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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2022, RV/2100199/2019

Keine ausreichenden Wiederaufnahmegründe im angefochtenen Bescheid erkennbar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***2***, die Richterin ***1*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch FISCHER Steuerberatung GmbH, Gonzagagasse 15, 2. Stock, 1010 Wien, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend:

I. Bescheide vom
1. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2010
2. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 1-3/2011
3. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 4-6/2011
4. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 7-9/2011
5. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2011
6. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 1-3/2012
7. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 4-6/2012
8. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 7-9/2012
9. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2012
10. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 1-3/2013
11. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 4-6/2013
12. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 7-9/2013
13. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2013

sowie

II. Bescheide vom im
1. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2010
2. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 1-3/2011
3. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 4-6/2011
4. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 7-9/2011
5. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2011
6. Wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 1-3/2012
7. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 4-6/2012
8. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 7-9/2012
9. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2012
10. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 1-3/2013
11. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 4-6/2013
12. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 7-9/2013
13. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2013

und

III. Bescheide vom

1. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 1-3/2014
2. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 4-6/2014
3. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 10-12/2014
4. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 1-3/2016
sowie vom
5. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 4-6/2016
6. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 7-9/2016
7. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 10-12/2016

zu Umsatzsteuer 04.2016-06.2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***5*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die im folgenden angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

1. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2010
2. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 1-3/2011
3. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 4-6/2011
4. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 7-9/2011
5. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2011
6. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 1-3/2012
7. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 4-6/2012
8. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 7-9/2012
9. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2012
10. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 1-3/2013
11. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 4-6/2013
12. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 7-9/2013
13. Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für 10-12/2013

II. Die Beschwerde gegen die folgenden Bescheide werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

1. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 1-3/2014
2. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 4-6/2014
3. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 10-12/2014
4. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 1-3/2016
5. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 4-6/2016
6. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 7-9/2016
7. Erstbescheid Vorsteuererstattung für 10-12/2016

III. Weiters hat der oben angeführte Senat des Bundesfinanzgerichts den Beschluss gefasst:

Die Beschwerden gegen die Bescheide im
1. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2010
2. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 1-3/2011
3. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 4-6/2011
4. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 7-9/2011
5. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2011
6. Wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 1-3/2012
7. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 4-6/2012
8. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 7-9/2012
9. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2012
10. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 1-3/2013
11. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 4-6/2013
12. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 7-9/2013
13. wiederaufgenommenen Verfahren der Vorsteuererstattung für 10-12/2013

werden als gegenstandslos geworden erklärt.

IV. Gegen dieses Erkenntnis und den Beschluss sind eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In den angefochtenen Bescheiden wurden die Verfahren über die Erstattung von Vorsteuern für die einzelnen im Spruch bezeichneten Zeiträume wiederaufgenommen. Weiters erfolgte die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO auf Grund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien. Daraus sei auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt.

Der vorhin erwähnte Bericht umfasst die Zeiträume 2010-2014. Neben dem chronologisch aufgelisteten Verfahrensstand der eingereichten U 5-Vorsteuererstattungsanträge führt er unter den Feststellungen Folgendes aus:

"Die Fa. E. ist ein in einem Drittland ansässiger Mobilfunkbetreiber. Sie verfügt in Österreich über keinen Sitz und keine Betriebsstätte. Die Mobilfunkbetreiberfirma E., mit Sitz in D. (=Drittland), beantragte für die Zeiträume 01/2010-12/2014 die Erstattung von Vorsteuern. Diese Vorsteuern resultieren aus Rechnungen österreichischer Mobiltelefonnetzbetreiber (Provider) und betreffen die Verrechnung bzw. Abrechnung von Roaminggebühren. Inhalt dieser Roamingleistungen ist die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes des jeweiligen österreichischen Providers an die Fa. E., zur Nutzung durch deren Kunden. Der Umsatzsteuersatz in E. (Drittland) beträgt "Null" Prozent, d.h. es gibt dort keine Umsatzsteuer. Nach der Bestimmung des § 3a (sonstige Leistungen) Abs. 6 UStG 1994 wird eine sonstige Leistung - vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 - grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Gem. § 3a Abs. 13 UStG 1994 werden elektronisch erbrachte sonstige Leistungen sowie Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden. In dem Fall - wo die Leistung im Drittland keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt - kommt die Telekommunikationsverordnung zur Anwendung - und damit einhergehend eine Verschiebung des Leistungsortes ins Inland, d.h. nach Österreich. Somit macht das Bundesministerium für Finanzen von seinem Recht Gebrauch, wonach es gem. § 3a UStG 1994 zum Zweck der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen in Form von Nicht- oder Doppelbesteuerungen durch Verordnung bestimmen kann, dass sich der Ort einer im Abs. 10 genannten sonstigen Leistung abweichend von Abs. 9 und Abs. 12 danach bestimmt, wo dies sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Die Verlagerung des Ortes der Leistung nach Österreich basiert auf der Verordnung des BM für Finanzen - BGBl. II Nr. 383/2003 bzw. VO BGBl. II 1997/102 (wenn der Leistungsort dieser Leistung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes liegt, dort keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt und im Inland genutzt oder ausgewertet wird). Dies gilt dann sowohl für die Leistungen der inländischen Mobilnetzbetreiber an die Antragsteller, als auch für die Roamingleistungen der Antragsteller an deren Kunden im Drittland (betreffend die Nutzung inländischer Netze in Österreich). Es sind daher auch die vom ausländischen Antragsteller mit Aufschlag an seine Kunden weiterverrechneten Gebühren in Österreich steuerbar und steuerpflichtig. Darüber hinaus kann der Ort dieser sonstigen Leistung auch nicht gesplittet werden (siehe Berger/Wakounig, 4. überarbeitete Auflage, Wien, 2010, S/92, § 3a Abs. 1).
Der Drittlandsunternehmer hat demzufolge in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Leistungen, die das Erstattungsverfahren ausschließen. Der Drittlandsunternehmer hat damit seine Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären und kann dort die Vorsteuern aus den Rechnungen der österr. Netzbetreiber beantragen. Somit kann diese Umsatzsteuer daher nicht im Wege der Vorsteuererstattung im vereinfachten Verfahren zurückgefordert werden. Die Erstattungsverordnung BGBl 1995/279 kann nicht zur Anwendung kommen.
Nach mehrmaliger schriftlicher Aufforderung (an den steuerlichen Vertreter) seitens der BP zur Vorlage von Gutschriften wurde der BP mitgeteilt, dass keine solchen bekannt sind.
Bisherige Recherchen seitens der BP haben jedoch ergeben, dass in den Prüfungsjahren - alleine von einem einzigen österr. Telekommunikationsunternehmen - Gutschriften betreffend Roamingspesen mit Umsatzsteuer in Millionenhöhe an das geprüfte Unternehmen ausgestellt wurden. Weitere Recherchen sind zurzeit noch im Laufen und somit betragsmäßig noch nicht bekannt.
Nachweise darüber, dass die in den Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer bei den Erstattungsanträgen von der beantragten Vorsteuerrückerstattung in Abzug gebracht wurde, wurden keine erbracht.
Das ausländische Telekommunikationsunternehmen hat somit die Verpflichtung, sich in Österreich registrieren zu lassen und kann in der Folge die Vorsteuer (abzüglich der Steuer aus den Gutschriften) im Veranlagungsverfahren geltend machen - aber nicht im Rahmen des Erstattungsverfahrens.
Im angeführten Prüfungszeitraum kommt es demzufolge zur Kürzung folgender Vorsteuerbeträge:
2010: …

