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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.03.2022, RV/7102265/2021

Antrag auf Erlassung eines Bescheides betreffend Einsichtnahme in das Kontenregister

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***2*** als Erbe nach ***11***, ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich - Dienststelle Weinviertel vom betreffend Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht vom , Steuernummer: ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge gegeben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen "Antrag auf Erlassung eines Bescheides betreffend Einsichtnahme in den Steuerakt und in das Kontoregister nach der verstorbenen ***11***" und begründete diesen wie folgt:
"Sachverhalt:
Aus Sicht der Erben führte der Erblasser ein gutbürgerliches Leben mit durchaus kostspieligen Eigenheiten. Umso größer war die Überraschung, als der Nettoinventarwert festgestellt und die Kontenbewegungen auf dem Pensionskonto offengelegt waren. Erbe
***4***, der uneingeschränkten Zugriff auf die Erbmasse hatte, gab beim Gerichtskommissär ein Pensionskonto sowie ein Bausparkassenkonto zu Protokoll. Die österreichweite Abfrage zum Todesstichtag bestätigte dies.Erbe ***4*** hat im Verfahren keine Erberklärung abgegeben. Das Verlassenschaftsgericht forderte den Erben ***4*** wiederholt auf eine Erklärung abzugeben. Nachdem sich dies als fruchtlos erwies wurde die Beschwerdeführerin zur Alleinerbin bestimmt.
Die nunmehrige Alleinerbin bezweifelte die Vollständigkeit der Angaben betreffend der Vollständigkeit des Nachlassvermögens. Sie forderte von der kontoführenden Bank die Kontobewegungen der letzten 10 Jahre an. Der Befund: Einer sehr bescheidenen Rente (unter 990 Euro) standen sehr bescheidene, gleichförmige Ausgaben gegenüber. Sehr oft blieben nur kleine Guthaben von wenigen hundert Euro über. Viel interessanter waren jene Kontobewegungen, die sich NICHT auf dem Konto niedergeschlagen hatten. So hinterlassen Besuche der Salzburger Festspiele bzw. weltweite Fernreisen sichtbare Spuren auch auf einem gut gefüllten Konto. Nur auf dem Pensionskonto fand sich nichts davon. Über diese und andere Fragen kam es zu einem Rechtsstreit.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen
***6*** führt in einem Teilurteil unter ***5*** dazu wie folgt aus: "keine widerstreitenden Beweisergebnisse lagen zum grundsätzlichen Lebensstil und Charakter des Erblassers vor. …die Höhe der Pension konnte allein für die Finanzierung der zahlreichen von beiden Streitteilen beschriebenen teuren Fernreisen nicht ausreichen; ferner gab Erbe ***4*** zu Protokoll, dass er sich immer gewundert hätte, wie der Erblasser seine Lebensunterhaltskosten decken konnte." Die Richterin führt in wenigen Sätzen ein paar Vermutungen über die Herkunft der Mittel an, aber diese bleiben in Summe vage. Mit hoher Wahrscheinlichkeit verfügte der Erblasser über andere unbekannte Konten. Die naheliegende Frage, aus welchen Quellen diese Konten dotiert worden sind, interessierte im Zivilverfahren die Richterin nicht.
Eingedenk des § 19 Abs. 1 BAO, welcher die Haftung des Erben auch über die Beschränkung des § 802 ABGB erweitert, wenn bereits leichte Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlassvermögens bestehen, wandte sich die Beschwerdeführerin als Erbe an die Finanzbehörde.
Die Beschwerdeführerin verlangte nun die Öffnung des Steueraktes, Zugriff auf Finanzonline und Einsicht in das Kontenregister von der zuständigen Finanzbehörde. Ein Zugriff auf die Steuerunterlagen des Erblassers sei es in Papierform oder über Finanzonline hatte die Beschwerdeführerin nicht. Die Unterlagen befinden sich im Machtbereich von Herrn ***4***.Sowohl die Finanzbehörde als auch die Abteilung für Betrugsbekämpfung beantworteten die Fragen nach Öffnung der Steuerakten und des Kontoregisters in einer Email (Anfrage 4509659 - Anfrage 4514818) unisono:Wie bereits mitgeteilt, ist dies nicht möglich, da es sich um ein höchstpersönliches Recht handelt, das mit dem Tod endet.
Gem. § 4 Abs. 4 Kontenregistergesetz haben betroffene Personen das Recht auf Auskunft, welche sie betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen wurden. Die Abfrage kann über FinanzOnline erfolgen. Hinsichtlich der im Kontenregister aufgenommenen Daten der Erblasserin/des Erblassers handelt es sich um Daten iSd Datenschutzgesetzes (DSG 2000, BGBl. I 1999/165 idgF). Das Grundrecht auf Datenschutz ist ein höchstpersönliches Recht, das mit dem Tod der/des Betroffenen erlischt und nicht auf Rechtsnachfolger übergeht (GZ: DSB-D122.367/0007-DSB/2015 vom ).
Einem Ersuchen um Einsicht bzw. einer Abfrage des Kontenregisters seitens der Erben bzw. des Notars als Gerichtskommissär/Verlassenschaftskurator hinsichtlich der/des Verstorbenen kann nicht entsprochen werden.Auch ein eventueller Verlassenschaftskurator oder der Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren - dem gegenüber gem. § 38 (2) Z 3 BWG die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht besteht - steht kein Recht auf eine Kontenregisterabfrage (bzw Einsichtnahme in eine vorgenommene Kontenregisterabfrage zu), dies nicht aufgrund des Bankwesengesetzes, sondern aufgrund des Datenschutzgesetzes.

