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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.06.2022, RV/7101512/2017

Gesellschaftsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.P in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch D.Wp GmbH, PLZ Ort, Str., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gesellschaftsteuer 2016 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die W.I GmbH als übertragende Gesellschaft auf die Beschwerdeführerin C:I GmbH als übernehmende Gesellschaft gemäß Art 1 Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) verschmolzen.

Als Verschmelzungsstichtag wurde der festgelegt und die Schlussbilanz zum der Verschmelzung zugrunde gelegt.

In der Schlussbilanz der übertragenden GmbH zum wurde eine nicht gebundene Kapitalrücklage iHv Euro 24,736.701,84 gebildet.

In der Bilanz zum wurde ein negatives Eigenkapital iHv Euro 21,278.237,37 ausgewiesen. Die übertragende GmbH war überschuldet.

Vorhalt v.

Das Finanzamt ersuchte mit schriftlichem Vorhalt um Aufklärung über das Zustandekommen der nicht gebundenen Kapitalrücklage iHv Euro 24,736.701,84 in der Schlussbilanz zum .
Es wurde um Auskunft ersucht, ob es sich um ehemalige Gesellschafterzuschüsse gehandelt habe. Soferne es sich um mittelbare Zuschüsse gehandelt habe, wurde um Bekanntgabe der leistenden Gesellschaft und der empfangenden Gesellschaft zum jeweiligen Zeitpunkt der Leistung ersucht.
Weiters wurde ersucht, die Rechtsvorgänge, welche zu den Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen geführt haben, offen zu legen.

Vorhaltsbeantwortung v. :

Mit Schriftsatz vom teilte die beschwerdeführende GmbH als Rechtsnachfolgerin der W.I GmbH mit, dass die Muttergesellschaft, die Int. AG folgende mittelbare Gesellschafterzuschüsse an Tochter- bzw. Enkelgesellschaften der W.I GmbH geleistet hat:

- am Euro 15,000.000 an die E,GmbH
- am Euro 50.000 an die Sib GmbH und
- am 28.09.2010 Euro 49,500.000 an die S.H Ltd in N, geleistet hat.

Diese mittelbaren Großmutterzuschüsse wurden bei W.I GmbH durchgebucht, auf die jeweiligen Beteiligungsansätze aktiviert und in eine nicht gebundene Kapitalrücklage iHv Euro 64,550.000,00 eingestellt (Schlussbilanz ). Im Jahr 2010 wurde die nicht gebundene Kapitalrücklage iHv Euro 39,813.298,16 erfolgswirksam aufgelöst, womit in der Schlussbilanz zum Euro 24,736.701,84 verblieben sind.
Die Anzeige der mittelbaren Gesellschafterzuschüsse ist nicht erfolgt.

Die ausgewiesenen Verbindlichkeiten iHv Euro 131,823.394,57 resultieren mit Euro 131.822.394,57 aus einer Barvorlage der C:I GmbH und Verrechnungsverbindlichkeit (Euro 1.000,00) gegenüber der S.H Ltd.

Die Bilanz zum weise ein negatives Eigenkapital iHv Euro 21,278.237,37 aus.

In Punkt III. im Jahresabschluss zum der W.I GmbH wurde unter "Erläuterungen zur Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung" dazu ausgeführt, dass die GmbH zum Bilanzstichtag überschuldet ist. Wörtlich wurde festgehalten:
"Es sei beabsichtigt, das negative Eigenkapital im Jahr 2010 durch einen (indirekten) Gesellschafterzuschuss in Höhe von (zumindest) € 25,000.000,00 abzudecken."

Mit weiterem Schriftsatz vom teilte die Bf. mit, dass die Int. AG einen Großmutterzuschuss iHv Euro 49,500.000,00 an die S.H Ltd N geleistet hat.

Bekanntgegeben wurde:

"1) Eine formelle Zuschusszusage der Int. AG über den erfolgten indirekten Gesellschafterzuschuss wurde nicht ausgefertigt.
2) Die
S.H Ltd., N, hat in den Jahren 2009 und 2010 keine Ausschüttungen vorgenommen.
3)
Der gegenständliche Zuschussin Höhe von EUR 49,5000.000,00 zur Beseitigung der bestehenden Überschuldung war Voraussetzung für die Durchführung der Verschmelzung."

Der Überweisungsbeleg mit dem Verwendungszweck "indirect subsidy" wurde vorgelegt.

Vorgelegt wurden die Bilanz zum und 2010 der S.H Ltd. sowie die Schlussbilanz zum der W.I GmbH mitsamt den
Überweisungsbelegen zu den gewährten Zuschüssen.

Abgabenbehördliche Prüfung, Auftragsbuch Nr.: ***1***:

Aktenvermerk über die Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 147 BAO vom :

Die Int. AG, nunmehr B.C. AG, war im Jahr 2010 zu 100% an der Beschwerdeführerin C:I GmbH (im Folgendem: Bf.) und an der W.I GmbH beteiligt.

Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die W.I GmbH als übertragende Gesellschaft auf die Bf. als übernehmende Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß Art 1 UmgrStG verschmolzen (Verschmelzungsstichtag: ).

Im Zuge der Verschmelzung unterblieb die Erhöhung des Stammkapitals bei der aufnehmenden Gesellschaft und die Gewährung von Gesellschaftsrechten, weil die Int. AG zu 100% an beiden Gesellschaften beteiligt war. Es lag die Verschmelzung zweier Tochtergesellschaften vor (side-stream merger).

In der Schlussbilanz der übertragenden GmbH zum wurde eine nicht gebundene Kapitalrücklage iHv Euro 24,736.701,84 gebildet.

Dazu stellte der Prüfer fest, dass in der Bilanz zum der übertragenden GmbH ein negatives Eigenkapital iHv Euro 21,278.237,37 ausgewiesen wurde und die übertragende GmbH überschuldet gewesen ist.

