Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.04.2022, RV/7106510/2019

Rückforderung der Familienbeihilfe, da die Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde; Abendgymnasium für Berufstätige ohne Vorbereitungskurse; ausschließlich Selbststudium

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2016 bis Februar 2018, zu Recht:

  1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung, nämlich für 09/2016-02/2017, stattgegeben.
    Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in Folge kurz: Bf.) bezog für ihren Sohn S., geb. 1996, unter anderem im Zeitraum September 2016 bis Februar 2018 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Am meldete sich S. zu den Zulassungsprüfungen zur Externistenreifeprüfung an und wurde mit Entscheidung der Externistenprüfungskommission des Stadtschulrates für Wien am Bundesgymnasium für Berufstätige Wien 21, Brünner Straße 72, mit Entscheidung vom für die Zulassungsprüfungen zur Externistenreifeprüfung gemäß § 42 Schulunterrichtsgesetz und § 1 Abs. 1 Z. 4 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über Externistenprüfungen, BGBl. 362/79, idgF, zu folgenden Prüfungen zugelassen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lehrplan:
Oberstufenrealgymnasium mit Darstellender Geometrie
Prüfungsgebiete der schriftlichen Hauptprüfung:
Deutsch
Englisch (1. Lebende Fremsprache)
Mathematik
Darstellende Geometrie
Prüfungsgebiete der mündlichen Hauptprüfung:
Englisch
Mathematik (Vertiefende Schwerpunktprüfung)
Chemie

Einschränkungen aufgrund JZ 8. Kl. ORG+DG im SJ 2015/16 (E, M, Ch neg.)

Nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen forderte das Finanzamt mit Bescheid vom die für den Zeitraum September 2016 bis Februar 2018 bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 26 FLAG 1967 mit der Begründung zurück, dass Familienbeihilfenanspruch nur dann bestehe, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Dies werde dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antrete.

Die Bf. erhob gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht Beschwerde (Schreiben vom , eingelangt beim FA am ) und brachte vor, dass ihr Sohn in einem angemessenen Zeitraum seine Prüfungstermine eingehalten und sich auch sehr intensiv nach den Prüfungsvorgaben vorbereitet habe. Diesbezüglich verweise sie auf ihre Ausführungen im Schreiben vom . In diesem Schreiben habe sie u.a. die Umstände angeführt, welche zu keinem positiven Prüfungsergebnis geführt hätten. Des Weiteren habe ihr Sohn zu dieser Zeit auch gesundheitliche Probleme gehabt, welche sich ebenfalls ausgewirkt und in der Folge zu einer Notaufnahme im Spital Rudolfstiftung mit der Diagnose allgemeines Erschöpfung-Burnout zur Behandlung geführt hätten (Verweis auf Anlage). Auch vor Antritt zur Prüfung am habe ihr Sohn über starke Schmerzen geklagt und habe eine Terminverlegung vornehmen wollen. Davon habe sie ihrem Sohn abgeraten, da er sich ja sehr intensiv vorbereitet gehabt habe. Ihr Sohn habe unbedingt die Prüfung zum Frühjahrstermin schaffen wollen und habe zusätzlich mit seinem Freund gelernt, welcher auch zur Nachprüfung zugelassen worden war. In der Abschlussbesprechung habe die Prüfungskommission (Lehrer) die erbrachte Leistung ihres Sohnes als positiv und mit bestanden beurteilt, jedoch die Deutsch-Lehrende habe ein Veto eingelegt und zu ihrem Sohn gesagt, dass er es sicherlich beim nächsten Mal schaffen werde. Bei dem Prüfungsfach Chemie habe es sich um eine mündliche Prüfung gehandelt, welche jedoch nur dann erbracht werden könne, wenn mindestens zwei Prüfungsfächer als bestanden gelten. Es sei somit nicht richtig, wenn das Finanzamt ihrem Sohn den zielstrebigen Einsatz seine Matura zu schaffen abspreche. Ihr Sohn sei von der Aussage des Finanzamtes zutiefst betroffen gewesen und ebenso sehr enttäuscht und verstehe dies in Anbetracht der angeführten Tatsachen bzw. Gegebenheit in keinster Weise. Sie ersuche um die Gewährung bzw. Bewilligung der Familienbeihilfe, da sie auch in Anbetracht als Alleinerzieherin auf die Familienbeihilfe angewiesen sei.

Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt und änderte den Bescheid insofern ab, als der Beschwerde für den Zeitraum September 2016 bis Februar 2017 stattgegeben und darüber hinaus die Beschwerde für den Zeitraum März 2017 bis Februar 2018 als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 Personen für Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Hierzu müsse das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen treten, die Externistenreifeprüfung innerhalb angemessener Zeit abzulegen. Zur Ablegung der Hauptprüfung sei für längstens acht Monate Familienbeihilfe zu gewähren. Ein nochmaliges Antreten zu einer nicht bestandenen Prüfung verlängere diesen Zeitraum nicht. Die Bf. habe für ihren Sohn laufend Familienbeihilfe bezogen. S. sei mit von der Schule abgemeldet worden. Aufgrund des Ansuchens vom um Genehmigung der Zulassungsprüfung zur Externistenreifeprüfung sei diese mit erteilt worden. Im Jänner 2017 sei ein Antritt zur Matura in den Gegenständen Deutsch, Englisch und Mathematik erfolgt. Die Prüfung im Gegenstand Darstellende Geometrie sei am bestanden worden. Da S. für die Hauptprüfung mit August 2016 zugelassen worden sei und sein Antritt zur Externistenreifeprüfung im Jänner 2017 und Februar 2017, d.h. innerhalb der acht Monate, erfolgt sei, könne für diesen Zeitraum die Familienbeihilfe gewährt werden. Eine weitere Verlängerung sei laut oben genannter gesetzlicher Bestimmung nicht möglich.

Die Bf. stellte binnen der Rechtsmittelfrist einen Vorlageantrag (Schreiben vom , eingelangt beim FA am ) und brachte vor, dass die Familienbeihilfe lediglich für den Antritt zur Matura in den Gegenständen Deutsch, Englisch und Mathematik bzw. die Prüfung im Gegenstand Darstellende Geometrie, welche am bestanden worden sei, zuerkannt worden sei.

Die Anmeldung zur Reifeprüfung sei mit dem Termin Jänner 2017 ausgeführt worden. Es sei richtig, dass die Prüfung im Gegenstand Darstellende Geometrie am bestanden worden sei. Eine erneute Anmeldung zur Reifeprüfung für den Herbst 2017 für die schriftliche Hauptprüfung 1. Deutsch, 2. Mathematik und 3. Fremdsprache Englisch sei von ihrem Sohn am ausgeführt worden.

Anzumerken sei hierzu, dass die Zulassung zur mündlichen Prüfungsablegung mit dem Bestehen von mindestens drei schriftlich abzulegenden Prüfungen in den zugelassenen Hauptfächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprache Englisch gebunden sei.

Trotz einer intensiven Vorbereitung sei die Zeit vom Februar 2017 zum erneuten Termin im Herbst 2017 sehr kurz gewesen und es wäre sicherlich besser gewesen, diesen Termin auszulassen. Die Vorbereitungszeit für den Termin im Frühjahr 2018 wäre dann sicherlich mit der dann verbundenen längeren Vorbereitungszeit ein Vorteil gewesen.

Daran sei doch erkennbar, dass ihr Sohn zu jeder Zeit auch das ersichtliche und zielstrebige auch nach außen erkennbare Bemühen erbracht habe. Als Beweis lege sie auch das Schreiben (E-Mail vom ) von Z. bei (Anm.: Der Genannte bestätigte im Schreiben vom , dass er mit dem Sohn der Bf. von Dezember 2017 bis Jänner 2018 gemeinsam für die Matura gelernt habe). Ebenso sei der psychische Druck von Bedeutung und beeinflusse trotz aller Vorbereitung einen Prüfungstag. Dazu wolle sie anmerken, dass ihr Sohn den Termin 2018 trotz seiner Krankheit wahrgenommen habe.

Folgende Unterlagen wurden von der Bf. vorgelegt:

Entscheidung der EXTERNISTENPRÜFUNGSKOMMISSION des Stadtschulrates für Wien am Bundesgymnasium für Berufstätige Wien 21 Brünner Straße 72

Meldebestätigung zur Vorlage beim Finanzamt vom :

N. S.

[...]

Meldebestätigungen zur Vorlage beim Finanzamt vom :

N. S.

[...]

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.

Am wurde die belangte Behörde durch das BFG ersucht zu ermitteln, ob

a)abgesehen von den im Akt dokumentierten Prüfungsantritten im Jänner 2017, Februar 2017 und Jänner 2018 noch weitere Prüfungsantritte durch den Sohn der Beschwerdeführerin erfolgt sind. Zu diesem Thema liegen im Akt lediglich Prüfungsanmeldungen (nämlich für Herbst 2017, Frühjahr 2018 und Sommer 2018) vor.

b)Welcher durchschnittliche, wöchentliche Zeitaufwand (in Stunden) war für die Prüfungsvorbereitung notwendig?

c)Wurden im Beschwerdezeitraum (Vorbereitungs)Kurse/Lehrveranstaltungen besucht, oder waren die Zulassungsprüfungen ausschließlich als Selbststudium konzipiert?

d)Wurde die Externistenreifeprüfung erfolgreich abgeschlossen? Falls ja, zu welchem Zeitpunkt?

