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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.04.2022, RV/7100239/2022

Befreiung nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG für eine nicht vom Bewilligungswerber eingebrachte Beschwerde gegen einen Baueinstellungsbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache der Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die der Beschwerdeführerin am zugestellten Bescheide des Finanzamtes Österreich (bezeichnet als Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom ) betreffend 1. Eingabengebühr und 2. Gebührenerhöhung, ErfNr. ***1***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Amtlicher Befund

Am langte beim (damaligen) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (an dessen Stelle seit das Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten, kurz FA, getreten ist) ein amtlicher Befund über eine Verkürzung von Stempel- oder Rechtsgebühren ein, in dem die Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei (kurz MA 37 oder Baubehörde) dem FA mitteilte, dass Frau ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) die Gebühr gemäß der Verordnung betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten, BGBl. II Nr. 387/2014 (kurz BuLVwG-EGebV), in Höhe von € 30,00 nicht entrichtet habe. Dem Befund angeschlossen war eine an die MA 37 adressierte Eingabe der Bf. vom 10. September ***9*** mit dem Betreff: "Beschwerde gegen den Bescheid ***8*** vom ".

Gebührenbescheid und Bescheid über Gebührenerhöhung

In der Folge erließ das Finanzamt am einen Gebührenbescheid und einen Bescheid über eine Gebührenerhöhung und wurde dieser am vom FA versendet. Da die Bf. diesen nicht erhalten hat, wie sie nach Erhalt einer Zahlungsaufforderung dem FA mit FAX vom mitgeteilt hatte, verfügte das FA am eine Neuzustellung der Bescheide an die Bf. und setzte damit gegenüber der Bf.
1. eine Gebühr gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV in Höhe von € 30,00 und
2. eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von € 15,00 (50% der nicht entrichteten Gebühr) fest.

Die Bescheide enthalten folgende Begründungen:

1. Gebührenbescheid:

"Die Festsetzung erfolgt, weil die Gebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde."

2. Bescheid über eine Gebührenerhöhung:

"Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben."

Beschwerde

In der dagegen mit Telefax vom eingebrachten Beschwerde hielt die Bf. einleitend fest, dass ihr die Bescheide am zugestellt wurden.

Zur Begründung führte die Bf. aus, dass die Gebührenfestsetzung in ihrer Gesamtheit unzulässig sei. Sie habe die Rückziehung ihrer eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid ***8***, welcher rechtswidrig gegen ihre Person ausgestellt worden sei, ausdrücklich nur unter der Bedingung der Schad- und Klagloshaltung durchgeführt. Da die ausstellende Behörde dieses akzeptiert habe und das Verfahren gegen sie eingestellt worden sei, seien die Gebühren vom Magistrat der Stadt Wien, MA37 einzufordern.

Auch für die Gebührenerhöhung fehle durch die Schad- und Klagloshaltung ihrer Person eine diesbezügliche Grundlage.

Der Beschwerde angeschlossen waren ein Schreiben der MA 37 an die Bf. vom sowie das Schreiben der Bf. an die MA 37 vom über die Rückziehung der Beschwerde in der Bauangelegenheit.

Beschwerdevorentscheidung

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom hielt das Finanzamt den Beschwerdeausführungen Folgendes entgegen:

"Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwGEGebV, BGBl. II Nr. 387/2014), sind Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht, das heißt

• Beschwerden,

• Anträge auf Wiedereinsetzung,

• Anträge auf Wiederaufnahme oder

• gesonderte Anträge auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

• sowie Vorlageanträge

gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist.

Die Beschwerde muss bei der Verwaltungsbehörde eingebracht werden, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Man bezeichnet diese Behörde im Beschwerdeverfahren als "belangte Behörde".

Höhe der Gebühr

Gemäß § 2 BuLVwG-EGebV beträgt die Gebühr

• für Beschwerden, Wiedereinsetzungsanträge und Wiederaufnahmeanträge (samt Beilagen) 30 Euro,

• für einen von der Beschwerde gesondert eingebrachten Antrag (samt Beilagen) auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde sowie Vorlageanträge 15 Euro.

Entstehen und Fälligkeit der Gebührenschuld

Die Gebührenschuld entsteht gemäß § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe, wird eine Eingabe jedoch im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht, entsteht die Gebührenschuld, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Die Gebühr wird mit diesem Zeitpunkt fällig.

