Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2022, RV/7100759/2020

Rückforderung von Familienbeihilfe, da für einen bestimmten Rückforderungszeitraum keine Berufsausbildung vorlag und für den weiteren Rückforderungszeitraum kein ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg erkennbar war

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Doktor über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für November 2017 bis Februar 2018 und Juli 2018 bis Februar 2019, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Der Rückforderungsbescheid wird hinsichtlich der Zeiträume Februar 2018 und Dezember 2018 bis Februar 2019 aufgehoben.

Hinsichtlich der Zeiträume November 2017 bis Jänner 2018 und Juli 2018 bis November 2018 bleibt der Rückforderungsbescheid unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für Tochter T., geb. tt.mm.1999, welche bis Oktober 2017 eine Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe besuchte und im Februar 2018 ihre Ausbildung (Ablegung der Matura) an der Maturaschule Dr. Rampitsch (Berufsreifeprüfung) begann, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Die Bf. legte dem Finanzamt am folgende Bestätigung der Maturaschule -Institut Dr. Rampitsch vor:

"bestätigt gerne, dass Frau T. V., … für die Tageskurse zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung an unserem Institut angemeldet ist.

Das gebuchte Programm besteht aus folgenden Kursen:

Deutsch: 1 Semester
Mathematik: 2 Semester
Englisch: 2 Semester
Fachbereich Gesundheit und Soziales: 4-5 Blocktermine im Rahmen von zwei Semestern
Begleitkurs zum Schreiben der Projektarbeit.

Frau V. ist mit folgender Besuchsweise zu unseren Kursen eingeschrieben:

Sommersemester 2018: Deutsch, Mathematik Teil 1, Englisch Teil 1, Fachbereich Teil 1
Wintersemester 2018/19: Mathematik Teil 2, Englisch Teil 2, Fachbereich Teil 2
Die Teilprüfungen zur Berufsreifeprüfung sind zu folgenden Terminen geplant:
Deutsch: schriftlich Mai 20.18, mündlich Juni 2018
Mathematik: Jänner 2019
Englisch: März 2019
Fachbereich: März 2019

Kursbeginn ist der und Kursende der . Die Kursstunden zuzüglich des Arbeita- und Lernaufwandes belaufen sich während dieser Zeit durchschnittlich auf ca. 30 Wochenstunden."

Mit "Ersuchen um Ergänzung" vom wurde die Bf. vom Finanzamt um Vorlage folgender Unterlagen für T. aufgefordert:

Zulassungsbescheid betreffend Maturaschule,
alle Prüfungsantritte und Ergebnisse (positive und negative),
Schulnachricht/Jahreszeugnis ab 2017

Die Bf. legte folgende Unterlagen vor:

Schulbesuchsbestätigung der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe des Instituts Sancta Christiana, Katholische Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht vom über den Schulbesuch von T. (Klasse 1ama_WS) vom bis

Prüfungsübersicht Berufsreifeprüfung vom der vorangeführten Schule:

Mit Überprüfungsschreiben vom wurde die Bf. um Vorlage folgender Unterlagen ersucht:

Nachweis über den Prüfungsantritt (Positiv wie negativ!) in Englisch von T. und Tätigkeitsnachweis von T.

Folgende Prüfungsübersicht vom wurde übermittelt:

Das Finanzamt forderte von der Bf. nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen mit Bescheid vom die für den Zeitraum November 2017 bis Februar 2018 und Juli 2018 bis Februar 2019 bezogenen Beträge unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 mit der Begründung zurück, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Familienbeihilfe nur dann zustehe, wenn das Kind in Berufsausbildung stehe.

Da T. im genannten Zeitraum keinen positiven Erfolg erzielt und nicht ernsthaft und zielstrebig gewesen sei, sei die Familienbeihilfe rückzufordern gewesen.