Unter Punkt 6.2 vermerkte der Prüfer, wie folgt:

"Zum Zwecke der Durchführung der Verschmelzung war es aus gesellschaftsrechtlicher Sicht notwendig, die bestehende Überschuldung der übertragenden Gesellschaft zu beseitigen. Die übertragende Gesellschaft musste daher, mit zusätzlichem Kapital ausgestattet werden, damit die im Jahre 2010 beabsichtigte Verschmelzung durchgeführt werden konnte. Sogar im Antwortschreiben vom des steuerlichen Vertreters wird ausgeführt, dass die Beseitigung der bestehenden Überschuldung eine Voraussetzung für die vorgenommene Verschmelzung gewesen war.
Dieser Umstand geht auch aus den Erläuterungen zum Negativen Eigenkapital des Jahresabschlusses 2009 hervor, wo angeführt wird, dass es beabsichtigt ist, das negative Eigenkapital im Jahr 2010 durch einen (indirekten) Gesellschafterzuschuss in Höhe von zumindest € 25,000.000,00 abzudecken
."

"Großmutterzuschuss" iHv Euro 49,500.000,00:

"Großmuttergesellschaft": Int. AG
"Tochter- und Muttergesellschaft": W.I GmbH
"Tochter-, Enkelgesellschaft": S.H Ltd., N
"Tochter-, Urenkelgesellschaft": SD (SB) s.r.I. in R

Der Prüfer stellte fest, dass am , die Int. AG an die S.H Ltd. in N einen Großmutterzuschuss iHv € 49,500.000,00 gewährt hat. Die S.H Ltd. war eine 100% Tochtergesellschaft der übertragenden W.I GmbH.

Im Schreiben vom führte die steuerliche Vertreterin aus, dass die Int. AG in den Jahren 2007 bis 2010 mittelbare Gesellschafterzuschüsse iHv insgesamt Euro 64,550.000,00 geleistet hat, die bei der W.I GmbH durchgebucht, somit auf die jeweiligen Beteiligungsansätze aktiviert und in eine nicht gebundene Kapitalrücklage eingestellt, wurden.

Zum Bilanzstichtag verfügte die GmbH aufgrund bereits durchgebuchter Zuschüsse in den Vorjahren über eine nicht gebundene Kapitalrücklage iHv Euro 15,050.000,00. Diese Kapitalrücklage erhöhte sich im Jahr 2010 um den geleisteten (Großmutter-)Zuschuss iHv € 49,500.000,00, auf insgesamt Euro 64,550.000,00.

Die nicht gebundene Kapitalrücklage wurde zum Teil iHv Euro 39,813.298,16 zur Beseitigung der Überschuldung erfolgswirksam aufgelöst, womit in der Bilanz zum die nicht gebundene Kapitalrücklage in Höhe von € 24.736.701,84 verblieb und die am bestehende Überschuldung (negatives Eigenkapital) beseitigt wurde.

Festgehalten wurde, dass die Einreichung einer elektronischen Gesellschaftsteuererklärung für den am geleisteten Zuschuss unterblieben ist, weil es sich um einen nicht gesellschaftsteuerpflichtigen Zuschuss gehandelt habe.

Der Prüfer gelangte in seinem Vermerk über Prüfung zu der Auffassung, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der eigentliche Empfänger nicht die Enkelgesellschaft S.H Ltd. sei, sondern die dazwischengeschaltete "Tochter- und Muttergesellschaft" W.I GmbH. Die Zuschussgewährung im Jahre 2010 diente zur Beseitigung der bestehenden Überschuldung. Die Beseitigung der zum bestehenden Überschuldung sei eine Voraussetzung für die Verschmelzung gewesen.

Dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters, wonach die Bildung der nicht gebundenen Kapitalrücklage nicht auf einen direkten Gesellschafterzuschuss zurückzuführen und deshalb nicht der Gesellschaftsteuer zu unterziehen sei, hielt der Prüfer entgegen, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise immer dann gelte, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbiete, bei dem eine rein formal-rechtliche Betrachtungsweise zu Ergebnissen führt, die dem Sinn und Zweck des Abgabengesetzes eindeutig zuwiderlaufen würde.
Wörtlich wurde ausgeführt:

"So ist nach der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung tatsächlich zuzurechnen ist."

Der zunächst an die S.H Ltd. zugeflossene Zuschuss iHv Euro 49,500.000,00 habe der Verlustabdeckung bzw. Beseitigung der bestehenden Überschuldung der übertragenden GmbH gedient und werde in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als direkter von der Muttergesellschaft stammender gewährter Zuschuss als Gesellschafterzuschuss gewertet, der als freiwillige Leistung im Sinne des § 2 Z 4 KVG der Gesellschaftsteuer unterliegt.

Bescheid vom :

Das Finanzamt setzte mit Gesellschaftsteuerbescheid vom für den gewährten Gesellschafterzuschuss zur Beseitigung der bestehenden Überschuldung die Gesellschaftsteuer iHv Euro 495.000,00 (Verschmelzungsvertrag vom ) fest.

Das Finanzamt begründete die Vorschreibung damit, dass anhand der wirtschaftlichen Betrachtungsweise festzustellen sei, wer letztlich der Empfänger des Zuschusses gewesen ist. Im Jahresabschluss zum der übertragenden W.I GmbH stehe festgeschrieben, dass geplant sei, das negative Eigenkapital durch einen indirekten Gesellschafterzuschuss iHv zumindest Euro 25 Mio. abzudecken.
Im Beantwortungschreiben des Ergänzungsersuchens am wurde dem Finanzamt mitgeteilt, dass der Zuschuss iHv Euro 49,5 Mio zur Beseitigung der damals bestehenden Überschuldung eine Voraussetzung für die Verschmelzung gewesen ist.
Der Zuschuss ist am gewährt worden, während die Verschmelzung mit datiert. Die W.I GesmbH sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die eigentliche Begünstigte dieses Zuschusses.

Beschwerde vom :

Die Bf. hält zum Großmutterzuschuss fest, dass die B.C. AG an ihre Enkelgesellschaft S.H Ltd., einen Zuschuss iHv Euro 49,500.000,00 geleistet hat. Der Bankbeleg weise den Verwendungszweck "indirect subsidy" also indirekter Gesellschafterzuschuss auf (Beilage 1).

