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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.05.2022, RV/7400374/2018

Keine Glücksspielautomatenabgabe für den Hauptmieter eines Lokals für den Zeitraum, für den er nachweisen kann, dass er das Lokal untervermietet und der Untermieter das Lokal und die Geräte innehatte

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7400374/2018-RS1
Sobald die faktische Gewalt über ein Lokal und die Zurverfügungstellung von Spielapparaten an einen Nachmieter oder Untermieter erfolgt ist, ist außer in Fällen von Mitunternehmerschaft nur mehr dieser Steuerschuldner iSd § 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom , gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Glücksspielautomatenabgabe für März 2017 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge als Bf bezeichnet) hatte zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt ein Geschäftslokal am ***1*** in ***2*** gemietet.

Der Vermieter gab auf Befragung der belangten Behörde an, dass der Bf seit die Geschäftsräume für den Betrieb eines Wettbüros gemietet hatte. Am war das Mietverhältnis noch immer aufrecht.

2. Erhebungen der ***Anzeigerin*** und Mitteilung an die belangte Behörde

Am informierte die ***Anzeigerin*** (in der Folge als Anzeigerin bezeichnet) - eine Spielerschutz-Plattform, die sich seit Jahren gegen die Veranstaltung von illegalem Glücksspiel engagiert und ihre Wahrnehmungen, die teilweise auf detektivischen Ermittlungen beruhen, der Behörde meldet - die belangte Behörde über ihre rechtliche Vertretung über ihre Wahrnehmungen im gegenständlichen Fall.

Die Anzeigerin sieht sich als Unterstützerin im Kampf gegen illegales Glückspiel mit einer kontinuierlichen Marktbeobachtung und lässt zu diesem Zweck Lokale, in denen Glücksspiel angeboten wird, besuchen und darüber Berichte erstellen bzw. Anzeigen bei den Verwaltungsbehörden bzw. der Finanzpolizei wegen verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG erstatten.

Im Zuge dessen sei die Anzeigerin auf die gegenständliche Lokalität am genannten Standort aufmerksam geworden und vermutete dort illegales Glücksspiel.

Die Anzeigerin bezweifelte die ordnungsgemäße Abführung der gesetzlich vorgesehenen Abgaben und regte eine Überprüfung an.

Am wäre im gegenständlichen Lokal um ca 19 h die Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG festgestellt worden.

In der Beilage wurde ein Besuchsprotokoll dieser Feststellungen mitübersandt, das die elektronischen Glücksspielgeräte beschreibt und damit die, jedenfalls seit diesem Tag angebotenen virtuellen Walzenspiele nachweise.

Die Entscheidung über den Spielausgang der angebotenen Spiele sei immer ausschließlich zufallsabhängig, weil der Spieler keinen Einfluss nach dem Spielbeginn mehr auf dessen Ausgang habe. Die Qualifikation der angeführten Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG sei mehrfach vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen getroffen worden ( Walzenspiele; ; "Fun Wechsler").

Demzufolge seien die angebotenen Spiele in Form von Glücksspielen iSd § 1 Abs. 1 GSpG angeboten und veranstaltet worden.

Die Glücksspiele seien in Form von Ausspielungen durch die Bereithaltung für spielwillige Kunden im Sinne des Gesetzes "veranstaltet" worden und sei daher Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 GSpG.

Für die Veranstaltung von Ausspielungen im angeführten Standort sei keine Konzession nach dem GSpG erteilt worden. Weder auf den Geräten noch im Lokal wäre ein sichtbarer Hinweis auf eine Bewilligung der Glücksspielgeräte gewesen und die angezeigten Aussielungen wären offenkundig auch nicht gemäß § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Gleichermaßen bestünde keine Bewilligung nach landesrechtlichen Bestimmungen.

Die Anzeigerin vermutete daher verbotene Ausspielungen und fortgesetzte Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs1 Z 1 erstes Tatbild GspG.

Der Lokalinhaber dulde die Veranstaltung verbotener Ausspielungen und mache sie unternehmerisch zugänglich.

Beigelegt wurde auch ein Grundbuchsauszug, demzufolge als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Lokals eine Privatstiftung aufscheine.