Am teilte die EXTERNISTEN PRÜFUNGSKOMMISSION der Bildungsdirektion für Wien am Bundesgymnasium für Berufstätige Wien 21 mit, dass N. S. bisher 3 Reifeprüfungsantritte (Sommer 2017, Herbst 2017 und Frühjahr 2018) absolvierte, die Reifeprüfung aber bislang nicht abgeschlossen worden sei. Vom Sommertermin 2018 habe sich Hr. N. abgemeldet. Das Abendgymnasium Wien biete keine Vorbereitungskurse an; die Kandidaten bereiten sich im Selbststudium auf die Prüfungen vor. Auf Nachfrage durch die belangte Behörde teilte die Kommission am mit, dass mit dem Termin Frühjahr 2018 der gemeint sei und Hr. N. zu diesem Termin sämtliche Prüfungsantritte in Mathematik, Englisch, Deutsch und Chemie mit Nicht genügend abgelegt habe.

Am forderte das BFG die Bf. auf, den wöchentlichen Vorbereitungs-/Lernzeitaufwand Ihres Sohnes bekanntzugeben und Befunde, für das in der Beschwerde vorgebrachte Erschöpfungs-Burnout, vorzulegen.

Daraufhin erstattete die BF am folgendes Vorbringen:

"[…] Die gem. diesem Beschluss binnen 4 Wochen ab Zustellung gestellten Fragen zu: 1. Bitte geben Sie den wöchentlichen Zeitaufwand (in Stunden) bekannt, in dem sich Ihr Sohn im Beschwerdezeitraum auf die Extremistenprüfung vorbereitet hat:

Hierzu wurden auch bereits schon in diversen Schreiben gegenüber dem Finanzamt Wien ausführlich Stellungen genommen und verweise unter anderem auf mein Schreiben vom an das Finanzamt Wien Mitte. In Diesem führte ich u.a. an, dass ich für meinen Sohn zur Vorbereitung zusätzlich Stunden finanziert; welche durch einen in Pension befindlichen UNI-Professor gem. den meinem Sohn erhaltenen und vorgelegten Prüfungsabfragen sich aufbauten. Die Überraschung in der dann durch die Prüfungskommission geführten Prüfung war verwunderlich und die Themenstellung in der Prüfung weichte komplett zu den erhaltenen Vorbereitungsunsterlagen ab. Mein Sohn erhielt entgegen der ihm übergebenen Vorbeitungsunterlagen seitens AHS einen völlig anderen Prüfungsstoff zur Abfrage.

Zu 2. Falls es dazu keine Aufzeichnungen gibt werden Sie ersucht; den wöchentlichen Lernaufwand/ die Vorbereitungszeit zu schaffen und nachvollziehbar auszuführen, wie sich die Stunden - unter Berücksichtigung der diversen Teil- und Vollzeitbeschäftigungen - zusammensetzen:

Hierzu ist festzuhalten, dass mein Sohn jede freie Minute nutzte um sich auch u.a. mit Freunden gemeinschaftlich vorzubereiten. Es waren viele viele Stunden die für die Vorbereitung aufbrachte wurden. Auch hatte mein Sohn den festen Willen seine Matura zu schaffen und nahm die Herausforderung sehr strebsam an. Es war Ihm nichts zu viel und seine Lernaufwand als auch in seiner Bereitschaft zu lernen vorbildlich. Dies bestätigten mir auch seine Freunde welche mit Ihm viele Stunden gemeinsam lernten.

Zu 3. Befunde zu dem in der Beschwerde vorgebrachten Erschöpfungs-Burnout:

Hierzu liegt Ihnen bereits die Labordiagnose vom Krankenhaus Rudolfstiftung vor. Ich konnte hierzu noch die Anamnese (Aufnahmeabt.) vom Dr. Ilka Danev ausheben lassen und lege diesen meinem diesem Schreiben ebenfalls bei. Auch habe ich mit meinem Schreiben vom an das Finanzamt Wien-Mitte Marxergasse 4, 1030 Wien alle geforderten Nachweise sowie Unterlagen eingereicht. Es ist mir sicherlich als Alleinerziehende Mutter nicht immer leicht gefallen meinem Sohn im Besonderen mit dem nötigen auch finanziellen Aufwand zu unterstützen. Ich bitte nun meinen Anspruch auf Familienbeihilfe zur Gänze zu gewähren und alle Rückforderungen seitens Finanzamt Wien-Mitte einzustellen."

Dem Schreiben beigefügt war die Ambulanzkarte der Klinik Landstraße, Erstuntersuchungsambulanz des N. S. vom , Anamnese vom , 02:38 Uhr sowie die bereits im Akt aufliegenden Blutlaborbefund, ebenfalls vom .

[...]

Die belangte Behörde erstattete am 25.032022 nach Übermittlung dieser Unterlagen dazu folgende Stellungnahme im Rahmen Ihres Parteiengehörs:

"[…] Wiederholend wird vom Finanzamt darauf hingewiesen, dass ab März 2017 (letzte bestandene Prüfung am ) keine erkennbare (Berufs-)Ausbildung mehr erfolgte.

Die als Gefälligkeitsbestätigung angesehene E-Mail eines angeblichen Freundes des Sohnes betreffend gemeinsame Lernzeiten (dem Vorlageantrag beigelegt) erwähnt lediglich den Zeitraum 12/2017 bis 1/2018.