Die Int. GmbH (nunmehr:B.C. GmbH) war zu 100% an der W.I GmbH und diese zu 100% an der S.H ltd. ***3*** beteiligt.
Die S.H war eine Zwischenholdinggesellschaft, die Beteiligungen in SO gehalten hat.

Zweck des Großmutterzuschusses sei die Refinanzierung der im September 2010 erfolgten Erhöhung des Gesellschaftskapitals bei der SB S.r.l. R, der Eigentümerin eines der größten Einkaufszentren, gewesen. Das Gesellschaftskapital dieser Ges. wurde um Euro 50 Mio erhöht, wovon 49,5 Mio auf die S.H ltd. entfielen, die 99% der Beteiligung hält. Zum Beweis wurde der Zahlschein (Beilage 2) beigelegt. Der Grund, warum der Zwischenholdinggesellschaft S.H Ltd. die Eigenmittel zur Finanzierung der Kapitalerhöhung der SB s.r.I durch die Großmuttergesellschaft, die Konzernmuttergesellschaft B.C. AG, und nicht durch die mittlere Konzerngesellschaft zugeführt worden sind, liege darin, dass die Konzernmuttergesellschaft wesentlich bessere Refinanzierungsmöglichkeiten hatte.

Der beschwerdegegenständliche Großmutterzuschuss sei bei der Zwischengesellschaft W.I GmbH auf den Beteiligungsansatz S.H Ltd. aktiviert und gleichzeitig als nicht gebundene Kapitalrücklage passiviert worden. Diese Durchbuchung sei steuerlich zwingend.

Das Finanzamt folgere daraus, dass in der Schlussbilanz zum nur deshalb ein positives Eigenkapital iHv Euro 24,7 Mio ausgewiesen wurde, weil kurz vorher am , der indirekte Gesellschafterzuschuss eigenkapitalerhöhend durchgebucht wurde (EK 24,7 Mio bei Zuschuss iHv Euro 49,5 Mio) und damit eine Verschmelzung erst möglich wurde, sodass der eigentliche Empfänger des Zuschusses die Muttergesellschaft als Tochtergesellschaft der Konzernmutter gewesen ist.

Zur Verletzung von Verfahrensvorschriften wird eingewendet:

Es fehle an einer geschlossenen Sachverhaltsdarstellung. Es sei auf nachprüfbare Weise darzulegen, welches Geschehen die Behörde als erwiesen angenommen habe und aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade der festgestellte Sachverhalt vorliegt. Es werde die Verletzung von Verfahrensvorschriften mangels ausreichender nachvollziehbarer schlüssiger Bescheidbegründung eingewendet und das Fehlen eines rechtlichen Gehörs, weil es die Behörde verabsäumt habe, der Bf. die Möglichkeit zum Sachverhalt abschließend Stellung zu nehmen. So fehlen im angefochtenen Bescheid Feststellungen zum wirtschaftlichen Zweck dieses Zuschusses, nämlich zur Finanzierung einer Kapitalerhöhung bei einer Tochtergesellschaft der zuschussempfangenden S.H Ltd. Dem angefochtenen Bescheid könne auch nicht entnommen werden, von welcher Beteiligungsstruktur ausgegangen werde.

Zur materiellrechtlichen Rechtswidrigkeit wird eingewendet:

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise gelte im Bereich der Kapitalverkehrsteuern immer dann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, bei dem eine rein formalrechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen. So ist auch nach der Rechtsprechung des EuGH nicht allein anhand einer formalen Betrachtungsweise, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung von Einlagen tatsächlich zuzurechnen sei.

Die Leistung des indirekten Gesellschafterzuschusses erfolgte im weitaus überwiegenden Interesse der Großmuttergesellschaft:
Die Geldmittel sind tatsächlich der S.H zugeflossen. Aufgrund der Durchbuchung des Gesellschafterzuschusses bei der Tochtergesellschaft in der Bilanz zum , wodurch diese ein positives Eigenkapital ausweisen habe können und die Verschmelzung durchführbar geworden ist, meine das Finanzamt zu Unrecht, es liege ein Zuschuss an die Tochter vor.

Dabei übersehe das Finanzamt, dass zum Zwecke der Beseitigung des negativen Eigenkapitals ein Zuschuss iHv Euro 25 Mio ausgereicht hätte. Das negative Eigenkapital habe rund EUR - 24,8 Mio. betragen.

Es sei unbestreitbar, dass die Zahlung an die S.H ltd. geleistet wurde und deren Eigenkapital und Vermögen erhöht hat. Dies habe sich als Wertreflex ohne Mittelzufluss im Vermögen der W.I GmbH niedergeschlagen, indem nämlich der Wert der Beteiligung an der S.H Ltd und das Eigenkapital erhöht haben.
"Dies spiegelt sich auch in den - steuerlich zwingenden - Bilanzierungsregeln für indirekte Gesellschafterzuschüsse bei der Zwischengesellschaft wider: Der Großmutterzuschuss ist hier durchzubuchen d.h. einerseits auf den Beteiligungsansatz der Enkelgesellschaft und andererseits passivseitig in die nicht gebundene Kapitalrücklage einzustellen."

Dies ändere aber nichts am wirtschaftlichen Ziel, die S.H Limited, durch einen Mittelzufluss in die Lage zu versetzen, eine Eigenkapitalerhöhung bei einer ihrer Tochtergesellschaften refinanzieren zu können. Es sei damit evident, dass dieser indirekte Gesellschafterzuschuss aus konzernstrategischen Gründen im weitaus überwiegenden Interesse der Konzernmuttergesellschaft an ihre Enkelgesellschaft geleistet wurde.

"In der Gewährung dieses indirekten Gesellschafterzuschusses kann keineswegs eine Verhaltensweise gesehen werden, "die durch Errichtung künstlicher Konstruktionen mit dem alleinigen Ziel der Erlangung eines Steuervorteiles gekennzeichnet ist"(vgl. "Ing. Auer"). Eine Abweichung von der zivilrechtlichen Betrachtungsweisehinsichtlich der Zurechnung dieses Zuschusses auf der Ebene des Leistungs-(Zuschuss-)Empfängers ist somit nicht begründbar."

