zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.05.2022, RV/6200005/2022

Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil der als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemachte Sachverhalt nicht bescheinigt ist

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über den Antrag von ***As***, ***As-Adr***, vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beschlossen:

Der Antrag wird gemäß § 308 BAO abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Schreiben vom hat ***As*** einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an das Bundesfinanzgericht (BFG) gestellt. Als Betreff ist angegeben: "GZ. RV/6200047/2016, zugestellt am, hinterlegt ; GZ. RV 6200037/2016 v. - nicht erhalten!!; GZ. ????? v. - lt. Tel. Auskunft - ?Mängelbehebung? nicht erhalten!!".

Dem Antrag angeschlossen sind Kopien von Eingaben an den Verwaltungsgerichtshof und an den Verfassungsgerichtshof (Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Vermögensbekenntnis), die er nach umfangreicher telefonischer Erhebung und "Ursachenforschung" des Hergangs der Aktenlage fristgerecht gestellt habe. Zur weiteren Erledigung, Klärung und Abwendung werde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - vor - gestellt, um das gegenständliche Verfahren gegen ihn positiv beenden zu können, dh Einstellung der Forderung von über € 15.000.

Als Begründung gibt der Antragsteller (nachstehend mit "As" bezeichnet) an, seiner Ansicht nach dürfte
a) Meldung über "Entsorgung", Abtransport des Materials und
b) ohnehin nicht zutreffender "AlSAK" [sic]
zutreffen.

Aus den Beilagen zum Antrag geht hervor, Schriftstücke (Mängelbehebungsauftrag vom und RV/6200037/2016 vom ) seien dem As nicht zugegangen, hinterlegte Benachrichtigungen der Post wären für ihn nicht bekannt geworden und daher nicht behoben worden.

Da der Inhalt des Wiedereinsetzungsantrages nicht § 309a BAO entsprach, erging am ein Mängelbehebungsauftrag an den As, der nach Verlängerung der Frist und persönlicher Vorsprache mit Schreiben vom beantwortet wurde.
Demnach handelt es sich bei der versäumten Frist um die Frist zur Behebung von inhaltlichen Mängeln der Beschwerde des As vom gegen die Abgabenbescheide des Zollamtes Salzburg vom , Zahlen: 600000/***00000***/4 und 5/2014, betreffend Altlastenbeitrag sowie Säumnis- und Verspätungszuschlag (Mängelbehebungsauftrag des ). Der beim Postamt hinterlegte Mängelbehebungsauftrag war trotz schriftlicher Verständigung des As nicht behoben worden, weshalb die zur Behebung der Mängel gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist. In der Folge wurde vom BFG ausgesprochen, dass die Beschwerde gemäß § 278 Abs 1 lit b iVm § 85 Abs 2 BAO als zurückgenommen gilt (Beschluss vom 17. September 201, RV/6200037/2016).
In diesem Zusammenhang bringt der As zusammenfassend vor, er sei seit mehreren Jahren häufig auswärts und oft nur kurz (nachts) vor Ort auf seinem Anwesen. Dieser Umstand sei in den letzten Jahren auch durch Vandalen und "Einbruchstruppen" genützt und ihm enormer Schaden zugefügt worden. Sein Haus befinde sich in einer Einöde, über 400 Meter von Nachbarobjekten entfernt und sei an drei Seiten von Wald umgeben. Wiederholt habe es Einbrüche, Diebstähle und Sachbeschädigungen gegeben. Auch Briefe (Postsendungen) seien aufgerissen und verstreut worden (fast "alltägliche Ereignisse").
Zur Postzustellung wird angemerkt, dass es - bestimmt auch durch die Corona-Phasen und Quarantänebestimmungen - zu einem sehr unregelmäßigen Zustelldienst, besonders durch Aushilfen, gekommen sei. Aushilfen hätten sich häufig nach Adressen erkundigt, wie Nachbarn und Spaziergänger dem As berichteten. Seine Adresse werde auch am "Navi" nicht angezeigt.
Des Weiteren sei es in den letzten Monaten und Jahren häufig passiert, dass Post weit ab von der Abgabestelle abgelegt wurde und völlig durchnässt oder verweht im Gras, Wald, Gebüsch, bereits unlesbar, Wochen danach gefunden wurde oder man den As darauf aufmerksam gemacht habe. Dieser Umstand habe natürlich auch schon in manch anderen Angelegenheiten zu Problemen geführt. Als Beweis sind dem Schreiben diverse Fotos beigelegt und wird ein Zeuge namentlich benannt.
Zur Beurteilung des Verschuldens an der Versäumung der Frist betont der As ausdrücklich, dass ihm keine Benachrichtigung über die Hinterlegung des Mängelbehebungsauftrages vorgelegen habe. Einflüsse durch den Mangel an Zustellern bei der Post und den Einsatz von ortsunkundigen Aushilfen, wo Post weit abseits der Abgabestelle abgelegt und schon öfters "durchsucht" worden sei, Briefe von Unbekannten aufgerissen oder zerrissen wurden, habe er hinterher nur durch Verlegen der Abgabestelle beeinflussen können, was bereits auch geschehen sei.
Erst nach Behebung der Entscheidung des BFG am (Erkenntnis vom , RV/6200047/2016, betreffend Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung) habe er begonnen, nachzuforschen und tätig zu werden.
Der As weist auch darauf hin, dass er vorerst und seit einigen Jahren alleine auf seiner Liegenschaft wohne und häufig auswärts zu tun habe, weshalb Menschen mit "Absichten" ungestört Sabotage verrichten könnten. Es gäbe auch mehrere laufende Gerichtsverfahren, über die sich so mancher über "Postkontrolle" Informationen verschaffen wolle. Man habe auch bereits durch Zwangsversteigerung versucht, ihn zu schädigen, was jedoch nicht gelungen sei.
Der Antrag enthält überdies auch noch Ausführungen zur Vorschreibung des Altlastenbeitrages, die für die Wiedereinsetzung nicht relevant sind. Sollte jemand gewusst haben, dass Post in dieser Sache unterwegs war, sei nicht ausgeschlossen, dass jemand absichtlich und vorsätzlich tätig geworden sei.
Er könne sich ein eigenes (grobes) Verschulden an der Versäumung der Frist nicht vorstellen.
Die Mängel der Beschwerde (Anführung einer falschen Geschäftszahl, fehlende Angaben in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden) werden vom As im Antrag bzw der Ergänzung behoben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im vorliegenden Antrag bestreitet der As nicht, dass der Mängelbehebungsauftrag des BFG beim Postamt hinterlegt worden ist, bringt jedoch vor, dass er in der für die Abgabestelle bestimmten Abgabeeinrichtung (Briefkasten) keine entsprechende Verständigung (Hinterlegungsanzeige) vorgefunden habe. Aufgrund der im Antrag beschriebenen Vorfälle gehe er davon aus, dass die Verständigung - wie auch schon in der Vergangenheit - von dritter Seite entfernt wurde.