2014: …
Pkt. 5 Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß
§ 303 Abs. 1 BAO
Hinsichtlich der Umsatzsteuer für die 2012 und 2013 wurden Feststellungen getroffen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß
§ 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen.
Neu hervorgekommene Tatsachen bzw. Beweismittel waren insbesondere:
- Gutschriften, die beim Vorsteuer-Erstattungsantrag nicht in Abzug gebracht wurden
- die erstmalige Vorlage von Belegen/Rechnungen, Unterlagen und Verträgen
- erteilte Auskünfte
- Internetrechercheergebnisse
- durchgeführte Literaturrecherchen, aus denen die Nichtabzugsfähigkeit der
Vorsteuerbeträge abzuleiten war.

Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip derRechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip derRechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen."

In der zahlenmäßigen Darstellung wurden Umsätze und Vorsteuern mit Null ausgewiesen. Die Prüfungsfeststellungen der angefochtenen Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens und Sachbescheide hatten zur Folge, dass die in den strittigen Zeiträumen seinerzeitig erstatteten und auch ausbezahlten Vorsteuern wieder zurückgefordert wurden. Hinsichtlich der drei Quartale des Jahres 2014 wurde der Erstattungsantrag durch die Festsetzung mit Null Euro materiell-rechtlich abgewiesen.

In ihrer Beschwerde führte die Beschwerdeführerin (Bf.) u.a. i.W. Folgendes aus:
"Durch unvollständige Ermittlungen wurde die Tatsache des Bestehens einer der österreichischen Umsatzsteuer vergleichbaren Besteuerung nicht erkannt. Das hätte im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht aber erfolgen müssen. Dann wäre es gar nicht zu einer Wiederaufnahme gekommen!

In der Vergangenheit hat das Finanzamt Graz Stadt diverse Anträge der Bf. z.B. aus 2011 und 2013 auf Vorsteuerrückerstattung abgelehnt, teilweise unter Hinweis darauf, dass nicht die Originalrechnungen vorgelegt wurden. Im Rechtsmittelweg stimmte das Finanzamt der Auszahlung dieser Anträge zu. Ebenso gibt es eine positive (gemeint: Entscheidung) des Verwaltungsgerichtshofs im Fall eines ungarischen Telekommunikationsanbieters.
In Anbetracht der Tatsache, dass seit dieser Entscheidung des VwGH im Wesentlichen unveränderte Vorschriften, sowohl im EU Recht als auch im österreichischem Umsatzsteuerrecht gelten, fehlt jede Rechtsgrundlage für eine Wiederaufnahme. Der Sachverhalt wurde offengelegt und nachweislich geprüft.
Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung sind keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen.
Das umsatzsteuerliche Verhalten basierte daher auf dem im Abgabenrecht verankerten Grundsatz von Treu und Glauben, den das Finanzamt Graz Stadt durch ihre Vorgehensweise uE gebrochen hat.

Die positiven Berufungsvorentscheidungen betreffend 2010 und 2011 zeigen, dass sich die Abgabenbehörde intensiv mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt hat. Durch die konkludente Zustimmung des Finanzamtes Graz-Stadt, die sich durch die Buchung der betreffenden Vorsteuerbeträge auf dem Finanzamtskonto des Klienten (zeigte), kam für die Bf. unzweifelhaft zum Ausdruck, dass das richtige Verfahren angewandt wurde. Dementsprechend wurde vom Klienten die umsatzsteuerliche Abwicklungsweise beibehalten, im guten Glauben, dass diese richtig sei.
Die gegenteilige Beurteilung des gesamten Sachverhalts erfolgte erst durch die Betriebsprüfung des Jahres 2015, ohne dass sich am Sachverhalt oder den rechtlichen Rahmenbedingungen etwas geändert hätte."

