Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 02.03.2022, RV/7400003/2022

Verletzung der in § 15 Abs. 4 WVG normierten Obsorgepflicht des Wasserabnehmers trotz Beauftragung eines befugten Gewerbetreibenden, die Dichtheit der Wasserverbrauchsanlage zu überprüfen?

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1028/2022 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andrea Prozek und Gerald Cuny-Kreuzer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Gregor Maderbacher, Schloss Schönbrunn Kontrollorstöckl 112, 1130 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Fachgruppe Gebühren, MA31 vom betreffend Vorschreibung der Wassergebühren für den Zeitraum vom bis , zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde legte am die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin vom gegen den Gebührenbescheid betreffend Wasser- und Abwassergebühren vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und hielt im Vorlagebericht sachverhaltsbezogen Folgendes fest:

"Bei der amtlichen Jahresablesung am wurde durch den Ableser der MA 31 - Fachgruppe Gebühren/Referat Ablesedienst am Wasserzähler Nr. ***1*** ein Zählerstand von 5026 m3 festgestellt (fotografisch festgehalten - siehe Aktenseite 4) und hat dieser, auf Grund des Verbrauchsgeschehens einen Zählwerksfehler am Wasserzähler vermutet. Die Feststellung eines derartigen Defekts ist vor Ort nicht möglich und ist der Ableser zu dieser Feststellung, von seiner Qualifikation her, auch gar nicht imstande.

Auf Grund des hohen Wasserbrauchs und des vermuteten Zählwerksfehlers wurde die Fachgruppe Wasserzähler am um Überprüfung ersucht. Der Austausch des Wasserzählers Nr. ***1*** (Einbau ) gegen den amtlichen Wasserzähler Nr. ***2*** erfolgte am durch den Kontrahenten, Wiener Netze GmbH (Auftragschein - siehe Aktenseite 7).

Mit Stellungnahme vom wurde festgestellt, dass eine Überprüfung des Zählers erfolgt ist und dabei ein Zählwerksfehler festgestellt wurde (siehe Aktenseite 6). Eine Rücksprache mit dem stellvertretenden Leiter der Fachgruppe Wasserzähler am ergab jedoch, dass keine Überprüfung, sondern lediglich eine optische Begutachtung durchgeführt wurde (siehe Aktenseite 11).

Zweifel an der Stellungnahme der Fachgruppe Wasserzähler vom ergaben sich dadurch, dass sich bei der Kontrollablesung des Wasserzählers Nr. ***2*** am bei einem Zählerstand von 5606 m3 (siehe Aktenseite 9) weiterhin ein Mehrverbrauch ergab.

Als Serviceleistung wurde die Hausverwaltung Dr. X am telefonisch darüber verständigt, dass ein Mehrverbrauch festgestellt wurde (siehe Aktenseite 8; Rückseite). Bei einer weiteren Kontrollablesung des Wasserzählers Nr. ***2*** am bei einem Zählerstand von 8237 m3 wurde jedoch wiederum ein Mehrverbrauch festgestellt, woraufhin die Hausverwaltung Dr. X nochmals über den Mehrverbrauch informiert wurde (siehe Aktenseite 12).

Das Verbrauchsgeschehen ergibt sich bis dato wie folgt:


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WZ.Nr.
Ablesetag
Ablesestand
Durchschnittlicher Verbrauch pro Tag
***1***
2314 m3
4208 m3
5,21 m3
6115 m3
5,04 m3
5026 m3
24,89 m3
7064 m3
50,94 m3
***2***
1 m3
5606 m3
54,95 m3
8237 m3
55,97 m3
8645 m3
58,28 m3
8831 m3
2,95 m3
9262 m3
5,59 m3
9397m3
3,97 m3
10790 m3
3,92 m3
10896 m3
3,00 m3

Um eine Fehlfunktion des Wasserzählers Nr. ***1*** auszuschließen wurde dieser von der zuständigen Fachgruppe Wasserzähler einer Prüfung unterzogen. Laut dem Prüfungsprotokoll für Kaltwasserzähler vom für die Fabrikat-Nr. W-***1*** (Eichjahr 2013, Eichstempel:013/527, Zählerstand vor der Prüfung: 7064,9515 m3) war zum Zeitpunkt der Messung laut § 48 des Maß- und Eichgesetzes (MEG), BGBl. Nr. 152/1950 in der zur Zeit der Prüfung geltenden Fassung, der Wasserzähler gültig geeicht. Bei der Genauigkeitsprüfung ergab sich, dass die Fehler des Wasserzählers innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen lagen. Der Wasserzähler wurde als in Ordnung befunden (siehe Aktenseite 59).

Über dieses Überprüfungsergebnis wurde der Vertreter der Beschwerdeführerin mitE-Mail vom informiert und ihm die Möglichkeit geboten, eine Überprüfung des Messgerätes auch durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen zu beantragen. Ein diesbezüglicher Antrag wurde jedoch nicht gestellt."

Dem gleichzeitig übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes zu entnehmen:

Die Beschwerdeführerin ist Wasserabnehmerin bezüglich einer Liegenschaft im 16. Wiener Gemeindebezirk.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom setzte die belangte Behörde bezüglich dieser Liegenschaft für den Zeitraum bis folgende Bruttobeträge fest:


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Zeitraum
Gebühr
Menge in m3
Bruttobetrag in Euro
-
Wasserbezugsgebühr
5874
10.925,64
-
Wasserbezugsgebühr
13719
25.517,34
3. Quart. 2017-4. Quart. 2018
Wasserzählergebühr
37,38
-
Abwassergebühr
1191
2.429,64
-
Abwassergebühr
1604
3.272,16
Summe festgesetzte Gebühren
42.182,16

Abzüglich bereits entrichteter Teilzahlungen und zuzüglich der neuen Teilzahlungen ergab sich für die Beschwerdeführerin insgesamt ein zu entrichtender Gesamtbetrag von 33.241,00 Euro.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Gebühr für den Wasserbezug und die Beistellung des Wasserzählers sowie die vierteljährlichen Teilzahlungsbeträge würden aufgrund des Wasserversorgungsgesetzes - WVG, in Verbindung mit der Wassergebührenverordnung 1990 vorgeschrieben.

Die Abwassergebühr sowie die vierteljährlichen Teilzahlungsbeträge würden aufgrund des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes - KKG in Verbindung mit der Kanalgebührenverordnung 1988 vorgeschrieben.

Sofern die WasserabnehmerInnen MiteigentümerInnen seien, hafte jede/jeder von ihnen für die vollständige Erfüllung aller Verpflichtungen. Die im Rahmen des § 6 BAO (Gesamtschuld) zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände getroffen worden und diene der Verwaltungsökonomie.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin aus, die Vorschreibung "neuer Teilzahlungen für Wasser und Abwasser" sei unbegründet bzw. nicht nachvollziehbar und die Vorschreibung der Wassergebühren für die Zeit vom bis sei der Höhe nach unrichtig und exzessiv. Der Bescheid werde insoweit angefochten, als damit der Beschwerdeführerin den Betrag von 3.440,34 Euro übersteigende Wassergebühren vorgeschrieben würden.