Aus dem Besuchsprotokoll gehen auch die durchgeführten Testspiele und Fotos davon bzw. der Geräte hervor.

Als rechtliche Grundlage gab der Bf an, dass der Glücksspielbegriff des § 1 Abs. 1 GSpG, demzufolge ein Spielergebnis vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhängt, erfüllt ist, gleichsam wie der Begriff des Unternehmens und der Ausspielung, ohne dafür eine berechtigende Konzession zu haben, die dafür aber erforderlich wäre. Somit sei der Begriff der verbotenen Ausspielung erfüllt.

Der Bf wäre dadurch auch steuerpflichtig iSd § 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, weil er als Unternehmer gelte und jedenfalls Gesamtschuldner, wenn ein zweiter Unternehmer beteiligt sei. Für allfällige Anfragen wegen der Namhaftmachung von Zeugen verwies die Bf an ihre rechtliche Vertretung.

3. Verfahren vor der belangten Behörde:

Begehung

Die belangte Behörde ihrerseits überprüfte das gegenständliche Lokal am in Form einer Begehung zur Überprüfung betreffend unbefugte Wetttätigkeit bzw. Wettkundenvermittlung.

Aus dem diesbezüglichen Protokoll der belangten Behörde geht hervor, dass ihr der Zutritt nicht ermöglicht worden sei, weil die Betriebsstätte über eine Videoüberwachung verfüge. Es bestehe Verdacht auf illegales Glücksspiel, der auch an die Finanzverwaltung weitergeleitet worden sei.

Klärung Mietverhältnis des Bf mit seinem Vermieter am

Die belangte Behörde fragte beim Vermieter des Bf schriftlich an, wer der Mieter des gegenständlichen Lokals sei bzw. seit wann das Bestandverhältnis aufrecht sei.

Der Vermieter antwortete schriftlich, das ein Bestandverhältnis über ein Wettbüro an der gegenständlichen Adresse seit mit dem Bf bestünde und das Mietverhältnis am (Datum des Antwortschreibens des Vermieters) noch aufrecht sei.

Die belangte Behörde fragte in der Folge mit Schreiben vom im Zuge ihrer Ermittlungen auch beim Bf an und ersuchte um Übermittlung des Mietvertrages.

Der Bf antwortete mit Schreiben vom und übersandte ein Mietangebot zwischen ihm als Vermieter und der ***123ABC** mit Adresse in ***3*** (idF als Untermieterin bezeichnet). Aus dem Mietangebot ging hervor, dass dieses mit beginnen sollte.

Die belangte Behörde informierte die Untermieterin in Form eines Schreibens vom , indem sie angab, dass im Zuge der Recherchen der Bf als Hauptmieter bekannt gegeben hätte, dass er das Lokal ab untervermietet hätte.

Die belangte Behörde informierte die Untermieterin über die diesbezügliche - nicht in diesem Verfahren gegenständliche - Abgabenschuld in Höhe von 4.200 € des Bf und auch über die Abgabenschuld der Untermieterin für die Monate April bis August 2017 unter Hinweis auf eine weitere Sachverhaltsdarstellung der Anzeigerin, die Glücksspielapparate in diesem Zeitraum festgestellt hätte, die spielbereit gehalten worden wären, während der belangten Behörde bei ihren Begehungen am der Zutritt nicht ermöglicht worden wäre, da trotz mehrmaligem Läuten nicht geöffnet worden wäre.

Vorhalt an den Bf

Die weiteren Ermittlungen der belangten Behörde erfolgten in Form eines Schreibens vom an den Bf, in dem sie ihn mit der Sachverhaltsdarstellung der rechtlichen Vertretung der Anzeigerin vom und der Bereitstellung von drei Spielapparaten (Terminals) mit der Spielmöglichkeit für virtuelle Walzenspiele ohne Entrichtung einer Glücksspielautomatenabgabe nach dem Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz konfrontierte und ihm im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme gab.

Der Bf ersuchte um Übermittlung der Aktenabschrift, die auch erfolgte und am nahm der Bf Stellung.