Die Ansicht des Finanzamtes, dass der eigentliche Empfänger des Zuschusses nicht sein tatsächlicher Empfänger S.H Ltd., sondern ihre Muttergesellschaft war, sei rechtlich nicht haltbar.

Im Vergleich zu einzelnen Judikaten, wie , vom , 2001/16/0448, wurde ausgeführt, dass diesen Fällen gemeinsam sei, dass ein ursprünglich vom Gesellschafter eines Gesellschafters (Großmuttergesellschaft) zeitnah zu einer Umgründung gewährter Zuschuss in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zum Zuschuss eines Gesellschafters umgedeutet wird.

Wörtlich führte die Beschwerdeführerin aus:
"Diese Sachverhalte sind aber mit der beschwerdegegenständlichen Fallkonstellation nicht vergleichbar. Hier sind der Geber des Zuschusses (B.C. AG) und der Zuschussempfänger (S.H Ltd.) von der vorgenommenen Verschmelzung nicht betroffen."

Durch die Verschmelzung werde nur die Zwischengesellschaft geändert. Auch nach dieser Umgründung ist die zuschussgewährende Großmuttergesellschaft nicht Gesellschafter der tatsächlich den Zuschuss empfangenen Gesellschaft. Die Beteiligungsstruktur umfasse weiterhin drei Ebenen.

"Ebenso wird der Zuschuss vom Zuschussempfänger (S.H Ltd.) nicht wirtschaftlich an ihren Gesellschafter (W.I GmbH) weitergegeben, sondern sofort und in voller Höhe zur Finanzierung einer Kapitalerhöhung bei einer Tochtergesellschaft verwendet. Der "von oben" erhaltene Zuschuss wird also wirtschaftlich "nach unten" weitergegeben, und nicht retour "nach oben".
Im beschwerdegegenständlichen Fall ist daher kein kausaler Zusammenhang zwischen der Leistung eines (indirekten) Gesellschafterzuschusses und der künftigen Erlangung einer Gesellschafterstellung im Sinne der obigen Judikatur gegeben. Eine Abweichung von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise bezüglich der Zurechnung des Zuschusses auf der Ebene des Leistung-(Zuschuss-)Empfängers ist damit nicht zu rechtfertigen".

Das Finanzamt lasse bei seiner Schlussfolgerung den eigentlichen Zweck des Zuschusses außer Acht und wende die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unrichtig an. Anders als bei den zugrundeliegenden Sachverhalten werden der "von oben" erhaltene Zuschuss "nach unten" weitergegeben und nicht wieder "nach oben".

Weder der Geber des Zuschusses noch der Empfänger des Zuschusses sind von der Verschmelzung betroffen; die Beteiligungsstruktur umfasse weiterhin drei Ebenen. Der Großmutterzuschuss an eine Enkelgesellschaft stelle einen Zuschuss eines Nichtgesellschafters dar.

Beschwerdevorentscheidung:

Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde auf das Vorbringen der Bf. im abgabenbehördlichen Verfahren hingewiesen, wonach laut den erläuternden Bemerkungen zum Jahresabschluss 2009 der übertragenden W.I GmbH festgestellt wurde, dass das negative Eigenkapital iHv Euro 24,7 Mio. durch einen indirekten Gesellschafterzuschuss in Höhe von zumindest Euro 25 Mio. abgedeckt werden wird. Die Beseitigung der Überschuldung sei eine Voraussetzung für die vorgenommene Verschmelzung im Jahre 2010 gewesen.

Die Bf. habe - in Beantwortung des Vorhaltes vom - in ihrem Schriftsatz vom ausgeführt, dass der Zuschuss von 49,5 Mio Euro zur Beseitigung der damals bestehenden Überschuldung Vorraussetzung für die vorgenommene Verschmelzung gewesen ist. Der Zuschuss wurde am überwiesen und wurde die Verschmelzung mit Vertrag vom vereinbart. Das Finanzamt gehe von einer wirtschaftlichen und nicht von einer formalen Betrachtungsweise aus, um zu beurteilen, wem die Leistung - unabhängig von deren Herkunft - zuzurechnen sei bzw. wer unabhängig vom letztlich tatsächlichen Empfänger der eigentliche Empfänger ist.

Ergänzender Schriftsatz vom :

Mit ergänzendem Schriftsatz vom hat die Bf. zum Sachverhalt ausgeführt:

Die B.C. AG habe der S.H Ltd. einen Zuschuss iHv Euro 49,500.00,00 geleistet. Dieser wurde ausschließlich zur Finanzierung ihres Anteiles (99%) an der Erhöhung des Nennkapitals bei der SD (SB) s.r.I. in R verwendet (49,5 Mio - 99% von 50,000.000,00). Dieser Zuschuss wurde am überwiesen und von der Empfängerin am selben Tag der SD (SB) s.r.I. überwiesen. Auf die die Zahlungsflüsse dokumentierenden Bankbelege wurde verwiesen.

Die Gewährung eines Zuschusses durch die Konzernmutter an die Urenkelgesellschaft war nicht zweckmäßig, weil dies nicht als vollwertiges Eigenkapital behandelt hätte werden können. Eine nominelle Kapitalerhöhung sei nur durch die unmittelbare Gesellschafterin möglich gewesen. Die Großmuttergesellschaft stattete daher den unmittelbaren Gesellschafter mit der notwendigen Liquidität aus.

Es werde materielle Rechtswidrigkeit eingewendet, weil bei indirekten Gesellschafterzuschüssen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu prüfen sei, in wessen weitaus überwiegenden Interesse welcher Gesellschaft in der Gesellschafterkette die Zuschussleistung durch die Großmuttergesellschaft gelegen sei (Interessenstheorie). Im beschwerdegegenständlichen Fall war der Zweck dieses indirekten Gesellschafterzuschusses die Finanzierung der Kapitalerhöhung bei der SB s.r.l., welche im Konzern der Großmuttergesellschaft eine bedeutsame wirtschaftliche Position einnimmt. Damit die Muttergesellschaft die Kapitalerhöhung finanzieren konnte benötigte sie diesen Gesellschafterzuschuss. Die Aufnahme von Fremdkapital oder ein Gesellschafterdarlehen wären unwirtschaftlich gewesen.