Die Bf. brachte gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht Beschwerde ein und brachte vor, dass ihre Tochter im Oktober 2017 in der Fachschule für Wirtschaftliche Berufe die Abschlussprüfung positiv abgeschlossen habe. Ab Februar 2018 habe sie mit dem Schulunterricht in der Maturaschule Dr. Rampitsch, Schottenfeldgase 69, 1070 Wien, gestartet, in der sie ihre Matura mache. Am habe sie die Maturaprüfung in Deutsch positiv absolviert. Im Juli und August 2018 seien Sommerferien gewesen. Ab September 2018 habe sie wieder fortlaufend normalen Schulunterricht gehabt. Am habe sie in Englisch die Maturaprüfung positiv bestanden. Für die weiteren zwei Prüfungen in Mathematik und Gesundheit u. Soziales, die sie jeweils im Mai und Juni/Juli 2019 (genaues Datum werde von der Schule noch bekanntgegeben) haben werde, sei sie bereits angemeldet. Nur dass das Finanzamt es wisse, in der Maturaschule gebe es keine Zeugnisse. Diese Schule habe einen Schulunterricht, der dazu diene, die Schüler für die Maturaprüfung vorzubereiten und auch Prüfungen. Ihre Tochter habe sehr wohl positive Erfolge erzielt und sei dieser Schulweg sehr ernsthaft und zielstrebig angegangen worden.

Die Bf. beantragte die Aussetzung des strittigen Betrages von € 2.728,20.

Über Aufforderung des Finanzamtes legte die Bf. am folgende Unterlagen vor:

Prüfungsübersicht vom


Anstellungsvertrag von T., abgeschlossen am zwischen Zara Österreich Clothing GmbH und T. vorgelegt (Verkäuferin - Samstagskraft, Ende der Anstellung , mtl. Gehalt brutto € 340,00)

Über Auskunftsersuchen des Finanzamtes wurde von der HLW & BAfEP Frohsdorf mit E-Mail vom mitgeteilt, dass T. im Juni/Juli 2019 nicht zur Prüfung im Fachbereich: Gesundheit und Soziales angetreten sei. Sie sei für November 2019 zur Prüfung im Fachbereich Gesundheit und Soziales angemeldet gewesen. Sie sei im Mai 2019 zur Prüfung im Fach Mathematik angetreten und habe die Prüfung nicht bestanden. T. sei im September 2019 nicht zur Prüfung im Fach Mathematik angetreten. Es liege keine Prüfungsanmeldungen für Mathematik für Jänner 2020 vor.

Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt und forderte die Familienbeihilfe nur für den Zeitraum November 2017 bis Februar 2018 und Juli 2018 bis November 2018 zurück.

Für den Zeitraum Dezember 2018 bis Februar 2018 wurde der Beschwerde stattgegeben.

Begründend wurde Folgendes festgestellt:

"Ihre Tochter T. hat mit Oktober 2017 die Fachschule für wirtschaftliche Berufe abgeschlossen. Ab Februar 2018 besucht sie die Maturaschule Dr. Rampitsch. Das Fach Deutsch hat T. mit bestanden. Das Fach Englisch wurde am erfolgreich abgelegt. Im Fach Mathematik wurde die Prüfung im Mai 2019 nicht bestanden, zur Nachprüfung im September 2019 ist T. nicht angetreten und wieder zur Prüfung im Jänner 2020 angemeldet. Im Fach Gesundheit und Soziales ist T. im Juni/Juli 2019 nicht angetreten und hat im November 2019 einen neuerlichen Termin.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht. Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung:

Die Ausbildung muss ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Im Falle des Besuches einer Maturaschule manifestiert sich das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen. Der laufende Schulbesuch für sich allein reicht nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung anzunehmen. Vielmehr muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen innerhalb angemessener Zeit erkennbar sein (vgl. ).

Eine ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Matura liegt vor, wenn innerhalb von vier Monaten eine Zulassungsprüfung erfolgreich abgelegt wird. Eine Ausbildung, bei der das Kind während langer Zeit zu keiner Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. ; ).