Begründend wurde ausgeführt:

Ad Vorschreibung "neuer Teilzahlungen"

Der angefochtene Bescheid enthalte eine Verpflichtung zur Zahlung einer "1. neuen Teilzahlung Wasser" von 889,63 Euro sowie einer "1. neuen Teilzahlung Abwasser" in Höhe von 970,60 Euro. Die Berechnung dieser neuen Teilzahlung beruhe auf den im Jahr 2018 festgestellten (exzessiven) Wassermengen. Der Bescheid lasse jedoch nicht erkennen, auf welchen Zeitraum sich diese 1. neuen Teilzahlungen beziehen würden und auf welchen Zeitraum sie zahlungswirksam angerechnet werden sollten. Es sei daher nicht möglich, die Richtigkeit der Vorschreibung neuer "erster" Teilzahlungen dem Grunde nach zu überprüfen und die Höhe nachzuvollziehen.

Ad Vorschreibung von Wassergebühren bis

Der enorme Wassermehrverbrauch sei auf ein unbemerktes Druckrohrgebrechen zurückzuführen. Der Wasserleitungsstrang habe an einer schwer zugänglichen Stelle im Fundament des Hauses geleckt. Dies habe zu enormen Wasserverlusten und einem Einsickern der betreffenden Mengen in das Erdreich geführt. Mittlerweile sei der Schaden behoben worden. Von der belangten Behörde sei der Kausalverlauf und das Versickern im Erdreich anerkannt worden, weshalb der angefochtene Bescheid auch "Abwassergebühren" in "normaler", nicht bekämpfter Höhe enthalte.

Die Hausverwaltung der Beschwerdeführerin habe vom Vorliegen des Wassermehrverbrauchs durch einen Anruf der belangten Behörde am Kenntnis erlangt. Das daraufhin beauftragte Installationsunternehmen habe sodann den defekten Leitungsstrang gesperrt.

Die belangte Behörde habe aber lange vor dem Anruf am Kenntnis davon gehabt, dass im betroffenen Objekt ein überhöhter Wasserverbrauch vorgelegen sei. Bereits bei der Zählerablesung am sei ein durchschnittlicher Wasserverbrauch von 24,89106 m3 pro Tag festgestellt worden, was dem fünffachen Verbrauch des im Gebührenbescheid aus 2017 festgestellten Durchschnittsverbrauch entspreche. Die Beschwerdeführerin sei über diesen Mehrverbrauch weder vor noch nach dem Zählertausch informiert worden, obwohl die belangte Behörde sonst schon bei viel geringeren Mehrverbrauchen Verständigungsschreiben verschicke. Aus der späteren Korrespondenz mit der belangten Behörde gehe hervor, dass am ausgetauschten Zähler keine Mängel festgestellt worden seien, sodass sie insoweit von einem tatsächlichen Mehrverbrauch ausgehen hätte müssen.

Nach den Angaben der belangten Behörde sei die Beschwerdeführerin erstmals vier Monate nach dem Zählertausch, nämlich am , angeblich telefonisch vom hohen Wasserverbrauch in Kenntnis gesetzt worden. Von einem solchen Telefonat wisse die Beschwerdeführerin bzw. deren Hausverwaltung jedoch nichts. Es erscheine auch wenig plausibel, dass ein solches Telefonat tatsächlich stattgefunden habe, weil diesfalls davon auszugehen sei, dass die Hausverwaltung geeignete Schritte zur Schadensbehebung gesetzt hätte. Die belangte Behörde verweise diesbezüglich lediglich darauf, dass eine Warnung des Wasserabnehmers im Fall eines festgestellten Mehrverbrauchs ein bloßes Service darstelle. Überdies habe sie auf die Obsorgepflicht des Wasserabnehmers gemäß § 15 WVG hingewiesen. Dieser Sorgfaltspflicht sei die Beschwerdeführerin vollumfänglich nachgekommen, da ein befugter Gewerbetreibender beauftragt worden sei, die erforderliche Überprüfung der Dichtheit der Verbrauchsanlage alle drei Monate vorzunehmen. Mittlerweile sei rechtskräftig gerichtlich festgestellt worden, dass ein solcher Gewerbetreibender beauftragt worden sei, von diesem aber keine Mehrverbrauchs- bzw. Dichtheitswarnung erfolgt sei.

Es sei darauf hinzuweisen, dass die gesamte staatliche Verwaltung unter Berücksichtigung grundrechtlich verbürgter Rechtspositionen - insbesondere des Eigentumsrechts - auszuüben sei. Schon deshalb sei die belangte Behörde verpflichtet, einen Wasserabnehmer von einem erwiesenermaßen festgestellten schweren Gebrechen zu informieren. Die Behörde, die um den enormen Mehrverbrauch wisse, dürfe nicht schweigend zusehen, wie der Beschwerdeführerin durch auslaufendes Wasser nicht nur ein enormer Schaden durch Mehrgebühren entstehe, sondern auch das Gebäude, in dem sie wohne, einer realistischen Gefahr und einer bis zum Einsturz reichenden Beschädigung ausgesetzt werde. Damit würden die Beschwerdeführerin und die übrigen Miteigentümer des Hauses in Gefahr gebracht.

Das Aussprechen von Verbrauchswarnungen sei daher nicht bloß der Serviceorientiertheit der Stadt Wien geschuldet. Schon aus der Tatsache, dass die MA 31 solche Mehrverbrauchsmitteilungen bekanntermaßen verschicke, dürfe sie davon unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht ohne triftige Gründe absehen.

Die Beschwerdeführerin mache nicht geltend, dass die gegenständlichen Wasserzähler die Verkehrsfehlergrenze überschreiten würden. Die gegenständlichen Wassermengen seien auch nicht auf ein "Gebrechen an der Wasserzähleranlage" zurückzuführen. Es bestehe aber kein Zweifel, dass § 11 Abs. 3 und 4 und § 20 Abs. 1 WVG insoweit eine planwidrige Lücke aufweisen würden, die im Wege der Analogie zu schließen sei.

Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum keine Gebühren für Wassermengen zu entrichten seien, die aufgrund von Gebrechen an der Wasserzähleranlage durch ein schuldhaftes Verhalten von Mitarbeitern der Stadt Wien verbraucht würden, ein solcher Entfall der Gebührenpflicht aber bei Wassermengen, die aufgrund deutlich schwerwiegenderer Verfehlungen der Stadt Wien bzw. des Magistrats verbraucht würden, kategorisch und ohne jeglichen Ermessensspielraum ausgeschlossen sein sollten. Das WVG enthalte im Gegenteil in §11 Abs. 2 den klaren Hinweis, dass in den Rechtsbeziehungen zwischen dem Magistrat und dem Wasserabnehmer ein Verschulden der Organe des Magistrats generell zu berücksichtigen sei. Auch § 8 Abs. 6 WVG verteile das Kostenrisiko aus der Behebung von Gebrechen an Wasseranschlussleitungen ausdrücklich nach dem Verschuldensprinzip. Es sei sachlich nicht begründbar, warum Gebühren für Wassermengen geschuldet würden, die wegen grob schuldhafter und möglicherweise sogar strafgesetzwidriger Unterlassung einer Warnung des Wasserabnehmers vor nachweislich bekannten massiven Wasserverlusten verbraucht würden.