Die Nachhilfe durch einen "in Pension befindlichen UNI-Professor" wurde nur behauptet.

Bezüglich der nun vorgelegten Ambulanzkarte betreffend den Aufenthalt am in der Klinik Landstraße ("Rudolfstiftung") wird darauf hingewiesen, dass sich dieser ambulante Aufenthalt außerhalb des strittigen Zeitraumes befand (letzter erfolgloser Prüfungsantritt im Jänner 2018) und das Kind nach Verabreichung einer Vollelektrolytlösung noch am gleichen Tag beschwerdefrei wieder nach Hause entlassen wurde.

Es wird daher weiterhin wie in der Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht beantragt."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der 1996 geborene S. N. ist Sohn der Bf.

Mit Entscheidung der Externistenprüfungskommission des Stadtschulrates für Wien vom wurde S. auf Grund seines Ansuchens vom zu den Prüfungen zur Externistenreifeprüfung zugelassen.

Im Abendgymnasium Wien/Bundesgymnasium für Berufstätige Wien 21 gab es keinerlei Präsenzveranstaltungen/Kurse zur Vorbereitung auf die Prüfungen. Die Prüfungskandidaten erlernten den Stoff ausschließlich im Selbststudium.

Die Prüfungsgebiete für seine schriftliche Hauptprüfung umfassten die Gegenstände Deutsch, Englisch, Mathematik und Darstellende Geometrie. Die Prüfungsgebiete der mündlichen Hauptprüfung umfassten die Gegenstände Englisch, Mathematik und Chemie.

S. trat im Jänner 2017 in den Prüfungsgebieten Deutsch, Englisch und Mathematik an. Die Prüfungen wurden nicht bestanden.

Das Prüfungsgebiet Darstellende Geometrie wurde am bestanden.

S. trat im Streitzeitraum das dritte und das letzte Mal im Jänner 2018 zu den Prüfungen an; dies ohne Erfolg.

Weiters hat sich der Sohn der Bf. zu den Prüfungsterminen für das Frühjahr 2017, Herbst 2017 und Jänner 2018 angemeldet, ist jedoch in weiterer Folge dazu nicht angetreten. Für den Termin Jänner 2018 hat sich S. von den Prüfungen wieder abgemeldet.

S. ging im gesamten strittigen Zeitraum diversen Beschäftigungen, unterschiedlichen Zeitumfanges, nach.

Die Matura wurde durch den Sohn der Bf. bislang nicht bestanden.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ist für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

Es ist unbestritten, dass der Sohn der Bf. seit dem Wintersemester 2016 Schüler des Abendgymnasiums Wien 21 ist und sich neben diversen Erwerbstätigkeiten auf die Ablegung der Externistenreifeprüfung vorbereitet. Dass es keinerlei Präsenz- und Vorbereitungskurse an der Schule gibt, wurde einerseits der Homepepage der Schule entnommen (http://wien.abendgymnasium.at/externisten/) und andererseits durch das Auskunftsersuchen an die Schule mit Schreiben vom bestätigt. Diesem war auch zu entnehmen, dass S. die Matura bislang nicht positiv absolviert hat. Diesen Feststellungen wurde durch die Bf. nicht widersprochen.

Strittig ist, ob ihr Sohn im Beschwerdezeitraum die Berufsausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben hat.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat - da das Gesetz keine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" enthält - in seiner ständigen Rechtsprechung Kriterien entwickelt (vgl. zB , , ) , welche für die Beurteilung, ob eine Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorliegt, heranzuziehen sind.

  1. Ziel einer Berufsausbildung

Ziel einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufs zu erlangen (vgl. ). Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation (vgl. , , ).

  1. Begriff Berufsausbildung

Unter den Begriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit. b FLAG fallen alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. , ).

  1. Ernstliches und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg

Der Antritt zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung (vgl. , , , ). Das anspruchsvermittelnde Kind muss durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen (, ).

Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist (vgl. zB , , , , ).

Es kommt nicht darauf an, ob die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen tatsächlich gelingt (vgl. zB , , ). Ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen wird auch nicht schon in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch einige Zeit in Verzug gerät. Eine Ausbildung jedoch, bei der schon bald nach ihrem Beginn Prüfungen abzulegen sind, bei der das Kind aber während langer Zeit zu keiner Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. ).

Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht nach der ständigen Judikatur des VwGH für sich allein jedoch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen (vgl. , ). Die bloße Anmeldung zum Unterricht ist ebenso wie der fallweise Besuch einer Schule keine Berufsausbildung iSd Gesetzes (vgl.).

Qualitatives und quantitatives Element

Eine Berufsausbildung iSd FLAG muss sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht gegeben sein. Entscheidend ist somit die Art der Ausbildung und der zeitliche Umfang (vgl. , vgl. auch Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 36, vgl. und ).