Entrichtung der Gebühr

•Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks durch Überweisung auf das entsprechende Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (siehe unten) zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen Zahlungsbeleg oder einen Ausdruck über die erfolgte Erteilung einer Zahlungsanweisung nachzuweisen (§ 1 Abs. 3 BuLVwG-EGebV). Dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen. Für jede Eingabe ist die Vorlage eines gesonderten Beleges erforderlich.

Wird eine Gebühr, die nicht vorschriftmäßig entrichtet wurde mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr zu erheben. Die Gebührenerhöhung wird im § 9 Abs 1 GebG als objektive Rechtsfolge einer nicht vorschriftmäßigen Entrichtung von Gebühren in einer im § 3 Abs 2 GebG vorgesehenen Weise zwingend angeordnet.

Mit Schreiben vom , eingebracht am bei der Stadt Wien, Baupolizei (als belangte Behörde) wurde Beschwerde gegen den Bescheid vom , ***8***, eingelegt.

Diese Beschwerde/Eingabe an das Bundesverwaltungsgericht unterlag gem. § 1 Abs 1 i.V. mit § 2 BuLVwG-EGebV einer Gebühr in Höhe von € 30,-.

Die Nichtentrichtung der Gebühr ist unbestritten und liegt somit die Voraussetzung für die Erlassung eines Abgabenbescheides nach § 203 Bundesabgabenordnung als einen Akt der Abgabenbemessung vor (vgl 501/77 ua.)

Da die Steuerschuld mit Einbringung der Eingabe/Beschwerde entsteht, unabhängig davon, ob und wie die Behörde die Eingabe behandelt, konnte Ihrem Beschwerdebegehren nicht entsprochen werden."

Vorlageantrag

Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wandte die Bf. ein, dass die Beschwerdevorentscheidung in ihrer Abstraktheit nicht zu übertreffen sei und sich jeglicher Rechtsauffassung entbehre. Sie halte ihre Begründung wie in der Beschwerde vollinhaltlich aufrecht.

Sie stelle daher den begründeten Beschwerdeantrag die Forderung einzustellen.

Vorlage der Beschwerden an das BFG

Mit Vorlagebericht vom - eine Ausfertigung davon wurde auch der Bf. übermittelt - legte das Finanzamt die Beschwerden gegen den Gebührenbescheid und den Bescheid über eine Gebührenerhöhung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Beweisaufnahme durch das BFG

Vom Bundesfinanzgericht wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr ***1*** und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Weiters wurde noch eine Grundbuchsabfrage hinsichtlich der ***3*** getätigt und Einsicht in den in der Urkundensammlung befindlichen Kaufvertrag der Bf. vom genommen.

Über Aufforderung des BFG übermittelte die MA 37 dem BFG am den Akt Gz. ***8*** zur Einsicht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. war Eigentümerin von 54/1408stel Anteilen an der Liegenschaft ***3*** verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top 7, ***7***. Mit Kaufvertrag vom verkaufte sie diese Anteile an Herrn ***5*** und Frau ***6*** und erfolgte sogleich mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages die physische Übergabe der Eigentumswohnung.

Weiters ist die Bf. Eigentümerin von 66/1408stel Anteilen an der genannten Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top 3/4.

Auf Grund einer Anzeige betreffend Bauarbeiten in der Wohnung top 7, ***7*** führte die MA 37 einen Ortsaugenschein und eine Grundbuchsabfrage durch.

Am erließ die Baubehörde unter der Gz. ***8*** einen Bescheid, wonach die Bauführung zur Änderung der inneren Raumaufteilung in der Wohnung top 7, ***7*** einzustellen ist. Der Bescheid erging laut Zustellverfügung an Frau ***6*** als "Bauherrin" und an die Bf. als "Wohnungseigentümer-Grundeigentümerin". In der Begründung wurde von der MA 37 ua ausgeführt:

"Die Bauherrin ***6*** teilt mit, dass sie Eigentümerin der Wohnung ist und die Wohnung saniert werden soll. Laut Grundbuchsauszug ist jedoch Frau ***Bf1*** Eigentümerin der Wohnung.

Die vorgenannte Bauführung wird entgegen der Bestimmung des § 62 BO
ohne die Kenntnisnahme einer Bauanzeige ausgeführt
ohne Bekanntgabe der Bauführerin ausgeführt.
Die Bauführung war daher gemäß § 127 Abs. 8a in Verbindung mit § 127 Abs. 8 lit. a und b. BO einzustellen."

