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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.05.2022, RV/6100191/2022

Berücksichtigung deutscher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Ermittlung des Durchschnittsteuersatzes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019 Steuernummer ***Bf1-StNr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Abgabenbehörde setzte die Einkommensteuer 2019 nach erfolgter Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO mit Bescheid vom erneut fest. Dabei wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Wohnungen in Deutschland zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes (sog Progressionsvorbehalt) in den Bescheid aufgenommen.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Beschwerde ein. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass seit 2008 der positive und negative Progressionsvorbehalt bei Mieteinkünften aus EU-Staaten - außer Spanien - ausgeschlossen seien. Darüber hinaus wurde auf Art 24 DBA D verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde ab und begründete insoweit, dass aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht des Beschwerdeführers das Welteinkommen zu besteuern sei. Der Steuersatz bemesse sich nach dem (Gesamt) Einkommen, worin innerstaatlich der Progressionsvorbehalt seine Rechtsgrundlage finde. Eine Ungleichbehandlung iSd Art 24 DBA D liege nicht vor.

Der Beschwerdeführer brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein und wiederholte im Wesentlichen sein Vorbringen.

Die Abgabenbehörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht zur weiteren Bearbeitung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2019 in Österreich ansässig und erzielte inländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und in Deutschland Einkünfte aus der Vermietung von Wohnungen.

Die Einkünfte aus der Vermietung betrugen 18.456,00 Euro.

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2019 aufgrund seines Wohnsitzes in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

2. Beweiswürdigung

Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Jahr einen Wohnsitz in Österreich hatte und damit im Jahr 2019 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig war. Neben inländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hatte der Beschwerdeführer in Deutschland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Unstrittig ist ebenfalls die Höhe der Einkünfte aus Vermietung.

Strittig ist im vorliegenden Fall die Heranziehung der Einkünfte aus der Vermietung von Wohnungen für den Durchschnittssteuersatz (Progressionsvorbehalt).

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 erstreckt sich die unbeschränkte Steuerpflicht - unabhängig von der Staatsangehörigkeit - auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Demzufolge unterliegen die Einkünfte einer in Österreich ansässigen, unbeschränkt steuerpflichtigen Person aus der Vermietung von Wohnungen ein Deutschland der Einkommensteuerpflicht

Gemäß § 2 Abs. 8 EStG 1988 sind ausländische Einkünfte bei der Berücksichtigung in Österreich stets nach österreichischem Steuerrecht zu ermitteln. Dabei bleiben zB nur im ausländischen Steuerrecht vorgesehene Steuerbefreiungen unbeachtlich.

Gemäß Art. 6 DBA D dürfen Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unbeweglichem Vermögen, das im anderen Vertragsstaat liegt, bezieht, im anderen Staat besteuert werden. Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach dem DBA D in Deutschland besteuert werden dürfen, nimmt Österreich - vorbehaltlich lit. b und c - diese Einkünfte gem. Art. 23 Abs. 2 Iit. a DBA D von der Besteuerung aus. Gemäß lit. d conv. cit. dürfen diese Einkünfte gleichwohl bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einbezogen werden. Bei der Befreiungsmethode werden ausländische Einkünfte, die dem Quellenstaat zugeteilt sind, im Ansässigkeitsstaat steuerfrei gestellt. Der Ansässigkeitsstaat dürfe die ausländischen Einkünfte aber bei der Ermittlung des auf inländische Einkünfte anzuwendenden Steuersatzes berücksichtigen. Der im innerstaatlichen Recht normierten Verpflichtung, die Auslandseinkünfte für die Steuersatzermittlung heranzuziehen, wird daher durch die Abkommen nicht derogiert. Der österreichische Tarif wird auf das gesamte Welteinkommen angewandt, der sich daraus ergebende Durchschnittsteuersatz auf die Inlandseinkünfte. In Österreich ist der Progressionsvorbehalt nicht explizit im Gesetz verankert. Er ergibt sich zwangsläufig aus den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (§§ 1, 2 und 33 EStG 1988) und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Grundsatzerkenntnis ; ; ).

Die unmittelbare Rechtsgrundlage für die Berechnung des Progressionsvorbehaltes stellt somit nicht ein Doppelbesteuerungsabkommen dar, sondern ergibt sich aus der Anordnung des EStG 1988, dass sich der Steuersatz nach dem (Gesamt)Einkommen des unbeschränkt Steuerpflichtigen bemisst (). Bestimmungen in Doppelbesteuerungsabkommen haben nur einschränkenden oder klarstellenden Charakter. Die zwingende Anwendung des EStG 1988 für die Berechnung des Progressionsvorbehaltes hat zur Folge, dass die ausländischen Einkünfte stets nach österreichischem Recht zu ermitteln sind (vgl. ).

Gemäß Art. 24 Abs. 1 DBA D dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sei als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen Staatsangehörige des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen, insbesondere hinsichtlich der Ansässigkeit, unterworfen sind oder unterworfen werden können. D.h. es dürfen weder deutsche Staatsbürger in Österreich einer Besteuerung unterworfen werden, die anders oder belastender sei als die Besteuerung, der österreichische Staatsbürger in Österreich unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können, noch dürfen österreichische Staatsbürger in Deutschland einer Besteuerung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung, der deutsche Staatsbürger in Deutschland unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können.

In Art. 24 DBA D wird somit nicht eine "Gleichbehandlung in beiden Staaten", sondern eine Gleichbehandlung der eigenen Staatsangehörigen und jener des anderen Vertragsstaates innerhalb des jeweiligen Vertragsstaates, also ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, vereinbart.

Voraussetzung zur Anwendung des Art. 24 DBA D ist, dass der Staatsbürger des anderen Vertragsstaates unter genau denselben Bedingungen tätig wird, unter denen ein österreichischer Staatsbürger eine günstigere Behandlung erfährt, dass also das einzige Kriterium zur unterschiedlichen Behandlung im Merkmal der Staatsbürgerschaft begründet ist und daraus eine ungünstigere Behandlung resultiert. Das österreichische Steuerrecht unterscheidet - abgesehen von einigen Landes- und Gemeindeabgaben - nicht nach dem Merkmal der Staatsbürgerschaft, sodass diese Bestimmung für österreichische Verhältnisse ins Leere gehe (vgl. Loukota/Jirousek, IntStR 38. EL (I/1) 224 Rz 2).

Nachdem bei der Besteuerung von Vermietungseinkünften aus in Deutschland gelegenen Wohnungen durch eine in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Person eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit nicht stattfindet, kommt das Staatangehörigen-Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 DBA D nicht zur Anwendung.

Würde man der Argumentation in der Beschwerde folgen, würde das bedeuten, dass Art. 24 Abs. 1 DBA D generell zur Anwendung günstigeren ausländischen Steuerrechts verpflichten würde. Da aber Auslandseinkünfte stets nach österreichischem Recht zu ermitteln sind, bleiben die im ausländischen Recht vorgesehenen Steuerbefreiungen in Österreich unmaßgebend (Loukota/Jirousek, IntStR 38. EL (I/1) Z00 Rz 51).
Eine § 32b dEStG vergleichbare Bestimmung ist im österreichischen Steuerrecht nicht vorgesehen, weshalb die Vermietungseinkünfte bei der Berechnung des Durchschnittssteuersatzes heranzuziehen sind.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 24 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 6 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100191.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at