In seiner Stellungnahme gab er an, dass das Lokal im März 2017 wegen Umbaus geschlossen gewesen sei - auch an dem von der Anzeigerin angegebenen Kontrolltag dem .

Er gab weiters an, dass die Anzeigerin über ihr "Hetzportal" regelmäßig unwahre und kreditschädigende Kampagnen gegen ihn verbreite und dies schon Gegenstand eines Gerichtsverfahrens gewesen wäre, in dem Geklärt worden wäre, dass die Anschuldigungen gegen den Bf haltlos gewesen wären. Der Bf räumte ein, dass selbst wenn die Angaben stimmen würden, er noch immer keinen Grund erkenne, wieso er abgabepflichtige Tatbestände gesetzt hätte.

Für den Fall, dass die belangte Behörde weiterhin von einer Glücksspielabgabenpflicht des Bf ausginge, beantragte er die Einvernahme des Zeugen in seinem Beisein zur Klärung des Sachverhaltes.

Einvernahme des Zeugen am

Die belangte Behörde lud den von der Anzeigerin namhaft gemachten Zeugen ***A*** zu einer Befragung zum gegenständlichen Sachverhalt der drei Glücksspielapparate, die am stattfand.

Nach der Wahrheitserinnerung und Zeugenbelehrung hinsichtlich allfälliger Konsequenzen für Falschaussagen gab der Zeuge folgendes zu Protokoll:

"…

Zur Begehung am gebe ich an, dass sich das gegenständliche Lokal auf Nr. 53 (Eckhaus ***4***. und ***5***) befindet und darüber zum Begehungszeltpunkt noch ein Werbeschild eines davor untergebrachten Lokals ("***GGG***") angebracht war. Durch einen zentral nach hinten versetzten Eingangsbereich kommt man zur rechts gelegenen Eingangstüre, die auf mein Anklopfen hin vom anwesenden Mitarbeiter manuell geöffnet wurde. Links nach dem Eintritt befand sich ein Geldeingabeautomat, mit dem man einen "12-Card" genannten Bon erwerben konnte.

Mittels der darauf gedruckten Codestreifen oder PlN- Code konnten die Terminals aktiviert werden. Das Personal hat mich darauf hingewiesen, dass ich am Terminal mittels Googlesuche die lnternetseite www.spiel12.com ansteuern und diese per Eingabe des PIN-Codes oder Codelesegerät aktivieren sollte.Die drei verfahrensgegenständlichen und baugleichen Terminals befanden sich nach dem Eintreten rechts und waren nebeneinanderaufgestellt. Zwei der Geräte wurden zum Zeitpunkt meiner Ankunft bespielt, einer der Spieler hat aber bald das Lokal verlassen und ich seinen Platz eingenommen.

Ich habe an einem Gerät das Testspiel "Fort Knox" mit einem eingezahlten Spielguthaben von 50,- Euro und einem gewählten Testspieleinsatz von 0,30 Euro durchgeführt und dies mit Fotos dokumentiert. Es handelt sich dabei um ein virtuelles Walzenspiel dessen Ausgang mittels des Terminals nicht beeinflusst werden konnte. Nicht verspielte Einsätze bzw. der Gewinn werden beim Automaten beim Ausgang ausbezahlt. Dass das Lokal umgebaut wird, war nicht ersichtlich. Jedenfalls war es zum Zeitpunkt meines Besuches ohne Probleme zugänglich. ln meinem Bericht wurde irrtümlich als Adresse Hausnr. 55 angegeben und das durchgeführte Probespiel als "Lady Love". Dies führe ich darauf zurück, dass ein älterer Bericht überschrieben wurde.

…"

Aus einem - vom Zeugen unterfertigten - Aktenvermerk der belangten Behörde geht hervor, dass der Zeuge auch zu anderen Zeitpunkten in dem Lokal Begehungen vorgenommen hätte und bereit war, dazu bei der belangten Behörde auszusagen.

Bescheid über die Festsetzung der Glücksspielautomatenabgabe vom

In der Folge wurde die Glücksspielautomatenabgabe bescheidmäßig in der Höhe von 4.200 € von der belangten Behörde festgesetzt.