Aus dem oben geschilderten Sachverhalt ist somit eindeutig erkennbar, dass T. nur für die Monate März 2018 bis Juni 2018 und von Dezember 2018 bis März 2019 in Berufsausbildung stand. In den Monaten November 2017 bis Februar 2018 hat sich T. durch den Schulwechsel in keiner Berufsausbildung gefunden, weiter ist T. in Mathematik in September 2019 und Fachbereich Gesundheit und Soziales im Juni/Juli 2019 zu der Prüfung nicht angetreten. Daher ist ein nach außen erkennbares Bemühen um den Ausbildungserfolg nicht gegeben und es erfolgte die Rückforderung der Familienbeihilfe für den Zeitraum November 2017 bis Februar 2018 und Juli 2018 bis November 2018 somit zu Recht."

Die Bf. stellte am einen Vorlageantrag und brachte vor, dass T. von Februar 2018 bis Februar 2019 noch in der Maturaschule Dr. Rampitsch gewesen sei. Ab März 2019 habe sie keine Kinderbeihilfe mehr bekommen. Im Zeitraum Juli 2018 bis November 2018 sei sie auch noch in der Maturaschule gewesen. Warum werde die Kinderbeihilfe für diese Monate zurückgefordert, obwohl sie noch Unterricht hatte.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Nach § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu.

Nach § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchs­voraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs 1 Familienlastenausgleichs­gesetz 1967 (FLAG) hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) haben näher be-zeichnete Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebens-jahr noch nicht vollendet haben und die u.a für einen Beruf ausgebildet werden.

Eine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" enthält das Gesetz nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter diesen Begriff jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Zur Berufsausbildung gehört aber zweifellos die allgemein bildende Schulausbildung. Ziel einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht aber für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung nicht aus (vgl. zB ).

Diese der Rechtsprechung des VwGH entnehmbare Definition der Berufsausbildung trifft nur auf die Fälle zu, welche außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten Bereichs des Besuchs einer Einrichtung iSd § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) liegen (vgl. , /00339).

Besuch einer Maturaschule - Berufsreifeprüfung

Die Berufsreifeprüfung ist der Reifeprüfung an höheren Schulen insofern gleichwertig, als sie uneingeschränkt zum Studium an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen sowie zum Besuch von Kollegs etc. berechtigt und im Bundes­dienst als Erfüllung der Erfordernisse für eine Einstufung in den gehobenen Dienst gilt.

Die Berufsreifeprüfung setzt sich nach § 3 Berufsreifeprüfungsgesetz aus 4 Teilprüfungen zusammen:

-Deutsch
-Mathematik
-eine lebende Fremdsprache nach Wahl
-Fachgebiet aus der beruflichen Praxis

zusammen.

Die Vorbereitungszeit für die Berufsreifeprüfung ist im Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ 51 0104/4-VI/1/98 wie folgt geregelt:

"Bei Beantragung der Familienbeihilfe sind vom Finanzamt daher neben der Zulassung zur Berufsreifeprüfung jedenfalls auch die Angabe der (des) jeweiligen Prüfungstermine(s) sowie der Beleg (zB Kursbestätigung) oder die Glaubhaftmachung (bei Selbststudium) des tatsächlichen Vorbereitungsbeginns abzuverlangen. Die Familienbeihilfe ist immer zurückgerechnet vom Prüfungstermin zu gewähren, und zwar für längstens 16 Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in vier Gegenständen vorgesehen sind, für längstens zwölf Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in drei Gegenständen vorgesehen sind, für längstens acht Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in zwei Gegenständen vorgesehen sind, und für längstens vier Monate, wenn in diesem Zeitraum eine Teilprüfung in einem Gegenstand vorgesehen ist. Voraussetzung ist aber, dass im jeweiligen Zeitraum tatsächlich eine Prüfungsvorbereitung vorliegt, denn eine Familienbeihilfengewährung über den tatsächlichen Vorbereitungsbeginn hinaus ist nicht möglich. Kann andererseits wegen Überschreitung der zur Verfügung stehenden Zeit Familienbeihilfe nicht für den gesamten Vorbereitungszeitraum gewährt werden, sind nur solche Monate zu zählen, die überwiegend in die Vorbereitungszeit fallen. Die Aufteilung des Bezugs­zeitraumes hängt vom zeitlichen Abstand der einzelnen Teilprüfungen ab, eine Verlängerung wegen erforderlicher Wiederholungs­prüfungen über die vier Monate pro Prüfung ist nicht möglich."