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom führte u.a. neben rechtlichen Erwägungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens in tatsächlicher Hinsicht Folgendes aus:
"Der Umstand, dass im Zuge von Ermittlungen der Betriebsprüfung Rabattzahlungen bzw. von neuerlichen U5-Anträgen die Nichtanwendung des Erstattungsverfahrens festgestellt wurde, kann als neue Tatsache angesehen werden und waren dies Umstände, die im abgeschlossenen Verfahren bisher nicht bekannt waren. Die Geschäftsanalyse des Unternehmens bzw. die umsatzsteuerliche Beurteilung hinsichtlich der Besteuerung der Telekommunikationsdienstleistungen der Bf. an ihre Kunden waren Umstände, die im abgeschlossenen Verfahren bisher nicht bekannt waren.
Eine "wesentliche" neue Tatsache, die eine Wiederaufnahme der Verfahren rechtfertigt, ist es eben gerade, dass sich durch die Prüfung eine Steuerpflicht in Österreich und damit die Anwendung des Umsatzsteuerveranlagungsverfahrens ergibt. Das Finanzamt setzte die Vorsteuern mit "0" fest, da es auf Grund der VO BGBl II 1997/102, BGBl II 383/2003 (VO zu Telekommunikationsdienstleistungen) zu einer Verlagerung des Leistungsortes nach Österreich gekommen ist und die Erstattungs-VO somit nicht mehr Anwendung findet."

Salvatorisch verwies sie zusätzlich auf die weitere Begründung der Beschwerdevorentscheidung über die Sachbescheide.
In ihrer ebenfalls abweisenden Beschwerdevorentscheidung über die Sachbescheide führt die belangte Behörde u.a. Folgendes aus:
"Angemerkt wird dazu, dass It. GBP-IT in den Jahren 2010-2016 Vorsteuerberichtigungen iHv. insgesamt EUR 436.561,04 aus gewährten Gutschriften vorzunehmen gewesen wären (siehe Blg).
Dazu wird nun weiteres Folgendes ausgeführt (Rechtslage ab ):
Festgestellt wird, dass es sich um Telekommunikationsdienstleistungen handelt und die gegenständliche Leistung in Österreich genutzt oder ausgewertet wird. Ebenso wird davon ausgegangen, dass der Drittlandsunternehmer/ die Bf. in Österreich keine Betriebsstätte hat. Ein Drittlandsunternehmer bekommt (bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen) die Vorsteuer aus der Rechnung des österreichischen Netzbetreibers nur dann im Erstattungsverfahren erstattet, wenn
• der österr. Netzbetreiber seine Telekommunikationsdienstleistung zu Recht mit österr. USt in Rechnung stellt (dh. sich nicht auf das günstigere EU-Recht beruft - die VO BGBl. II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 zur Anwendung kommt) und
• der ausländische Unternehmer selbst keine Telekommunikationsdienstleistungen in Österreich erbringt - dh. die VO BGBl. II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 nicht zur Anwendung gelangt.
Bei gegenständlichem Sachverhalt sind daher zwei Leistungsbeziehungen zu unterscheiden:
1. Die Leistungsbeziehung zwischen dem österr. Netzbetreiber und dem Drittlandsunternehmer/ der Bf.
2. Die Leistungsbeziehung zwischen dem Drittlandsunternehmer
/ der Bf. und ihren Kunden.

Ad 1.) Zur Leistungsbeziehung zwischen dem österr. Netzbetreiber und dem Drittlandsunternehmer
/ der Bf.:
Hier ist zu untersuchen, ob der österreichische Netzbetreiber seine Rechnung zu Recht mit österr. Umsatzsteuer ausstellt. Die vom österr. Netzbetreiber an den Drittlandsunternehmer erbrachte Telekommunikationsdienstleistung ist grundsätzlich gemäß
§ 3a Abs. 6 UStG 1994 (idF ab ) am Empfängerort im Drittland steuerbar.
Wird jedoch diese Telekommunikationsdienstleistung in Österreich genutzt oder ausgewertet, so kommt es zu Verlagerung des Leistungsortes nach Österreich (VO BGBl. II 2003/383 idF BGBl II 2009/221) und der Netzbetreiber hat eine Rechnung mit österr. Umsatzsteuer auszustellen. Sofern der österr. Netzanbieter seine Leistung mit österr. Umsatzsteuer in Rechnung stellt und sich nicht auf das günstigere EU-Recht beruft (oder nicht berufen kann), ist das rechtens und die Vorsteuer aus dieser Rechnung (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) zu erstatten.