Begründet wurde der Bescheid damit, dass im gegenständlichen Lokal drei Spielapparate gehalten hätte, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert, zB Jeton- oder Warengewinn, erzielt werden könne, für die jedoch die Glücksspielautomatenabgabe nicht entrichtet worden wäre.

Der Sachverhalt sei durch den Bericht vom , die Zeugeneinvernahme und den Kontostand erwiesen.

Die Zeugenaussage wurde wörtlich im Bescheid abgedruckt.

Im Lichte dessen sei das Vorbringen, es wäre kein abgabepflichtiger Tatbestand gesetzt worden und es wäre das Lokal im März 2017 wegen Umbaus geschlossen gewesen als Schutzbehauptung zu werten.

Auf Grund der Erhebung vom und der Zeugenaussage wäre ein betriebsbereites Halten von drei Glücksspielgeräten, bei denen ein Gewinn in Geld oder Geldeswert erzielt werden könne zweifelsfrei nachgewiesen.

Gemäß § 1 betrage die Glücksspielautomatenabgabe für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert zB Jeton- oder Warengewinn erzielt werden könne und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 GspG erteilt worden wäre, je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.400 €. Die Steuerpflicht bestünde unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt werde. Gemäß § 2 des Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetzes sei er Unternehmer steuerpflichtig.

Unternehmer sei jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung der Spielapparat gehalten würde oder die Entgelte gefordert würden. Wenn zwei oder mehrere Unternehmer bzw. Mitunternehmer vorhanden sind, seien sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. Der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates würden als Gesamtschuldner gelten.

Gemäß § 3 des Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetzes sei die Steuer erstmals spätestens einen Tag vor Beginn des Haltens und in der Folge jeweils bis zum Letzen eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Die Steuerpflicht ende mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Apparat nicht mehr gehalten würde.

Beschwerde vom

Der Bf erhob Beschwerde gegen den Bescheid und begründete sie damit, dass das Lokal zwar geschlossen gewesen wäre, er aber in Anbetracht der bevorstehenden Vermietung die Verfügungsberechtigung bereits im März 2017 an die Untermieterin übertragen habe. Dies sei dem Bf leider entfallen gewesen, habe sich aber dann herausgestellt, dass die Untermieterin im Lokalt bereits im März einen Beschäftigten angestellt hätte. Deshalb habe er sich wieder erinnert.

Vorhalt der belangten Behörde an die Untermieterin

Auf Grund dieser Aussage in der Beschwerde teilte die belangte Behörde der Untermieterin diese in einem Vorhalt vom mit und gab ihr Gelegenheit, zu dem vorliegenden Sachverhalt Stellung zu nehmen.

Nach Ersuchen der Untermieterin um Zusendung des Akteninhaltes vom , dem die belangte Behörde am nachkam.

Bescheidmäßige Festsetzung an die Untermieterin am

Den gegenständlichen Bescheid an den Bf über die Glücksspielautomatenabgabe für März 2017 setzte die belangte Behörde auch gegen die Untermieterin fest.

Begründet wurde dies mit derselben Begründung wie der Bescheid an den Bf (siehe oben).

Dagegen erhob die Untermieterin Beschwerde am .

Begründet wurde dies damit, dass die im Spruch des Bescheides genannten Spielapparate gewöhnliche PCs seien, die zur Ermittlung der Wett-Quoten dienen würden und nicht spezifiziert worden wären.

Der Zeuge hätte laut eigenen Aussagen die Internetseite www.spiel12.com über Google gesucht und aufgerufen. Ebenso hätte er jede andere Glücksspielseite aufrufen können.

Die Angaben seien widersprüchlich, habe er doch eine andere Hausnummer in seiner Anzeige angegeben, ebenso andere Spielmöglichkeiten, nachdem er angeblich einen alten Bericht überschrieben habe. Dem ganzen Akteninhalt und auch den Aussagen des Zeugen sei nicht zu entnehmen, wie die Behörde zu der Annahme komme, dass Gewinn in Aussicht gestellt würden. Die Aussage sei hypothetisch und entbehre jeder Realität.