Unter der Überschrift "Rechtsmittelbelehrung" enthält der Bescheid nach dem Hinweis "Sie haben das Recht gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben" auch Informationen über die Höhe der Pauschalgebühr für eine Beschwerde, auf welches Konto des FA die Gebühr zu entrichten ist und dass der Beschwerde ein Nachweis über die Entrichtung der Gebühr anzuschließen ist.

Am 10. September ***9*** brachte die Bf. mittels FAX bei der MA 37 die hier gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid vom , ***8*** betreffend die Baueinstellung ein. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sich die Wohnung seit Unterfertigung des Kaufvertrages am samt anschließender physischer Übergabe nicht mehr in ihrem Besitz befinde und die grundbücherliche Eintragung zur Zeit im Gange sei. Der Bescheid richte sich gegen sie als Person, welche keine Eigentumsrechte an dem Liegenschaftsanteil mehr ausübe. Abschließend heißt es in der Eingabe vom :

"Ich stelle daher den begründeten Beschwerdeantrag, den Bescheid gegen meine Person aufzuheben."

Am erließ die MA 37 eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde der Bf. vom zurückgewiesen wurde. Die Begründung lautet auszugsweise wie folgt:

"Gemäß § 127 Abs. 8a Bauordnung für Wien (BO) hat die Baubehörde den Baueinzustellen und binnen drei Tagen an den Bauherrn, den Bauführer oder den sonstigen Verantwortlichen einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. …

Da Frau ***Bf1***, …, zum Zeitpunkt des Erlassens der Baueinstellung der Wohnung Top Nr. 3/4 war, wurde die Baueinstellung auch an sie zur Information zugesandt.

Da jedoch Frau ***Bf1*** weder Bauherrin oder Bauführerin oder sonstige für diese Bauführung Verantwortliche ist, ist sie zur keiner Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet und daher gemäß den Bestimmungen des § 134 Abs. 7 BO keine Partei des gegenständlichen Verfahrens.

Da Frau ***Bf1*** keine Partei des gegenständlichen Verfahrens ist, war die Beschwerde mangels Parteistellung zurückzuweisen.

Die Beschwerdevorentscheidung erging an die Bf. laut Zustellverfügung als "Wohnungseigentümer-Grundeigentümerin"

Mit Fax vom brachte die Bf. bei der MA 37 einen Vorlageantrag ein, in der sie ausführte, dass die Beschwerdevorentscheidung auf einer falschen rechtlichen Beurteilung basiere. Entgegen der Begründung sei sie zum Zeitpunkt der Erlassung der Baueinstellung nicht mehr Eigentümerin der Wohnung top 7 gewesen. Ob sie zu diesem Zeitpunkt Eigentümerin der Wohnung TopNr 3/4 war, stehe in keinem Zusammenhang mit dem ausgestellten Bescheid, welcher gemäß § 127 Abs. 8a Bauordnung für Wien (BO) nur an den Bauherrn, den Bauführer oder den sonstigen Verantwortlichen zu erlassen sei. Als Miteigentümerin der Liegenschaft falle sie in keiner dieser Kategorien und sei der Bescheid auch ihr gegenüber nicht zu erlassen gewesen. Sie stelle daher den begründeten Beschwerdeantrag den Bescheid gegen ihre Person aufzuheben.

Mit Schreiben vom teilte die MA 37 der Bf. mit, dass für die Wohnung top 7, ***7***, hinsichtlich der baulichen Änderungen eine Baubewilligung erwirkt worden und die Baueinstellung somit als abgeschlossen anzusehen ist.

In der Folge zog die Bf. mit Telefax vom den Vorlageantrag unter Bezugnahme auf ein Telefongespräch ihres Gatten mit einem Mitarbeiter der MA 37 und das Schreiben der MA 37 vom 23. Oktober zurück. Die Zurücknahmeerklärung der Bf. lautete wie folgt:

"Aufgrund ihres Ersuchens und der Tatsache, dass die Bescheidgrundlage nicht mehr besteht, ziehe ich unter der ausdrücklichen Bedingung einer Schad- und Klagloshaltung meiner Person in Hinsicht auf sämtliche Belange betreffend des Bescheides ***8***vom meinen Vorlageantrag zurück."

