Schätzung mangels Abgabe von Steuererklärungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Uni-Account WTH STB GmbH, Laaer-Berg-Straße 47b/137, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich (ehemals Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf), vom betreffend Körperschaftsteuer 2016 und Umsatzsteuer 2016, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO (Bundesabgabenordnung) teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet.
Lt. dem anlässlich der Betriebseröffnung der belangten Behörde übermittelten Fragebogen wurden der Gewinn für das Jahr der Betriebseröffnung mit € - 13.500.-, für die Folgejahre mit € 20.000.- angegeben, der Umsatz für das Jahr der Betriebseröffnung mit € 128.000.-, für die Folgejahre mit € 420.000.-.
Die Bf. betreibt in ***2*** eine Bäckerei/Konditorei/Kaffeehaus.
Im Jahr 2017 fand eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer und zusammengefasste Meldungen für den Zeitraum Jänner 2016 bis November 2016 statt, die im Ergebnis zu keiner Änderung der bisherigen Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen führte (Bericht vom ).
Mit Bescheiden vom wurden die Besteuerungsgrundlagen für die Körperschaftsteuer 2016 und Umsatzsteuer 2016 im Schätzungsweg ermittelt, wobei lt. Begründung betreffend Umsatzsteuer auf die übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate August bis Dezember 2016 verwiesen wird.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit € 20.000.- geschätzt.
Der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen wurde mit € 142.281,35, die Vorsteuern an Hand der Saldenlisten mit € 68.531,45 ermittelt.
Gegen diese Bescheide wurde nach zweimaliger Fristverlängerung am fristgerecht mit der Begründung Beschwerde erhoben, dass die Berechnungsgrundlagen "viel zu hoch" seien. Die neuen Werte ergäben sich lt. Erklärung.
Daraufhin wurde die Bf. mit Ergänzungsersuchen vom und vom aufgefordert einen Jahresabschluss für 2016 nachzureichen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde mit der Begründung als unbegründet abgewiesen, dass trotz mehrmaliger Aufforderung die erforderlichen Unterlagen nicht übermittelt worden seien, und daher die Beschwerde mangels Überprüfungsmöglichkeit abzuweisen gewesen sei.
Gegen diese Bescheide richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem die Bf. folgendes vorbringt:
"Richtig ist, dass sich die Übermittlung der ausständigen Unterlagen {Vorlage der Bilanz
2016) verzögerte.
Der Jahresabschluss wurde nachweislich mit Einschreiben am dem
Finanzamt übermittelt. Bis heute weigert sich die Behörde, die Steuerbescheide 2016 zu
korrigieren, obwohl die Unterlagen komplett vorliegen."
Mit Ergänzungsersuchen vom erging folgende Aufforderung an die Bf.:
"Der Jahresabschluss 2016 ist bis dato nicht beim Finanzamt eingelangt. Wir
ersuchen um Übermittlung des Rückscheines, welcher die Versendung vom
nachweist, sowie um nochmalige Übermittlung der Bilanz."
Dieses Ergänzungsersuchen blieb unbeantwortet.
Am erging ein nachweislich an die Bf. am zugestellt Vorhalt durch das Bundesfinanzgericht mit folgendem Inhalt:
"Im Beschwerdeverfahren wird vorgebracht, die mit Bescheiden vom erfolgte Schätzung der Beteuerungsgrundlagen betreffend Umsatz-und Körperschaftsteuer 2016 sei zu hoch erfolgt. Die Besteuerungsgrundlagen ergäben sich aus den Erklärungen:
Lt. Vorlageantrag vom sei der Jahresabschluss 2016 per Einschreiben vom 15.42019 an das Finanzamt übermittelt worden.
Die belangte Behörde brachte vor (siehe Vorhalt an die Beschwerdeführerin vom ), dass keine Unterlagen beim Finanzamt eingelangt seien.
Ein entsprechender Nachweis der Versendung wurde nicht erbracht.
Um das Beschwerdevorbringen durch das Bundesfinanzgericht überprüfen zu können, werden Sie aufgefordert, den Jahresabschluss für 2016 sowie Steuererklärungen betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer dem Bundesfinanzgericht bis zum vorzulegen."
