Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.06.2022, RV/2100198/2019

Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2013

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2013 des Finanzamtes Graz-Umgebung vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Vater der am geborenen Tochter ***1***. Nach der in der Finanzamtsdatenbank enthaltenen Mitteilung des zuständigen Versicherungsträgers hat die Kindesmutter Frau ***2*** für das genannte Kind 1.102,92 € an Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum bis erhalten.

Die Kindesmutter war laut Abfrage im Zentralen Melderegister während des Bezuges des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld an der Adresse des Beschwerdeführers mit Nebenwohnsitz gemeldet.

Dem Bf. wurde im Wege des automatischen Erklärungsversandes betreffend die Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld am nachweislich ein Formular über die Erklärung des Einkommens des Bf. für das Jahr 2013 zugestellt.

Lt. den Einkommensteuerbescheiden 2013 betrug das steuerpflichtige Einkommen des Bf. 34.377,42 € und jenes der Kindesmutter 5.417,16 €.

Mit Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2013 vom wurde dem Bf. ein Rückzahlungsbetrag von 1.102,92 € vorgeschrieben, die Berechnung erfolgte gemäß § 19 Abs. 1 KBGG (5% des Gesamteinkommens der Eltern von 39.794,58 €). In der Begründung des Bescheides führte das Finanzamt aus, dass für das Kind des Bf. ***1*** Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt worden seien. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG seien im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld liege es im Ermessen der Behörde wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben werde. Im Jahr 2013 seien die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG überschritten worden. Die Behörde habe nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände den Bf. auf Grund seiner Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. die Beschwerde mit der Begründung, dass er noch nie von der Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld gehört habe. Er habe nachweislich kurze Zeit nach der Geburt der Tochter von der Kindesmutter getrennt gelebt. Er habe nichts beantragt und auch keine Zahlungen betreffend Kinderbetreuungsgeld bzw. diesen erwähnten Zuschuss erhalten.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der Begründung wurde unter Hinweis auf §§ 18 Abs. 1 Z 2 und 22 KBGG ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer und der Kindesmutter als Elternteile für den Zeitraum bis für das gemeinsame Kind Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld iHv 1.102,92 € ausbezahlt worden seien und sei dieser auf Grund der vorstehenden Bestimmungen unter Maßgabe des § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG im Jahr 2013 zurückzuzahlen. Der Bf. habe gemeinsam mit der Kindesmutter der Rückzahlung schriftlich zugestimmt.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und brachte weiters vor, dass der Nachweis über seine schriftliche Zustimmung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG fehle und nach dieser Gesetzesbestimmung seien die Eltern, also Vater und Mutter des Kindes, zur Rückzahlung verpflichtet. Sollte tatsächlich eine schriftliche Zustimmung gemeinsam mit der Kindesmutter erfolgt sein, sehe er sich zur Rückzahlung der Hälfte der ausbezahlten Zuschüsse, d.h. 551,46 €, verpflichtet.

In der Folge erhielt das Finanzamt nach Anforderung von der Gebietskrankenkasse (GKK) den Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld der Kindesmutter vom , den der Beschwerdeführer am als 2. Elternteil mitunterfertigte, und die Abgabenerklärung bei Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, die vom Bf. am und nochmals am unterschrieben wurde.

Im genannten Antrag wird auszugsweise auf Folgendes hingewiesen:
"ACHTUNG!
Beim Zuschuss handelt es sich um einen rückzahlungspflichtigen Kredit.
Von den gesetzlichen Bestimmungen zur Inanspruchnahme des Zuschusses, insbesondere der Notwendigkeit der Unterschreitung der jährlichen Zuverdienstgrenze durch den Antragsteller bzw. bei verheirateten und nicht alleinstehenden Eltern auch durch den 2. Elternteil sowie über die Abgabenpflicht (Zuschussrückzahlung an das Finanzamt), wurde ich mittels Informationsblatt in Kenntnis gesetzt. Bei der Beantragung des Zuschusses ist von verheirateten, nicht alleinstehenden Eltern oder Müttern von Kindern, deren Vater nicht bekannt ist, eine Erklärung über die Zuschussrückzahlung an das Finanzamt vorzulegen. Das entsprechende Formular (Abgabenerklärung) kann schriftlich, telefonisch oder persönlich angefordert werden.
Die Rückzahlung des ausbezahlten Zuschusses an das Finanzamt haben zu leisten:
>Alleinerziehende Elternteile: Wurde der zweite Elternteil bekanntgegeben, ist dieser zur Rückzahlung verpflichtet, ansonsten der alleinerziehende Elternteil selbst.
>Bei verheirateten oder nicht alleinstehenden Elternteilen: Beide Elternteile sind zur Rückzahlung verpflichtet.
"
In der Abgabenerklärung findet man auszugsweise folgende Textpassagen:
"Beide Ehegatten (Lebensgefährten) verpflichten sich unter der Voraussetzung, dass an den antragstellenden Elternteil ein Zuschuss nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz ausbezahlt wurde, zur Leistung einer Abgabe in der Höhe des ausbezahlten Zuschusses
18 Kinderbetreuungsgeldgesetz). Sie sind dabei als Gesamtschuldner im Sinne des
§ 6 Bundesabgabenordnung (BAO) anzusehen. Die Unterzeichnung einer diesbezüglichen Erklärung durch beide Elternteile hat bei der Antragstellung zu erfolgen
(§15 Kinderbetreuungsgeldgesetz).
Eine Rückzahlung des Zuschusses hat erst zu erfolgen, wenn das Gesamteinkommen der Elternteile gewisse Beträge übersteigt. Leben die Eltern bei Entstehung des Abgabenanspruches dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.
………………………..
Über die Rechtslage belehrt, verpflichten wir uns als Gesamtschuldner im Falle einer Auszahlung eines Zuschusses nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz unter Maßgabe der
§§ 12 (Verheiratete) oder 13 (Eltern im gemeinsamen Haushalt) dieses Bundesgesetzes an einen der Elternteile zur Leistung einer Abgabe gemäß § 18 Kinderbetreuungsgeldgesetz und somit zur Rückzahlung der ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen
."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Bf. zur Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2013 herangezogen werden kann.