Der VwGH sprach in zahlreichen Erkenntnissen aus, dass der erforderliche zeitliche Einsatz - soll eine Berufsausbildung vorliegen - so beschaffen sein muss, dass die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch genommen wird (vgl. , , , , vgl. auch ).

Im Erkenntnis Ra 2017/16/0030 vom , stellte der VwGH fest, dass der zeitlichen Gestaltung und Verteilung einer Ausbildung einschließlich der erforderlichen Vorbereitungs- und Lernzeit Indizwirkung für die zeitliche Inanspruchnahme zukomme (Verweis auf ).

Zu prüfen ist daher, ob die Ausbildung während ihrer Dauer und der Vorbereitung für die abzulegenden Prüfungen im jeweiligen Kalendermonat in quantitativer Hinsicht die volle Arbeitskraft des Sohnes der BF gebunden hat (vgl. , ).

Externistenreifeprüfung

Allgemeines

Die Externistenreifeprüfung besteht aus den Zulassungsprüfungen und der Hauptprüfung. Vor Antritt zur eigentlichen Reifeprüfung müssen Zulassungsprüfungen abgelegt werden.

In Gegenständen, die schriftlich und mündlich geprüft werden, erfolgt stets zuerst die schriftliche Teilprüfung. Die mündliche Teilprüfung muss immer (auch bei negativer schriftlicher Teilprüfung) abgelegt werden, um eine Gesamtbeurteilung zu erhalten. Ist auch die Gesamtnote negativ, muss eine neue Anmeldung erfolgen. Bei einer negativen Gesamtbeurteilung und positiver schriftlicher Teilprüfung ist nur die mündliche Teilprüfung zu wiederholen; auch dazu ist eine neue Anmeldung notwendig. In jedem Unterrichtsgegenstand ist ein höchstens viermaliges Antreten zu einer Prüfung möglich. Liegt danach keine positive Beurteilung vor, muss die Schulform gewechselt werden (siehe dazu auch: http://wien.abendgymnasium.at/externisten/).

Voraussetzungen für die Anerkennung der Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967

Die ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung stellt eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 dar.

Eine ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung liegt vor, wenn ein "Kind" die Externistenreifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Reifeprüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den von der Externistenreifeprüfungskommission festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (vgl. ).

Nach dem Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 010, GZ 23 0104/5-V/3/96, liegt eine ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Ex-ternistenreifeprüfung vor, wenn innerhalb von jeweils vier Monaten eine Zulassungsprüfung erfolgreich abgelegt wird (vgl. ).
Der Erlass lautet auszugsweise:

"Aufgrund des freizügigen Systems der Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung kann einerseits weder die Schuldauer exakt festgelegt werden, noch die Neuregelung des § 2 Abs. 1 lit. b, aa, angewendet werden. Andererseits stellt die ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung sicherlich eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 dar.

Entsprechend den Intentionen des Gesetzgebers, die Dauer des Anspruches auf Familienbeihilfe bei volljährigen Schülern vom Schulerfolg abhängig zu machen, ist die Familienbeihilfe bei Kindern, die die Externistenreifeprüfung ablegen wollen, nach folgenden Richtlinien zu gewähren:

Um die Externistenreifeprüfung zu erlangen, sind bis zu 13 Zulassungsprüfungen und eine Hauptprüfung (= die eigentliche Reifeprüfung) abzulegen. Die Anzahl der Zulassungsprüfungen ist von der schulischen Vorbildung abhängig.

Um die Dauer des voraussichtlichen Anspruches auf Familienbeihilfe festlegen zu können, ist es unerlässlich festzustellen, wie viele Zulassungsprüfungen nach Erreichen der Volljährigkeit noch erforderlich sind, um zur Hauptprüfung antreten zu können.

Wie aus der Praxis der Maturaschulen in Erfahrung gebracht werden konnte, ist eine ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung dann anzunehmen, wenn innerhalb von jeweils 4 Monaten eine Zulassungsprüfung erfolgreich abgelegt wird. Nach der Anzahl der erforderlichen Prüfungen richtet sich die Länge des Familienbeihilfenbezuges. Der maßgebliche Monat des Familienbeihilfenbezuges beginnt mit dem der Erreichung der Volljährigkeit folgenden Monat..."

Aus diesem Erlass geht somit hervor, dass eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung iSd FLAG für höchstens vier Vorbereitungsmonate bis zur jeweiligen Teilprüfung anzunehmen ist.

Festzuhalten ist, dass Erlässe des damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie für das Bundesfinanzgericht keine beachtliche Rechtsquelle darstellen. Das Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung daher nicht an den Erlass des damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 010, GZ. 23 0104/5-V/3/96 (siehe Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2.A. 2020 § 2 Rz 44), gebunden.

Allerdings erscheint dem erkennenden Gericht die Berechnung der Anspruchsdauer nach Maßgabe einer durchschnittlichen Vorbereitungszeit als vertretbare Rechtsansicht (vgl. zu auch ). Verwaltungsanweisungen wie die oben angeführte sind für das BFG zwar nicht bindend, können aber im Einzelfall wie dem vorliegenden als praktikabel und anwendbar gewertet werden. Es können daher die durch den Erlass für die Abgabenbehörden vorgeschriebenen einheitlichen Regelungen aus Gründen der Gleichbehandlung aller Beihilfenwerber auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden.