Der Bf. legte am den Jahresabschluss sowie eine Umsatz-und Körperschaftsteuererklärung vor, die der belangten Behörde zur Stellungnahme vorgelegt wurden.
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht folgendes mit:
"Im Jahr 2017 wurde bei der Bf eine Prüfung betreffend Umsatzsteuer 1-11/2016
durchgeführt (siehe den bereits dem BFG vorgelegten Bericht vom ).
Im Rahmen der Prüfung wurden Eingangsrechnungen der Bf betreffend die Monate
September bis November 2016 vorgelegt (siehe nachgereichte Datei "Ere (1)"); die
Überprüfung ergab keine Auffälligkeiten. Es wurde auch eine Saldenliste vorgelegt, siehe
die nachgereichte Datei "Saldenliste 1 bis 11 2016.xlsx".
Die in der nachgereichten Körperschaftsteuererklärung 2016 (und in der GuV 2016)
angeführten Mietaufwendungen von 17.267,39 Euro erscheinen ungewöhnlich hoch.
Laut der im Rahmen der Umsatzsteuerprüfung 2017 vorgelegten Saldenliste betrug die
Miete für das Geschäftslokal für die Monate September bis November 2016 5.003,63 Euro
netto (Konto 7400; Miete für September und Oktober je 1.654,36 Euro und für November
1.694,91 Euro); vorgelegt wurde eine Mietvorschreibungfür 11/2016 (siehe nachgereichte
Datei "Mietvorschreibung 11/2016").
Im Übrigen erscheinen die in der Körperschaftsteuererklärung 2016 angeführten Betriebsausgaben nach Abgleich mit der Saldenliste für 09-11/2016 nachvollziehbar."
Die Stellungnahme der belangten Behörde wurde der steuerlichen Vertretung der Bf. per E-Mail vom zur Kenntnis gebracht und um Stellungnahme ersucht, wobei mittels weiterer Mail vom die Frist bis erstreckt wurde.
Mit schriftlichem Vorhalt vom wurde der Bf. zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung die Stellungnahme des Finanzamtes per Post übermittelt und zugestellt.
Als Termin wurde der gesetzt und die Bf. auf ihre Offenlegungspflicht gem. §119 BAO hingewiesen.
Per E-Mail vom wurde von der steuerlichen Vertretung ein Ausdruck des Kontos 7400 "Miet-und Pachtaufwand" vorgelegt.
Darauf sind folgende Zahlungen verbucht:
Miete 9-10/2016 jeweils € 1.694,36 und 11-12/2016 jeweils € 1.694,91,
Miete 9-12/2016 Top 23a jeweils 2.570,27, als Steuer sind jeweils € 514,05 (20%) ausgewiesen,
Miete Kundenparkplatz 9-12/2016 jeweils € 103,47 (Steuer 20%, € 20,69).
Die Gesamtsumme von € 17.393,50 wurde um Zahlungseingänge i.H. von insges. € 126,11 vermindert, sodass ein Gesamtaufwand von € 17.267,39 verblieb, der auch in der Gewinn-und Verlustrechnung als Miet-und Pachtaufwand ausgewiesen wird.
Per E-Mail vom wurde die steuerliche Vertretung um Ergänzung dahingehend ersucht, um welche Räumlichkeiten es sich bei "Top 23a" lt. Konto handle sowie um Übermittlung der Mietverträge für die Geschäftslokale.
Per E-Mail vom 22.12.20221 und wurde die steuerliche Vertretung an die Vorlage der Mietverträge erinnert.
Mangels Reaktion darauf, erfolgte mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom ein schriftlicher Vorhalt mit folgendem Inhalt:
"In Ihrer Beschwerdesache werden Sie ersucht, das mit E-Mail vom durch Herrn ***1*** als Vertreter Ihrer steuerlichen Vertreterin Uni-Account vorgelegte Konto "Miet-und Pachtaufwand" hinsichtlich folgender Fragen zu erläutern und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:
1.Die Zahlung der Mieten für 9-12/2016 i.H. von insges. € 6.698,54 wird als erwiesen angenommen (vgl. den Prüfbericht vom und die Stellungnahme der belangten Behörde vom , die Ihnen mit dem Vorhalt vom zur Kenntnis gebracht wurde).
2.Für welche Räumlichkeiten wird diese Miete bezahlt, wie werden diese genutzt?
