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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.04.2022, RV/4100701/2019

Kein Nachweis der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ER in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (kurz Bf.) bezog im Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war bei einem österreichischen Personalbereitstellungsunternehmen als Spengler tätig.

Am brachte der Bf. beim Finanzamt seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 ein. Als Werbungskosten beantragte er Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.672,00 EURO und Kosten der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 3.040,00 EURO.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt den Bf. bis spätestens die Kosten für die Familienheimfahrten und die doppelte Haushaltsführung für das Jahr 2017 zu belegen. Dazu wurde dem Bf. aufgetragen folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wie stellen sich die Wohnverhältnisse in Ihrem Heimatland bzw. am Beschäftigungsort dar? (Miet- oder Eigentumswohnung, bei den Eltern)

  2. Geben Sie Ihre beruflichen Einsatzorte für das Veranlagungsjahr bekannt (Aufstellung der Fahrten mit Angabe der Entfernung zum Heimatort samt Datum)

  3. Besteht für Zwecke der Familienheimfahrten eine Fahrgemeinschaft? Wenn ja, geben sie Namen und Adresse der mitreisenden Personen bekannt.

  4. Welche Ersätze wurden seitens des Dienstgebers für die Familienheimfahrten geleistet?

  5. Ist ein Nachzug der Gattin nach Österreich möglich? Wenn nein, warum nicht?

Weiters wurde er um die Vorlage folgender Unterlagen ersucht:

  1. Kfz-Papiere samt Prüfberichten,

  2. Nachweis der Kilometerleistung (Kilometerstand Vorjahr bzw. aktuell - durch Prüfberichte, Kaufvertrag u.ä.)

  3. Fahrtenbuch (wenn vorhanden),

  4. Fahrscheine bei Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln,

  5. Einkommensnachweis der Ehegattin (Formular E9),

  6. Familienstandsbescheinigung,

  7. monatliche Lohnabrechnungen,

  8. Schulbesuchsbestätigung der Kinder

Diesen Vorhalt beantwortete der Bf. mit elektronischer Eingabe dahingehend, dass er jedes zweite Wochenende zu seiner Familie in die Slowakei fahre. Das seien 415 Kilometer in eine Richtung. Sein Kind studiere dort und seine Ehegattin sei berufstätig. Dazu legte der Bf. eine Bescheinigung der Gemeinde Ort/Slovakei vor, der zufolge der Bf. mit seiner Ehegattin und seinen zwei Kindern dort angemeldet sei. Für sein Kind ***K*** legte der Bf. eine Studienbescheinigung der technischen Universität Bratislava vor. Weiters übermittelte der Bf. Zahlungsbelege für seine Übernachtungen in einer Privatzimmervermietung in Österreich (Ort/Österreich) in den Jahren 2016 und 2017 vor. Diese Belege sind an seine Arbeitgeberin adressiert und vermerken auch den Namen des Bf.. Die Belege für das Jahr 2017 ergeben eine Summe von 2.160,00 EURO.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom versagte das FA die beantragte Absetzung der Kosten für Familienheimfahrten und der Kosten der doppelten Haushaltsführung mit der Begründung, dass vom Bf. keine geeigneten Unterlagen für eine Anerkennung vorgelegt worden seien.

Am brachte der Bf. folgende Beschwerde ein:

"Meine Familie lebt in der Slowakei. Ich habe Ihnen den Meldezettel aus der Slowakei wo ersichtlich ist das wir alle gemeinsam wohnen. Meine Frau arbeitet dort (siehe Gehaltsnachweis). Darum fahre ich 2 mal im Monat nach Hause zu meiner Familie. Bitte um nachträgliche Berechnung meiner Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung."

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt den Bf. mit einem gleichen Vorhalt wie vom noch einmal auf, die restlichen Anfragen zu beantworten und die KFZ Papiere vorzulegen.

Mit elektronisch eingebrachtem Antwortschreiben vom gab der Bf. folgendes an:

"Mein Hauptwohnsitz ist in der Slowakei. In Österreich bekomme ich von meinem Chef die Unterkunft bezahlt wenn wir auch im Einsatz sind. Ansonsten kann ich mir nur selber ein Hotel zahlen. Deshalb ist es für mich normal nach Hause in die Slowakei zu fahren. Einsatzort war 2017 Ort/Österreich, von dort aus bin ich dann nach Hause gefahren. Ich fahre alleine mit meinem Auto. Für die Familienheimfahrten bekomme ich keine Ersätze von der Firma. Ein Nachzug ist nicht möglich da meine Frau berufstätig ist und wir auch ein eigenes Haus in der Slowakei haben. Mein Sohn studiert in der Slowakei. Für Familienheimfahrten brauche ich kein Fahrtenbuch, vor allem nicht wenn ich keinen Wohnsitz in Österreich habe."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit der Begründung ab, dass trotz schriftlicher Aufforderung keine ausreichenden Nachweise über die Familienheimfahrten (Fahrtenbuch, Tankbelege, Nachweis Kilometerstände) vorgelegt worden seien.

Am beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 gemäß § 264 BAO an das Bundesfinanzgericht und führte aus:

"Mein Antrag wurde abgelehnt da ich kein Fahrtenbuch vorgelegt habe. Da ich in Österreich keinen Hauptwohnsitz habe kann ich nur nach Hause in die Slowakei fahren. Dafür brauche ich auch kein Fahrtenbuch. Für Pendlerpauschale braucht man auch kein Fahrtenbuch. Ich habe Ihnen alle notwendigen Beweise von meiner Familie gesendet. Darum stehen mir Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung zu."