Die Beschwerdeführerin weise darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof zu § 23 Abs. 1 KKG iVm §7 WVG ausgesprochen habe, dass eine Gebührenbelastung dann unsachlich und damit gleichheitswidrig sei, wenn der potentielle Gebührenschuldner den Sachverhalt, der zur Entstehung der Gebührenschuld führe, tatsächlich nicht beherrschen können (). Diese Erwägungen seien zur Gänze auf den vorliegenden Fall übertragbar, da der Wasserabnehmer den Verbrauch von Wassermengen aufgrund (grob) schuldhaften Verhaltens der Organe des Magistrats niemals "beherrschen" könne.

Jede andere Auslegung hätte zur Konsequenz, dass der Gebührenpflichtige in vergleichbaren Fällen zunächst allein auf die Möglichkeit einer im Ermessen liegenden Nachsicht der vorgeschriebenen Gebühren angewiesen wäre. Abgesehen davon bliebe dem Gebührenschuldner nur die Möglichkeit einer Amtshaftungsklage. Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, er habe vor Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs nicht versucht, den Schaden durch Beschwerde beim Verwaltungsgericht abzuwenden, sei der Gebührenpflichtige gezwungen, Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zu erheben.

Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass für den Abrechnungszeitraum die Wassergebühren mit 3.440,43 Euro festgesetzt würden.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, die Verbrauchsanlage falle in den Verantwortungsbereich des Wasserabnehmers. Sobald das Wasser in die Verbrauchsanlage gelangt sei, habe es die Sphäre des Wasserabnehmers erreicht, der das Risiko für Vorkommnisse in seiner Sphäre zu tragen habe. Aufgrund der den Wasserabnehmer treffenden Obsorgepflicht habe dieser die Verbrauchsanlage und insbesondere die Absperrhähne jederzeit in gutem und betriebsfähigem Zustand zu halten und in Abständen von mindestens drei Monaten auf ihre Dichtheit (z.B. durch monatliche Ablesung des Wasserzählers) zu überprüfen.

Dass die Beschwerdeführerin ihrer Sorgfaltspflicht vollumfänglich nachgekommen sei, lasse sich der Aktenlage nicht entnehmen. Der im Vorverfahren vorgelegten Rechnung der Fa. A-GmbH vom ist zu entnehmen, dass viermal pro Jahr eine Kontrolle durchgeführt, dabei der Wasserzähler abgelesen und ein Abnahmeprotokoll erstellt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass die Auftraggeberin, die Hausverwaltung Dr. X, als Vertreterin der Hausinhabung, die Durchführung der Dienstleistung überprüft habe und dass ihr die Abnahmeprotokolle zur Verfügung gestellt worden seien. Gerade wenn keine Dichtheitsprüfung durchgeführt worden sei oder die Abnahmeprotokolle nicht übermittelt worden seien, dürfe die Hausverwaltung nicht einfach davon ausgehen, dass die in § 15 Abs. 4 WVG vorgeschriebene Verpflichtung auch tatsächlich vom Gewerbetreibenden erfüllt worden sei. Hätte die Hausverwaltung diese Überprüfungsergebnisse nachdrücklich eingefordert, hätte der Mehrverbrauch jedenfalls schon zu einem früheren Zeitpunkt auffallen müssen. Auch im Gerichtsverfahren zwischen der Hausinhabung und der Fa. A-GmbH sei dieses Mitverschulden berücksichtigt worden.

Die anlässlich der Ablesung des Wasserzählers Nr. ***1*** am festgestellte Mehranzeige sei überprüft worden. Darüber hinaus sei der Wasserzähler vorsichtshalber gegen den Wasserzähler Nr. ***2*** ausgetauscht worden, weil ein Fehler am Messgerät vermutet worden sei. Aber auch bei einer am durchgeführten Nachkontrolle habe sich ein erheblicher Wasserverbrauch gezeigt, wovon die Hausverwaltung am telefonisch verständigt worden sei. Bei einer neuerlichen Kontrolle am sei nach wie vor ein Mehrverbrauch festgestellt worden; der Ableser hätte diesmal auch ein starkes Rauschen vernehmen können. Davon sei die Hausverwaltung telefonisch am verständigt worden. Bei all diesen Erhebungen, Kontrollen und weitergegebenen Informationen handle es sich um Serviceleistungen der MA 31. Die Behörde treffe jedenfalls keine Obsorgepflicht, zumal ihr dafür auch die notwendigen Vergleichsinformationen, ob der Wasserverbrauch realistisch sei oder nicht, fehlen würden. Dies sei auch vom Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom , RV/7400128/2015, bestätigt worden.

Um eine Fehlfunktion des Wasserzählers Nr. ***1*** auszuschließen, sei dieser einer Prüfung unterzogen worden, die ergeben habe, dass er gültig geeicht gewesen sei und die Fehler innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen gelegen seien. Ein Antrag auf Überprüfung des Messgerätes durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen sei von der Beschwerdeführerin nicht gestellt worden.

Da Fehlablesungen ausgeschlossen werden könnten, die Überprüfung des Wasserzählers Nr. ***1*** keine Beanstandung ergeben habe und keine Zweifel an der Anzeigefähigkeit der Messgeräte bestanden hätten, sei die von diesen Wasserzählern in der Zeit vom bis angezeigte Wassermenge von insgesamt 19.593 m3 zu Recht für die Berechnung der Wasserbezugsgebühren herangezogen worden.

Eine Herabsetzung der Wasserbezugsgebühr sei nur möglich, wenn die Wasserentnahme für Feuerlöschzwecke erfolgt sei oder wenn ein Gebrechen an der Wasserzähleranlage durch die Stadt Wien bzw. durch in ihrem Auftrag handelnde Personen verschuldet worden sei. Der Aktenlage sei derartiges nicht zu entnehmen und eine darüber hinausgehende Möglichkeit zur Herabsetzung der Wasserbezugsgebühr sehe das WVG nicht vor.

Zum Hinweis, es sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum keine Gebühren für Wassermengen zu entrichten seien, die aufgrund von Gebrechen an der Wasserzähleranlage durch ein Verschulden von Mitarbeitern der Stadt Wien verbraucht worden seien, aber für Wassermengen, die aufgrund von schwerwiegenden Verfehlungen der Stadt Wien bzw. des Magistrats verbraucht würden, sehr wohl Gebühren zu entrichten seien, sei darauf zu verweisen, dass die Wasserzähleranlage eindeutig in den Verantwortungsbereich der MA 31 falle und daher Wasserverluste, die durch Schäden an der Wasserzähleranlage verursacht seien, logischerweise nicht vom Wasserabnehmer zu bezahlen seien. Dass am Gebrechen, das im vorliegenden Fall zu erhöhten Wassergebühren geführt habe, der MA 31 ein Verschulden zuzurechnen sei, sei weder den Beschwerdeausführungen noch der Aktenlage zu entnehmen. Eine Analogie zum § 20 Abs. 1 WVG könne daher nicht erkannt werden.