Infolge der Zurückziehung der Beschwerde durch die Bf. und der Erwirkung einer Bauanzeige zur Zl. ***9*** erfolgte seitens der MA 37 keine weitere Erledigung hinsichtlich der Baueinstellung und wurde am die Ablage des Aktes ***8*** in der Registratur verfügt.

Bis zur Erlassung des gegenständlichen Gebührenbescheides ist keine Entrichtung der Beschwerdegebühr iHv € 30,00 durch die Bf. erfolgt.

Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Unterlagen im elektronisch vorgelegten Bemessungsakt, die Grundbuchsabfrage, den Inhalt des eingesehen Bauaktes und das damit im Einklang befindliche Vorbringen der Bf. in ihren Schriftsätzen.

Unstrittig ist im bisherigen Verfahren insbesondere geblieben, dass die von der Bf. in einer Bauangelegenheit betreffend die Wohnung top 7, ***7*** gegen den Bescheid der Stadt Wien vom , ***8*** eingebrachte Beschwerde am bei der MA 37 einlangte und dass keine Gebührenentrichtung erfolgte.

Aus dem eingesehenen Bauakt ergibt sich zweifelsfrei, dass die Bf. von der Baubehörde nicht als Bauherrin, Bauführerin oder sonst für das Bauvorhaben Verantwortliche angesprochen wurde und die Bf. an dem Bauverfahren nicht als Bewilligungsweberin beteiligt war.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Gemäß § 14 Tarifpost 6 (TP 6) des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihr Bewilligngswerber es öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG unterliegen der Eingabengebühr nicht die Eingaben an die Gerichte, wobei gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 leg. cit. die Eingaben an die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht von der Befreiung ausgenommen sind und der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, für Eingaben einschließlich Beilagen u.a. an das Bundesverwaltungsgericht durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen, sowie den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld und die Art der Entrichtung der Pauschalgebühren zu regeln.

Auf Grund dieser Verordnungsermächtigung hat der Bundesmister für Finanzen die Verordnung betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-EGebV), BGBl. II Nr. 387/2014, erlassen.

Gemäß § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV sind Eingaben und Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht oder ein Verwaltungsgericht eines Landes (Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung, auf Wiederaufnahme oder gesonderte Anträge auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, Vorlageanträge) gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV beträgt die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden, Wiedereinsetzungsanträge und Wiederaufnahmeanträge (samt Beilagen) 30 Euro, für Vorlageanträge 15 Euro.

Die Gebührenschuld für diese Eingaben und Beilagen entsteht gemäß § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe; erfolgt die Einbringung jedoch im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs, entsteht die Gebührenschuld, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird die Gebühr fällig.

Gemäß § 1 Abs. 3 BuLVwG-EGebV ist die Gebühr unter Angabe des Verwendungszwecks auf ein Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen Zahlungsbeleg oder einen Ausdruck über die erfolgte Erteilung einer Zahlungsanweisung nachzuweisen; dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen. Die Einlaufstelle der Behörde oder des Gerichtes, bei der (bei dem) die Eingabe (samt Beilagen) eingebracht wird, hat den Beleg dem Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Verlangen zurückzustellen, zuvor darauf einen deutlichen Sichtvermerk anzubringen und auf der im Akt verbleibenden Ausfertigung der Eingabe zu bestätigen, dass die Gebührenentrichtung durch Vorlage des Beleges nachgewiesen wurde. Für jede Eingabe ist die Vorlage eines gesonderten Beleges erforderlich.

Gemäß § 1 Abs. 5 BuLVwG-EGebV hat die Stelle, bei der eine Eingabe eingebracht wird, die nicht oder nicht ausreichend vergebührt wurde, hat gemäß § 34 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957 das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel darüber in Kenntnis zu setzen.

Gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr zu erheben, wenn eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt wird.

Gemäß § 203 BAO ist bei Abgaben, die nach den Abgabenvorschriften in Wertzeichen (Stempelmarken) zu entrichten sind, ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn die Abgabe in Wertzeichen nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden ist.

§ 323b BAO sieht ua. folgende Übergangsbestimmungen im Zusammenhang mit der Finanz-Organisationsreform 2020 vor:

"(1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde."

Die am vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel genehmigten Bescheide, die der Bf. am zugestellt wurden, gelten daher als Bescheide des Finanzamtes Österreich.