Die Lehre (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn bei kursmäßigen Ausbildungen oder bei Maturaschulen ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an (vgl. ), insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden (vgl. ; "Echtstunden" zu 60 Minuten, ), um von einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 zu sprechen (vgl. ; ). Der UFS und das BFG haben in mehreren Entscheidungen die Meinung vertreten, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten je Prüfung sei ausreichend, und haben als Vergleichsmaßstab die Ablegung der Matura an einer allgemeinbildenden höheren Schule herangezogen. UFS und BFG haben aber auch betont, dass es sich dabei nur um eine Richtschnur handle und stets auf den konkreten Einzelfall abzustellen ist (siehe etwa die bei zitierten Entscheidungen von UFS und BFG). Das BFG nimmt daher in seiner ständigen Rechtsprechung bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 zu sprechen (siehe zB , ).

Der UFS und das BFG haben in mehreren Entscheidungen die Meinung vertreten, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten sei ausreichend, und hat als Vergleichsmaßstab die Ablegung der Matura an einer allgemein bildenden höheren Schule herangezogen. Die wöchentliche Unterrichtsdauer an der Oberstufe einer derartigen Schule betrage mit gewissen Schwankungen rund 30 bis 35 Unterrichtsstunden; demgegenüber umfasse die Dauer der Vorbereitungskurse für die Ablegung der Berufsreifeprüfung typischerweise weniger als die Hälfte dieses Stundenumfangs. Somit sei erkennbar, dass die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung weit weniger Zeit in Anspruch nimmt als der Besuch einer höheren Schule. Die Ausbildungsintensität sei also nicht vergleichbar. Es könne auch eindeutig davon ausgegangen werden, dass unter der Prämisse, dass das Kind der BF seinen vollen Lerneinsatz dem jeweils einzelnen Gegenstand widmen, also Kurse im Umfang von rund 30 Wochenstunden besuchen hätte können, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten pro Prüfung ausreichend gewesen wäre ( -F/07; ebenso zB ; ; ; , RV/7102207/2014; Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 44).

Die Qualifizierung als Berufsausbildung kann auch bei einem Fernstudium gegeben sein, wenn ein Schulunterricht von bloß zehn Wochenstunden durch verstärkte "Hausausgaben" und Vorbereitungszeit sowie E-Learning kompensiert wird (vgl. ). Das ist hier allerdings nicht der Fall. Die gewählte Schulform des Sohnes der Bf. ist darauf aufgebaut, dass sich die Schüler den gesamten Lernstoff im Selbststudium aneignen. Es gibt keinerlei Präsenz- respektive Vorbereitungskurse. Somit ist erkennbar, dass die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung weit weniger Zeit in Anspruch nimmt als der Besuch einer höheren Schule. Die Ausbildungsintensität ist also nicht vergleichbar. Dies muss auch dann gelten, wenn keine Vorbereitungskurse besucht werden, sondern - wie im vorliegenden Beschwerdefall - sich der Kandidat den erforderlichen Wissensstand im Selbststudium aneignet (vgl. ).

Daher erschiene es unter Berücksichtigung der Stundenrelation durchaus vertretbar, auch nur für den halben Zeitraum Familienbeihilfe zu gewähren. Wenn das Finanzamt ab der Zulassung zurückgerechnet dennoch für vier Monate pro Prüfungsantritt und damit für einen Zeitraum, der sogar mehr als die Hälfte der erforderlichen Ausbildungsdauer beträgt, Familienbeihilfe zuerkennt, kann die Bf. somit nicht beschwert sein. Es kann auch eindeutig davon ausgegangen werden, dass unter der Prämisse, dass der Sohn der Bf. seinen vollen Lerneinsatz dem jeweils einzelnen Gegenstand widmen, also Kurse im Umfang von rund 30 Wochenstunden besuchen hätte können bzw. 30 Stunden pro Woche für die einzelne Prüfung gelernt hätte, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten pro Prüfung ausreichend gewesen wäre.

Nach der Anzahl der erforderlichen Zulassungsprüfungen richtet sich die Länge des Familienbeihilfenanspruches, welche von der schulischen Vorbildung abhängig ist (vgl. , Erkenntnis des ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. ).

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. , , ).

Im vorliegenden Fall gab das Finanzamt der Beschwerde für den Zeitraum Juni 2016 bis Februar 2017 statt, da S. am zu den Zulassungsprüfungen zur Externistenreifeprüfung zugelassen wurde und er im Jänner 2017 in den Gegenständen Deutsch, Englisch und Mathematik angetreten ist (Anm.: kein positiver Abschluss). Im Gegenstand Darstellende Geometrie wurde die Prüfung am bestanden.