Erklärend wird hierzu ausgeführt:

Ad 2.) Leistungsbeziehung zwischen Drittlandsunternehmer
/ Bf. und ihren Kunden;
Hier ist zu untersuchen, ob die Bf. die Voraussetzungen für das Erstattungsverfahren erfüllt, insbesondere, ob sie selbst Umsätze in Österreich ausgeführt hat oder nicht. Es muss daher untersucht werden, wo die Telekommunikationsdienstleistung der Bf. an ihre Kunden steuerbar ist, zumal in Österreich steuerbare Umsätze das (vereinfachte) Vorsteuererstattungsverfahren grundsätzlich ausschließen.
Zur Feststellung des Leistungsortes wäre als erstes abzuklären, wer Leistungsempfänger (Unternehmer, Nichtunternehmer) der Bf. ist und wo diese ihren Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Werden Telekommunikationsdienstleistungen an Unternehmer erbracht, bestimmt sich der Leistungsort ab dem nach
§ 3a Abs. 6 UStG 1994 (Empfängerort). Wird eine solche Leistung an einen Nichtunternehmer erbracht, bestimmt sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 7 bzw. § 3a Abs. 13 UStG 1994.
Aber unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer oder ein Nichtunternehmer ist, kommt es zu einer Verlagerung des Leistungsortes nach der VO BGBl. II 2003/383 idF BGBl II 2009/221, wenn der Leistungsort dieser Leistung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes liegt, dort keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt und im Inland genutzt oder ausgewertet wird.
Sofern daher die von der Bf. an ihre Kunden erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen nach obigen Bestimmungen im Drittland steuerbar sind, ist in weiterer Folge zu untersuchen, ob die von der Bf. erbrachte Leistung in Österreich genutzt oder ausgewertet wird.
Eine Telekommunikationsdienstleistung wird z.B. dann in Österreich genutzt, wenn hier telefoniert oder das österr. Telefonnetz genützt wird.
In weiterer Folge war zu untersuchen, ob diese Leistung der Bf. im Drittland einer der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt.
Für den Nachweis der Besteuerung im Drittland können sämtliche Unterlagen/Beweismittel etc. herangezogen werden, durch die die Bf. in die Lage versetzt wird, der österreichischen Finanzverwaltung glaubhaft darzulegen, dass die erbrachte Telekommunikationsdienstleistung im Drittland einer der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt. Die Vorlage eines Steuerbescheides wäre nicht zwingend nötig, jedoch wäre zusätzlich zur Vorlage entsprechender Unterlagen aber auf jeden Fall die Beschreibung der gesetzlichen Bestimmungen im Drittland, insbesondere bezogen auf Telekommunikationsdienstleistungen, notwendig gewesen. Ausgangsrechnungen wurden gleichfalls nicht übermittelt, eine ustrl. Besteuerung wurde nicht behauptet.
Nach Ansicht der ho. Finanzverwaltung liegt eine Nichtbesteuerung i.S. der Judikatur des VwGH zu den Telekommunikationsdienstleistungen i.S. der VO BGBl II 383/2003 dann vor, wenn die Telekommunikationsdienstleistung des im Drittland ansässigen Abnehmers dort keiner Steuer unterliegt, die den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne der Judikatur des EuGH bzw. der
RL 2006/112/EG (bzw. 6. EG-RL) hat.
Zur Vergleichbarkeit wird die Rechtsansicht vertreten, dass in Analogie zur VwGH-Judikatur (
2003/15/0059 und 2004/15/0010; und 2002/15/0100 und insbesondere /01044) davon ausgegangen wird, dass Vergleichbarkeit vorliegt, wenn die Umsatzbesteuerung mit der RL 2006/112/EG vergleichbar ist. Daher ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der in dieser Richtlinie vorgeschriebene Mindeststeuersatz in Höhe von 15% heranzuziehen ist, da innerhalb der EU der Standartsteuersatz gemäß Art. 97 RL 2006/112/EG nicht weniger als 15% betragen darf.
Zusammenfassend wird ausgeführt:
Ist die VO BGBl. II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 für die Leistungen eines Drittlandsunternehmers an seine Kunden nicht anwendbar (z.B. wenn die Leistung nicht in Österreich genutzt oder ausgewertet wird oder wenn sie im Drittland einer vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt), dann hat der Unternehmer keine Umsätze in Österreich und bekommt die Vorsteuer aus der Rechnung des österr. Netzbetreibers im Erstattungsverfahren erstattet (sofern der Netzbetreiber diese zu Recht mit österr. USt ausgestellt hat - siehe oben).
Ist aber - wie im ggstl. Fall - davon auszugehen, dass die Telekommunikationsdienstleistung der Bf. an Leistungsempfänger im Drittland erbracht und in Österreich genutzt oder ausgewertet wird bzw. diese im Drittland (wie im ggstl. Fall) keiner (vergleichbaren) Umsatzbesteuerung unterliegt, wird der Leistungsort durch die VO BGBl. II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 nach Österreich verlagert. Gemeinschaftsrechtswidrigkeit kann nicht erkannt werden.
…"
Weiters war der Beschwerdevorentscheidung im Anhang ein Berechnungsblatt über Vorsteuern aus gutgeschriebenen Rabatten angeführt. Die Beträge lauten wie folgt:
2010: 1.915,66; 2011: 28.484,66; 2012: 54.905,70; 2013: 161.422,74; 2014: 181,30; 2015: 189.650,98; 2016: 0 (insgesamt: 436.561,04 €).

Mit Schriftsatz vom stellt die Bf. den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Weitere Ausführungen wurden nicht erstattet.