Entstehen der Gebührenschuld für Beschwerden - Fälligkeit der Gebühr

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Schrift als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht bzw. an ein Landesverwaltungsgericht oder als ein sonstiges im § 1 Abs. 1 BVwG-EGebV genanntes Anbringen (oder als Revision an den Verwaltungsgerichtshof iSd § 24a VwGG oder eine (weitere) Eingabe in einem bereits anhängigen (Revision-)Verfahren) zu beurteilen ist, kommt es auf den Inhalt der jeweiligen Eingabe an (vgl. und ).

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass es sich bei der Eingabe der Bf. vom um eine Beschwerde iSd § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV handelt. Die verfahrensgegenständliche Eingabe wurde von der Bf. selber als "Beschwerde" bezeichnet und heißt es darin u.a.:"Ich stelle daher den begründeten Beschwerdeantrag, den Bescheid gegen meine Person aufzuheben." Durch den eindeutigen und keine Zweifel offenlassenden Inhalt der Schrift steht fest, dass es in der Absicht der Bf. gelegen war, eine Beschwerde einzubringen. Gegenteiliges trug die Bf. im gesamten Verfahren nicht vor.

Die Gebührenschuld für die Pauschalgebühr iHv € 30,00 ist im Zeitpunkt des Einlangens bei der Stelle, bei der sie nach den Verfahrensvorschriften einzubringen ist, entstanden und kommt es dabei - ebenso wie bei der Gebühr nach dem VwGG (vgl. dazu ) - nicht darauf an, ob und wie der Antrag vom Verwaltungsgericht erledigt wird.

Die Bundesverfassung verbietet es dem Gesetzgeber nicht, für die Inanspruchnahme behördlicher Tätigkeit durch Privatpersonen Gebühren zu erheben und die Gebührenpflicht bereits an die Eingabe zu knüpfen (; vgl auch RV/0005-G/09 sowie ).

Ob aus der Entgegennahme einer Eingabe ein Arbeitsaufwand durch eine Behörde resultiert, ist für deren Gebührenpflicht ohne Belang (vgl. -0010). Für die Gebührenpflicht der Eingabe ist ohne Bedeutung, ob die Gebühren durch tatsächliche Leistungen der Behörde gedeckt sind ().

Da die Gebührenschuld bereits mit der Einbringung entsteht, heben spätere Ereignisse wie hier die Zurücknahme der Beschwerde die Gebührenpflicht nicht wieder auf. Es ist daher nicht entscheidungswesentlich, dass die Bf. die Zurücknahme nur unter der Bedingung der Schad- und Klagloshaltung abgegeben hat. Ebenso kommt es nicht darauf an, dass die Beschwerde nie dem Landesverwaltungsgericht vorgelegt wurde. Die Bestimmung des § 11 Abs. 1 GebG über das Entstehen der Steuerschuld für Eingaben iSd § 14 TP 6 GebG im Zeitpunkt des Ergehens der abschließenden, schriftlichen Erledigung ist infolge der spezielleren Bestimmung in § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht und an Landesverwaltungsgerichte nicht anwendbar.

Da im Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde bei der Behörde (hier am ) die Gebühr gleichzeitig mit dem Entstehen der Gebührenschuld fällig wird, ist die Behörde, wenn der Beschwerde kein Beleg über die Entrichtung der Gebühr angeschlossen wird und auch sonst kein Nachweis über die Entrichtung der Gebühr erfolgt, grundsätzlich verpflichtet, einen Befund über die Nichtentrichtung der Gebühr ans FA zu übersenden.

Wurde die Gebühr nicht spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet, so ist die Abgabe nicht vorschriftsmäßig entrichtet und liegen damit die Voraussetzung für die Erlassung eines Abgabenbescheides nach § 203 BAO als einen Akt der Abgabenbemessung vor (vgl. ).

Ist die Gebühr im Sinne des § 203 BAO bescheidmäßig vorzuschreiben, so tritt die Gebührenerhöhung akzessorisch dazu. Zufolge der Ausgestaltung der Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG als objektive Säumnisfolge bleibt für eine Berücksichtigung von Billigkeitsüberlegungen kein Raum (vgl. ).

Die vom FA erlassenen Bescheide entsprechen somit grundsätzlich der Gesetzeslage und können die Beschwerdeausführungen der Bf. über die Zurückziehung der Beschwerde gegen den Baueinstellungsbescheid der gegenständlichen Beschwerde in der Gebührenangelegenheit nicht zum Erfolg verhelfen.