Zum Vorbringen der unbegründeten bzw. nicht nachvollziehbaren Vorschreibung "neuer Teilzahlungen für Wasser und Abwasser merkte die belangte Behörde an, dass diese mit dem ursprünglichen Gebührenbescheid vom gemäß § 23 Abs. 3 WVG vorläufig festgesetzt und bereits im Gebührenbescheid vom (Verrechnungszeitraum bis ) darauf Bedacht genommen worden sei. Das bedeute, dass die Teilzahlungen im Gebührenbescheid vom unter "minus vorgeschriebener Teilbeträge" angerechnet worden seien. Eine Bezahlung dieser Teilzahlungen sei jedoch wegen der gewährten Aussetzung der Einhebung noch nicht erfolgt.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag führte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin aus, das Handelsgericht Wien habe in seinem rechtskräftigen Urteil vom , 17 C 152/20g, festgestellt, die Fa. A-GmbH habe von der Hausverwaltung den Auftrag erhalten, sich um alle Installationsarbeiten in den von ihr verwalteten Häusern zu kümmern und alles durchzuführen, was vom Gesetz verlangt würde. Sie habe mit der Ausführung der Arbeiten nichts mehr zu tun haben wollen, sie sollten einfach erledigt sein. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführerin vom befugten Gewerbetreibenden keine Dichtheitsbescheinigungen übermittelt worden seien, habe das Handelsgericht abgeleitet, dass die Beschwerdeführerin nicht ungeprüft von der tatsächlichen Auftragsausführung habe ausgehen dürfen. Daher habe das Gereicht den Gewerbetreibenden nicht für den gesamten Schaden, sondern nur für die Hälfte haften lassen.

Bei einem "Mitverschulden" im dargestellten Sinn handle es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine bloße Obliegenheitsverletzung, weil der Geschädigte keine Rechtspflicht verletzt habe. Dass der OGH im Revisionsverfahren dem Handelsgericht Recht gegeben habe und das "Mitverschulden" - abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des OGH - zu einer Minderung des Schadenersatzanspruches führe, sei von der Zivilrechtslehre registriert und als bemerkenswert angesehen worden. Auch der OGH betrachte seine Entscheidung als "gebotene Klarstellung" einer erheblichen Rechtsfrage und habe daher die außerordentliche Revision der Eigentümergemeinschaft des Hauses zugelassen (Urteil vom , 4 Ob 31/21v).

§ 15 Abs. 4 WVG schreibe dem Wasserabnehmer nicht vor, vom beauftragten Gewerbetreibenden irgendwelche spezifischen Nachweise über die Dichtheit der Verbrauchsanlage zu verlangen. Vielmehr gelte der Dichtheitsnachweis als erbracht, wenn der Gewerbetreibende - in welcher Weise auch immer - die Dichtheit der Anlage "bescheinige". Eine "Bescheinigung" zeichne sich dadurch aus, dass für sie keine Formvorschriften bestünden, sondern jedes Mittel zulässig sei, dass die zu bescheinigende Tatsache (hier: Dichtheit der Anlage) wahrscheinlich mache (VwGH 2007/17/0099).

Der Gewerbetreibenden habe stets Rechnungen übermittelt, in denen ausdrücklich auf die durchgeführten Wasserverbrauchskontrollen hingewiesen worden sei. Aus § 15 WVG gehe hervor, dass der Wasserverbrauch auch durch eine Verbrauchsermittlung anhand der Zählerstände erfolgen könne; die Bestimmung enthalte nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass diese Art der Dichtheitskontrolle dem Gewerbetreibenden versagt sein solle.

Der Beschwerdeführerin bzw. der für sie einschreitenden Hausverwaltung sei somit die Dichtheit der Anlage von einem befugten Gewerbetreibenden bescheinigt worden. An darüber hinaus erstellten Abnahmeprotokollen, Zählerprotokollen, o.ä. bestehe kein Interesse, sondern nur an der Durchführung der nötigen Dichtheitskontrollen und deren Bescheinigung. Die Zählerstände würden der Beschwerdeführerin ohnehin stets von der Behörde mitgeteilt und könnten jederzeit vor Ort eingesehen werden. Der Wortlaut des § 15 Abs. 4 WVG sei unmissverständlich, es genüge die Bescheinigung der Dichtheit durch den Gewerbetreibenden.

Die Beschwerdeführerin sei ihren Obsorgepflichten nach § 15 Abs. 4 WVG zur Gänze nachgekommen.

Das in der Beschwerde geltend gemachte grob fahrlässige bzw. eher (eventual-)vorsätzliche Verhalten der Stadt Wien sei in der BVE nicht geleugnet worden. Es werde ausdrücklich eingeräumt, dass am ein (extremer) Mehrverbrauch festgestellt worden, aber keinerlei Warnung an die Beschwerdeführerin ausgesprochen worden sei. Auch die von der Behörde von Amts wegen veranlasste Überprüfung des Zählers habe keine Mängel am Zähler ergeben und dennoch sei die Beschwerdeführerin auch weiterhin nicht informiert worden. Vorsichtshalber sei auch noch der Zähler getauscht und erneut niemand verständigt worden. Von einem Anruf der belangten Behörde am , also vier Monate später, wisse die Beschwerdeführerin bzw. ihre Hausverwaltung nichts.

Wenn die Behörde anmerke, dass sie keine "Obsorgepflichten" treffe, so möge das zwar zutreffen, gehe aber an der Sache vorbei. Eine Obsorgepflicht sei nie behauptet worden. Die Beschwerdeführerin sei vielmehr der Ansicht, dass die belangte Behörde eine Warnung auszusprechen habe, wenn sie nachweislich positive Kenntnis davon habe, dass die Wasserverbrauchsanlage undicht sei. Für diese selbstverständliche Annahme sei das Bestehen einer Obsorgepflicht keine Voraussetzung.

Auch die Ausführungen der Behörde zur Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts gingen am Vorbringen der Beschwerdeführerin vorbei. Es würde weder die Genauigkeit der verbauten Wasserzähler noch die Verwendung des ausgeflossenen Wassers in Frage stehen, sondern nur die Auslegung des § 20 Abs. 1 Satz 4 und 5 WVG. Wie bereits in der Beschwerde dargelegt, sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum die Gebührenpflicht in Bezug auf Wassermengen, die aufgrund grober Verfehlungen der Stadt Wien verbraucht worden seien, jedenfalls ausgeschlossen sein solle. § 20 Abs. 1 Satz 5 WVG in der hier anwendbaren Fassung stelle klar, dass das Vorliegen eines Verschuldens im Hinblick auf § 15 WVG zu prüfen sei. Die Beschwerdeführerin bzw. ihre Hausverwaltung habe aber die dort vorgesehenen Pflichten erfüllt.

Das in der BVE angeführte Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts beträfe den Normalfall, dass den Wasserversorger am entstandenen Mehrverbrauch kein Verschulden treffe. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass der Behörde keine aufwändigen Ermittlungsmaßnahmen über das Schicksal entnommener Wassermengen nach Durchlaufen des Zählers aufgebürdet werden sollen und dass Gebrechen an der Verbrauchsanlage grundsätzlich in die Risikosphäre des Wasserabnehmers fielen. Die Beschwerdeführerin mache aber nicht geltend, dass sie aufgrund eines Gebrechens keine Gebühren schulde, sondern weil die Behörde diese Gebühren durch ihr schuldhaftes Unterlassen jeglicher Warnung in voller Kenntnis eines erheblichen Gebrechens auf das nunmehr exorbitante Ausmaß habe ansteigen lassen.

