Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.06.2022, RV/7102240/2017

Keine Zulässigkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei zur Fristversäumnis führender mangelnder Kanzleiorganisation des steuerlichen Vertreters

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertreter 1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (jetzt Finanzamt Österreich) vom betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO bezüglich der Beschwerdefrist hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Die Einkommensteuerbescheide 2011-2014 wurden dem Beschwerdeführer nachweislich am Freitag, den , zugestellt.

Da in der Rechtsmittelbelehrung der Bescheide zutreffend eine Beschwerdefrist von einem Monat angegeben war, endete die Beschwerdefrist am Montag, den .

2. Die am eingebrachte Beschwerde wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom als verspätet zurückgewiesen.

3. Mit Eingabe vom beantragte der BF über seinen steuerlichen Vertreter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Beschwerdefrist gegen die Einkommensteuerbescheide 2011-2014 und führte begründend aus:

"Die Frist konnte deshalb nicht eingehalten werden, weil die Bescheide versehentlich mit Eingangsstempel vom Montag den versehen wurden, obwohl die Bescheide laut Auskunft des Finanzamts ***FA*** am Freitag den mit Rückscheinbrief zugestellt wurden. Die versehentliche Anbringung des Eingangsstempels erst mit Montag den wird von der Kanzleibediensteten damit begründet, dass sie nach persönlicher Übergabe der Unterlagen durch den Mandanten, welche bereits außerhalb der Postzustellzeiten erfolgte, kurz vor ihrem Dienstschluss am Freitag einen unaufschiebbaren wichtigen privaten Termin wahrnehmen musste, und ihr daher in der dadurch verursachten Stresssituation der Fehler, den Eingangsstempel nicht sofort anzubringen, unterlaufen ist. Dabei ließ die Kanzleibedienstete am Freitag die Bescheide im Posteingangsfach, welches für die täglich eingehenden Bescheide etc. eingerichtet ist, liegen. Am Montag den wurden vom Empfang alle an diesem Tag eingegangenen Bescheide geöffnet und ebenfalls in diesem Fach abgelegt. Die Kanzleibedienstete hat, wie mehrmals täglich, dieses Postfach am Montag geleert und alle Bescheide mit dem Posteingangsstempel versehen, und die Frist eingetragen. Entsprechend dieses falsch angebrachten Eingangsstempels hat sie die Rechtsmittelfrist sowohl elektronisch als auch im physischen Fristenbuch falsch gesetzt. Im Kanzleibetrieb des ausgewiesenen Vertreters wird das erwähnte Fristenbuch geführt und wird die korrekte Eintragung der Fristen in regelmäßigen Abständen stichprobenartig vom ausgewiesenen Vertreter kontrolliert. Der langjährigen, ausgesprochen verlässlichen Kanzleibediensteten ist bisher noch kein Fehler unterlaufen, der zu einer Fristversäumnis geführt hat. Bisher ist der ausgewiesene Vertreter daher davon ausgegangen, dass die Organisation seines Kanzleibetriebes so eingerichtet ist, dass die richtige Vormerkung von Terminen und somit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen sichergestellt ist. Auch eine vollständige Überprüfung des Fristenbuches und der gleichzeitig einzutragenden elektronischen Vermerke in dem System JurXpert hat ergeben, dass alle sonstigen Termine richtig eingetragen worden sind, und die Kontrolle somit nur dieses eine Mal versagt hat.

Da seitens des ausgewiesenen Vertreters auf den Eintritt dieses unvorhergesehenen Ereignisses kein Einfluss genommen werden konnte und ihm auch nicht angelastet werden kann, da er den nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflichten gegenüber der Kanzleibediensteten nachgekommen ist, liegt kein grobes Verschulden, ja nicht einmal ein minderer Grad des Versehens vor."

4. Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Verschulden des Vertreters einer Partei an einer Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleich zu halten sei. Das Versehen einer Kanzleiangestellten des Vertreters sei nur anzulasten, wenn dieser die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber der Kanzleiangestellten verletzt hat.

In dem Verhalten der Kanzleibediensteten könne kein bloßes Versehen minderen Grades erblickt werden. Fehlverhalten aufgrund Arbeitsüberlastung und privater Angelegenheiten seien keine Wiedereinsetzungsgründe.

Der Parteienvertreter sei für die Einhaltung der Rechtsmittelfristen selbst verantwortlich und nicht der Kanzleiangestellte allein. Der Anwalt selbst habe die Fristen festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie ihre richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Eine Überwachung des mit der Führung des Fristenkalenders betrauten, erfahrenen und verlässlichen Mitarbeiters auf Schritt und Tritt sei nach der ständigen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Der Parteienvertreter sei nicht verpflichtet, jede Eintragung in den Fristenkalender sofort persönlich zu kontrollieren. Aber er kann, um Fehler auszuschließen, einen anderen geschulten und verlässlichen Angestellten mit der laufenden Überprüfung der Eintragungen betrauen oder selbst regelmäßig in kurzen Intervallen geeignete Kontrollen durchführen. Mit stichprobenartigen Überprüfungen der von seinem Kanzleipersonal vorgenommenen Eintragungen im Fristenkalender vermag der Rechtsanwalt die ihm gegenüber seinen Angestellten obliegende Überwachungspflicht nicht zu erfüllen.

Es sei auch kein anderer verlässlicher Angestellter mit der laufenden Überprüfung der Eintragungen betraut worden.

5. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben.
Begründend wurde im Wesentlichen wie im Antrag auf Wiedereinsetzung ausgeführt.

Ergänzend wurde vorgebracht, dass der Angestellten "trotz entsprechender Anweisungen des Vertreters" der Fehler den Eingangsstempel nicht sofort anzubringen in einer Stresssituation unterlaufen sei.

Abweichend vom Antrag auf Wiedereinsetzung wurde im Satz: "Im Kanzleibetrieb des ausgewiesenen Vertreters wird das erwähnte Fristenbuch geführt und wird die korrekte Eintragung der Fristen in regelmäßigen Abständen stichprobenartig vom ausgewiesenen Vertreter kontrolliert", der Begriff "stichprobenartig" gestrichen und die Wortfolge geändert auf: "in regelmäßigen, fast täglichen, Abständen".

In einer Übersicht über die zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ergangenen Rechtsprechung wird ein Erkenntnis des UFS zitiert demzufolge der "einmalige Irrtum über das zutreffende Zustelldatum als bloß minderer Grad des Versehens zu qualifizieren" sei und angemerkt, dass dieser Fall mit dem vorliegenden Fall vergleichbar sei.

Schlussendlich wird noch angemerkt, dass eine beinahe tägliche Kontrolle der Fristen auch durch den Parteienvertreter durch eine beinahe tägliche Durchsicht der eingehenden Post erfolge.

Der BF beantragte eine Aufhebung des Abweisungsbescheides und eine mündliche Verhandlung vor dem Senat.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kanzleibediensteten mehrere Fehler unterlaufen seien: kein sofortiges Anbringen des Eingangsstempels, keine mündliche/schriftliche Interaktion mit dem/den Vorgesetzten/Kollegen (Außerachtlassung der besonderen Vorsicht/Prüfpflicht bei Rechtsmittelfristen), keine entsprechende Überprüfung des Ablagefaches am Montag früh.

Maßgebend sei nach der Judikatur des VwGH, ob dem Parteienvertreter grobe Mängel der Kanzleiorganisation oder eine mangelhafte Überwachung und Kontrolle anzulasten sind. Hinsichtlich des Fristenvormerks bestehe eine besondere Überwachungspflicht.