Außerdem gelte in diesem Verfahren der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit. Betreffend die Ermittlungen des Sachverhaltes bedeute dies, dass die Verwaltungsbehörden verpflichtet seien, von Amts wegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und deren Wahrheit festzustellen. Die belangte Behörde habe die erforderlichen Ermittlungen und Feststellungen unterlassen und vielmehr dem Anzeigenleger Glauben geschenkt, der Einfachheit halber.

Es handle sich bei den Geräten um gewöhnliche PCs, die nicht mit einer Glücksspielsoftware verlinkt wären, keine Gewinn in Aussicht gestellt hätten, der Zeuge sich über Google-Suche bei einer Glücksspielseite angeblich eingeloggt hätte und es sich bei dem Anzeigenleger um ein bekanntes Hetzportal handle, der durch falsche Angaben im Auftrag eines Niederösterreichischen Konzerns andere Unternehmen denunziere.

Beschwerdevorentscheidung vom

Die gegenständliche Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen.

Begründet wurde diese Abweisung im Wesentlichen mit der Zeugenaussage und der Verwirklichung des Tatbestandes des § 2 Abs. 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz. Die Behauptung des Bf in der Beschwerde, dass er die Räumlichkeiten bereits im März 2017 an die Untermieterin übergeben hätte, wurde dahingehend bewertet, dass die gegenständliche Abgabe auch der Untermieterin bescheidmäßig vorgeschrieben worden wäre. Die Mitunternehmerschaft der Untermieterin ändere jedoch nichts an der Lokalinhaberschaft des Bf, nachdem dieser laut Mietvertrag im März 2017 die faktische Gewalt über das Lokal noch nicht abgetreten hätte.

Vorlageantrag vom

Dagegen erhob der Bf Vorlageantrag und beantragte die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes.

4. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Am wurde der Fall dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Die belangte Behörde gab im Vorlagebericht eine Stellungnahme ab und legte den gesamten Bemessungsakt vor.

In der Stellungnahme zitierte sie noch einmal die Aussage des Zeugen und wiederholte wortgleich die Begründung der Beschwerdevorentscheidung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf betrieb im Jahr 2017 in einem angemieteten Geschäftslokal an der Adresse ***1*** in ***2*** insgesamt drei Glücksspielapparate. Das Vorliegen einer Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 GSpG konnte weder vorgelegt noch festgestellt werden.

Die Glücksspielapparate boten den Spielern eine Möglichkeit zur Ein- und Auszahlung von Geldbeträgen zum Spiel von virtuellen Walzenspielen an dafür bereitgestellten Computern. Bei diesen Spielen ist das Spielergebnis vom Zufall abhängig und kann nicht seitens des Spielers beeinflusst werden.

Solche Spiele sind nach Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz steuerpflichtig.

Die Begehung des Lokals durch Organe der belangten Behörde wurde nicht ermöglicht.

Ein Mitarbeiter der Anzeigerin, die eigenständig das illegale Glücksspiel bekämpft und bei der Behörde anzeigt, hingegen ermittelte "verdeckt" und führte derartige Spiele mit Geldeinsätzen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum März 2017 durch.

Der Bf hatte das Lokal laut Mietvertrag ab an eine Untermieterin vermietet und schon im März 2017 - also zum verfahrensgegenständlichen Zeitraum - übergeben.

Nachdem er dies der belangten Behörde erst in der Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid mitgeteilt hatte, setzte die belangte Behörde die Abgabenschuld für März 2017 in Höhe von 4.200 € für die drei Spielapparate auch bei der Untermieterin als Gesamthandschuldnerin gleichsam wie der Bf fest.

Die Untermieterin erhob dagegen in einem anderen Verfahren ebenfalls Beschwerde, bestritt aber nicht, dass sie das Lokal bereits im März 2017 übernommen hatte.

In dieser Beschwerde widersprach sie den Ausführungen des Bf nicht, dass er das Lokal schon vor Beginn des Mietvertrages an die Untermieterin übergeben hatte und diese es bereits im März 2017 betrieb und die gegenständlichen Spielgeräte angeboten hat.

