Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages - Bindungswirkung gem. § 86 Abs. 1a EStG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth Hafner als Vorsitzende, die Richterin Mag. Melanie Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Michor und Joachim Rinösl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Ingrid Huber, Feldweg 7, 9241 Wernberg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2015 des Finanzamtes Österreich, vertreten durch ADirin Barbara Kropfitsch, Steuernummer ***StNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Claudia Orasch zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Streit zwischen den Verfahrensparteien besteht darüber, ob hinsichtlich der Tätigkeit des ***1*** für die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) im Jahr 2015 ein Dienstverhältnis oder ein Werkvertrag vorlag. Im Zuge einer bei der Bf. im Jahr 2018 durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (in der Folge kurz: GPLA) für die Jahre 2014 bis 2016 erfolgte die Umqualifizierung in ein Dienstverhältnis. Die Prüfung wurde von einer Prüferin der Kärntner Gebietskrankenkasse (in der Folge kurz: KGKK) durchgeführt. Die belangte Behörde schloss sich den Feststellungen an und setzte für das Jahr 2015 eine Nachforderung des Dienstgeberbeitrags in Höhe von 1.484,38 Euro und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag in Höhe von 135,23 Euro fest.
In der dagegen am erhobenen Beschwerde beantragte die Bf. die ersatzlose Aufhebung des Bescheides mit der Begründung, bei dem als Mietkoch tätigen ***1*** seien sämtliche Kriterien eines Werkvertrages erfüllt gewesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, dies unter Hinweis auf die weiteren Ermittlungen der Kranken-versicherungsträger und auf die durch das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz vorgesehene Bindungswirkung für das Finanzamt.
Am begehrte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, sie habe bei der KGKK die Erledigung der Umqualifizierung mittels Bescheid beantragt. Dieser Bescheid sei ihr bis dato nicht zugestellt worden. Zudem wurde ein ergänzendes Vorbringen zum Verfahrensablauf erstattet.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor.
Aufgrund Pensionierung des bisher zuständigen Richters wurde die gegenständliche Beschwerdesache vom Geschäftsverteilungsausschuss der Gerichtsabteilung 5014 zur Erledigung zugeteilt. Von der Berichterstatterin wurde die steuerliche Vertreterin des Bf. telefonisch um Rückmeldung zum Verfahrensstand des bei der KGKK anhängigen Beschwerdeverfahrens ersucht. Daraufhin teilte die steuerliche Vertreterin dem Bundesfinanzgericht mit, dass das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge kurz: BVwG) mittlerweile über die Beschwerde entschieden habe.
Mit Vorhalt vom wurde die Bf. aufgefordert, dem Bundesfinanzgericht den Bescheid der KGKK und das Erkenntnis des BVwG vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die Bf. mit Schreiben vom teilweise nachgekommen und hat das Erkenntnis des BVwG übermittelt. Der Amtsvertreterin wurde die Entscheidung zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung zur Kenntnis gebracht.
Am fand die mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Bf., ihrer steuerlichen Vertreterin und der Amtsvertreterin statt, wobei von der Bf. noch der Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung der KGKK vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens, der aktenkundigen Unterlagen und des Vorbringens der Parteien in der mündlichen Verhandlung folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
***1*** war bei den von der Bf. veranstalteten Grillabenden von Juli bis November 2015 als Koch bzw. Grillmeister tätig und hat dafür Honorarnoten gestellt. Die Prüferin hat während der laufenden GPLA die Krankenversicherungsträger entsprechend dem mit in Kraft getretenen Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (SV-ZG) verständigt, dass ein Sachverhalt vorliege, der zu weiteren Erhebungen über eine rückwirkende Feststellung der Pflichtversicherung nach ASVG Anlass gibt.
Durch die KGKK erfolgten weitere Ermittlungen, ***1*** und der Geschäftsführer der Bf. wurden niederschriftlich einvernommen. Laut Schreiben der SVA der gewerblichen Wirtschaft an die KGKK vom ergab die Überprüfung des Sachverhaltes ein Überwiegen der Merkmale einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit, sodass keine Zuordnung zum GSVG vorlag. Von der belangten Behörde wurde daraufhin das von der Bf. deklarierte Werkvertragsverhältnis in ein steuerliches Dienstverhältnis umqualifiziert und die beschwerdegegenständlichen Nachforderungen des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag festgesetzt.
Durch die KGKK erfolgten aufgrund dieser Feststellungen nachträgliche Vorschreibungen an Sozialversicherungsbeiträgen, Fondsbeiträgen und Umlagen in Höhe von 4.615,19 Euro. Die Dienstgeberin (= Bf.) begehrte die Ausfertigung eines Bescheides. Mit Bescheid der KGKK vom , Zahl: ***2***, wurde festgestellt, dass ***1*** innerhalb näher festgestellter Zeiträume zwischen Juli und November 2015 aufgrund seiner Tätigkeit für die Bf. gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG 1977 der Pflichtversicherung aus einem Dienstverhältnis unterlag. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen.
Mit Erkenntnis vom , ***3***, hat das BVwG die dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung des BVwG ist in Rechtskraft erwachsen.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und den von der Bf. ergänzend vorgelegten Aktenteilen aus dem sozialversicherungsrechtlichen Beschwerdeverfahren.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Ein Dienstverhältnis liegt gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies, ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Liegt ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid nach § 412c ASVG oder § 194b GSVG oder
§ 182a BSVG vor, so ist gemäß § 86 Abs. 1a EStG 1988 die Versicherungszuordnung auch für die Qualifikation der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 bindend. Dies gilt nicht, wenn der Bescheid auf falschen Angaben beruht oder sich der zugrunde liegende Sachverhalt geändert hat.
Die in § 86 Abs. 1a EStG 1988 normierte Bindung des Finanzamtes an Feststellungsbescheide der Sozialversicherungsträger wurde mit dem Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (SV-ZG), BGBl I 2017/125, eingeführt. Ziel des SV-ZG ist die Schaffung von Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit mit Bindungswirkung für alle auf das Einkommen erhobene Steuern und Versicherungsbeiträge. Diese soll bei jeder (rechtskräftigen) Versicherungszuordnung eintreten, sofern keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist oder der im Rahmen der Versicherungszuordnung erlassene Feststellungsbescheid auf falschen Angaben beruht. (Kirchmayr/Brameshuber in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 21a § 86 (Stand , rdb.at) Rz 9/1 ff.)
Die §§ 412a bis 412e ASVG sehen ein Verfahren zur Klärung der Versicherungszuordnung vor. Im vorliegenden Beschwerdefall wurde ein solches Verfahren im Rahmen der GPLA-Prüfung eingeleitet. Mit Bescheid der KGKK vom wurde hinsichtlich des ***1*** die Pflichtversicherung nach ASVG aufgrund eines Dienstverhältnisses festgestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BVwG abgewiesen.
Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies:
Zur maßgeblichen Rechtsfrage, ob hinsichtlich der Tätigkeit des ***1*** ein Dienst- oder Werkvertrag bestand, liegt ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid zur Versicherungszuordnung vor. Es ergaben sich für den erkennenden Senat keine Anhaltspunkte, dass dieser Bescheid auf falschen Angaben beruht. Auch der zugrunde liegende Sachverhalt hat sich nicht geändert. Somit war aufgrund der in § 86 Abs. 1a EStG 1988 normierten Bindungswirkung spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dieses Erkenntnis beruht auf einer klaren gesetzlichen Grundlage. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird mit diesem Erkenntnis nicht aufgeworfen, daher ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 86 Abs. 1a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100516.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at