Der Parteienvertreter sei nicht verpflichtet, jede Eintragung in den Fristenkalender sofort persönlich zu kontrollieren. Um Fehler auszuschließen kann er einen anderen geschulten und verlässlichen Angestellten mit der laufenden Überprüfung der Eintragungen betrauen oder selbst regelmäßig in kurzen Intervallen geeignete Kontrollen durchführen. Stichprobenartige Überprüfungen (zit. Wiedereinsetzungsantrag vom ) erfüllen nicht die Überwachungspflicht (z.B. VwGH 99/17/0202).

7. Mit Vorlageantrag vom wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt. Weiteres Vorbringen wurde nicht erstattet.

8. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung des Rechtsmittels.

Ergänzend zu den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, dass auch die mit Vorlageantrag vom eingebrachte Beilage A -die Beschwerdevorentscheidung vom - mit einem Eingangsstempel des Parteienvertreters vom versehen worden sei. Laut unterfertigter Übernahmebestätigung erfolgte die Zustellung jedoch am .
Damit übereinstimmend werde im Vorlageantrag der als Tag des Einlangens angegeben.

9. Mit Fax vom nahm der steuerliche Vertreter den Antrag auf eine mündliche Verhandlung vor dem Senat zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

1. Die Einkommensteuerbescheide 2011-2014 wurden dem Beschwerdeführer nachweislich am Freitag, den zugestellt. Da in der Rechtsmittelbelehrung der Bescheide zutreffend eine Beschwerdefrist von einem Monat angegeben war, endete die Beschwerdefrist am Montag, den .

2. Die Bescheide wurden von der Kanzleiangestellten des Parteienvertreters versehentlich mit Eingangsstempel vom Montag den versehen.
Die versehentliche Anbringung des Eingangsstempels erst wird von der Kanzleibediensteten damit begründet, dass sie nach persönlicher Übergabe der Unterlagen durch den Mandanten, welche bereits außerhalb der Postzustellzeiten erfolgte, kurz vor ihrem Dienstschluss am Freitag einen unaufschiebbaren wichtigen privaten Termin wahrnehmen musste und ihr daher in der dadurch verursachten Stresssituation der Fehler, den Eingangsstempel nicht sofort anzubringen, unterlaufen ist. Dabei ließ die Kanzleibedienstete am Freitag die Bescheide im Posteingangsfach, welches für die täglich eingehenden Bescheide etc. eingerichtet ist, liegen. Am Montag den wurden vom Empfang alle an diesem Tag eingegangenen Bescheide geöffnet und ebenfalls in diesem Fach abgelegt. Die Kanzleibedienstete hat dieses Postfach am Montag geleert und alle Bescheide mit dem Posteingangsstempel versehen und die Frist eingetragen. Entsprechend dieses falsch angebrachten Eingangsstempels hat sie die Rechtsmittelfrist sowohl elektronisch als auch im physischen Fristenbuch falsch gesetzt. Im Kanzleibetrieb des ausgewiesenen Vertreters wird das erwähnte Fristenbuch geführt und wird die korrekte Eintragung der Fristen in regelmäßigen Abständen stichprobenartig vom ausgewiesenen Vertreter kontrolliert.

3. Der Parteienvertreter hat keinen anderen geschulten und verlässlichen Angestellten mit der laufenden Überprüfung der Eintragungen in das Fristenbuch betraut.

4. Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde in der Kanzlei des Parteienvertreters mit einem Eingangsstempel vom versehen.
Damit übereinstimmend wird im Vorlageantrag unter "angefochtene Bescheide" für die Beschwerdevorentscheidung Montag der als Tag des Einlangens angegeben.
Laut unterfertigter Übernahmebestätigung im Finanzamtsakt erfolgte die Zustellung jedoch am Freitag den .

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten und wurde vom steuerlichen Vertreter als unstrittig anerkannt (Fax vom ).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 308 Abs 1 BAO lautet:

"Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108-110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

Strittig ist, ob der steuerliche Vertreter durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die ursprüngliche Frist einzuhalten und ob bejahendenfalls lediglich ein minderer Grad des Versehens im Hinblick auf die Versäumung der Frist vorgelegen ist.

