgegenstehen, wenn die übrigen Ermessenskriterien - insbesondere das Ausmaß der Fristüberschreitung, das bisherige steuerliche Verhalten sowie der Grad des Verschuldens - erheblich ins Gewicht fallen ().

Laut Erhebung der Österreichischen Nationalbank lag der Kreditzins für nichtfinanzielle Unternehmen im Jahr 2017 bei durchschnittlich 1,82% und im Jahr 2018 bei durchschnittlich 1,72% (vgl. https://www.oenb.at/Statistik/Standardisierte-Tabellen/zinssaetze-und-wechselkurse/Zinssaetze-der-Kreditinstitute.html, abgefragt am ).

Der Zinssatz für Anspruchszinsen beträgt 2% über dem Basiszinssatz, dieser lag in den Jahren 2017 und 2018 bei -0,62%. Dem Beschwerdeführer wurden Anspruchszinsen von bis mit einem Zinssatz vom 1,38% vorgeschrieben.

Der mit der Fristüberschreitung verbundene Zinsvorteil für den Beschwerdeführer war somit eher gering, weil die Fristüberschreitung zum einen in eine Niedrigzinsphase fiel und zum anderen bereits zu einem großen Teil durch die Anspruchsverzinsung abgeschöpft wurde.

c. Was das Kriterium des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers betrifft, ist festzustellen, dass zumindest die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen 2012 bis 2015 zum Teil erheblich verspätet oder gar nicht eingereicht wurden. Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer auch seinen Zahlungspflichten gegenüber der Abgabenbehörde nicht immer pünktlich nachgekommen ist (vgl. 39 erste Säumniszuschläge im Zeitraum vom bis zum ). Die Fristüberschreitung betreffend die Einkommensteuer 2016 war somit nicht die erste Pflichtverletzung des Beschwerdeführers. Das bisherige steuerliche Verhalten des Beschwerdeführers war daher durch ein erhebliches Maß an Sorglosigkeit geprägt.

d. Zum Kriterium des Grades des Verschuldens ist zu sagen, dass der Beschwerdeführer bereits seit 2005 unternehmerisch tätig ist und er bzw. sein steuerlicher Vertreter von der Pflicht zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen gewusst hat.

Eine aus diesem Grund unterbliebene Abgabenerklärung muss daher als grobe Sorgfaltsverletzung eingestuft und bei der Ermessensübung entsprechend belastend berücksichtigt werden.

e. Zusammengefasst sind bei der Ermessensübung die erhebliche Fristüberschreitung und die Schwere des Verschuldens bei der verspäteten Einreichung der Einkommensteuererklärung sowie das erhebliche Maß an Sorglosigkeit betreffend die abgabenrechtlichen Pflichten zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, wohingegen der mit der verspäteten Einreichung erzielte finanzielle Vorteil aufgrund der niedrigen Zinsen und der Abschöpfung des Vorteil durch die Anspruchsverzinsung in dieser Zeit nicht ins Gewicht fällt.

Nach Abwägung dieser Kriterien erachtet das Bundesfinanzgericht die Festsetzung eines Verspätungszuschlages von 6,00 % der festgesetzten Abgabe daher als angemessen.

Das Vorbringen des Finanzamtes, ein Verspätungszuschlag iHv € 10.000,00 (entspräche ca. 4%) wäre angemessen, ist nach Ansicht des Gerichtes aufgrund der angeführten Gründe zu niedrig bemessen, zumal Zweck des Verspätungszuschlages ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen sicherzustellen.

8. Da der Einkommensteuerbescheid (BVE) 2016 am gemäß § 299 BAO aufgehoben und eine neue Beschwerdevorentscheidung erlassen wurde, in der die Einkommensteuer mit € 256.604,00 festgesetzt wurde, ist dieser Betrag bei der Berechnung des Verspätungszuschlages zugrunde zu legen. Der Verspätungszuschlag betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2016 beträgt somit € 15.396,24.

9. Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, er habe sehr hohe Vorauszahlungen bei der Einkommensteuer geleistet und auch Anfang 2018 eine Sondervorauszahlung (gemeint ist eine Anzahlung) für die Einkommensteuer 2016 vorgenommen, sodass die bescheidmäßige Festsetzung der Einkommensteuer um € 13.303,00 abweiche, ist entgegenzuhalten, dass die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages nach Lage des Einzelfalls auch dann gerechtfertigt sein kann, wenn auf Grund geleisteter Vorauszahlungen keine Nachzahlungen zu leisten sind ().

Zum Einwand des Beschwerdeführers, der Verspätungszuschlag für die Umsatzsteuer 2016 habe bei gleichem Sachverhalt lediglich 0,1% der Bemessungsgrundlage betragen und liege der streitgegenständliche Verspätungszuschlag außerhalb des Ermessens, ist festzuhalten, dass Gegenstand dieses Verfahrens zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages die Ahndung einer vorwerfbaren Verspätung bei der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 ist; die verspätete Einreichung der Umsatzsteuererklärung 2016 ist nicht streitgegenständlich. Hinsichtlich der Ermessensübung wird auf Punkt 7 verwiesen.

10. Hingewiesen wird darauf, dass am ein neuer Verspätungszuschlagsbescheid betreffend die Einkommensteuer 2016 erging. Dieser wurde aufgrund der Aufhebung des Einkommensteuerbescheides (BVE) vom an die neu erlassene Beschwerdevorentscheidung gemäß § 295 Abs. 3 BAO angepasst.

Die hier gegenständliche Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom vorgelegt. Damit war aber das Finanzamt hinsichtlich des Verspätungszuschlages betreffend die Einkommensteuer 2016 unzuständig. Gemäß § 300 Abs. 1 erster Satz BAO können Abgabenbehörden ab Vorlage der Beschwerde (§ 265 BAO) beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben. Von § 300 Abs. 1 erster Satz BAO betroffene Maßnahmen sind beispielsweise solche nach § 295 BAO (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 300, Rz 4).

Der Verspätungszuschlagsbescheid betreffend die Einkommensteuer 2016 vom ist somit absolut nichtig.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100404.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at