3. Sie werden ersucht, den Mietvertrag für die Räumlichkeiten, auf die sich diese Zahlungen beziehen, vorzulegen.
4.Auf dem Konto sind weiters Mietzahlungen für "Top 23a" für 9-12/2016 verbucht und zwar i.H. von jeweils € 2.570,27.
5.Sie werden ersucht, Einzahlungsnachweise vorzulegen.
6.Sie werden ersucht, den Mietvertrag für Top 23a vorzulegen.
7.Um welche Räumlichkeiten handelt es sich bei Top 23a, wie werden diese genutzt.
8.Weiters wird eine Miete "Kundenparkplatz" für 9-12/2016 verbucht und zwar i.H. von jeweils € 103,47.
9.Sie werden ersucht, Einzahlungsnachweise vorzulegen.
10.Sie werden ersucht den Mietvertrag für den Kundenparkplatz vorzulegen.
Als Termin für die Beantwortung dieses Vorhaltes wird der vorgesehen.
Diese Frist ist im Hinblick auf die bereits mehrfach mit Herrn ***1*** geführten Telefongespräche (zuletzt am ), in denen eine Übermittlung der Mietverträge zugesichert wurde und der dahingehend unbeantwortet gebliebenen E-Mail vom als angemessen zu betrachten.
In diesem Zusammenhang wird auf die § 119 Abs. 1 BAO verwiesen, wonach der amtswegigen Ermittlungspflicht der Abgabenbehöde, die Offenlegungspflicht des Abgabenpflichtigen gegenübersteht.
Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabenpflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.
Gelingen der Nachweis oder die Glaubhaftmachung nicht, so hat die Abgabenbehörde gem.
§ 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."
Dieser Vorhalt wurde der Bf. zu Handen ihrer steuerlichen Vertreterin nachweislich am mittels Rsb-Brief zugestellt.
Eine Beantwortung erfolgte bis dato nicht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin betreibt seit September 2016 eine Bäckerei/Kaffeehaus in ***2***.
Da für das Jahr 2016 trotz Aufforderung keine Steurerklärungen abgegeben wurde, erfolgte die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für Umsatz-und Körperschaftsteuer im Schätzungsweg gem.§ 184 BAO.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit € 20.000.- geschätzt, die Erlöse und die Vorsteuern an Hand der im Zuge einer Außenprüfung für die Monate September bis November vorgelegten Saldenlisten mit € 142.281,35 bzw. € 68.531,78.
Im Beschwerdeverfahren vor der belangten Behörde wurden ebenfalls keine Erklärungen vorgelegt, sondern ohne nähere Begründung behauptet, es seien sehr wohl Erklärungen eingereicht worden.
Die Bf. legte schließlich dem Bundesfinanzgericht einen Jahresabschluss und die Umsatz-und Körperschaftsteuererklärung für 2016 vor.
In diesen ist ein Miet-und Pachtaufwand von € 17.267,39 ausgewiesen.
Die Einkünfte aus Gewerbebetreib betragen demnach € 2.207,62.
Die Erlöse lt. Erklärung betragen € 147.652,26, an Vorsteuern wurden € 71.198,18 geltend gemacht.
Die Bf. legte dem Bundesfinanzgericht das Konto Miet-und Pachtaufwand vor, auf dem Zahlungen für September und Oktober 2016 i.H. von jeweils € 1.654,36 und für November und Dezember von jeweils € 1.694,91 verbucht sind. Diese Beträge decken sich (abgesehen von Dezember, der nicht Gegenstand der o.a. Außenprüfung war), mit den bereits im Zuge der Außenprüfung vorgelegten Einzahlungsbelegen und Saldenlisten.
Auf diesem Konto sind darüberhinaus Mietenzahlungen für "Top 23a" für September bis Dezember i.H. von jeweils € 2.570,27 ("Steuer 20%, € 514,05) und für "Kundenparkplatz" für ebendiesen Zeitraum i.H. von € 103,47 ("Steuer 20%, € 20,69) ausgewiesen.
Trotz mehrmaliger Aufforderung (siehe die Darstellung in den Entscheidungsgründen) erbrachte die Bf. bis dato keinen Nachweis hinsichtlich der Rechtsgrundlage dieser Mietverhältnisse und die vereinbarte Miethöhe.