§ 20 Abs. 1 Satz 4 und 5 WVG (nunmehr § 20 Abs. 1a Z 2 WVG) sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass nicht nur von der Behörde verschuldete Gebrechen an der Wasserzähleranlage, sondern auch sonstige, von der Behörde kausal und schuldhaft verursachte Mehrverbräuche zu einem Entfall der Gebührenpflicht zu führen hätten.

Dass die Bestimmung nur Gebrechen an der Wasserzähleranlage nenne, liege daran, dass der Landesgesetzgeber ungewöhnliche Fälle wie den vorliegenden nicht bedacht habe. Der Grund für dieses Versehen liege darin, dass die Wasserverbrauchsanlage nicht nur rechtlich dem Risikobereich des Wasserabnehmers zugeordnet sei, sondern sie auch faktisch außerhalb des Einflussbereiches der Stadt Wien liege und vom Grundstückseigentümer erhalten werde. Der Landesgesetzgeber sei vor diesem Hintergrund offenkundig davon ausgegangen, dass ein etwaiges Verschulden der Stadt Wien sich nur auf den Wasserzähler beziehen könne. Diese Erwägung beruhe jedoch auf einer Fehleinschätzung.

Die Begründung der BVE zur Vorschreibung neuer Teilzahlungen sei faktisch unrichtig. Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, seien die Teilzahlungen trotz Aussetzung der Einhebung geleistet worden, und zwar am (1.691,12 Euro), am (818,32 Euro) und am (1.450,24 Euro). Die entsprechenden Zahlungsbelege würden beigelegt. Die Vorschreibung einer neuen Teilzahlung sei auch nach den Ausführungen in der BVE rechnerisch nicht nachvollziehbar.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung durch den Senat gemäß § 272 Abs. 2 lit b BAO.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin und Wasserabnehmerin bezüglich eines Hauses im 16. Wiener Gemeindebezirk.

Im Zeitraum vom bis wurden insgesamt 19593 m3 Wasser bezogen.

Die Dr. X Hausverwaltungs-, Baubetreuungs- & Realitätengesellschaft m.b.H. ist seit 20 Jahren mit der Verwaltung des streitgegenständlichen Hauses betraut, an welchem die Beschwerdeführerin Miteigentümerin ist. Die Hausverwaltung beauftragte ein Installationsunternehmen, sich um alle Installationsarbeiten zu kümmern und alles durchzuführen, "was vom Gesetz verlangt würde". Zu Beginn der Beauftragung erhielt die Hausverwaltung Dokumente über die Dichtheit, seit 2007 erhielt sie jedoch keine Dichtheitsbescheinigungen. Nach dem Ablesen fertigte das Installationsunternehmen im Jahr 2018 Protokolle an, denen die Zählernummer und der Zählerstand zu entnehmen waren.

Bei der am durchgeführten amtlichen Jahresablesung wurde am Wasserzähler Nr. ***1*** ein Zählerstand von 5026 m3 festgestellt und aufgrund des Verbrauchsgeschehens ein Zählwerksfehler vermutet. Der Wasserzähler Nr. ***1*** wurde am gegen den amtlichen Wasserzähler Nr. ***2*** (Stand: 1 m3) getauscht. Eine am durchgeführte Kontrollablesung des Wasserzählers Nr. ***2*** ergab einen Zählerstand von 5606 m3 und somit ebenfalls einen Mehrverbrauch.

Am wurde die Hausverwaltung telefonisch vom festgestellten Mehrverbrauch verständigt, welche die Kontrolle durch einen Installateur zusagte. Eine weitere, am durchgeführte Kontrollablesung ergab einen Zählerstand von 8237 m3. Die Hausverwaltung wurde neuerlich telefonisch vom festgestellten Mehrverbrauch in Kenntnis gesetzt.

Das in weiterer Folge beauftragte Installationsunternehmen stellte ein Druckrohrgebrechen im Innenhof fest, welches für den Wasseraustritt verantwortlich war.

Die ursprünglich mit Bescheid vom festgesetzten Abwassergebühren in Höhe von 39.969,72 Euro brutto wurde in der Beschwerdevorentscheidung vom unter Berücksichtigung einer Nichteinleitungsmenge von insgesamt 16798 m3 auf 5.701,80 Euro brutto herabgesetzt.

Der ursprünglich an die Miteigentümergemeinschaft gerichtete und mit Beschwerde bekämpfte Gebührenbescheid vom wurde mit Erkenntnis des , aufgehoben.

Der nunmehr angefochtene Bescheid vom ist an die Beschwerdeführerin adressiert und setzte die Abwassergebühr in der mit Beschwerdevorentscheidung herabgesetzten Höhe von 5.701,80 Euro fest. Dieser Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin dahingehend angefochten, als damit eine 1. neue Teilzahlung von insgesamt 1.860,73 Euro und Wassergebühren vorgeschrieben wurden, die über den Betrag von 3.440,34 Euro hinausgehen.

Dass Wassermengen ohne Verschulden des Wasserabnehmers durch ein von der Stadt Wien bzw. durch in ihrem Auftrag handelnde Personen verschuldetes Gebrechen an der Wasserzähleranlage als verbraucht angezeigt wurden, kann nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin bzw. der von der Hausverwaltung beauftragte befugte Gewerbetreibende hat die gemäß § 15 Abs. 4 Wiener Wasserversorgungsgesetz vorgeschriebene mindestens dreimonatliche Dichtheitsprüfung der Verbrauchsanlage nicht durchgeführt.

Es kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass eine Wasserentnahme für Feuerlöschzwecke (§ 20 Abs. 1 Wiener Wasserversorgungsgesetz) erfolgt ist.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Festellungen ergeben sich aus der Aktenlage, aus dem Erkenntnis des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , 17 C 152/20g-8, und dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 31/21v.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

3.1.1. Wasserbezugsgebühr -

Die maßgebenden Bestimmungen des Wiener Gesetzes betreffend die Zuleitung und Abgabe von Wasser (Wiener Wasserversorgungsgesetz - Wiener WVG), LGBl. Nr. 10/1960, lauten:

§ 7 WVG:

"Wasserabnehmer bzw. Wasserabnehmerin

§ 7. (1) Wasserabnehmer bzw. Wasserabnehmerin im Sinne dieses Gesetzes ist jeder bzw. jede, der oder die über eine selbstständige Anschlussleitung Wasser aus der städtischen Wasserleitung entnimmt, und zwar

a) der Hauseigentümer bzw. die Hauseigentümerin für die über den Wasserzähler seines bzw. ihres Hauses bezogene Wassermenge,

b) der Bauherr bzw. die Bauherrin für Bauzwecke,

c) der bzw. die Nutzungsberechtigte von unbebauten Grundstücken,

d) der Betriebsinhaber bzw. die Betriebsinhaberin,

e) der sonstige Wasserbezieher bzw. die sonstige Wasserbezieherin.