Das Finanzamt forderte von der Bf. die für den Zeitraum März 2017 bis Februar 2018 bezogenen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge mit der Begründung zurück, dass keine ernsthafte und zielstrebige Ausbildung nachgewiesen worden sei.

Das Bundesfinanzgericht geht aus den nachstehend angeführten Gründen ebenfalls davon aus, dass sich der Sohn der Bf. auf die Externistenprüfung im Zeitraum März 2017 bis Februar 2018 (Rückforderungszeitraum) nicht (mehr) ernsthaft und zielstrebig iSd FLAG 1967 vorbereitet hat:

Die Anmeldung zu den Zulassungsprüfungen zur Reifeprüfung erfolgte im August 2016. S. trat im Jänner 2017 zu den Prüfungen in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik an und wurde in allen Fächern negativ beurteilt.

Auch im Februar 2017 und Jänner 2018 wurden die Prüfungen in diesen Fächern nicht bestanden. Lediglich das Fach Darstellende Geometrie hat er im Februar 2017 positiv absolviert. Im Zeitraum zwischen März 2017 und Dezember 2017 ist der Sohn der Bf. zu keiner Prüfung angetreten.

Nach dieser Aktenlage ergibt sich für das Bundesfinanzgericht eindeutig, dass der Sohn der Bf. seine Ausbildung nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben haben und dass die Ausbildung auch nicht seine volle Zeit in Anspruch genommen haben konnte. Dies kann insbesondere in Hinblick auf den Umstand keinesfalls angenommen werden, da der Sohn bereits im Jänner und Februar 2017 ohne Erfolg zu den oben angeführten Fächern angetreten ist, die nächsten beiden Anmeldungen für das Frühjahr 2017 und Herbst 2017 ohne jeweiligen Antritt verstreichen ließ und erst wieder im Jänner 2018 ein Prüfungsantritt - jedoch auch hier wieder ohne Erfolg - stattfand. Dass der Lernaufwand für diese Gegenstände über diesen langen Zeitraum, wobei der Prüfungsstoff bereits vor der ersten Prüfung hätte angeeignet werden müssen, die volle Zeit des Kindes beansprucht hätte, kann aus Sicht des Gerichtes daher verneint werden.

Fest steht daher, dass der Sohn der Bf. während eines Zeitraumes von 18 Monaten (Beschwerdezeitraum 09/2016-2/2018), lediglich 3 Prüfungstermine wahrgenommen hat. Wenn das Finanzamt der Ansicht war, dass dieser lange Zeitraum einem ernstlichem und zielstrebigen, nach außen erkennbaren Bemühen um den Ausbildungserfolg entgegensteht, 6 Monate als Prüfungsvorbereitung für ausreichend angesehen und nur für den Zeitraum von 03/2017-02/2018 eine Rückforderung ausgesprochen hat, so kann dem nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Durch den Umstand, dass sich der Sohn der Bf. in eineinhalb Jahren zu insgesamt 6 Prüfungen angemeldet hat, jedoch nur zu drei Prüfungen tatsächlich angetreten ist, sich von einer Prüfung wieder abgemeldet und lediglich einen Gegenstand davon bestanden hat, vermag das Bundesfinanzgericht nicht zu ersehen, dass der Sohn jedenfalls ab März 2017 in diesem Schuljahr eine ernsthafte Berufsausbildung, die auch seine volle Zeit in Anspruch nahm, betrieben hat. Es wurde auch in den Folgejahren keine Prüfung mehr positiv absolviert, weiters wurde die Matura bis zum heutigen Tag nicht bestanden.

Wenn die Bf. im Vorlageantrag vorbringt, "dass trotz einer intensiven Vorbereitung die Zeit von Februar 2017 zum erneuten Termin im Herbst 2017 sehr kurz gewesen sei und es sicherlich besser gewesen wäre, diesen Termin auszulassen, die Vorbereitungszeit für den Termin im Frühjahr 2018 wäre dann sicherlich mit der dann verbundenen längeren Vorbereitungszeit ein Vorteil gewesen", wird dem entgegengehalten, dass sich ihr Sohn zwar für den Herbst 2017 Termin angemeldet hat, jedoch ohnehin nicht angetreten ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Grund für die nicht bestandenen Prüfungen darin liegt, dass er während der Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung fast durchgängig (in unterschiedlichem Stundenausmaß) diversen Erwerbstätigkeiten nachging.

Das Vorbringen der Bf., wonach sich ihr Sohn vom Februar 2017 bis zum erneuten Termin im Herbst 2017 sehr intensiv vorbereitet habe, ist jedenfalls genauso wenig ausreichend, um von einer ernsthaft und zielstrebig betriebenen Ausbildung auszugehen wie die von ihr vorgelegte Bestätigung des Z., wonach dieser mit ihrem Sohn von Dezember 2017 bis Jänner 2018 gemeinsam für die Matura gelernt hat. Dass die gemeinsamen Lerntreffen stattgefunden haben wird vom Gericht nicht in Abrede gestellt; jedoch sagt das vorgelegte Mail nichts über den tatsächlichen Zeitaufwand aus und ist dieser aufgrund der oben angeführten Ausführungen nicht im entsprechenden Ausmaß iS des FLAG 1967 gegeben. Nicht zuletzt wird im Mail nur ein Zeitraum von 2 Monaten angesprochen. Das Vorbringen, wonach der Sohn der Bf. auch mit einem ehemaligen Universitätsprofessor gelernt habe, blieb nur auf Behauptungsebene.