Beweiswürdigung
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, sowie die von der Bf. dem Bundesfinanzgericht übermittelten Unterlagen, nämlich den Jahresabschluss für 2016 (Bilanz und Gewinn-und Verlustrechnung), die Umsatz-und Körperschaftsteuererklärung sowie das Konto "Miet-und Pachtaufwand".
Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
Zu erforschen ist die materielle Wahrheit (Ritz BAO,5. Auflage, § 115 Tz 4).
Die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörden besteht innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes (; ,2005/17/0088; ,2006/13/0136).
(Ritz, BAO,5. Auflage, § 115 Tz 7).
Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabeanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (zB ; , 2001/14/0187; , 2007/15/0292).
(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgaberechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeutet, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (; , ÖStZB 1996, 445; ). (Vgl. Kotschnigg, Beweisrecht, BAO § 119 , Tz 35).
Beide Pflichten (amtswegige Ermittlungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei) bestehen grundsätzlich nebeneinander und schließen einander nicht aus. Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Verpflichtungen (Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht) verletzt (vgl zB bei Nichtbeantwortung eines Vorhaltes, ), doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst (vgl ; , 89/16/0225). In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist bzw eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (zB ; , 97/14/0011; , 2004/15/0144).
Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann ( , 94/15/0181; , 2006/13/0136).
Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabenpflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.
§ 138 Abs. 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörden nur unter Mithilfe der Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht, als die Abgabenbehörde (zB ). Es handelt sich um Tatsachen, bei deren Beweisbarkeit der Abgabepflichtige vorsorglich wirken kann (). (Ritz, BAO5, § 138 Tz 1).
Gemäß § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.
Gemäß Abs. 2 hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt ( zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/011; ,2009/17/0132).
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Die oben dargestellte die Behörde treffende Ermittlungspflicht einerseits und die die Bf. treffende Offenlegungspflicht andererseits führen in Verbindung mit dem in § 167 BAO geregelten Grundsatz der freien Beweiswürdigung angewendet auf den gegenständlichen Sachverhalt rechtlich zu folgendem Ergebnis:
Zu dem Vorbringen im Vorlageantrag, die Erklärungen seien per Einschreiben der belangten Behörde übermittelt worden ist folgendes auszuführen:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( 1711, 1712/64) wird die Auffassung vertreten, dass Anbringen nur dann als rechtzeitig eingebracht anzusehen sind, wenn sie der Behörde auch tatsächlich ausgehändigt worden sind. Hierbei trägt die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an die Behörde der Absender und eine Eingabe gilt nur dann als eingebracht, wenn sie der Behörde tatsächlich zukommt (). Die Beweislast für das Einlangen eines Antrages bei der Behörde trifft den Antragsteller (). Der Beweis der Postaufgabe allein reicht als Beweis für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde nicht (). , 2008/13/0149, , 2002/13/0165).
Da ein solcher Nachweis schon der belangten Behörde gegenüber nicht erbracht wurde und
das Vorbringen im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nichtweiter aufrechterhalten wird, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Bf. zunächst keine Jahreserklärungen betreffend Umsatz-und Körperschaftsteuer einreichte.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Gemäß Abs. 2 der Gesetzesstelle ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Erklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
Jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent (Ritz, BAO6, §184 Tz 3). Wer jedoch zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungsweg ermittelt.
Bezüglich der Höhe der Schätzung bleibt der Bescheid betreffend Körperschaftsteuer vom ohne Begründung.
Der Bescheid gleichen Datums betreffend Umsatzsteuer verweist in der Begründung auf die übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate 8-12/2016.
Gegen die Höhe der Schätzung wendet sich die Bf. nunmehr im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht durch Vorlage der Erklärungen und des Jahresabschlusses, sodass diese gem. § 279 Abs. 1 BAO entsprechend zu würdigen sind:
Körperschaftsteuer:
Von dem in der Körperschaftsteuererklärung geltend gemachten Miet-und Pachtaufwand i.H. von € 17.267,29 sind die für die Monate September bis November 2016 geltend gemachten Beträge von insges. € 5.003,63 jedenfalls auf Grund des entsprechenden Nachweises durch Zahlungsbelege und Saldenliste anzuerkennen. Für die Zahlung für Dezember 2016 wurde kein weiterer Nachweis verlangt, da diese auf Grund der gleichen Bezeichnung auf dem Konto ("Miete") und der gleichen Betragshöhe, nämlich € 1.694,91, wie in dem nachgewiesenen Monat November davor, glaubwürdig erscheint.