(2) Bei Miteigentum haften für die aus diesem Gesetz sich ergebenden Verpflichtungen die Miteigentümer bzw. Miteigentümerinnen zur ungeteilten Hand. Die Erfüllung durch einen Miteigentümer bzw. eine Miteigentümerin befreit die anderen Miteigentümer bzw. Miteigentümerinnen; bis zur Erfüllung bleiben sämtliche Miteigentümer bzw. Miteigentümerinnen verpflichtet.

(3) Wird Wasser für mehrere Häuser, die im Eigentum verschiedener Personen stehen, über eine einzige Anschlussleitung und einen einzigen Wasserzähler abgegeben, so gilt Abs. 2 sinngemäß."

§ 11 WVG:

"Wasserzähler

§ 11. (1) Das Wasser wird grundsätzlich über einen von der Stadt Wien beigestellten Wasserzähler abgegeben, nach dessen Angaben die bezogene Wassermenge ermittelt wird. Wenn die Anbringung eines Wasserzählers unmöglich ist, hat der Magistrat die bezogene Wassermenge zu schätzen.

(2) Der Magistrat bestimmt die Anschlussgröße des Wasserzählers nach dem Wasserbedarf; er bestimmt weiters den Standort des Wasserzählers und veranlasst die erstmalige Einschaltung auf Kosten des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin. Der Wasserzähler bleibt Eigentum der Stadt Wien und wird von ihr instandgehalten; er kann jederzeit ausgewechselt werden. Die Behebung von Schäden, die nicht auf mangelhaftes Material, normale Abnützung, höhere Gewalt, auf Verschulden Dritter oder Verschulden der Organe des Magistrates zurückzuführen sind, erfolgt auf Kosten des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin. Sofern der Wasserzähler über Verlangen des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin außerhalb der normalen Arbeitszeit ausgewechselt wird, sind die hiefür auflaufenden Mehrkosten vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin zu tragen. Das eigenmächtige Ausbauen oder Umsetzen des Wasserzählers ist verboten.

(3) Ergeben sich Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers, so ist dieser von Amts wegen oder auf Antrag des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin zu überprüfen. Die Angaben des Wasserzählers sind verbindlich, wenn sie die in den Eichvorschriften festgelegten Verkehrsfehlergrenzen nicht überschreiten. Sind diese nicht überschritten, so hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin die Prüfungskosten zu tragen.

(4) Wenn kein Wasserzähler eingebaut ist oder der Wasserzähler die in Abs. 3 angeführten Grenzen überschreitet oder still steht, ist der Wasserbezug nach jenem Wert zu ermitteln, der sich unter Zugrundelegung der Ablesungen in den jeweils zwei vorangegangenen Jahren beim Wasserabnehmer bzw. bei der Wasserabnehmerin ergibt. Falls dieser nicht feststellbar ist, sind die Angaben des neuen Wasserzählers für die Bezugsermittlung heranzuziehen.

(5) Bei Auflassung des Wasseranschlusses wird der Wasserzähler auf Kosten des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin entfernt."

§ 15 WVG:

"Obsorgepflicht

§ 15. (1) Der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat die Verbrauchsanlage und insbesondere auch die Absperrhähne jederzeit in gutem und betriebsfähigem Zustand zu erhalten und die Versorgung mit dem aus der städtischen Wasserleitung gelieferten Wasser sicherzustellen. Außerdem hat er bzw. sie die Verbrauchsleitung sowie freiliegende Teile der Anschlussleitung einschließlich der Wasserzähleranlage ausreichend gegen Frost und Beschädigung zu schützen.

(2) Bei Auftreten von Gebrechen ist bis zu deren Behebung die der Gebrechenstelle zunächst liegende Absperrvorrichtung vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin zu schließen. Die von der Absperrung betroffenen sonstigen Wasserverbraucher bzw. Wasserverbraucherinnen sind nach Möglichkeit rechtzeitig vorher zu verständigen. Gebrechen an der Anschlussleitung hat der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin unverzüglich dem Magistrat zu melden. Die eigenmächtige Behebung von Gebrechen an der Anschlussleitung einschließlich der Wasserzähleranlage durch den Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin ist verboten. Gebrechen und Undichtheiten an der Verbrauchsanlage hat er bzw. sie unverzüglich beheben zu lassen.

(3) Dem Wasserabnehmer bzw. der Wasserabnehmerin obliegt die Obsorge über den Wasserzähler (die Wasserzähleranlage); der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat insbesondere den Aufstellungsplatz in gutem Zustand zu erhalten und für die leichte Zugänglichkeit zu sorgen; er bzw. sie hat den Wasserzähler (die Wasserzähleranlage) gegen Frost, von außen eindringendes Wasser und sonstige Beschädigungen zu schützen. Der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat eine allfällige Wärmedämmung oder sonstige Schutzvorrichtung vor der Ablesung des Wasserzählers bzw. vor Arbeiten an der Wasserzähleranlage oder an der Anschlussleitung soweit zu entfernen, dass diese Arbeiten ohne Zeitverlust durchgeführt werden können.

(4) Der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat die Verbrauchsanlage mindestens alle drei Monate auf ihre Dichtheit zu überprüfen. Diese Überprüfung kann erfolgen durch:

a) Überwachung des durchschnittlichen Tagesverbrauches durch monatliche Ablesung des Wasserzählers,

b) Sperre aller Entnahmestellen der Verbrauchsanlage verbunden mit der Kontrolle des Wasserzählers,

c) Überprüfung der Dichtheit der Verbrauchsanlage durch einen bzw. eine hiezu nach den gewerberechtlichen Vorschriften befugten Gewerbetreibenden bzw. Gewerbetreibende.

Der Nachweis der Dichtheit der Verbrauchsanlage gilt als erbracht, wenn der ermittelte durchschnittliche Tagesverbrauch von dem zuletzt festgestellten nicht abweicht bzw. die Abweichung des durchschnittlichen Tagesverbrauches mit Sicherheit auf ein geändertes Verbrauchsgeschehen zurückgeführt werden kann. Ferner gilt der Nachweis der Dichtheit als erbracht, wenn bei Sperre aller Entnahmestellen der Wasserzähler keinen Verbrauch anzeigt oder wenn der bzw. die mit der Überprüfung der Verbrauchsanlage beauftragte Gewerbetreibende ihre Dichtheit bescheinigt.

(5) Der Wasserverbraucher bzw. die Wasserverbraucherin hat alle ausschließlich seinem bzw. ihrem Verbrauch dienenden Verbrauchsanlagen in gutem Zustand zu erhalten und insbesondere auch dafür Sorge zu tragen, dass alle Undichtheiten unverzüglich beseitigt werden."

§ 20 WVG:

"Wasserbezugs- und Wasserzählergebühren

§ 20. (1) Vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin sind für das abgegebene Wasser Wasserbezugsgebühren und für die Beistellung und laufende Instandhaltung der Wasserzähler Wasserzählergebühren zu entrichten. Keine Gebühren sind zu entrichten, wenn die Wasserentnahme für Feuerlöschzwecke erfolgt. Der Wasserbezug für Feuerlöschzwecke ist vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin durch geeignete Unterlagen (zB Protokoll über Feuerwehreinsatz) nachzuweisen. Weiters sind keine Gebühren für solche Wassermengen zu entrichten, die auf Grund von Gebrechen an der Wasserzähleranlage, die durch die Stadt Wien bzw. durch in ihrem Auftrag handelnde Personen verschuldet wurden, ohne Verschulden des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin verbraucht wurden. Die Bestimmungen über die Obsorgepflichten (§ 15) sind dabei zu beachten.