Gemäß § 308 Abs 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Verschuldens handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Partei den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Dabei hat die Partei selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die eine solche Wiedereinsetzung gestützt werden kann. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptung des Wiedereinsetzungswerbers gedeckt ist (vgl ; , 0312).

Glaubhaftmachen heißt, die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache nachzuweisen. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich (zB ).

Der As geht im gegenständlichen Verfahren im Wesentlichen davon aus, dass er die Frist zur Mängelbehebung deswegen versäumt hat, weil ihm die Verständigung gemäß § 17 Abs 2 Zustellgesetz (ZustG) nicht zur Kenntnis gelangt ist. Der As verweist diesbezüglich auf seit Jahren bestehende Probleme bei der Postzustellung und vermutet, dass die Verständigung über die Hinterlegung - die laut den Angaben des Zustellers am Rückschein nach einem Zustellversuch am in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde - von dritter Seite entfernt wurden, vermutlich um ihm zu schaden.

Wenn ein As nicht darlegt, worin das unvorhergesehene bzw unabwendbare Ereignis gelegen sein soll, welches ihn an der Wahrnehmung einer Frist gehindert habe, sondern äußert er diesbezüglich nur eine Vermutung, so ist der als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemachte Sachverhalt nicht bescheinigt, weswegen schon aus diesem Grund einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben ist (vgl ).

Der betreffende Mängelbehebungsauftrag ist, ebenso wie der das Verfahren abschließende , vom As nicht behoben worden und wurden vom Postamt an das BFG zurückgesendet.

Da es laut dem Vorbringen des As seit Jahren wiederkehrende Probleme mit der Postzustellung gibt, ist der Umstand, dass ihm die verfahrensgegenständliche Hinterlegungsanzeige - wie schon zahlreiche Postsendungen zuvor - nicht zur Kenntnis gelangt ist, nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes überdies auch kein unvorhergesehenes, sondern - wie der As selbst ausführt - ein fast alltägliches Ereignis. Wenn bereits in der Vergangenheit auch Briefe vom Gericht aufgerissen, zerrissen oder entfernt wurden oder den As, der sich oft über längere Zeit nicht an der Abgabestelle aufhält, aus anderen Gründen nicht erreicht haben, hätte er ein Postfach Plus einrichten können, in welches seine gesamten Sendungen kommen, unabhängig davon, ob diese an sein Postfach oder an seine Privatadresse gerichtet sind. Damit hätte er das beschriebene Ereignis abwenden können.

Zum Einwand, die Verständigung sei ihm nicht zugestellt worden, wird angemerkt, dass die Wirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass die Verständigung dem Empfänger nicht zugekommen ist ().
Wurde die Verständigung beschädigt oder entfernt, so steht dies nach § 17 Abs 4 ZustG der Gültigkeit der Zustellung nicht entgegen.
Zudem wäre die Frist zur Mängelbehebung nicht versäumt und so keine Wiedereinsetzung möglich, falls der den Fristlauf auslösende Beschluss des BFG nicht zugestellt ist (vgl zB , 0052; , 97/17/0117). Ein dennoch eingereichter Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 309 wäre zurückzuweisen (; , 96/16/0072; , 2006/13/0010; , 2007/13/0126).
Eine Anfrage des BFG an das zuständige Postamt betreffend die ordnungsgemäße Zustellung der Verständigung ist innerhalb der gesetzten Frist nicht beantwortet worden.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass es dem As nicht gelungen ist, das Vorliegen eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses, das ihn an der fristgerechten Beantwortung des Mängelbehebungsaufrages vom gehindert hätte, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Wenn der As vermutet, die Verständigung über die Hinterlegung sei von Unbekannten entfernt worden, ist der als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemachte Sachverhalt nicht bescheinigt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann schon aus diesem Grund nicht bewilligt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht die Vorschrift des § 308 Abs 1 BAO inhaltlich den Bestimmungen des § 46 VwGG, § 71 AVG und § 167 FinStrG; die für die Auslegung dieser Vorschrift in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze können daher auch hier zur Anwendung kommen (; , 94/17/0486).

Da die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen, war der Antrag mit Beschluss (vgl § 33 Abs 4 VwVGV und § 46 Abs 4 VwGG) abzuweisen (vgl ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dies ist - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht der Fall.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 309a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6200005.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at