Die DR enthalten diesbezüglich keine Aussagen. Der UFS und das BFG haben in mehreren Entscheidungen die Meinung vertreten, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten sei ausreichend, und hat als Vergleichsmaßstab die Ablegung der Matura an einer allgemein bildenden höheren Schule herangezogen. Die wöchentliche Unterrichtsdauer an der Oberstufe einer derartigen Schule betrage mit gewissen Schwankungen rund Seite 84 30 bis 35 Unterrichtsstunden; demgegenüber umfasse die Dauer der Vorbereitungskurse für die Ablegung der Berufsreife­prüfung typischerweise weniger als die Hälfte dieses Stundenumfangs. Somit sei erkennbar, dass die Vorbereitung auf die Berufsreife­prüfung weit weniger Zeit in Anspruch nimmt als der Besuch einer höheren Schule. Die Ausbildungsintensität sei also nicht vergleichbar. Es könne auch eindeutig davon ausgegangen werden, dass unter der Prämisse, dass das Kind der Bw seinen vollen Lerneinsatz dem jeweils einzelnen Gegenstand widmen, also Kurse im Umfang von rund 30 Wochenstunden besuchen hätte können, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten pro Prüfung ausreichend gewesen wäre ( -F/07; ebenso zB ; ; ; , RV/7102207/2014). Nach -I/09, entspricht dagegen eine pauschale und ohne auf den tatsächlich vorliegenden Sachverhalt eingehende Beurteilung des Falles an Hand eines durch interne Verwaltungsanweisungen vorge­gebenen Vier-Monats-Zeitraums weder den Vorgaben des Gesetzes noch der Judikatur.

Zunächst wird festgehalten, dass allein die Inskription an einer Maturaschule als reiner Formalakt nicht geeignet ist, eine Berufsausbildung nachzuweisen und den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen (zB ; , 94/15/0130; , 96/15/0213).

Im Fall des Besuches einer Maturaschule manifestiert sich das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen. Zwar ist nicht (nur) der Prüfungserfolg ausschlaggebend, der Maturaschüler muss aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen (vgl , ).

Als Zeiten der Berufsausbildung gelten daher nur solche Zeiten, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen (Antritt zu den erforderlichen Prüfungen) darauf geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich ernsthaft und zielstrebig erfolgt ist.

Eine Ausbildung, bei der das Kind während langer Zeit zu keiner Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. ; ; ).

Stellt sich nach Ablauf des gewährten Zeitraumes heraus, dass das Kind nicht innerhalb einer angemessenen Frist zu den Zulassungsprüfungen angetreten ist, kann die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe (§ 26 Abs. 1 EStG) und die zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 1 EStG) für den aliquoten Zeitraum rückgefordert werden.

Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein.

Bei der Frage, ob bzw. in welchem Zeitraum ein Kind eine Berufsausbildung absolviert wird, handelt es sich um eine Tatfrage, die die Behörden in freier Beweiswürdigung zu beantworten haben (). Die Frage, ist an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten (vgl. , , , ).

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob bei der Tochter der Bf. im Rückforderungszeitraum November 2017 bis Februar 2018 eine Berufsausbildung vorlag und weiters, ob die Tochter der Bf. im Rückforderungszeitraum November 2017 bis Februar 2019 ihre Berufsausbildung ernstlich und zielstrebig betrieben hat und folglich in diesem Zeitraum Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe bestand.