Im Vorlagebericht vom an das Bundesfinanzgericht beantragte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 16 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (idF BGBl I Nr. 118/2015) sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu zählen gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Gemäß § 20 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Ebenfalls nicht abzugsfähig sind gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Nicht abzugsfähig sind gem. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen. Bei Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 gilt für die Berücksichtigung solcher Aufwendungen folgendes: Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.

Unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum (Familien)Wohnsitz, sind als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen abzuziehen (vgl. ).

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet.

Laut Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ist die Beibehaltung eines (Familien)Wohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen können als Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 qualifiziert werden und sind nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl Tz 17). Solche Ursachen müssen jedoch aus Umständen resultieren, die von erheblichen objektivem Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen aber nicht aus ().

Im streitgegenständlichen Verfahren verfügte der Bf. in der Slowakei über einen Wohnsitz. Dazu legte der Bf. eine "Bescheinigung über Daueraufenthalt" in seiner Heimatgemeinde Ort/Slovakei vor, an welchem sich seine in der Slowakei berufstätige Ehefrau und seine zwei Söhne nachgewiesenermaßen aufhielten. Weiters legte er Gehaltsabrechnungen seiner Ehefrau und eine Studienbescheinigung seines Sohnes ***K*** vor.

In Hinblick darauf, dass der Bf. mit seiner Familie in der Slowakei über einen gemeinsamen Hausstand verfügte, die Ehegattin am slowakischen Familienwohnsitz berufstätig war, ist davon auszugehen, dass der slowakische Wohnsitz den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. bildete und daher als Familienwohnsitz zu qualifizieren war. Da der Bf. in Österreich über eine Personalbereitstellungsfirma beschäftigt wird, verfügte er über keinen dauerhaften Einsatzort, was eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ins Inland an den Beschäftigungsort der Bf. zur Folge hatte.

Für die Gewährung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung ist nicht nur das Vorliegen eines Familienwohnsitzes neben dem Vorhandensein eines Wohnsitzes am Beschäftigungsort erforderlich, sondern auch, dass dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem Beschäftigungswohnsitz zusätzliche Aufwendungen anfallen. Ist die Wohnmöglichkeit am Arbeitsort mit keinen Kosten verbunden, kann auch nicht von Mehrkosten gesprochen werden.

Der Bf. legte Zimmerrechnungen einer Privatzimmervermietung im Inland vor, die an die Arbeitgeberin des Bf. gerichtet sind. Diese Belege ergeben eine Summe von 2.160,00 EURO. In diesen Rechnungen wurde der Bf. als Logiergast angeführt. Dazu gibt der Bf. an, dass für die Kosten seine Arbeitgeberin aufgekommen sei, was einer Berücksichtigung dieser Aufwendungen beim Bf. im Wege steht. Weitere Kosten (Differenz zwischen dem geltend gemachten Betrag von 3.040,00 EURO und dem Betrag laut vorgelegter Rechnungen von 2.160,00 EURO) wurden trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgewiesen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß den Bestimmungen der §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachzuweisen oder wenn dies nicht möglich ist wenigstens glaubhaft zu machen sind (vgl. sowie ). Dieser Nachweis ist nicht erfolgt. Es ist auch nicht zu erkennen, weshalb ein Nachweis allfälliger Mehraufwendungen nicht möglich gewesen sein sollte. Darum können die beantragten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt werden.

Kosten für Familienheimfahrten sind wiederum nur dann steuerlich absetzbar, wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen und sofern sie für den Steuerpflichtigen einen Mehraufwand bedeuten. Dabei darf gemäß § 20 Abs.1 Z 2 lit e EStG 1988 das höchste Pendlerpauschale nicht überschritten werden.

Da sich der Familienwohnsitz des Bf. in der Slowakei befindet und die Fahrtstrecke zwischen dem Dienstort im Inland und seinem Familienwohnsitz in Ort/Slovakei so lang ist, dass eine tägliche Zurücklegung nicht zumutbar wäre, erscheinen Heimfahrten des Bf. zu seiner Familie grundsätzlich zwar gerechtfertigt, doch wurden auch diese Familienheimfahrten vom Bf. trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgewiesen. Weder wurden Nachweise über die Durchführung der Fahrten, noch über die dadurch erwachsenen Aufwendungen erbracht. Weiters wurden keine präzisen Ausführungen hinsichtlich des verwendeten Transportmittels und der Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten gemacht. Der Bf. gab lediglich an, seinen eigenen PKW für die Familienheimfahrten genutzt und keinen Ersatz seitens seines Arbeitgebers bekommen zu haben. Auch in diesem Fall gilt, dass als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß den Bestimmungen der §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachzuweisen oder wenn dies nicht möglich ist wenigstens glaubhaft zu machen sind. Es ist auch nicht zu erkennen, weshalb dem Bf. der Nachweis nicht möglich gewesen sein soll.

Entscheidend ist also, dass der Bf. weder die geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung noch für die Familienheimfahrten nachweisen konnte. Dies führt zu einer Nichtanerkennung der beantragten Kosten.

Es war somit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil zum einen das Bundesfinanzgericht der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt und zum anderen die entscheidende Frage, ob die beantragten Kosten nachgewiesen sind, keine Rechtsfrage sondern eine Sachverhalts- und Beweisfrage darstellt. Es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100701.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at