Ein abweisender Bescheid ist bis jetzt nicht ergangen.
Die österreichische Bundesregierung hat auf ihrer Homepage "Allgemeines zum Digitalen Nachlass" ausdrücklich auch Finanz Online genannt und explizit den Erben als Nachfolger von Rechten und Pflichten des Erblassers angeführt. Dieses Recht des Erben wird auch in einer Diplomarbeit der TU Wien Fakultät Informatik "Digitaler Nachlass" erkannt. Angemerkt sei, dass die Finanzbehörden ebenso wie die Sozialversicherungsträger nach Todesmeldung die Daten des Verstorbenen für die Dauer von 10 Jahren abspeichern. Auf Antrag der Angehörigen können die Daten der Sozialversicherung eingesehen werden.
Es ist geradezu grotesk der Antragstellerin die Einsicht in den Steuerakt und in das Kontenregister verwähren zu wollen, wenn einerseits Betriebsprüfungen und Einschauen auch nach dem Tod des Steuerpflichtigen stattfinden und andererseits die Steuerdaten für den Zeitraum von 10 Jahren aufbewahrt werden. Zu welchem Zweck sollten diese aufbewahrt werden, wenn nicht zum Erlassen von Steuerbescheiden post mortem.Daher ersucht die Beschwerdeführerin als Alleinerbin um Erlassung eines Bescheids, der es ihr ermöglicht die Steuergrundlagen und das Inventar auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen.So veröffentlichte die österreichische Bundesregierung auf ihrer Homepage am unter dem Titel "Digitaler Nachlass - Österreich öffnet" ihre Rechtsposition, die offenbar nicht im Einklang mit der Rechtsposition der Finanzbehörden steht."

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde Finanzamt Österreich - Dienststelle Weinviertel den elektronisch eingebrachten "Antrag auf Akteneinsicht" vom ab und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass entsprechend den Bestimmungen des Kontenregistergesetzes die Abgabenbehörde für abgabenrechtliche Zwecke lediglich dann Einsicht in das Kontenregister nehmen könne, wenn es im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen sei. Diese Voraussetzung liege nicht vor. Selbst wenn eine Abfrage durch die Abgabenbehörde zulässig wäre, würden die dadurch gewonnenen Informationen verschiedene Verschwiegenheitspflichten verletzen (Amtsverschwiegenheit gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG, abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflichten gemäß § 48a BAO, Bankgeheimnis gemäß § 38 Abs. 1 BWG und Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten gemäß § 1 DSG). Die Prüfung der Vollständigkeit des Nachlassvermögens stelle überdies kein abgabenrechtliches Interesse iSd § 90 Abs. 1 BAO dar. Die erhoffte Sichtung von Beweismitteln für ein anhängiges Zivilrechtsverfahren bilde keine geeignete Grundlage für ein Akteneinsichtsrecht.