Durch Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes , wurde die Untermieterin als Steuerschuldnerin für die gegenständliche Abgabenschuld der drei Geräte im März 2017 festgestellt und ihre Beschwerde abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist auf Grund des eindeutigen Urkundeninhalts, der übermittelten Unterlagen und die Vorlage des Bemessungsaktes der belangten Behörde als erwiesen anzusehen.

Der Verfahrensgang vor dem Magistrat sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch die Bescheide, die Bescheidbeschwerden, die Beschwerdevorentscheidung und den Vorlageantrag sowie die Vorlage vor dem Bundesfinanzgericht evident.

Bedeutsam waren auch die glaubwürdigen Aussagen des Zeugen zur Ausstattung, der Art der angebotenen Spiele sowie das Erscheinungsbild des Lokals inklusive der diesbezüglichen Fotos, wodurch festgestellt werden konnte, dass das Lokal im Monat März zumindest zeitweise geöffnet war.

Entscheidend ist auch, dass der Zeuge von den Organen der belangten Behörde direkt vernommen wurde und durch diese unmittelbaren Befragungen es sich nicht um einen Beweis nach dem Hörensagen handelt, sondern die Ermittlungen der Behörde für die Voraussetzungen des Bestehens einer Abgabenschuld nachweisbar sind.

Dass die Untermieterin das gegenständliche Lokal bereits im März 2017 betrieben hat, obwohl der im Akt befindliche Untermietvertrag zwischen dem Bf als Vermieterin und der Untermieterin erst mit 1. April beginnen sollte, ergibt sich aus den Ausführungen des Bf in seiner Beschwerde sowie aus dem Umstand, dass die Untermieterin in ihrer Beschwerde vom diese Behauptung des Bf in keiner Weise bestritt.

Diese Tatsache macht die Behauptung des Bf sehr glaubwürdig, dass er im März 2017 nicht mehr die gegenständlichen Geräte bereitgestellt hat.

Die Untermieterin bestritt auch nicht, die gegenständlichen Geräte im März 2017 zur Verfügung gestellt zu haben - und würde sie mit Sicherheit getan haben, wenn sie als Steuerschuldnerin erst laut Mietvertrag im April 2017 herangezogen wurde - sondern behauptete lediglich, dass es sich bei diesen Geräten nicht um Spielapparate sondern um gewöhnliche PCs gehandelt hätte, die nicht mit einer Glücksspielsoftware verlinkt wären und keinen Gewinn in Aussicht gestellt hätten.

Sie warf der belangten Behörde noch unterlassene Ermittlungen zur Erforschung der materiellen Wahrheit vor.

Damit gab die Untermieterin zu, bereits im März 2017 die gegenständlichen drei Geräte zur Verfügung gestellt zu haben und bestätigte so die Ausführungen des Bf, dass er im März 2017 nicht mehr Lokalinhaber war, sondern dieses nach Übergabe an die Untermieterin von dieser betrieben worden wäre.

Der Vorwurf unterlassener Ermittlungen der belangten Behörde ist für den gegenständlichen Fall unrichtig, da die belangte Behörde den namhaft gemachten Zeugen direkt befragte - und so neben erfolglosen Besuchsversuchen des Lokals Ermittlungen vorweisen konnte, die ua den für das grundsätzliche Bestehen der gegenständlichen Abgabenschuld erforderlichen Betrieb des Lokals im März 2017 nachweisen konnten; anders als zB in der vom Bundesfinanzgericht erlassenen Stattgabe (einer Beschwerde gegen einen Bescheid, der festgesetzt wurde, ohne dass die Behörde eigene Wahrnehmungen vorweisen konnte), die vom Verwaltungsgerichtshof durch die Zurückweisung der außerordentlichen Amtsrevision am , Ra 2020/15/0065-4, bestätigt wurde.

Seitens des Bf wurde daher, unwidersprochen von der Untermieterin, glaubhaft angegeben, dass er im März 2017 das Lokal nichtmehr betrieben hat und daher nicht mehr Steuerschuldner der nicht entrichteten Glücksspielautomatenabgabe sein kann, sodass das Bundesfinanzgericht von dem oben dargestellten Sachverhalt ausgeht.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

3.1.1. Zuständigkeitsübergang

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO, in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2013, sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 BVG zu erledigen.