(2) Die Stadt Wien als Gemeinde wird ermächtigt, für den Bezug von Wasser und für die Beistellung und laufende Instandhaltung der Wasserzähler, Gebühren auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses einzuheben. Die Wasserbezugsgebühren sind durch Multiplikation der Gebühr für einen Kubikmeter Wasser mit der Kubikmeteranzahl der bezogenen Wassermenge zu errechnen. Die Wasserzählergebühren sind mit einem festen Jahresbetrag festzusetzen. Der mutmaßliche Jahresertrag dieser Gebühren darf das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der benützten Einrichtungen sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtungen entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigen.

(3) Die Ermächtigung nach Abs. 2 ist nur anwendbar, sofern die auf Basis des § 7 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 100/2003, bundesgesetzlich bestehende Ermächtigung oder eine an deren Stelle tretende Ermächtigung zur Einhebung dieser Gebühren entfällt oder eingeschränkt wird.

(4) Die Wasserbezugsgebühren und die Wasserzählergebühren können gestaffelt werden. Die Staffelung der Wasserbezugsgebühren kann sich auf die Höhe des Wasserverbrauches, auf die Verwendung des Wassers in erwerbswirtschaftlichen Betrieben, insbesondere in solchen, bei denen das Wasser einen wesentlichen Faktor darstellt, in Krankenanstalten, in Kleingartenanlagen oder zu Bauzwecken beziehen. Die Staffelung der Wasserzählergebühren kann nach der Anschlussgröße der Wasserzähler vorgenommen werden.

(5) Ferner wird der Gemeinderat ermächtigt, Gebühren unter Bedachtnahme auf die Personal- und sonstigen Kosten festzusetzen, die für eine außer der Reihe vorgenommene Wasserzählerablesung entstehen, wenn die normale Ablesung des Wasserzählers trotz nachgewiesener Verständigung des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin nicht vorgenommen werden konnte.

(6) In der Wassergebührenordnung kann der Magistrat ermächtigt werden, Wasserabnehmern bzw. Wasserabnehmerinnen, denen ein niedrigerer Satz an Wasserbezugsgebühren eingeräumt ist, für Verrechnungsabschnitte, in denen sie ihrer Obsorgepflicht gemäß § 15 dieses Gesetzes nicht voll nachkommen, den Höchstsatz vorzuschreiben; die Vorschreibung mit dem Höchstsatz kann auch für immer oder für einen bestimmten Zeitraum im Falle einer von der Behörde festgestellten Verschwendung von Wasser erfolgen."

§ 23 WVG:

"Fälligkeit der Gebühren und Kosten

§ 23. (1) Die Wasserbezugsgebühr wird nach Wahl der Behörde jährlich, vierteljährlich oder monatlich ermittelt und unter Bedachtnahme auf die vorgeschriebenen Teilzahlungen (Abs. 3) festgesetzt. Im Falle der jährlichen Ermittlung hat der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin vierteljährliche Teilzahlungen jeweils bis zur nächstfolgenden Festsetzung (Abs. 3) zu leisten.

(2) Bei jährlicher Ermittlung werden die Teilzahlungen der Wasserbezugsgebühr am 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober eines jeden Jahres fällig. Bei jährlicher und vierteljährlicher Ermittlung wird die Wasserbezugsgebühr am 15. des auf die Zustellung des Gebührenbescheides folgenden Monates und bei monatlicher Ermittlung zwei Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheides fällig.

(3) Die Höhe der Teilzahlungen nach Abs. 1 wird von der Behörde auf Grund des durchschnittlichen Verbrauches im vorangegangenen Bezugszeitraum vorläufig (§ 200 BAO) festgesetzt. Bei wesentlicher Änderung der für die Wasserbezugsmenge maßgeblichen Umstände kann die Behörde auf Antrag oder von Amts wegen die Höhe dieser Teilzahlungsbeträge entsprechend abändern.

(4) Die Wasserzählergebühr ist eine Jahresgebühr. Sie wird zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages bei jährlicher Ermittlung zugleich mit den Teilzahlungen, bei vierteljährlicher Ermittlung zugleich mit dieser und bei monatlicher Ermittlung zugleich mit der für die Monate Jänner, April, Juli und Oktober festgesetzten Wasserbezugsgebühr fällig.

(5) In Fällen vorübergehender oder periodisch wiederkehrender Wasserabnahme ist bei der Anmeldung eine Vorauszahlung in der Höhe der mutmaßlich auflaufenden Gebühr zu leisten. Eine allfällige Mehrgebühr ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheides zu entrichten.

(6) Die übrigen Gebühren, Kosten und Zuschläge werden zwei Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheides fällig."

Der Behauptung des rechtsfreundlichen Vertreters der Beschwerdeführerin, die Beschwerdeführerin sei ihrer Sorgfaltspflicht vollumfänglich nachgekommen, da sie einen hiezu befugten Gewerbetreibenden mit der erforderlichen Überprüfung der Dichtheit der Verbrauchsanlage beauftragt habe, ist Folgendes entgegenzuhalten: In dem von der Eigentümergemeinschaft angestrengten Gerichtsverfahren wurde ein Mitverschulden der klagenden Partei festgestellt, weil sie - obwohl der befugte Gewerbetreibenden nur die Zählerstände quartalsmäßig übermittelte - mangels Übermittlung der Dichtheitsbescheinigungen nicht davon ausgehen hätte dürfen, dass das Installationsunternehmen tatsächlich die der Eigentümergemeinschaft nach § 15 Abs. 4 WVG zukommende Verpflichtung durchgeführt hat. Sie hätte vielmehr die Leistungserbringung des befugten Gewerbetreibenden in Frage stellen müssen.

Anhand der vom befugten Gewerbetreibenden quartalsweise übermittelten Zählerstände hätte die Hausverwaltung der Eigentümergemeinschaft den Wassermehrverbrauch durch einfachen Vergleich mit dem Wasserverbrauch der vorhergehenden Quartale erkennen können, zumal gerade der Hausverwaltung der Eigentümergemeinschaft die Belegung des streitgegenständlichen Hauses bekannt sein hätte müssen.