Unvorhergesehen ist ein Ereignis, das die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (; ).

Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah (; ).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes liegt in der Versäumung der Frist aufgrund eines falschen Fristenvormerks kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis.
Das Bundesfinanzgericht folgt hier der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein bloßes "Vergessen" oder "schlichtes Übersehen" ohne das Hinzutreten besonderer, hierfür ausschlaggebender Umstände kein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 308 Abs. 1 BAO darstellt und somit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu begründen vermag ().
Ein solches Hinzutreten besonderer, hierfür ausschlaggebender Umstände ist im gegenständlichen Fall nicht erkennbar. Eine Stresssituation aufgrund eines nicht näher bezeichneten privaten unaufschiebbaren Termins am Freitagnachmittag ist kein besonderer Umstand im Sinne der Judikatur des VwGH.

Auch wenn ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis vorliegen würde, hindert ein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden der Partei an der Versäumung die Bewilligung der Wiedereinsetzung.

Ein minderer Grad des Versehens ist leichter Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB gleichzusetzen (zB ; , 2009/16/0098; , 2012/13/0051). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (zB ).

Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (zB ). Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (zB ; ; ; ).

An rechtskundige Parteienvertreter ist hiebei ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (; ).

Das Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (vgl zB ; ).

Maßgebend ist somit, ob dem Parteienvertreter grobe Mängel der Kanzleiorganisation oder eine mangelhafte Überwachung und Kontrolle (vgl zB ; , 98/15/0130) anzulasten sind (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 308, Rz 8 - 18).

Zur Kanzleiorganisation gehört die Führung eines Fristenvormerks (vgl zB ; zum Fristenkalender ; zum Fristenbuch ; bei EDV-System ).

Der Parteienvertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen sichergestellt sind. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen ua. dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (zB ; ; ; ).

Von einem bloß minderen Grad des Versehens des Parteienvertreters kann nicht mehr gesprochen werden, wenn Organisationsmängel vorliegen, wodurch die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen nicht gewährleistet ist, wenn das Kontrollsystem, wodurch Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind, unzureichend ist oder wenn das Bestehen der Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt wird (zB ; ; ; ).

Die Unterlassung der besonderen Kontrolle ist eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Steuerberaters in seiner Stellung als berufsmäßiger Parteienvertreter; sie ist nicht als minderer Grad des Versehens zu qualifizieren (; ).

Im Kanzleibetrieb des ausgewiesenen Vertreters wird das erwähnte Fristenbuch von der Kanzleibediensteten geführt, ohne dass ein anderer geschulter und verlässlicher Angestellter mit der laufenden Überprüfung der Eintragungen in das Fristenbuch betraut wäre.
Die korrekte Eintragung der Fristen wird nur stichprobenartig vom ausgewiesenen Vertreter kontrolliert.

Das gesamte Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters ein wirksames Kontrollsystem für die Wahrung von Fristen eingerichtet wäre.

Diese Beurteilung wird bestätigt durch den Umstand, dass die Beschwerdevorentscheidung vom in der Kanzlei des Parteienvertreters mit einem Eingangsstempel vom versehen wurde, obwohl laut unterfertigter Übernahmebestätigung im Finanzamtsakt die Zustellung bereits am Freitag den erfolgt war.
Damit übereinstimmend wird im Vorlageantrag unter "angefochtene Bescheide" für die Beschwerdevorentscheidung Montag der als Tag des Einlangens angegeben.

Insgesamt betrachtet liegt hinsichtlich des Verschuldens an der Fristversäumnis somit ein nicht bloß minderer Grad des Versehens vor.

Die Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an die Organisation eines Kanzleibetriebes. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
VwGH, 99/17/0202
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102240.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at