3.1.2. Rechtsgrundlagen

Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz idgF LGBl. Nr. 63/2016

Steuergegenstand

§ 1

Für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, erteilt wurde, ist eine Steuer zu entrichten. Die Steuer beträgt je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.400 €. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird.

Steuerpflicht und Haftung

§ 2

(1) Steuerpflichtig ist die Unternehmerin oder der Unternehmer. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw. jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner.

(2) Die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.

(3) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

(4) Die in Abs. 3 bezeichneten Personen haften für die Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

3.1.3. Rechtliche Würdigung

Für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert wie zB Jeton- oder Warengewinn erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 GSpG erteilt wurde, ist nach § 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz eine Steuer zu entrichten.

Diese Steuer wird je Apparat und begonnenem Kalendermonat mit 1.400 € bemessen.

Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird.

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Bf im gegenständlichen Zeitraum März 2017 das von ihm gemietete Lokal, das er ab untervermietet hat, bereits mit März 2017 an die Untermieterin übergeben, die das durch ihre Ausführungen auch bestätigt hat (siehe Beweiswürdigung).

Steuerpflichtig ist jedoch nur der Unternehmer iSd § 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz. Darunter ist im Sinne dieses Gesetzes insbesondere jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden, zu verstehen. Bei zwei oder mehreren Unternehmern bzw. Mitunternehmern, die Spielgeräte zur Verfügung stellen, sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig.

Die belangte Behörde geht in ihrer Beschwerdevorentscheidung sowie dem Vorlagebericht von einer Mitunternehmerschaft der Untermieterin aus, die ihrer Meinung nach nichts an der Lokalinhaberschaft des Bf ändere, da dieser laut Mietvertrag im März 2017 die faktische Gewalt über das Lokal noch nicht abgetreten hätte.

Bei dieser Argumentation übersieht die belangte Behörde allerdings, dass durch die Bestätigung des Zurverfügungstellens der drei gegenständlichen Geräte schon im März 2017 durch die Untermieterin in deren Beschwerde (Akt Seite 91) nachgewiesen ist, dass nicht der Bf sondern die Untermieterin die Geräte im März 2017 zur Verfügung gestellt hat.

Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte die Untermieterin ihre Lokalinhaberschaft im März 2017 wohl vehement bestritten und darauf hingewiesen, dass der Mietvertrag erst mit begonnen hätte, um nicht als Steuerschuldnerin herangezogen zu werden.

In vergleichbaren Fällen hat das Bundesfinanzgericht beim Nachweis, dass der Bf nicht mehr Lokalinhaber bzw. Anbieter der Geräte durch Vermietung bzw. Untervermietung war, mit seinen Erkenntnissen den Beschwerden stattgegeben und nur den jeweiligen Mieter bzw. Untermieter als Bereithalter der Geräte bzw. Lokalinhaber und damit Steuerschuldner angesehen, so zB und .

Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Bf in diesem Zeitraum keine Spielapparate bereitgehalten hatte und ist von der Übertragung der Verfügungsberechtigung bzw. faktischen Gewalt noch vor Beginn des eigentlichen Mietvertrages auszugehen.

Aus diesem Grund ist auch das Bundesfinanzgericht in seiner Parallel-Entscheidung vom , RV/7400365/2018, von der Steuerschuld der Untermieterin als Unternehmerin und Steuerschuldnerin im März 2017 ausgegangen und sah in der nicht bestrittenen Unternehmerschaft im März 2017 zwangsläufig ein Eingeständnis, das Lokal bereits im März übernommen zu haben. Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bf in diesem Zeitraum die gegenständlichen drei Glückspielautomaten auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben hätte und auch von der belangten Behörde keine Beweismittel dafür vorgebracht wurden, ist Steuerschuldnerin iSd Glückspielautomatenabgabegesetzes für den gegenständlichen Zeitraum März 2017 nicht der Bf, sondern die Untermieterin als Unternehmerin iSd § 2 Glücksspielautomatenabgabegesetzes.

Demzufolge war spruchgemäß der Beschwerde stattzugeben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu.

Die Entscheidung ist im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400374.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at