Es ist damit evident, dass dieser indirekte Gesellschafterzuschuss aus konzernstrategischen Gründen im weitaus überwiegenden Interesse der Konzernmuttergesellschaft an ihre Enkelgesellschaft S.H Ltd. geleistet worden ist.

Es ist in der Judikatur evident und anerkannt, dass ein Gesellschafterzuschuss aus konzernstrategischen Gründen gewährt werden kann. Im angeführte Erkenntnis des , scheitere die Feststellung, dass die Zuschussleistung im "überwiegenden Interesse oder fast ausschließlichem Interesse der Großmuttergesellschaft gelegen wäre" zwar daran, dass keinerlei diesbezügliche Nachweise bzw. Umstände vorgelegt bzw. vorgebracht wurden. Im beschwerdegegenständlichen Fall sind solche Nachweise bzw. Umstände - wie in der Beschwerde vom vorgebracht - aber eindeutig erbracht.

Es sei, wie in der Beschwerde vom bereits ausgeführt unbestreitbar, dass der Zuschuss an die Enkelgesellschaft nicht nur deren Vermögen erhöht habe, sondern auch das Vermögen der Tochtergesellschaft (als Muttergesellschaft). Dies stelle sich jedoch als bloßer Wertreflex ohne Mittelzufluss bei der Tochtergesellschaft (Zwischengesellschaft) dar.

Nach der Interessenstheorie sei zu prüfen, in wessen überwiegenden Interesse die Zuschussleistung durch die Großmuttergesellschaft gelegen ist. Es könne nicht generell davon ausgegangen werden, dass der Großmutterzuschuss im weitaus vorangigem Interesse der Tochtergesellschaft (Zwischengesellschaft) erfolgt sei.

Es fehle auch an einem Kausalzusammenhang zwischen dem am gegebenen indirekten Gesellschafterzuschuss der AG an ihre 100% Enkeltochter S.H Ltd. und der am erfolgten Verschmelzung. Hätte der eigentliche Zweck dieses von der AG geleisteten indirekten Gesellschafterzuschusses tatsächlich darin bestanden, ein ausreichend positives - buchmäßiges - Eigenkapital in der Schlussbilanz zum zu erzeugen, um die Tochtergesellschaft als übertragende Gesellschaft verschmelzen zu können, wäre ein Zuschuss von rund EURO 25 Mio. ausreichend gewesen.

Stellungnahme des Finanzamtes 2021:

Das Finanzamt entgegnete diesem Vorbringen, wie folgt:
Aus Sicht des Finanzamtes ist dieses Vorbringen unschlüssig - es stehe schon mit dem chronologischen Ablauf des Sachverhaltes in Widerspruch:

"Es stellt sich die Frage weshalb die S.H Ltd. genau jenen Zeitpunkt für die Kapitalerhöhung gewählt hat, an dem die W.I GmbH eine positive Bilanz benötigt hat. Der Zuschuss der Int. AG (nunmehr: B.C. AG) an ihre Enkelgesellschaft S.H Ltd. und insbesondere die Kapitalerhöhung bei der SB s.r.l. liegen zwei Tage vor dem entscheidenden Bilanzstichtag für die Umgründung. So führte die Bf. sogar selbst in ihrem Antwortschreiben vom aus, dass die Beseitigung der bestehenden Überschuldung eine Voraussetzung für die Durchführung der vorgenommenen Verschmelzung war.

……"

"Dieser Umstand geht auch aus den Erläuterungen zum "Negativen Eigenkapital" des Jahresabschlusses zum hervor, wo angeführt wird, dass es beabsichtigt ist, das negative Eigenkapital im Jahr 2010 durch einen (indirekten) Gesellschafterzuschuss in Höhe von (zumindest) € 25.000.000,00 abzudecken."

Mündliche Verhandlung am :

Die Bf. erläuterte durch ihre steuerliche Vertretung zur Finanzierung, dass die B.C. AG bessere Finanzierungsmöglichkeiten hat, als eine Tochtergesellschaft. Daher werde eine notwendige Kapitalerhöhung bei einer Tochtergesellschaft wirtschaftlich immer über die Konzern-Muttergesellschaft finanziert werden müssen, was eine Zuschusskonstruktion wie im gegenwärtigen Fall nötig macht.

Zum Einwand des Finanzamtes, dass die Zuschussgewährung zeitlich sehr knapp vor dem Verschmelzungsstichtag zum erfolgt ist, führte die Bf. aus, dass das der letzte Zeitpunkt gewesen sei, damit die B.E AG und die V.S.W AG ihre Kredite bzw. Darlehen an die SB S.r.l. noch im Jahre 2010 also vor dem Bilanzstichtag der Tochtergesellschaft 31.12. zuführen konnten. Die Zuzählung erfolgte erst am .

Vorgelegt werden zum Beweis die ,,Utilisation Request" der kreditgebenden Bank bzw. Versicherung und die Finanzierungszusage der B.E AG vom betreffend die Errichtung des Einkaufscenters.

Das Darlehen der B.E AG habe 49.500.000 € betragen. Das Darlehen der V.S.W AG habe 40,500.000,00 € betragen. Der Gesellschafterzuschuss habe in Summe 50.000.000 € betragen. Auch das Verhältnis des Zuschusses und der zugezählten Kredite ergibt sich die von den Kreditgebern geforderte Debt-Equity-Ratio (ca. 1 zu 2), was die Höhe des Zuschusses erklärt.