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen diesen Bescheid und hielt "ihr Begehren nach Einsicht in das Kontoregister vollinhaltlich aufrecht" und führte ergänzend folgendes aus:
"1. Die Beschwerdeführerin wurde durch Beschluss des Nachlassgerichts zurAlleinerbin erklärt. Dies vor allem, weil der ebenfalls potenziell erbberechtigteBruder, der Eigentümer aller relevanten Dokumente und Schriftstücke ist, trotzmehrmaliger Aufforderung keine Erbantrittserklärung abgegeben hat.
2. Der zuständige Gerichtskommissionär bzw. die Richterin im
Zivilrechtsverfahren belehrten zwar die Beschwerdeführerin über die imZivilrecht geltenden Normen, unterließen es aber bis zum heutigen Tag auf dieVerpflichtungen und vor allem die unbeschränkte Haftung (trotz bedingterErbantrittserklärung) des (Allein)erben hinzuweisen.
3. Die Unterschiede zwischen Zivilrecht und BAO sind jedoch bedeutend:
a) Die Finanzbehörden sind nicht an die im Beschluss des
Abhandlungsgerichtes ausgewiesenen Werte des Reinnachlassesgebunden, (siehe GZ RV/0516-1/05, Senat 3, ).
b) Vielmehr wird das Finanzamt den Wert des Reinnachlasses unter eigener Verantwortung in freier Beweiswürdigung zu beurteilen haben. ().
c) Dazu kann die Finanzbehörde alle ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen,
Akten als Grundlage für eine post mortem "Prüfung" des Nachlassesheranziehen. Diese Unterlagen stehen der Alleinerbin nicht zur Verfügung.Damit wird auch das Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6. ERMKverletzt.
d) Eine leichte Fahrlässigkeit des Erben genügt, um eine abgabenrechtliche Haftung nach BAO entstehen zu lassen. Diese ist im vorliegenden Fall
denkmöglich, da sich die am Zivilverfahren Beteiligten die Ausgaben fürFernreisen etc. nicht erklären konnten. Auf dem geöffneten Pensionskontofanden sich keine Spuren, die eine Bedeckung aus laufender Pensionerklärbar machten. Diese Frage ist gerichtlich festgemacht worden, woraussich für die Alleinerbin auch die abgabenrechtliche Pflicht ableiten lässt,dieser Frage nachzugehen.
e) Diese Pflicht zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Nachlasses sowie der Steuerlichen Verhältnisse - soweit dies post mortem - möglich
ist, liegt im ureigensten Interesse des Erben, da eine Haftungsbeschränkungnach ABGB bekanntlich für den Bereich der BAO nicht gilt. Daher wird dergewissenhafte Erbe pro Aktiv und nicht erst beim Tätigwerden der Behördehandeln. Dieses pro Aktive handeln, eventuell durch eine Anzeigesteuerverfänglicher Sachverhalte durch den Erben, wird ja von Staatswegen "belohnt".
f) Die Aufstellung der Aktiven und Passiven im vorliegenden Fall wurde ohne
zu Tun der Alleinerbin, vom Bruder der Beschwerdeführerin erledigt. NachOGH 1 Ob21/86 vom hat der Erbe das Vermögensbekenntnis aufdessen Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen. Dies ist ihr jedochverwehrt, weil das Schicksal der Unterlagen ungewiss ist und dieses aufgrund derverstrichenen Zeit (Todeszeitpunkt: ***8***) mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits vernichtet worden sind. Demgegenüber steht dieAufbewahrungsfrist der Finanzbehörden, die sicher nicht ohne Grund dieDaten der Verstorbenen 10 Jahre aufbewahren.
g) Diesem Begehren steht auch das in Zusammenhang mit dem DatenschutzG zitierte DSB-D122.367/0007-DSB/2015 vom nicht entgegen. Im
zitierten Fall vertrat ein naher Angehöriger den Verstorbenen und nahmdessen Rechte wahr. Im vorliegenden Fall entsteht aber die Verpflichtungzum Handeln erst post mortem für den Alleinerben und potenziellem Haftungsadressaten nach BAO.
h) Aus all dem ergibt sich zwingend, die Anwendung des § 90 Abs 1 BAO, da ja der Alleinerbe nicht aus zivilrechtlicher, sondern zur Prüfung der
abgabenrechtlichen Seite des Nachlasses die Daten benötigt.
i) Zu guter Letzt sei darauf hingewiesen, dass sich eine Ungleichbehandlung gegenüber jenen Erben ergibt, die vollen Zugriff auf die Steuerakten des
Verstorbenen haben.
j) Darüber hinaus können nach BAO über den Tod hinaus, höchstpersönliche Vertretungshandlungen gesetzt werden. Man denke nur an den Jahresausgleich post mortem".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid insofern ab, als in den Steuerakt der verstorbenen ***11*** (***BF1StNr1***) Einsicht genommen werden könne, die Einsichtnahme in das Kontenregister der Verstorbenen jedoch unzulässig bleibe. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei ein abgabenrechtliches Interesse der Partei für die Bewilligung der Akteneinsicht nicht mehr erforderlich (). Daher wird dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Akteneinsicht in die Steuerakten für die noch nicht verjährten Veranlagungsjahre (2015 bis 2021) Folge gegeben. Angemerkt werde, dass die Beschwerdeführerin keine Haftung als Erbin iSd § 19 BAO für Abgabenschulden der Verstorbenen zu fürchten habe, da ihre Mutter lediglich nichtselbständige Einkünfte (Pensionseinkünfte) in geringer Höhe bezogen habe. Anderweitige Einkünfte seien der Abgabenbehörde nicht bekannt. Die begehrte Akteneinsicht in das Kontenregister scheitere schon daran, dass der Abgabenbehörde die Bankdaten der Verstorbenen nicht bekannt seien und ihr eine Beschaffung dieser Daten nur unter den einschränkenden Bedingungen des § 4 Abs. 1 Z 3 KontRegG erlaubt sei (vgl GZ. RV/7104924/2019). Die Ermöglichung einer Auskunft nach § 4 Abs. 4 KontRegG gehöre auch nicht zum Aufgabenbereich des Finanzamtes. Das Kontenregister habe gemäß § 1 Abs. 1 KontRegG der Bundesminister für Finanzen zu führen. Dieser ist als monokratische Behörde der datenschutzrechtliche Auftraggeber der Datenverarbeitung im Kontenregister, damit verbunden ist die Herrschaft über die im Kontenregister gespeicherten Daten (vgl. Erläuterungen zu § 5 der Regierungsvorlage zum KontReG, Nr. 685 der Beilagen XXV. GP; GZ. RV/7104924/2019).