Befreiung nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG

Nach § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO [Formalentscheidungen] immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Grenzen der Abänderungsbefugnis ergeben sich nicht aus den Beschwerdepunkten (siehe Ritz/Koran, BAO7, § 279 Tz 17).

Es wurde daher vom BFG von Amtswegen geprüft - - auch wenn dies von der Bf. nicht geltend gemacht wurde - ob die Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG vorliegen und dazu Einsicht in den Akt der MA 37 mit der Gz. MA37/674352-2020-genommen.

Nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG unterliegen nicht der Eingabengebühr:

"Einwendungen und Stellungnahmen zur Wahrung der rechtlichen Interessen zu Vorhaben der Errichtung oder Inbetriebnahme von Bauwerken und Anlagen aller Art sowie im Verfahren zur Genehmigung solcher Vorhaben; dies gilt nicht für Eingaben des Bewilligungswerbers ."

Diese Befreiung wurde 1995 mit BGBl. 172/1995 eingeführt und durch Art 38 des BudBG 2009, BGBl. I 52/2009 insofern ergänzt, als klargestellt wurde, dass nur Eingaben der "Antragsgegner" eines Bewilligungswerbers von der Gebühr befreit sind, die Eingaben des Bewilligungswerbers (zB Bauwerbers) jedoch nicht von der Gebührenbefreiung erfasst und damit gebührenpflichtig sind (RV, 113 BlgNR 24. GP).

Nach dieser Bestimmung sind insbesondere Eingaben aller Art von Nachbarn in Bau- oder Gewerberechtsverfahren und dergleichen gebührenfrei. Voraussetzung für die Gebührenfreiheit ist das Vorliegen von rechtlichen Interessen (vgl. unter Hinweis auf Fellner, Kommentar zu Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 14 TP 6 Rz 141 ff und dort zitierter Rechtsprechung).

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes sind nicht nur die Eingaben und Stellungnahmen der "Antragsgegner" im Bauverfahren gebührenfrei, sondern kommt die Befreiungsbestimmung auch bei einer im Zusammenhang mit einem solchen Verfahren stehenden Beschwerde zur Anwendung. Für diese Auslegung spricht die Verwendung des Wortes "sowie" in der gesetzlichen Bestimmung (vgl. ; ).

Mit dem von der Bf. bekämpften Bescheid wurde von der Baubehörde eine Baueinstellung verfügt, weil für die Bauführung keine Bauanzeige vorlag. Die Bf. wurde in diesem Bescheid von der Baubehörde nicht als Bauherrin, Bauführerin oder sonst für das Bauvorhaben Verantwortliche angesprochen, sondern wurde der Bescheid an die Bf. in ihrer Eigenschaft als grundbücherliche Eigentümerin gerichtet. Auf Grund der Begründung der Beschwerdevorentscheidung der MA 37 bleibt lediglich unklar, ob die Bf. als (grundbücherliche) Wohnungseigentümerin der von der Baumaßnahme betroffenen Wohnung top 7 oder als Eigentümerin der "Nachbarwohnung" (top 3/4) angesprochen wurde.

Wie sich aus dem Schreiben der Baubehörde vom an die Bf. ergibt, wurde die Baueinstellung durch Erwirkung einer Bewilligung der Bauführung als abgeschlossen angesehen und war die Bf. an dem Bauvorhaben jedenfalls nicht als Bewilligungsweberin beteiligt. Auch wenn die Beschwerde der Bf. keine Einwendung gegen das Bauvorhaben als solches enthält, sondern sich bloß dagegen richtet, dass der Bescheid über die Baueinstellung nicht nur an die Käufer der Eigentumswohnung gerichtet wurde, sondern auch an sie, so handelt es sich hierbei nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes dennoch um eine nicht vom Bewilligungswerber getätigte Einwendung in einem Verfahren zur Genehmigung eines Bauvorhabens. Die Beschwerde der Bf. vom ist daher gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG von der Eingabengebühr befreit.

Der Beschwerde ist daher Folge zu geben und sind sowohl der Gebührenbescheid als auch der Bescheid über eine Gebührenerhöhung aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall unzulässig, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar und klar aus dem Gesetz sowie der Verordnung ableiten lässt. Im Ergebnis war hier die Lösung einer Sachverhaltsfrage im Einzelfall entscheidungswesentlich.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV, BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014
§ 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV, BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014
§ 14 TP 6 Abs. 5 Z 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100239.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at