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom wurde die belangte Behörde darauf aufmerksam gemacht, dass das Vorhandensein von erhaltenen Rabatten für jeden Voranmeldungszeitraum gesondert festgestellt werden müsste. Der bloße Verweis (im angefochtenen Bescheid) auf weitere Erhebungen von eventuellen Rabattgutschriften vermöge die herangezogenen Wiederaufnahmegründe nicht zu stützen. Ebenso sei ein Nachholen von Wiederaufnahmegründen im Beschwerdefall idR. unzulässig.
Die belangte Behörde verwies in ihrem Antwortschreiben wiederum auf die durchgeführten Recherchen der Außenprüfung bei inländischen Telekomunternehmen, da seit Herbst 2016 bekannt geworden sei, dass es auf Grund gewährter Rabatte zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage gekommen sei. Weiters wurde inhaltlich ähnlich wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung argumentiert und auf die Prüfungsfeststellungen verwiesen sowie darauf, dass die Rabatte erst im November 2017 (Anm.: angefochtene Bescheide und Außenprüfungsbericht wurden mit bzw. datiert) ausgewertet wurden. Die festgestellten Rabatte seien von den (ausländischen) Telekommunikationsunternehmen auch nicht weiter bestritten worden. Ein "Herunterbrechen der (gemeint: Gutschriften) auf ein Quartal" d.h. Feststellen des Vorhandenseins von erhaltenen Rabatten in jedem Voranmeldungszeitraum gesondert, mache keinen Sinn, zumal die Rabatte meist mehrere Jahre später und dann gleich für mehrere vorangegangene Jahre gewährt worden seien und das Anfordern einer weiteren Bestätigung oder eines Beleges der österreichischen Telekommunikationsunternehmen bezüglich der ermittelten Daten erscheine nicht mehr zweckmäßig, da diese der Prüfungs-IT die Daten bereits übermittelt hätten und kein Zweifel an der Höhe der Gutschriften bzw. Discounts bestehe.
Wie sich die Jahresbeträge auf die einzelnen wiederaufgenommenen Erstattungsquartale aufteilen, konnte aus der Jahresaufstellung nicht näher entnommen werden.
In der mündlichen Verhandlung führte die belangte Behörde durch ihrer Vertreterin aus, dass bei der Abfassung des Betriebsprüfungsberichtes vom die Rabatte noch nicht in der richtigen Höhe festgestellt werden konnten. Weiters sei bereits im Herbst 2016 die Tatsache des Vorhandenseins von Rabatten dem Grunde nach bekannt gewesen. Sie bezog sich ergänzend auf das Schreiben der belangten Behörde vom , dass die endgültige Auswertung der von den Telekom Gesellschaften gelieferten Daten erst im November 2017 vorgenommen werden konnte. Zur Stützung ihres Standpunktes der Rechtmäßigkeit der verfügten Wiederaufnahme des Verfahrens zitiert sie den auf den Seite 5 ausgeführten Absatz des Außenprüfungsberichts über die Aufforderung der Betriebsprüfung an die Beschwerdeführerin zur Vorlage von Gutschriften sowie auf Seite 8 des Berichts, dass Gutschriften beim Vorsteuererstattungsantrag nicht in dem Abzug erbracht worden seien.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem oa. Verfahrensgang. Auf Grund der Telekom-Verordnung des BMF und der entsprechenden Rz. der UStR (Verwaltungspraxis) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Ermöglichung des Telefonierens im Inland durch ein drittländisches Telekommunikationsunternehmen einen steuerbaren und steuerpflichtigen Inlandsumsatz darstellt. Diese Rechtsansicht wurde auch vom , geteilt. Ausgehend von dieser Rechtsansicht wäre daher die Anwendung des Vorsteuererstattungsverfahren ausgeschlossen gewesen und daher könnten auf diesem Wege keine Vorsteuern erstattet werden.
Die Bf. hat in den seinerzeitigen Erstattungsverfahren unbestritten entsprechende Rechnungen inländischer Telekommunikationsunternehmen betreffend im Inland erbrachte Roamingleistungen zur Vorsteuererstattung eingereicht, die mit entsprechenden Bescheiden erstattet wurden.

Die angefochtenen Bescheide über die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens stützen sich auf folgende Umstände:

1. rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Umsätzen in den Streitjahren
2. Gutschriften, die beim Vorsteuer-Erstattungsantrag nicht in Abzug gebracht wurden
3. erstmalige Vorlage von Belegen, Rechnungen, Unterlagen und Verträgen
4. erteilte Auskünfte
5. Internetrechercheergebnisse
6. Durchgeführte Literaturrecherchen, aus denen die Nichtabzugsfähigkeit der Vorsteuerbeträge abzuleiten wäre.

Hierzu ist festzustellen, dass die erwähnten Gutschriften im Bescheiderlassungszeitpunkt noch gar nicht bekannt waren, da sich in den wiederaufgenommenen Bescheiden hierzu keine Änderungen gegenüber den ursprünglichen Erstattungsbescheiden fanden. Das bloße Bekanntwerden von Rabattvereinbarungen indiziert lediglich, dass Gutschriften, Rabatte möglicherweise stattgefunden hätten. Damit stellt die belangte Behörde lediglich einen allfälligen Erhebungsbedarf fest. Beispielsweise konnten nach Erlassung der angefochtenen Bescheide für das Kalenderjahr 2010 lediglich Vorsteuerberichtigungen von 1.915.66 € und im Jahr 2014 von 181,30 € aus Rabatten (Entgeltsminderungen) festgestellt werden. Die weiteren ins Treffen geführten Umstände sind nicht näher ausgeführt.

Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung gründet sich entsprechend auf der im Verfahrensgang dargestellten Aktenlage. Widersprechend zur damals geübten Verwaltungspraxis und Rechtslage (s.u.) wurden Vorsteuern erstattet, die im wiederaufgenommenen Verfahren rückgefordert wurden. Nachvollziehbare tatsächliche Wiederaufnahmegründe sind in den oa. Punkte 1, 3, 4, 5 und 6 nicht zu entdecken und beruhen wohl auf Grundlage besserer Rechtskenntnis. Abgesehen davon sind die erst in der Beschwerdevorentscheidung zahlenmäßig in der beigelegten Tabelle vom November 2017 ausgeführten Vorsteuerminderungen im angefochtenen Bescheid (Außenprüfungsbericht) vom nicht angeführt, und es finden sich auch nicht entsprechende steuerliche Auswirkungen in den wiederaufgenommenen Verfahren, wo lediglich die bisher bescheidmäßig erstatteten Vorsteuerbeträge rückgefordert wurden.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsquellen:

§ 303 BAO:
(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) …
[BGBl I 2013/14]

§ 307 BAO:
(1) Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.
(2) (aufgehoben durch BGBl I 2002/97)
(3) Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.
[BGBl I 2009/20]

§ 3a UStG 1994 (bis BGBl. I 40/2014) lautet:

(13) Die im Abs. 14 bezeichneten sonstigen Leistungen werden ausgeführt:
a) Ist der Empfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Drittlandsgebiet ausgeführt;
b) ist der Empfänger einer in Abs. 14 Z 14 bezeichneten sonstigen Leistung ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet, wird die Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn die Leistung von einem Unternehmer ausgeführt wird, der sein Unternehmen vom Drittlandsgebiet aus betreibt. Das gilt sinngemäß, wenn die Leistung von einer im Drittlandsgebiet gelegenen Betriebsstätte des Unternehmers ausgeführt wird.
(14) Sonstige Leistungen im Sinne des Abs. 13 sind:
1. Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben;
2. die Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen;
3. die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer;
4. die rechtliche, technische und wirtschaftliche Beratung;
5. die Datenverarbeitung;
6. die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
7. die sonstigen Leistungen der in § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a bis i und Z 9 lit. c bezeichneten Art;
8. die Gestellung von Personal;
9. der Verzicht, ein in diesem Absatz bezeichnetes Recht wahrzunehmen;
10. der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
11. die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
12. die Telekommunikationsdienste;
13. die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
14. die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen;
15. die Gewährung des Zugangs zu einem Erdgasnetz im Gebiet der Gemeinschaft oder zu einem an ein solches Netz angeschlossenes Netz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen sowie die Fernleitung, Übertragung oder Verteilung über diese Netze und die Erbringung anderer unmittelbar damit verbundener Dienstleistungen.
(15) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Drittlandsgebiet aus betreibt,
1. die Vermietung von Beförderungsmitteln oder
2. eine sonstige Leistung, die im Abs. 14 Z 1 bis 13 und 15 bezeichnet ist, an eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, mit Sitz im Inland, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Das gilt sinngemäß, wenn die Leistung von einer im Drittlandsgebiet gelegenen Betriebsstätte ausgeführt wird.
(16) Der Bundesminister für Finanzen kann, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich nach Abs. 6, 7, 12 oder 13 lit. a bestimmt, der Ort der sonstigen Leistung danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach
1. statt im Inland als im Drittlandsgebiet gelegen und
2. statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen
behandelt werden. Das gilt nicht für Leistungen im Sinne des Abs. 14 Z 14, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, der keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat.

Gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen für Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuer abweichend von den Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 regeln. Auf Grund des § 21 Abs. 9 UStG 1994 erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 222/2009, "mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird", wenn der Unternehmer (von gegenständlich nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) keine Umsätze iSd. § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausgeführt hat.

Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221:

Auf Grund des § 3a Abs. 10 Z 13 und 14 sowie Abs. 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 wird verordnet:

§ 1. Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.
§ 2. Als Telekommunikationsdienste gelten solche Dienstleistungen, mit denen Übertragung, Ausstrahlung oder Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien gewährleistet werden; dazu gehören auch die Abtretung und Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang.
§ 3. (1) Die Verordnung ist auf Umsätze anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem die Verordnung im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden.
(2) Die
Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten, BGBl. II Nr. 102/1997, ist nicht mehr auf Umsätze anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem die Verordnung im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden.
(3) § 1 in der Fassung der Verordnung
BGBl. II Nr. 221/2009, ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden.

Umsatzsteuerrichtlinien (UStR)
Rz. 643:
"Liegt der Ort der Telekommunikationsdienstleistung, Rundfunk- oder Fernsehdienstleistung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes und unterliegt die Leistung dort keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung, so wird sie nach der VO des BM für Finanzen,
BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009, im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Das gilt unabhängig davon, ob die Leistung an einen Unternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 UStG 1994 oder an einen Nichtunternehmer iSd. § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 erbracht wird.
Die österreichischen Netzanbieter haben die Möglichkeit, sich hinsichtlich der von ihnen erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen an Drittlandsunternehmer auf das für sie günstigere EU-Recht zu berufen. Eine Berufung ist jedoch nur in solchen Fällen möglich, in denen Telekommunikationsdienstleistungen an Empfänger im Drittland erbracht werden und diese Leistungen im Drittland einer der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegen. Letztere Voraussetzung ist vom österreichischen Netzanbieter nachzuweisen, wobei dies beispielsweise durch Beschreibung der gesetzlichen Bestimmungen im Drittland und Vorlage entsprechender Steuerbescheide erfolgen kann.
Beispiel:
Ein österreichischer Mobilfunkbetreiber schließt mit einem Mobilfunkbetreiber mit Sitz im Drittland einen Vertrag ab, wonach die beiden Vertragsparteien den jeweils berechtigten Kunden der anderen Vertragspartei die Möglichkeit geben, Telekommunikationsleistungen auf dem von ihnen betriebenen Netz zu erhalten (Roaming-Vertrag). Der Kunde des Drittlandsunternehmers telefoniert in Österreich. Die Telekommunikationsdienstleistung unterliegt im Drittland keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung.
Der Ort der Leistung des österreichischen Unternehmers beurteilt sich zunächst nach
§ 3a Abs. 6 UStG 1994 und liegt nach dieser Bestimmung im Drittland, da die Leistung einem Unternehmer gegenüber erbracht wird. Da diese Leistung jedoch in Österreich genutzt wird, verlagert sich der Ort der Leistung auf Grund der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 383/2003 nach Österreich.