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend aus:
"Zur Präzisierung des Umfanges der Einsichtnahme in das Kontenregister sei ausdrücklich seitens derBeschwerdewerberin festgestellt: die Einsichtnahme soll lediglich die "äußeren Kontodaten"umfassen. Diese umfassen den Namen des Bankinstitutes, die Kontonummer, das Eröffnungs- undSchließungsdatum.Die Bewilligung zur Einsichtnahme in den Steuerakt der verstorbenen Mutter löst das Problem derBeschwerdeführerin nicht. Auch die anekdotenhafte Anmerkung, dass die Beschwerdeführerin mithoher Wahrscheinlichkeit keine Haftung nach BAO treffen wird, da die Erblasserin eineMindestrentnerin gewesen sei, kann nicht als formelle Haftungsfreistellung der Alleinerbin durch dasFinanzamt Österreich gewertet werden. Im Gegenteil in der in der SWK Nr. 22 vom veröffentlichten Stellungnahme von Dr. Michael Rauscher (Richter am BFG Graz) wird auf BGBl I2021/25 § 9 Abs 2 Z1 KontRegG verwiesen, wonach begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bereits genügen, um ein Auskunftsverlangen in Gang setzen zu können. DiesemAuskunftsverlangen kann die (unfreiwillig) zur Alleinerbin erklärte, nicht entsprechen. Die Gründewurden bereits im Schriftverkehr dargestellt.Dass die Alleinerbin nicht ohne Grund mit erhöhter Wachsamkeit bzw. Vorsicht dieserErbschaftsangelegenheit gegenübersteht, kann man allein an einem (unter mehreren) Faktor (en)ermessen: es wurde eine Strafanzeige gegen Herrn ***4*** beim BG Korneuburg inZusammenhang mit der Erbschaftsabhandlung eingebracht.Eine Einsichtnahme in die abgegebenen Steuererklärungen löst die im Zivilverfahren aufgetauchtenZweifel zwischen geringen Einnahmen und gehobener Lebensweise keinesfalls auf. Erst durch Kenntnisharter Fakten, in diesem Fall der vorhandenen Konten, kann abgeschätzt werden, in welchen Umfanghier externe Geldzuflüsse aus welchen Quellen zur Finanzierung des Lebenswandels herangezogenworden sind. Diese Prüfung ist ergebnisoffen, da die Kontenliste noch lange nichts über denKontoinhalt aussagt. Dies wäre in einem weiteren Prüfverfahren zu untersuchen und würde dieKapazitäten des Finanzamtes Österreich nicht tangieren. Auf Basis dieses nachgelagertenErkenntnisstandes wären dann weitere Entscheidungen in Zusammenhang mit einer über den Todhinausreichenden Abgabenpflicht zu treffen."