Die Behauptung des Finanzamtes, dass dieser Zuschuss zur Deckung des Fehlkapitales bei der als übertragende Gesellschaft verschmolzene W.I GmbH geleistet wurde, sei damit widerlegt, denn dazu wäre nur ein Zuschuss in Höhe von ca. 25,000.000,00 € nötig gewesen. Zum Beweis werde auf die im Akt aufliegende Schlussbilanz zum verwiesen. In dieser Bilanz ist ein Eigenkapitel (nach Zuschussgewährung von rund 24,8 Mio. € ausgewiesen, um ein positives Eigenkapitel darzustellen, hätte ein Eigenkapital von ca. 100.000 € (theoretisch 1 €) gereicht.

Es gelte nach der Rechtsprechung und Literatur die Interessenstheorie. Entscheidend sei in welchen (weitaus) überwiegenden Interesse welcher Gesellschaft in der Gesellschafterkette die Zuschussleistung durch die Großmuttergesellschaft gelegen ist, was im konkreten Fall die Konzernmutter sei.

Das Eigenkapital der übertragenden Tochtergesellschaft wäre zum Verschmelzungsstichtag unter Einbeziehung der stillen Reserven positiv gewesen. Negativ sei lediglich das buchmäßig ausgewiesene Eigenkapital gewesen. Die Verschmelzung wäre daher auch ohne Zuschussgewährung handelsrechtlich zulässig gewesen. Die Zuschussgewährung habe die firmenbuchrechtliche Verschmelzung nur erleichtert. Die vom Finanzamt behauptete Kausalität sei damit nicht gegeben.

Zur Aussage im Antwortschriftsatz vom der Beschwerdeführerin: ,,Der gegenständliche Zuschuss in Höhe von EUR 49.500.000,00 zur Beseitigung der damals bestehenden Überschuldung war Voraussetzung für die Durchführung der vorgenommenen Verschmelzung" werde erklärt, das gemeint gewesen sei: Voraussetzung für eine verwaltungsökonomisch einfach durchzuführende Verschmelzung. Die Verschmelzung habe damit firmenbuchrechtlich auf Basis der Schlussbilanz zum , wo handelsrechtlich ein buchmäßig negatives Eigenkapital ausgewiesen wurde und des Schreibens des Steuerberaters der verschmolzenen W.I GmbH (unserer Gesellschaft) durchgeführt werden können.

Die übertragende GmbH habe zum Verschmelzungsstichtag neben der indirekten Beteiligung an der SB S.r.l. (mit dem Einkaufszentrum EZn R) auch eine weitere indirekte Beteiligung an einer bl. Gesellschaft (mit einem Einkaufszentrum in S) besessen. Damit waren hohe stille Reserven verbunden. Dies zeige sich auch daran, dass diese Gesellschaft mit dem Einkaufscenter EZ***2*** mittlerweile mit hohem Gewinn verkauft wurde. Die SB S.r.l. mit dem Einkaufscenter stehe auch heute noch im Eigentum des B.C. Konzernes und erwirtschafte jährlich hohe Gewinne und liefere damit einen wesentlichen Ergebnisbeitrag zum Konzernergebnis.

Das bei der SB S.r.l. stille Reserven vorhanden waren, ergebe sich auch daraus, dass die B.E AG und die V.S.W AG bereit waren, eine Finanzierung von 100 Mio. € zu günstigen Konditionen für ein Unternehmen in R zur Verfügung zu stellen.

Der Amtsvertreter hielt dem entgegen, dass das Beschwerdevorbringen keine Neuerungen hervorgebracht habe. Zum Vorbringen, dass die W.I GmbH aufgrund stiller Reserven positiv gewesen wäre, führte er aus, dass auch für diese Behauptungen letztlich kein Nachweis erbracht wurde. Der Umstand, dass die Einkaufszentren, die im Eigentum vom Konzernunternehmen stehen, hohe Gewinne erzielen, lasse letztlich keine Rückschlüsse auf die Vermögenssituation der GmbH zum Verschmelzungsstichtag zu. Tatsache sei, dass der gewährte Gesellschafterzuschuss gegenüber dem Firmenbuch als Begründung dafür genannt worden sei, dass die W.I GmbH zum Verschmelzungsstichtag einen positiven Vermögenswert aufgewiesen habe.

Allein durch die Tatsache, dass die Zuschussgewährung gegenüber dem Firmenbuch zur Begründung und Rechtfertigung des positiven Vermögenswertes verwendet worden sei, zeige, dass die W.I GmbH ein erhebliches Interesse an der Zuschussgewährung hatte.

Der steuerliche Vertreter entgegnete:
Dass die Verschmelzung im Firmenbuch aufgrund dieses Zuschusses und eines Schreibens des Steuerberaters und nicht aufgrund eines Gutachtens über die stillen Reserven eingetragen worden ist, sei darauf zurückzuführen, dass ein Interesse an einem möglichst einfachen firmenbuchgerichtlichen Verfahren bestanden habe. Daraus eine rechtliche Kausalität (,,conditio sine qua non") zwischen der Zuschussgewährung und der Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch abzuleiten, wie dies das Finanzamt tue, sei sachlich nicht gerechtfertigt, denn dies würde letztlich bedeuten, dass das Bestreben nach einem einfachen Verfahren, was zweifellos auch im Sinn des Firmenbuchgerichtes ist, mit erheblichen abgabenrechtlichen Konsequenzen verbunden sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Int. AG (Konzernmutter), nunmehr B.C. AG, war in den Jahren 2008, 2009 und 2010 zu 100% an der Beschwerdeführerin C:I GmbH und an der übertragenden W.I GmbH beteiligt.
Die W.I GmbH war zu 100% an der S.H Ltd., N, beteiligt, die wiederum zu 99% an der SD s.r.I in R beteiligt ist. Die W.I GmbH war zu 1% an der ***2*** s.r.l. in R beteiligt.

Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die W.I GmbH als übertragende Gesellschaft auf die Bf. als übernehmende Gesellschaft gemäß Art 1 UmgrStG verschmolzen. Als Verschmelzungsstichtag wurde der festgelegt und die Schlussbilanz zum der Verschmelzung zugrunde gelegt.

Im Zuge der Verschmelzung unterblieb eine Erhöhung des Stammkapitals bei der aufnehmenden Gesellschaft und die Gewährung von Gesellschaftsrechten, weil die Int. AG zu 100% an beiden Gesellschaften beteiligt war, und deshalb die Gewährung von Gesellschaftsrechten unterbleiben konnte (side-stream merger).