Die Ausführungen des rechtsfreundlichen Vertreters zur Verpflichtung der belangten Behörde, eine Warnung auszusprechen, wenn sie Kenntnis von der Undichtheit der Wasserverbrauchsanlage habe, sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen: Zum einen ist dem WVG keine derartige Verpflichtung zu entnehmen (im Gegensatz zu der in § 15 WVG ausdrücklich normierten Obsorgepflicht des Wasserabnehmers), zum anderen hatte die Behörde keine Kenntnis von der Undichtheit der Wasserverbrauchsanlage, sondern nur von einem Wassermehrverbrauch, der nicht notwendigerweise auf eine Undichtheit zurückzuführen sein muss, sondern auch andere Ursachen hätte haben können. Darüber hinaus hat die Behörde sehr wohl versucht, die Hausverwaltung telefonisch vom festgestellten Mehrverbrauch zu verständigen. Wenn dies nunmehr für das Telefonat vom in Abrede gestellt wird, steht dieser Behauptung einerseits der aktenkundige Amtsvermerk über das geführte Telefonat entgegen und andererseits hätte die Hausverwaltung - wie bereits oben festgestellt - anhand der vom Installationsunternehmen quartalsweise übermittelten Wasserzählerstände den Mehrverbrauch zeitnah auch ohne Meldung der Behörde erkennen können. Dass dazu eine besondere Sachkunde bzw. ein besonderes rechnerisches Geschick erforderlich wären, ist nicht zu erkennen.

Dem rechtsfreundlichen Vertreter ist insoweit zuzustimmen, als der Nachweis der Dichtheit an keine besonderen Formvorschriften gebunden ist. Er gilt jedoch entsprechend der Bestimmung des § 15 Abs. 4 WVG nur dann als erbracht, wenn der ermittelte durchschnittliche Tagesverbrauch von dem zuletzt festgestellten nicht abweicht bzw. die Abweichung des durchschnittlichen Tagesverbrauches mit Sicherheit auf ein geändertes Verbrauchsgeschehen zurückgeführt werden kann. Ferner gilt der Nachweis der Dichtheit als erbracht, wenn bei Sperre aller Entnahmestellen der Wasserzähler keinen Verbrauch anzeigt oder wenn der bzw. die mit der Überprüfung der Verbrauchsanlage beauftragte Gewerbetreibende ihre Dichtheit bescheinigt. Der beauftragte Gewerbetreibende übermittelte jedoch der Hausverwaltung Protokolle, die neben der Zählernummer nur die Zählerstände anführten. Ein Nachweis der Dichtheit wurde damit nicht erbracht.

Der Versuch des rechtsfreundlichen Vertreters, von der Obsorgepflichtverletzung der Beschwerdeführerin bzw. der dieser zuzurechnenden Hausverwaltung durch die Konstruktion eines Verschuldens der belangten Behörde abzulenken, ist angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts zum Scheitern verurteilt. § 20 Abs. 1 WVG spricht ausschließlich von Gebrechen an der Wasserzähleranlage, die durch die Stadt Wien bzw. durch in ihrem Auftrag handelnde Personen verschuldet worden sind.

In der Beschwerde verweist der rechtsfreundliche Vertreter auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 05.03.20096, B 66/07, in dem der Gerichtshof aussprach, dass eine Gebührenbelastung dann unsachlich und damit gleichheitswidrig wäre, wenn der potentielle Gebührenschuldner den Sachverhalt, der zur Entstehung der Gebührenschuld führte, tatsächlich nicht beherrschen könne. Der Ansicht des Vertreters, diese Erwägungen seien auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar, weil der Wasserabnehmer den Verbrauch von Wassermengen aufgrund grob schuldhaften Verhaltens der Organe des Magistrats niemals beherrschen könne, ist entgegenzuhalten, dass einerseits andererseits die Wasserabnehmerin und die ihr zuzurechnende Hausverwaltung bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt den Sachverhalt, der zur Entstehung der Gebührenschuld führte, sehr wohl erkennen und beherrschen hätte können.

Dem Einwand, es könne kein Zweifel bestehen, dass die § 11 Abs. 3 und 4 und § 20 Abs. 1 WVG insoweit eine planwidrige Lücke aufwiesen, weil kein sachlicher Grund erkennbar sei, dass ein Entfall der Gebührenpflicht für Wassermengen, die aufgrund schwerer Verfehlungen der Stadt Wien verbraucht worden seien, ausgeschlossen sein solle, ist die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Ra 2019/11/0015, entgegenzuhalten:

"Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die grundsätzliche Zulässigkeit der Analogie auch im öffentlichen Recht wiederholt anerkannt. Voraussetzung hiefür ist freilich das Bestehen einer echten (dh. planwidrigen) Rechtslücke. Sie ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Da das öffentliche Recht, im Besonderen das Verwaltungsrecht, schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke in diesem Rechtsbereich im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden. Eine durch Analogie zu schließende Lücke kommt nur dann in Betracht, wenn das Gesetz anders nicht vollziehbar ist oder wenn das Gesetz in eine Regelung einen Sachverhalt nicht einbezieht, auf welchen - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers - ebendieselben Wertungsgesichtspunkte zutreffen wie auf die im Gesetz geregelten Fälle und auf den daher - schon zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung - auch dieselben Rechtsfolgen angewendet werden müssen (vgl. Ra 2020/11/0086, mwN)."

Dass das Gesetz nicht vollziehbar wäre ("technische Lücke"), wenn der gegenständliche Sachverhalt nicht von der Bestimmung des § 20 Abs. 1 WVG erfasst wird, ist nicht ersichtlich.

Zu den vom rechtsfreundlichen Vertreter diesfalls vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken ob der Gleichheitskonformität der Regelung ist anzumerken, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, wenn nur in ganz bestimmten Fällen ein Verschulden der Organe der Stadt Wien zu einem Entfall der Gebührenpflicht führen.

Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas Anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat. Dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt, ist aber dem Zweck des Gesetzes nicht zu entnehmen. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (vgl. etwa ; , Ro 2020/10/0015, jeweils mwN).

3.1.2. Höhe der Teilzahlungen

Der oben zitierten Bestimmung des § 23 WVG ist zu entnehmen, dass sich die Höhe der Teilzahlungen nach dem durchschnittlichen Verbrauch im vorangegangenen Bezugszeitraum richtet. Im vorangegangenen Bezugszeitraum vom bis betrug der Wasserverbrauch - wie dies dem unten angefügten Screenshot zu entnehmen ist - insgesamt 1907 m3. Das entspricht einem durchschnittlichen Tagesverbrauch von 5,04 m3. Genau dieser durchschnittliche Tagesverbrauch wurde der Ermittlung der Teilzahlungen zugrundegelegt, wie dem angefochtenen Bescheid auf Seite 3 oben zu entnehmen ist.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht wurden die neuen Teilzahlungen somit nicht aufgrund des exzessiven Wasserverbrauchs 2018 ermittelt, sondern gesetzeskonform anhand des durchschnittlichen Verbrauchs des vorangegangenen Bezugszeitraums.

Im Übrigen ist der rechtsfreundliche Vertreter auf den Gebührenbescheid vom zu verweisen. In diesem wurden die vorgeschriebenen Teilzahlungen Wasser in Höhe von 1.779,26 € (2*889,63 €) und die vorgeschriebenen Teilzahlungen Abwasser in Höhe von 1.941,20 € (2*970,60 €) von der Summe der festgesetzten Gebühren in Abzug gebracht, was zu einer Gutschrift in Höhe von 695,11 € führte.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher zu verneinen und die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 23 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 20 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 15 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 20 Abs. 1 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 8 Abs. 6 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 15 Abs. 4 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 23 Abs. 3 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 20 Abs. 1 Satz 4 und 5 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 20 Abs. 1 Satz 5 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 20 Abs. 1a Z 2 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 7 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 11 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400003.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at