Die belangte Behörde legte die Beschwerde vom am zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung als unbegründet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Mutter der Beschwerdeführerin ist am ***8*** verstorben. Voraussetzungen für den Erwerb einer Erbschaft (Einantwortungsprinzip) ist gemäß § 797 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS Nr. 946/1811 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2015, die Einantwortung der Verlassenschaft nach Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens. Wie weit das Gericht nach einem Todesfall von Amts wegen vorzugehen hat und welche Fristen und Sicherungsmittel bei der Abhandlung zu beachten sind, bestimmen die Verfahrensgesetze. Sie regeln auch, wie ein Erbe oder Gläubiger Ansprüche gegen die Verlassenschaft geltend machen kann.

Im Verlassenschaftsverfahren hat die Beschwerdeführerin eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Wird die Erbschaft mit Vorbehalt des Inventars angetreten, so hat das Gericht auf Kosten der Verlassenschaft ein Inventar zu errichten. Ein solcher Erbe haftet den Gläubigern und Vermächtnisnehmern nur so weit, als die Verlassenschaft für ihre und auch seine eigenen Forderungen, das Erbrecht ausgenommen, hinreicht (Wirkung der bedingten Erbantrittserklärung, § 808 ABGB).

Die Verlassenschaft wurde der Beschwerdeführerin mit Einantwortungsbeschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom eingeantwortet.

Mit der Einantwortung der Verlassenschaft sind die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten der Verstorbenen auf die Beschwerdeführerin übergegangen (Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 19 Abs. 1 BAO). Dies betrifft auch verfahrensrechtliche Rechtspositionen. Lediglich höchstpersönliche Rechtspositionen können nicht übergehen (vgl. Ritz, BAO6, § 19 Tz 4 und 8).

Da die Beschwerdeführerin Zweifel an der Vollständigkeit des Verlassenschaftsvermögens hatte stellte sie bei der belangten Behörde mit Schreiben vom einen "Antrag auf Erlassung eines Bescheides, der es ihr ermöglicht die Steuergrundlagen und das Inventar der Verlassenschaft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen".