Die übertragende GmbH wies in der Bilanz zum ein negatives Eigenkapital in Höhe von Euro 21,278.237,37 aus und war überschuldet. Der Bilanzverlust des Jahres 2010 wurde iHv Euro 36,363.237,37 (davon Verlustvortrag aus dem Jahre 2008: Euro 6.029.455,26; Jahresverlust 2009: Euro 30.333.908,21) ausgewiesen.

In den Erläuterungen zur Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2009 wurde dazu festgehalten, dass das negative Eigenkapital im Jahr 2010 durch einen indirekten Gesellschafterzuschuss in Höhe von zumindest Euro 25,000.000,00 abgedeckt werden wird.

Am überwies die Großmuttergesellschaft ihrer Enkelgesellschaft S.H Ltd. einen Betrag iHv Euro 49,500.000,00 der bei der W.I GmbH auf den Beteiligungsansatz aktiviert und in eine nicht gebundene Kapitalrückstellung eingestellt wurde (Überweisungsbeleg, Überweisung Inland "indirect subsidy").
Die S.H überwies den Betrag am selben Tag der ***2*** Ltd. (Überweisungsbeleg, Bank). Begründet wurde dies mit der notwendigen Kapitalerhöhung iHv insgesamt Euro 50 Mio. bei der ***2*** s.r.l., welche ein Einkaufcenter in ihrem Vermögen hält.

Die Zuschussgewährung bewirkte bei der W.I GmbH die entsprechende Erhöhung des Beteiligungsansatzes. Der Bilanzgewinn zum wurde iHv Euro 36.363.237,37 ausgewiesen. Die gebildete nicht gebundene Kapitalrücklage zum Verschmelzungsstichtag betrug Euro 24,736.701,84.

Die vorgelegten Kreditzusagen aus dem Jahr 2009 betreffen die Errichtung des Einkaufscenters. Die "Utilisation request" (Nutzungsabfrage) betrifft die Abrufung eines Darlehens iHv Euro 40,5 Mio. durch die SB s.r.l. als Darlehensnehmer zum .

Strittig ist, ob dieser Zuschuss der Gesellschaftsteuer zu unterziehen ist.

2. Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Bilanzen, Gewinn-und Verlustrechnungen der Jahre 2008 -2010 mitsamt den "Erläuternden Bemerkungen";
den Überweisungsbelegen vom ; dem Verschmelzungsvertrag vom (Notariatsakt) der beiden Tochtergesellschaften der B.C. AG; den vorgelegten Zahlscheinen, der Erklärung gegenüber dem Firmenbuch vom , den Erklärungen der Bank vom und Versicherung über abgegebene Finanzierungszusagen, der vorgelegten "Utilisation Request" vom .

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Z 4 lit. a Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) unterliegen der Gesellschaftsteuer folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen:
a) Zuschüsse,
b) Verzicht auf Forderungen,
c) Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung,
d) Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung;
………

Nach § 2 Z 4 lit. a KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer Zuschüsse, wenn sie als freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.

Nach Art. 3 Buchstabe h der RL 2008/7/EG gelten als Kapitalzuführungen die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.

Entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (, Energie Steiermark Holding AG; , Senior Engineering Investments BV) und des Verwaltungsgerichtshofes () kann in bestimmten Fällen bei Vorliegen besonderer Umstände auch abweichend von einer formalen zivilrechtlichen Anknüpfung anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beurteilt werden, wem die Leistung - unabhängig von deren tatsächlichen Herkunft - zuzurechnen bzw. wer - unabhängig vom letztlich tatsächlichen Empfänger - der eigentliche Empfänger der Leistungen ist.

Im vorliegenden Sachverhalt hat die Großmuttergesellschaft unmittelbar zwei Tage vor dem Verschmelzungsstichtag ihrer beiden 100% Tochtergesellschaften einen Zuschuss an die Enkelgesellschaft geleistet, der durch die Enkelgesellschaft an deren 99% Tochtergesellschaft zum Zwecke einer Kapitalerhöhung überwiesen worden ist. Diese wiederum besitzt ein Einkaufscenter in ihrem Vermögen, welches im Zeitraum 2009/2010 errichtet worden ist.

Dazu gilt festzuhalten, dass dieser Zuschuss bei der überschuldeten Muttergesellschaft (2. Konzernebene, 100% Beteiligung an der S.H Ltd.) dazu geführt hat, dass das negative Eigenkapital und die vorhandene Überschuldung ausgeglichen und beseitigt wurden.

Aus der Schlussbilanz der übertragenden GmbH zum ergibt sich, dass ohne die Zuschussleistung der Konzernmutter der Wert des Eigenkapitals der übertragenden Tochtergesellschaft negativ gewesen wäre. Die Zuschussleistung diente der Herbeiführung eines positiven Verkehrswertes der übertragenden GmbH und erfolgte insoweit im Interesse der Konzernmutter und der übertragenden GmbH, als ansonsten die Verschmelzung gesellschaftsrechtlich nicht möglich gewesen wäre.

Die übertragende und die übernehmende GmbH müssen nämlich zum Zeitpunkt der Anmeldung im Firmenbuch einen positiven Verkehrswert aufweisen.

Soweit nun die Bf. meint, die tatsächliche zivilrechtliche Leistung dieses Zuschusses sei an die Enkelgesellschaft S.H Ltd. "nach unten" geleistet worden, um entsprechend dem 99% Anteil der Holding (Enkelgesellschaft) eine Kapitalerhöhung iHv Euro 50 Mio. herbeizuführen, gilt zu bedenken, dass in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der unabdingbar notwendige Zweck des Zuschusses wohl primär die Beseitigung der Überschuldung bei der übertragenden GmbH gewesen ist. Der Zuschuss war zwingend notwendig für die Beseitigung der bestehenden Überschuldung und hat die Verschmelzung beider GmbHs erst ermöglicht. Es war zum Zwecke der Durchführung der Verschmelzung aus gesellschaftsrechtlicher Sicht unabdingbar notwendig, die bestehende Überschuldung der übertragenden Gesellschaft (W.I GmbH) zu beseitigen. Die übertragende Gesellschaft als auch die übernehmende Gesellschaft müssen im Zeitpunkt der Anmeldung ins Firmenbuch einen positiven Verkehrswert haben.