§ 9 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) idgF lautet:
§ 9. (1) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben
1. alleinstehende Elternteile (§ 11),
2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,
3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und
4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§ 11, 12 oder 13.
(2) Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist, dass ein Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes besteht.
(3) Ausgeschlossen vom Zuschuss sind Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 16.200 Euro übersteigt.
(4) Auf den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden, wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichtes verkürzt.

Nach § 11 Abs. 1 KBGG sind alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt. Nach Abs. 2 haben alleinstehende Elternteile nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben. Nach Abs. 3 haben alleinstehende Elternteile, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht erfüllen, dann Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie sich selbst zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten.

Gemäß § 12 KBGG erhalten verheiratete Mütter bzw. Väter einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12.200 € (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4.000 €.

Nach § 13 KBGG erhalten einen Zuschuss nicht alleinstehende Mütter bzw. Väter, das sind Mütter bzw. Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Hinsichtlich des Einkommens gilt § 12 entsprechend.

Nach § 15 KBGG haben im Falle des Antrages auf Gewährung eines Zuschusses gemäß den §§ 12 und 13 beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 verpflichten.

§ 18 KBGG lautet:
§ 18 (1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:
[1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.]*)
2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.
3. Der Elternteil des Kindes, der sich gemäß § 11 Abs. 3 zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet hat.
(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.
(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO).

*) Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 184-195/10-7, dem Bundeskanzler zugestellt am , zu Recht erkannt:
I. § 18 Abs. 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, in seiner Stammfassung wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

§ 19 KBGG lautet:
§ 19 (1) Die Abgabe beträgt jährlich
1. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 bei einem jährlichen Einkommen von
mehr als 14 000 € ...................................... 3%
mehr als 18 000 € ...................................... 5%
mehr als 22 000 € ...................................... 7%
mehr als 27 000 € ...................................... 9%
des Einkommens,
2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von
mehr als 35 000 € ...................................... 5%
mehr als 40 000 € ...................................... 7%
mehr als 45 000 € ...................................... 9%
des Einkommens.
(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Werden Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt, sind diese Einkünfte zu erhöhen. Die Erhöhung beträgt
1. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 40 vH des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,
2. bei Einkünften aus Gewerbebetrieben 10 vH dieser Einkünfte.

Gemäß § 20 KBGG ist die Abgabe im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben.

Nach § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Gemäß § 22 KBGG obliegt die Erhebung der Abgabe in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen zuständigen Finanzamt des Elternteiles, in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Vaters des Kindes, nach dem Tod des Vaters dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen der Mutter des Kindes zuständigen Finanzamt.

§ 49 Abs. 22 und Abs. 23 KBGG lauten:
(22) § 1, die Überschrift des Abschnitts 2, §§ 3a Abs. 3, §§ 5 Abs. 4a und b, 5c, 7 Abs. 3 und 4, Abschnitt 5 samt Überschrift, die Überschrift des Abschnitts 5a, §§ 25 und 25a, § 26a und 33 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. 116/2009 treten mit in Kraft und sind auf Geburten nach dem anzuwenden, sofern 2009 kein Antrag auf Kinderbetreuungsgeld für Zelträume nach dem und vor dem gestellt worden ist; wird 2010 rückwirkend Kinderbetreuungsgeld für Zeiträume zwischen und beantragt, so besteht kein Anspruch auf Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld für diese Zeiträume.
(23) Die §§ 1, 8 Abs. 2, 8a, Abschnitt 3. und 4, §§ 24 und 25 jeweils in der Fassung BGBI. I Nr. 24/2009 treten mit Ablauf des außer Kraft, sind jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden. Letzteres gilt nur, sofern kein Anwendungsfall des Abs. 22 vorliegt.

Nach § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Nach Abs. 2 sind Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, ebenfalls Gesamtschuldner; dies gilt insbesondere auch für die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft) hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung (Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist.

Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist in Bezug auf den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre, wobei sich die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden (§ 209 Abs. 1 BAO).

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist seinem Wesen nach einem Kredit vergleichbar, der bei Überschreiten der im Gesetz definierten Einkommensgrenzen zurückzuzahlen ist (auf diesen Umstand wird bereits im Antrag hingewiesen).

Die gesetzgeberische Intention hinter dem Kinderbetreuungsgeldgesetz ist die Schaffung eines Ausgleichs für entgehende Verdienstmöglichkeiten des betreuenden Elternteils ( und zum unterhaltsrechtlichen Aspekt auch G 9/09 u.a.).

Lt. den Daten im Zentralen Melderegister waren der Beschwerdeführer und die Kindesmutter während des Bezuges des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld an derselben Adresse gemeldet. Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld der Kindesmutter und die dazugehörige Abgabenerklärung unterfertigt, somit ist davon auszugehen, dass die Kindeseltern im Zeitraum des Bezuges des Zuschusses in einer Lebensgemeinschaft iS der Bestimmung des § 13 KBGG lebten.

Daher ist im hier zu beurteilenden Fall die Rückzahlungsverpflichtung nach § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG gegeben, weil die Kindeseltern mit ihrem Gesamteinkommen von 39.794,58 € die Einkommensgrenze nach § 19 Abs. 2 KBGG überschritten haben.
Damit ist der Rückzahlungsanspruch dem Grunde nach im Jahr 2013 für beide Elternteile erfüllt und der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres 2013 (nach § 21 KBGG) entstanden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ra 2017/13/0065, ausgesprochen: "Die Aufforderung des Finanzamtes an einen Elternteil, eine vorausgefüllte Erklärung des Einkommens gemäß § 23 Kinderbetreuungsgeldgesetz für ein bestimmtes Jahr genau zu prüfen, allenfalls zu berichtigen oder zu ergänzen und unterschrieben an das Finanzamt zurückzuschicken, verlängert nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verjährungsfrist hinsichtlich jener Abgaben, auf die das Schreiben Bezug nimmt (vgl. Ritz, BAO7, § 209 Tz 22 f, mwN)."

Aufgrund der Zustellung der Erklärung "KBG 2" (betreffend Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) an den Bf. durch das Finanzamt im Oktober 2018 wurde die fünfjährige Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert und die Abgabenvorschreibung im Jahr 2018 (für den mit Ende des Jahres 2013 entstandenen Abgabenanspruch) erfolgte rechtzeitig (§§ 207 Abs. 2 iVm 209 Abs. 1 BAO).

Im vorliegenden Fall ist der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres 2013 entstanden, weil in diesem Jahr die Einkommensgrenze der Eltern gemäß § 19 KBGG erreicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das Kind vier Jahre alt. Da der Abgabenanspruch gemäß § 21 KBGG letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres entsteht, erfolgte die Vorschreibung des Finanzamtes zu Recht.

Nach § 18 Abs. 2 KBGG ist bei den im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (Ende des Jahres 2013) dauernd getrennt lebenden Eltern die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.

Die Eltern, die eine Rückzahlung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG zu leisten haben, sind Gesamtschuldner im Sinne des § 6 BAO, das heißt, jeder dieser Schuldner kann für den Gesamtbetrag herangezogen werden.

Das Wesen einer Gesamtschuld beinhaltet, dass es im Ermessen des Gläubigers steht, wem gegenüber er die gesamte Schuld geltend macht (vgl. Ritz, BAO7, § 6 Tz 2).

Im Rahmen dieser Ermessensübung sind jedoch die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile und die mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten nach § 18 Abs. 2 KBGG zu berücksichtigen (vgl. auch , und ).

Das im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigende Einkommen des Bf. im Jahr 2013 beträgt 34.377,42 €, das Einkommen der Kindesmutter 5.417,16 €. Weiters ist zu berücksichtigen, dass die Kindesmutter die Belastungen, die durch die Haushaltszugehörigkeit der damals (2013) vierjährigen Tochter entstanden sind, zu tragen hatte. Neben der Versorgung der Grundbedürfnisse des Kindes waren seitens der Kindesmutter auch umfassende Obsorge-, Fürsorge- und Betreuungspflichten zu leisten.
Auch wenn die Tochter inzwischen beim Bf. wohnt, ändert dies nichts an der Beurteilung, da hier die Verhältnisse im Jahr 2013 zu berücksichtigen sind.

Somit erachtet es das Bundesfinanzgericht im Rahmen des nach § 18 Abs. 2 KBGG iVm § 20 BAO auszuübenden Ermessens als gerechtfertigt, dass der Rückforderungsbetrag zur Gänze dem Bf. vorgeschrieben wurde.

Somit war wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil sich die Frage der Rückzahlungsverpflichtung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeldes ex lege ergibt, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 13 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 15 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 9 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 18 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 19 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 20 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 21 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 22 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 49 Abs. 22 und 23 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100198.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at