Wird die Leistung einem Unternehmer im Drittland oder einem Nichtunternehmer im Drittland gegenüber erbracht, liegt der Ort der Leistung gemäß
§ 3a Abs. 6 oder Abs. 13 UStG 1994 idF ab (bis : § 3a Abs. 13 lit. a oder Abs. 7 UStG 1994) jeweils im Drittland. Da diese Leistung jedoch in Österreich genutzt wird, verlagert sich der Ort der Leistung auf Grund der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 383/2003, nach Österreich."

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe - Wiederaufnahme des Verfahrens)

Auf Grund der oa. Verordnung des BMF und der entsprechenden Rz. der UStR (Verwaltungspraxis) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Ermöglichung des Telefonierens im Inland durch ein drittländisches Telekommunikationsunternehmen einen steuerbaren und steuerpflichtigen Inlandsumsatz darstellt. Diese Rechtsansicht wurde auch vom , geteilt.
Ausgehend von dieser Rechtsansicht ist daher die Anwendung des Vorsteuererstattungsverfahren ausgeschlossen und daher könnten auf diesem Wege keine Vorsteuern erstattet werden.
Die Bf. hat in den seinerzeitigen Erstattungsverfahren entsprechende Rechnungen inländischer Telekommunikationsunternehmen betreffend im Inland erbrachte Roamingleistungen zur Vorsteuererstattung eingereicht, die nach den Ausführungen der Außenprüfung auch mit entsprechenden Bescheiden erstattet wurden.
Bereits aus den Rechnungen über die verrechneten Roaminggebühren der inländischen Telekombetreiber kann unschwer geschlossen werden, dass die Kunden der Bf. im Inland telefoniert haben. Somit war in rechtlicher Hinsicht der Sachverhalt der belangten Behörde ausreichend bekannt. Damit lag in rechtlicher Hinsicht die die Unzulässigkeit des Erstattungsverfahrens auf der Hand. Somit war der belangten Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht bekannt, dass die Bf. aus der Ermöglichung des Telefonierens im Inland steuerbare und steuerpflichtige Umsätze erzielt hat. Trotz dieses ein Vorsteuererstattungsverfahren hindernden Umstandes (kurz zusammengefasst: Erzielen von steuerpflichtigen Umsätzen) wurden Vorsteuererstattungen gewährt. Damit wurde in den Wiederaufnahmebescheiden keine neue Tatsache aufgezeigt.
In den angefochtenen Bescheiden finden sich in Tz. 3 des Berichtes über die Außenprüfung nahezu weitwendige vorwiegend materiell-rechtliche Würdigungen zu den neu erlassenen Sachbescheiden. Was die Tatsachenebene des Neuerungstatbestands betrifft, führt er hierbei lediglich aus, dass bisherigen Recherchen seitens der Betriebsprüfung ergeben hätten, dass in den Prüfungsjahren alleine von einem einzigen österreichischen Telekommunikationsunternehmen - Gutschriften betreffend Roamingspesen mit Umsatzsteuer (gemeint: Umsatzsteuerausweis) in Millionenhöhe an das geprüfte Unternehmen ausgestellt worden seien. Das Entdecken des Vorliegens von Rabattvereinbarungen über allfällige zu gewährende Rabatte, ohne diese in den angefochtenen Bescheiden zu quantifizieren, stellt keinen ausreichend Wiederaufnahmegrund dar. Welche Gutschriften dies im Detail seien, ist in den angefochtenen Bescheiden einschließlich Sachbescheiden und im Bericht über die Außenprüfung nicht zu entnehmen. Die bloße Kenntnis der Behörde von allfälligen Rabattvereinbarungen bietet noch keinen ausreichenden Grund eine Wiederaufnahme des Erstattungsverfahrens zu verfügen, ohne gleichzeitig die Höhe der vorzunehmenden Berichtigungen zu nennen. M.a.W. wird die Wiederaufnahme des Verfahrens mit später zu erwarteten Feststellungen (abgabenbehördliche Auswertungen) in Bezug auf das Vorsteuervolumen (Rabatte) begründet. Dabei übersieht die belangte Behörde, dass es für jeden Wiederaufnahmebescheid einen begründeten Wiederaufnahmegrund bedurft hätte. Ergänzend verweist die belangte Behörde in einer nach Erlassung der angefochtenen Wiederaufnahmebescheide verfassten Äußerung an das Bundesfinanzgericht darauf, dass ein quartalsmäßiges Feststellen der Rabatte keinen Sinn mache, weil diese erst mehrere Jahre später für mehrere vorangegangene Jahre gewährt worden sei und dass die Anforderung entsprechender Belege nicht mehr zweckmäßig sei, da die Telekommunikationsunternehmen die Daten bereits der Prüfungs-IT übermittelt hätten. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um ein versuchtes Nachholen von zur Zeit der Erlassung der angefochtenen Bescheide nicht vorhandener Wiederaufnahmegründe handelt, bringt die belangte Behörde diese auch inhaltlich nicht prozessförmig zur Darstellung, als sich daraus für die einzelnen wiederaufgenommenen Erstattungsquartale festgestellte neue Tatsachen nicht entnehmen lassen. Da hätte man die auf die einzelnen Erstattungsquartale gutgeschriebenen Rabatte erheben müssen. Die bloße Auflistung von Vorsteuern aus im Kalenderjahr gewährten Gutschriften lassen keine detaillierten Wiederaufnahmegründe für die angefochtenen für das Kalendervierteljahr erlassenen Bescheide erkennen.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
Nach der Rechtsprechung des VwGH gehört der maßgebliche Wiederaufnahmetatbestand in den Spruch des Bescheides (; , 90/13/0027; , 91/14/0165; , 96/16/0135). Lässt der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen, so ist die Begründung als Auslegungsbehelf heranzuziehen. Entsprechend der Judikatur des VwGH () erscheint es ausreichend, dass der Wiederaufnahmetatbestand dem Betriebsprüfungsbericht zu entnehmen ist. Die Wiederaufnahmegründe sind in der Begründung anzuführen. Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil nach der Judikatur des VwGH (; , 90/14/0044; , 91/14/0165; , 93/14/0187, 0188) sich die Rechtsmittelbehörde bei der Erledigung der gegen die Verfügung der Wiederaufnahme gerichteten Rechtsmittel auf keine neuen Wiederaufnahmegründe stützen kann (Verbot des Nachschiebens von Wiederaufnahmegründe im Rechtsmittelverfahren). "Neue" Wiederaufnahmegründe könnten (nach der Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes) neuerlich zu einer Verfügung der Wiederaufnahme durch die Abgabenbehörde führen. Eine zweite Wiederaufnahme kann sich nicht auf denselben Wiederaufnahmegrund wie die erste, gescheiterte Wiederaufnahme stützen (vgl. ). Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die für Beschwerdevorentscheidungen bestehende Änderungsbefugnis (§ 263 Abs. 1) ident ist mit jener für Erkenntnisse (§ 279 Abs. 3). Weiters ist im Beschwerdeverfahren über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (und nicht über jene der Beschwerdevorentscheidung) zu entscheiden.
Die Begründung von Verfügungen der Wiederaufnahme hat nicht nur (je Bescheid) die entsprechenden Wiederaufnahmegründe anzugeben, sondern auch die zeitliche Abfolge des Bekanntwerdens der maßgebenden Tatsachen und Beweismittel darzustellen ().
Die Wiederaufnahme eines Abgabenverfahrens führt zur gänzlichen Beseitigung jenes Bescheides, der das wiederaufgenommene Verfahren seinerzeit zum Abschluss gebracht hat. Der frühere Bescheid tritt durch eine (erfolgreiche) Wiederaufnahme des Verfahrens zur Gänze außer Kraft ().
Der Wiederaufnahmebescheid und der neue Sachbescheid sind zwei getrennt () zu beurteilende Bescheide, die jeder für sich einer Bescheidbeschwerde zugänglich sind bzw. der Rechtskraft teilhaftig werden können (; , 2000/14/0142; , 2006/15/0367; , 2007/15/0041; ).
Sind beide Bescheide mit Bescheidbeschwerde angefochten, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden (; , 2001/15/0004; , 2009/15/0170; , Ra 2019/13/0091; ). Die Entscheidung über beide Beschwerden kann in einer Entscheidung verbunden werden (). (idS. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 307, Rz. 1-7).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Abweisung - Vorsteuererstattung)

Nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, hat die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer im Erstattungsverfahren zu erfolgen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausführt (vgl. Art I § 1 der zitierten Verordnung).

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die Bf. dadurch im Inland Umsätze erzielt hat, dass sie ihren Kunden das Telefonieren in Österreich ermöglich hat.
Der VwGH hat am , Ro 2016/15/0035, erkannt:
"Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom ) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom bis ) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43-59b MwStSystRL Rz. 134 ff). Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der Verordnung, BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009, Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz. 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung, BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009, in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz. 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz 697)."
Auch der , "SK Telecom Co. Ltd", entschieden, dass die Verordnung,
BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009, dem Unionsrecht entspricht. Im Tenor heißt es dazu:
"
Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom mit Wirkung vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen."
Damit ist höchstgerichtlich klargestellt, dass sich die entsprechenden Umsätze der Bf. nach der mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Verordnung, BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009, in das Inland verlagern. Damit ist die Anwendung des Erstattungsverfahrens ausgeschlossen.
Das Finanzamt hat die entsprechenden Erstattungsanträge zu Recht abgewiesen (durch Festsetzung des Erstattungsbetrages mit Null).
Die diesbezüglichen Beschwerden gegen die Erstbescheide waren daher - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Beschluss - Gegenstandsloserklärung - Sachbescheide im wiederaufgenommenen Verfahren)

Mit oa. Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wurde den Beschwerden gegen die Bescheide betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens Folge gegeben und die Wiederaufnahmebescheide aufgehoben.

Nach § 307 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

§ 261 BAO lautet:
(1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§
278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird
a) in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oder
b) in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.
(2) Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

Vor diesem Hintergrund scheidet durch die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide betreffend das Verfahren hinsichtlich der im Spruch bezeichneten Vorsteuererstattung ex lege der neue Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus, der alte Sachbescheid lebt wieder auf (, ). Die Beschwerden gegen die neu erlassenen Sachbescheide waren daher im Sinne des § 261 BAO als gegenstandslos zu erklären.

3.4. Zu Spruchpunkt IV. (Revision zu I., II. und III.)

Gegen ein Erkenntnis und einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Feststellung fehlender Wiederaufnahmegründe und die Gegenstandloserklärung von Bescheiden, denen seine Rechtsgrundlage entzogen ist, sind keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Im Übrigen wird auf die angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Graz, am

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