Ein zeitnah nur 2 Tage vor dem Verschmelzungsstichtag geleisteter "Großmutterzuschuss", der den positiven Verkehrswert bei der übertragenden "Tochtergesellschaft" erst ermöglicht, liegt im unmittelbaren Interesse der aufnehmenden Gesellschaft und ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise dieser zuzurechnen ().

Die zeitliche Nähe zwischen der Zuschussgewährung und dem vorhandenen Kapitalbedarf aufgrund der bevorstehenden Verschmelzung gemäß § 1 UmgrStG stellen einen kausalen Zusammenhang zwischen der Zuschussgewährung und der notwendigen Beseitigung der bestehenden Überschuldung dar.

Diese Vorgangsweise war geplant, indem im Jahresabschluss zum ausdrücklich angekündigt wurde, dass die bestehende Überschuldung im Jahre 2010 durch einen (indirekten) Gesellschafterzuschuss abgedeckt werden wird (Erläuternde Bemerkungen zur Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung 2009).

Dementsprechend wurde in der schriftlichen Vorhaltsbeantwortung vom erklärt, dass der gegenständliche Zuschuss iHv Euro 49,500.000,00 zur Beseitigung der bestehenden Überschuldung eine Voraussetzung für die Durchführung der vorgenommenen Verschmelzung gewesen ist (Vorhalt vom ).

Die Zuschussgewährung war unmittelbar, kausal für die Erhöhung der Beteiligungsansätze und war geeignet, den Wert der Gesellschaftsrechte bzw. des Gesellschaftsvermögens zu erhöhen.

Die Bf. räumt ein, dass die übertragende GmbH buchmäßig überschuldet war. Das wirtschaftliche Eigenkapital zum Verschmelzungsstichtag sei jedoch unter Einbeziehung stiller Reserven auch ohne Einrechnung des gewährten Zuschusses positiv gewesen, weil zwei Einkaufscenter in S und R im indirekten Eigentum der übertragenden GmbH gestanden sind. Die Verschmelzung wäre dementsprechend rechtlich auch ohne die Gewährung dieses indirekten Gesellschafterzuschusses durchführbar gewesen. Ausgeführt wurde:

"Maßgebend ist ein positives wirtschaftliches Eigenkapital, insbesondere das Vorliegen von stillen Reserven. Ein - nur - buchmäßig negatives Eigenkapital in der Schlussbilanz (und zum Abschluss des Verschmelzungsvertrages) wäre kein finaler Hinderungsgrund gewesen. Was von der Argumentation des Finanzamtes verbleibt, ist, dass durch diesen indirekten Gesellschafterzuschuss die praktische Abwicklung dieser Verschmelzung vereinfacht wurde. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der am erfolgten Gewährung des indirekten Gesellschafterzuschusses und der am vorgenommenen Verschmelzung kann hieraus jedenfallls nicht abgeleitet werden."

Dazu hält der erkennende Richter fest, dass der Weg über die Auflösung stiller Reserven nicht gewählt worden ist.

Die Erläuterungen zum "Negativen Eigenkapital" ergeben erst mit dem geleisteten Zuschuss und der erfolgten Kapitalerhöhung bei der SB s.r.l. einen Sinn. Wesentlicher Sinn und Zweck des Zuschusses war die GmbH zu entschulden. Das Motiv für die Kapitalerhöhung genau zwei Tage vor dem Verschmelzungsstichtag bestand darin, dass sich eine Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile an der SB s.r.l. auch bei der W.I GmbH wiederfindet, welche unmittelbar zu 1% an der SB s.r.l. und mittelbar zu 99% über die S.H Ltd. beteiligt gewesen ist. Die Wertsteigerung bewirkte die Entschuldung.

Der Effekt wirkt sich somit unmittelbar bei der Konzernmutter aus und war in ihrem Interesse gelegen.

Glaubhaft ist in diesem Zusammenhang, dass die Finanzierung eines Zuschusses in dieser Höhe aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten über die Konzernmutter erfolgt.

Die übertragende GmbH erwirtschaftete im Jahr 2009 einen Bilanzverlust iHv ca. Euro 30 Mio. Ausschließlich durch die Gewährung dieses Zuschusses war es möglich das negative Eigenkapital zu bereinigen und eine Verschmelzung der beiden Gesellschaften herbeizuführen.

Schließlich erklärte die Bf. auch gegenüber dem Firmenbuchgericht am , dass ein Gesellschafterzuschuss iHv Euro 49,500.000,00 geleistet und in die nicht gebundene Kapitalrücklage eingestellt wurde. Diese sei erfolgswirksam aufgelöst worden, womit der bestehende Bilanzverlust iHv Eur 36,363.237,37 zur Gänze beseitigt worden sei.

Soweit die Bf. meint, es hätten Euro 24,8 Mio. zur Beseitigung der Überschuldung gereicht wird festgehalten, dass aus der Sicht des erkennenden Richters ein Zuschuss nicht zwischen mehreren Interessen und Personen aufgeteilt werden kann.

Der vordringliche Zweck des Zuschusses war aus der Sicht des erkennenden Richters die geplante Ausstattung der W.I GmbH mit ausreichend Kapital zwecks Beseitigung der bestehenden Überschuldung. Die Zurechnung des freiwilligen Zuschusses in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist anhand der Besonderheiten des vorliegenden Falles aus Sicht des erkennenden Richters zu Recht erfolgt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständliche Entscheidung ist in rechtlicher Hinsicht der Judikatur des EuGH und des VwGH betreffend die Zurechnung von Zuschüssen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (Interessenstheorie) gefolgt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Z 4 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
Verweise
, Energie Steiermark Holding AG
, Senior Engineering Investments BV


ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101512.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at