Sachverhaltsmäßig steht Folgendes fest:

Rückforderungszeitraum November 2017 bis Februar 2018

T. schloss die Fachschule für Wirtschaftliche Berufe im Oktober 2017 ab und begann ab mit dem Schulunterricht in der Maturaschule Dr. Rampitsch.

Sie befand sich daher von November 2017 bis Jänner 2018 - Beginn der Maturaschule war im Februar 2018 - nicht in Berufsausbildung.

Das Finanzamt hat somit von der Bf. für die Monate November 2017 bis Jänner 2018 die Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge zu Recht zurückgefordert. Da der Kurs der Maturaschule lt. Auskunft derselben, am begann, bestand bereits ab Februar 2018 ein Anspruch auf Familienbeihilfe und der Beschwerde war insoweit stattzugeben.

Rückforderungszeitraum Juli 2018 bis Februar 2019

Zufolge der vorstehenden Ausführungen wird in der Verwaltungspraxis bei der Ablegung von Teilprüfungen für die Berufsreifeprüfung von einer erforderlichen Vorbereitungszeit von vier Monaten pro abgelegter Teilprüfung ausgegangen (vgl. Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2)( ).

T. hatte Teilprüfungen in Deutsch, Mathematik, einer lebenden Fremdsprache nach Wahl und aus einem Fachgebiet aus der beruflichen Praxis abzulegen.

T. hat das Fach Deutsch mit bestanden.
Das Fach Englisch wurde am erfolgreich abgelegt.
Im Fach Mathematik wurde die Prüfung im Mai 2019 nicht bestanden, zur Nachprüfung im September 2019 ist T. nicht angetreten. Eine Prüfungsanmeldung für Mathematik für Jänner 2020 lag nicht vor.
Im Fach Gesundheit und Soziales ist T. im Juni/Juli 2019 nicht angetreten. Sie war für November 2019 zur Prüfung im Fachbereich Gesundheit und Soziales angemeldet.

Die belangte Behörde forderte unter Zugrundelegung dieses Sachverhaltes und unter Anwendung der Durchführungsrichtlinien (vier Monate pro Teilprüfung) die für den Zeitraum Juli 2018 bis Februar 2019 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge zurück, da kein ernstliches und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg erkennbar war.

Das Bundesfinanzgericht schließt sich insoweit der Ansicht des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung an, als T. nur Februar 2018 bis Juni 2018 - Ablegung der Deutschprüfung - die Ausbildung ernsthaft und mit Erfolg betrieb. Für die Monate Juli 2018 bis November 2018 ist jedoch davon auszugehen (siehe folgende Darstellung), dass die Ausbildung nicht ernsthaft betreiben wurden und die Rückforderung daher zu Recht erfolgte.

Wie schon festgehalten, hat T. das Fach Deutsch mit bestanden, ist im Fach Gesundheit und Soziales ist T. im Juni/Juli 2019 nicht angetreten und war für November 2019 zur Prüfung angemeldet. Im Fach Mathematik wurde die Prüfung im Mai 2019 nicht bestanden, zur Nachprüfung im September 2019 ist T. nicht angetreten. Eine Prüfungsanmeldung für Mathematik für Jänner 2020 lag nicht vor.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe für die Monate Juli 2018 bis November 2018 erfolgte somit zu Recht. Für die Monate Dezember 2018 bis Februar 2019 war der ursprüngliche Rückforderungsbescheid aufzuheben, da die Tochter sich in diesem Zeitraum, wenn auch letztlich erfolglos, für ihre Mathematik-Prüfung im Mai 2019 vorbereitete.

Der Bf. ist insoweit zu folgen, als - mit Ausnahme der Mathematik- Prüfung - allen anderen nach dem Februar 2019 liegenden Sachverhalten für diese Entscheidung keine Relevanz zukommen, da der Streitzeitraum mit Februar 2019 endet. Für die Entscheidung selbst ist das letztlich jedoch bedeutungslos.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das gegenständliche Erkenntnis der Rechtslage in Verbindung mit der Rechtsprechung des VwGH folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

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