Gemäß § 90 Abs. 1 BAO, BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 164/1999, hat die Abgabenbehörde den Parteien die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt das Recht auf Akteneinsicht - unter den sonstigen Einschränkungen - unabhängig davon zu, zu welchem Zweck die Akteneinsicht begehrt wird. Für die Berechtigung eines Antrages auf Akteneinsicht kommt es auf ein gesondertes abgabenrechtliches Interesse der Partei nicht an (vgl. ; ).

Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Akteneinsicht in den bei der belangten Behörde vorhandenen Steuerakt der Verstorbenen ist daher Folge zu geben (vgl. Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom ).

Gemäß § 1 Abs. 1 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG), BGBl. I Nr. 116/2015, hat der Bundesminister für Finanzen für das gesamte Bundesgebiet ein Register (Kontenregister) zur Erfüllung von Aufgaben im öffentlichen Interesse, zur Durchführung von Strafverfahren, verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren, der Erhebung der Abgaben des Bundes und für den internationalen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten, sowie zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung und zur Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen zu führen. Das Kontenregister ist eine Datenbank, die Informationen darüber enthält, wer welche Konten, Depots oder Schließfächer bei welcher Bank oder bei einem gewerblichen Schließfachanbieter hat.

Auskünfte aus dem Kontenregister sind gemäß § 4 Abs. 1 KontRegG zu erteilen:
1. für strafrechtliche Zwecke den Staatsanwaltschaften und den Strafgerichten
2. für finanzstrafrechtliche Zwecke überdies den Finanzstrafbehörden und dem Bundesfinanzgericht,
3. wenn es im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen ist, für abgabenrechtliche Zwecke den Abgabenbehörden des Bundes und dem Bundesfinanzgericht.

Betroffene Personen und Unternehmer haben gemäß Abs. 4 leg.cit das Recht auf Auskunft, welche sie betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen wurden. Die Abfrage kann über FinanzOnline erfolgen.

Gemäß § 4 Abs. 5 KontRegG sind im Verfahren zur Veranlagung der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer Auskünfte aus dem Kontenregister nicht zulässig, außer wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat, ein Ermittlungsverfahren gemäß § 161 Abs. 2 BAO einleitet und der Abgabepflichtige vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen.

Mit dem beschwerdegegenständlichen Antrag begehrt die Beschwerdeführerin als Erbin von der belangten Behörde die Einsicht bzw. Abfrage des Kontenregisters, um das im Verlassenschaftsverfahren festgestellte Inventar auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Aus den angeführten Bestimmungen des KontRegG ergibt sich, dass das Finanzamt das Kontenregister nicht führt und ihm die darin gespeicherten Daten auch nicht von vornherein bekannt sind. Als Abgabenbehörde hat das Finanzamt in Bezug auf das Kontenregister nicht mehr als die Stellung eines Auskunftsberechtigten, es darf unter den in
§ 4 KontRegG normierten Voraussetzungen (lediglich) Einsicht in das Kontenregister nehmen. Auskünfte aus dem Kontenregister sind der Abgabenbehörde aber gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 KontRegG nur für abgabenrechtliche Zwecke, wenn es im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen ist, zu erteilen.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich einer (trotz bedingter Erbantrittserklärung) befürchteten möglichen Haftungsinanspruchnahme wird auf die Regelung des § 248 BAO verwiesen, wonach der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen kann. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Da die belangte Behörde aus den dargelegten Gründen die von der Beschwerdeführerin beantragte Bekanntgabe aller Bankkonten ihrer verstorbenen Mutter zu Recht verweigert hat, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Unzulässigkeit von Auskünften aus dem Kontenregister unmittelbar aus § 4 KontRegG ergibt, liegt im konkreten Fall keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art 133
Abs. 4 grundsätzliche Bedeutung zukommt; die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 KontRegG, Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 90 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 1 KontRegG, Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102265.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at