Der unbestrittene Umstand aber, dass über einen Zeitraum von 1,5 Jahren wie oben angeführt nur ein Gegenstand positiv abgeschlossen werden konnten, steht schon für sich der Glaubhaftigkeit der Ausführungen der Bf., die Ausbildung hätte die "überwiegende Zeit" des Kindes in Anspruch genommen, entgegen.

Von einer die volle Zeit des Kindes beanspruchenden Vorbereitung war aus den angeführten Erwägungen nicht auszugehen und erschiene es unter Berücksichtigung der oben dargestellten Wochen-Stundenrelation durchaus auch vertretbar, nur für den halben Zeitraum Familienbeihilfe (nämlich für insgesamt 4 Monate ab dem Beginn der Ausbildung) zu gewähren. Wenn das Finanzamt somit für den angeführten Zeitraum vor Rückforderung der Zahlungen insgesamt vom 1,5fachen der aufgewendeten Ausbildungsdauer (Stundenaufwand) ausgegangen ist, hat sich diese Zumessung nicht zum Nachteil der Bf. ausgewirkt. Die Bf. zeigt im Übrigen nicht auf, inwieweit ihr Sohn damit gegenüber allen anderen auszubildenden Beihilfenwerbern benachteiligt gewesen wäre, wenn sie unbestritten für 6 Monate Familienleistungen für ihren Sohn bezogen hat.

Zum Vorbringen der Bf., wonach ihr Sohn "zu dieser Zeit" gesundheitliche Probleme gehabt habe (Allgemeines Erschöpfungs-Burnout), wird einerseits festgehalten, dass diesbezüglich lediglich ein Laborbefund, nämlich ein Blutbefund, des Sohnes von der Krankenanstalt Rudolfstiftung vom vorgelegt wurde, weiterführende Diagnosen/Gutachten, Krankenstandsbestätigungen oder ähnliches, liegen hierzu nicht vor. Andererseits liegt der Zeitpunkt dieses Ereignisses außerhalb des Beschwerdezeitraumes. Das Gericht geht natürlich davon aus, dass sich eine solche Erkrankung lange vor einem Arztbesuch abzeichnet, jedoch hält es auch fest, dass bei Vorliegen eines Erschöpfungs-Burnoutes mehr als nur ein Arzttermin notwendig ist. Ein diesbezügliches Vorbringen wurde aber nicht erstattet. Nicht zuletzt erlaubt sich das erkennende Gericht darauf hinzuweisen, dass sich aus dem vorgelegten Blutbefund lediglich ein Blutwert ("Alk.Phosphatase, AP") geringfügig außerhalb des Referenzbereiches befindet (Referenzbereich 40-129 U/L; Ergebnis: 35 U/L). Alle anderen untersuchten Blutwerte befinden sich im Referenzbereich. Auch die belangte Behörde stellt im Rahmen des Parteiengehörs vom zutreffend fest, dass der Sohn der Bf. nach Verabreichung einer Vollelektrolytlösung noch am selben Tag beschwerdefrei nach Hause entlassen wurde. Die vorgebrachte Erkrankung des Sohnes bildet daher keinen tauglichen Unterbrechungsgrund iSd FLAG 1967, insbesondere nicht für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum; Unterlagen, die Gegenteiliges nachweisen könnten, wurden nicht vorgelegt.

  1. Rückerstattung von zu Unrecht bezogenen Beträgen

§ 26 FLAG normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Geldbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. , , ). Die Rückforderung ist keine Ermessensentscheidung. Billigkeitsüberlegungen sind daher im Rückforderungsverfahren nach § 26 Abs 1 FLAG vom Finanzamt oder vom Bundesfinanzgericht nicht anzustellen (vgl. und , jeweils unter Hinweis auf ).

Informationshalber wird mitgeteilt, dass die Bf. die Möglichkeit hat, beim Finanzamt einen Antrag auf Zahlungserleichterung zu stellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuständigkeitsänderung

Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der unbesetzten Gerichtsabteilung 1064 abgenommen und zum Stichtag der Gerichtsabteilung 1078 neu zugeteilt.

Finanzamt Österreich

§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG)

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.

Zu II: Zulassung der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob ein Kind eine Berufsausbildung ernsthaft und zielstrebig absolviert, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Tatfrage, welche in freier Beweiswürdigung zu beantworten ist. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich.

Betreffend das Bestehen der Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge folgt das Bundesfinanzgericht der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB ).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at