Es sind daher € 6.698,34 als Miet-und Pachtaufwand anzuerkennen, vermindert um die ebenfalls auf dem Mietkonto ausgewiesenen Zahlungseingänge von insges. € 126,11., somit
€ 6.572,43.
Wie aus der Körperschaftsteuererklärung und dem Mietkonto ersichtlich, macht die Bf. darüber hinaus auch einen Mietaufwand für "Top 23a" und für den "Kundenparkplatz" für September bis Dezember 2016 geltend und zwar in eine Gesamthöhe von € 10.694,96.
Die Bf. wurde mehrmals, so wie in den Entscheidungsgründen dargestellt, aufgefordert, die Rechtsgrundlagen dieser Mietverhältnisse und die Miethöhe nachzuweisen, zuletzt mit Vorhalt vom , zugestellt am .
Ein entsprechender Nachweis wurde trotz der die Bf. gem. § 119 BAO treffende Offenlegungspflicht bis dato nicht erbracht. Eine inhaltliche Überprüfung der auf dem Mietkonto ausgewiesenen Beträge ist daher nicht möglich.
Das Bundesfinanzgericht geht daher in Anwendung des § 167 BAO und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in freier Beweiswürdigung davon aus, dass dieser Aufwand der Bf. tatsächlich nicht entstanden ist.
Der geltend gemachte Miet-und Pachtaufwand i.H. von € 17.267,39 lt. Erklärung ist daher um jenen für "Top 23a" und "Kundenparkplatz" in Gesamthöhe von € 10.694,96 zu vermindern und beträgt daher € 6.572,43.
Die Einkünfte aus Gewerbetrieb erhöhen sich daher von bisher lt. Erklärung geltend gemacht € 2.207,64 um den nicht anerkannten Aufwand i.H. von € 10.694,96 und betragen somit € 12.902,60.
Umsatzsteuer:
Der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom auf Grundlage der übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate August bis Dezember 2018 mit€ 142.281,35 geschätzt. Die Vorsteuern wurden mit € 68.531,45 geschätzt.
Lt. Erklärung betrugen die Gesamterlöse € 147.652,26 und die Vorsteuern € 71.198,18.
Der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen lt. Schätzung einerseits und lt. Erklärung andererseits weicht nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes nur unwesentlich voneinander ab, sodass von erzielten Erlösen in der von der Bf. geltend gemachten Höhe auszugehen ist.
Das Verhältnis der Gesamterlöse und der Vorsteuern zueinander beträgt lt. Erklärung rund 48%.
Der gleiche Prozentsatz ergibt sich für das Verhältnis Gesamterlöse und Vorsteuern lt. Schätzung auf Basis eingereichter Umsatzsteuervoranmeldungen.
Im Hinblick auf die anerkannten Gesamterlöse lt. Erklärung erscheinen die nunmehr geltend gemachten Vorsteuerbeträge daher plausibel.
Diese sind jedoch um die auf die nicht anerkannten Mietzahlungen entfallende Vorsteuer zu reduzieren:
"Top 23a": 4x514,05, daher 2.056,20
"Kundenparkplatz": 4x20,69, daher 82,76,
gesamt somit € 2.138,78.
Die Vorsteuern betragen daher statt € 71.198,18, € 69.059,40.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich folgende Berechnung, die Spruchbestandteil ist:
Körperschaftsteuer:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 12.902,60 €
Gesamtbetrag der Einkünfte 12.902,60 €
Einkommen 12.902,60 €
Körperschaftsteuer
Gem. § 22 KStG 1988 25% von 12.902,60 3.225,65 €
Körperschaftsteuer 3.225,65 €
Umsatzsteuer
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen 147.652,26 €
20 % 10.963,57 2.192,71 €
10 % 136.688,69 13.668,87 €
Summe 15.861,58 €
Vorsteuern - 69.059,40 €
Gutschrift 53.197,82 €
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor. Vielmehr handelte es sich um eine Frage der Beweiswürdigung, die an Hand der dazu bereits ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101070.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at