Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.02.2022, RV/7102359/2020

Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen von einem iranischen Staatsbürger; kein Nachweis für ständigen Aufenthalt und Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Doktor über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , mit dem die für den Zeitraum September 2015 bis September 2017 bezogenen Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert wurden, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.), seine Gattin und die vier Kinder sind iranische Staatsbürger.

Der Bf. stellte am für die Kinder

A., geb. tt.mm.2011,
B., geb. tt.mm.2004,
C., geb. tt.mm.2014 und
D., geb. tt.mm.2000,

einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Das Finanzamt gewährte die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge ab September 2015 (Datum der Einreise).

Seitens des Finanzamtes erfolgten mehrmalige Überprüfungen der Anspruchsvoraussetzungen.

Im Zuge dieser Überprüfungen forderte das Finanzamt vom Bf. folgende Unterlagen ab:

Nachweis über den rechtmäßigen Aufenthalt (z. B.: NAG-Karte mit Aufenthaltstitel) von der ganzen Familie
Kindergartenbestätigung von A.
Schulbestätigung von B. und D.,
Einkommensnachweis des Bf.
Bekanntgabe der Versicherungsnummer der Kinder und der GattinSchulnachricht/Jahreszeugnis Sj 16/17 v. B. u. D.
Schulbestätigung Sj 17/18 v. B. u. D.

Der Bf. teilte dem Finanzamt im Zuge dieser Überprüfungen mit, dass A. nicht in den Kindergarten gehe. Er lerne mit dem Kind alleine zu Hause. Er habe kein Einkommen in Österreich. Sein Einkommen liege außerhalb von Österreich (Iran); sein Aufenthaltstitel: unselbständig erwerbstätig. Sein Nettoeinkommen betrage 1.800 Euro im Monat.

Der Bf. legte Bestätigungen der Farabi Schule, Schule der Islamischen Republik Iran - Wien von B. m und D. m für die Schuljahre 2015, 2016 und 2017 vor, zufolge derer, die Kinder die Schule besuchen werden. Trotz wiederholter Aufforderung wurden, bis auf eine einzige Ausnahme, keine Zeugnisse der Kinder vorgelegt, aus denen ersichtlich wäre, ob und wann die Kinder tatsächlich eine Schule in Österreich besucht haben.

Das einzige vorgelegte Zeugnis datiert vom , bezieht sich auf ein einziges Kind und den Schulbesuch im Herbst 2018, also außerhalb des Streitzeitraumes.

Weiters legte der Bf. Aufenthaltsbewilligungen für sich, seine Ehegattin und die Kinder vor.

Hinsichtlich seines ältesten, 2000 geboren Kindes teilte der Bf. mit Schreiben aus dem Jahr 2019 mit, dass dieses Österreich, zwecks Fortsetzung seines Studiums, bereits im August 2018 verlassen habe.

In einem Schreiben vom teilte der Bf. dem Finanzamt mit, dass er derzeit keine Familienbeihilfe benötige und er das Finanzamt informieren werde, wenn er sie in Zukunft brauchen werde.

Das Finanzamt forderte vom Bf. die für den genannten Zeitraum bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge mit Bescheid vom gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 mit der Begründung zurück, dass gemäß § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland haben.

Eine Person habe den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe. Bei der Beurteilung, ob eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet habe, seien nicht so sehr die wirtschaftlichen Interessen dieser Person, sondern vielmehr die persönlichen Beziehungen dieser Person, die sie zum Bundesgebiet hätten, von ausschlaggebender Bedeutung.

Da die Kinder nur vorübergehend in Österreich aufhältig gewesen seien, seien die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nicht vorgelegen.

Gegen den Rückforderungsbescheid wurde vom Bf. fristgerecht am Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass er die Dokumente "heute" dem "Büro" (gemeint Finanzamt) übergeben habe. Ein konkretes Beschwerdebegehr ist nicht erkennbar. Da der Bf. nicht rechtskundig ist, wurde Seitens des Finanzamtes offenkundig gefolgert, dass der Bf. sich gegen die Rückforderung der Familienbeihilfe wendet. Ein Vorgehen gemäß § 85 Abs. 2 BAO, anstatt eines weiteren erfolglosen Vorhaltes, wäre in Erwägung zu ziehen gewesen.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. neuerlich zur Vorlage folgender Unterlagen aufgefordert:

"Nachweis des ständigen Aufenthaltes im Bundesgebiet von der ganzen Familie ab September 2015 bis aktuell

Schulnachricht/Jahreszeugnis von den Kindern ab Schuljahr 2015/16 bis aktuell

Kindergartenbestätigung und Mutter-Kind-Pass von C.

Wohnungsmietvertrag

Nachweis über den rechtmäßigen Aufenthalt (z. B.: NAG-Karte mit Aufenthaltstitel) von der ganzen Familie, ab September 2018

Tätigkeitsnachweis von D., ab August 2018"

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Gemäß § 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürgerinnen sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürgerinnen sind, besteht gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben.

Eine Person hat den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Bei der Beurteilung, ob eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet hat, sind nicht so sehr die wirtschaftlichen Interessen dieser Person, sondern vielmehr die persönlichen Beziehungen dieser Person, die sie zum Bundesgebiet hat, von ausschlaggebender Bedeutung.

Liegt zwar ein Aufenthaltsrecht im Sinne des § 8 NAG vor, ist der Anspruch auf Familienbeihilfe davon abhängig, ob von einem Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich zu sprechen ist.

Seit Beginn Ihres Aufenthalts im September 2015 waren weder Sie noch Ihre Gattin in Österreich erwerbstätig, es liegt lediglich eine Selbstversicherung in der österreichischen Sozialversicherung vor, angeblich erzielen Sie nach wie vor Ihre Einkünfte im Iran.

Dass Sie über eine eigene Wohnung in Wien verfügen, wurde trotz Aufforderung nicht nachgewiesen, ebenso nicht der Schulbesuch der Kinder in Österreich.

Aktuell liegen auch keine Dokumente, die einen rechtmäßigen Aufenthalt bestätigen würden, vor.

Es sind zwar Aufenthaltstitel für einen rechtmäßigen Aufenthalt erteilt worden, dass Sie und Ihre Familienangehörigen Ihren ständigen Aufenthalt in Österreich hatten, wurde aber nicht nachgewiesen, daher kann auch kein Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich erkannt werden, folglich wird Ihre Beschwerde abgewiesen."

Der Bf. übermittelte dem Finanzamt folgendes Schreiben:

"Ich befand mich außerhalb Österreichs, sodass ich nicht rechtzeitig zu ihrem Brief antworten konnte.

Sie haben einige Dokumente angefordert:

1 Ich habe Ihnen das Dokument Nr. 1 in den Jahren 2016 und 2017 gegeben. Ich habe keine Kopie der Aufenthaltes Karte der früheren Jahre

2 Dokument Nr. 2 ist beigefügt

3 C. geht nicht in den Kindergarten

4 Wohnmietvertrag ist beigefügt

5 Die neue Aufenthaltstitel Karte wird von MA 35 bearbeitet und ist noch nicht vorbereitet

6 D. habe keine Tätigkeit und bin für die Fortsetzung seines studiums seit August 2018 außerhalb österreichs gegangen."

Mit Schreiben vom wendet sich der Bf. gegen "Bescheide Datum "

Offenkundig meint der Bf. damit die Beschwerdevorentscheidung und die folgenden Ausführungen wurden vom Finanzamt zu Recht als Vorlageantrag gewertet:

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der Bf. stellte am einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die im Sachverhaltsteil angeführten vier Kinder.

Auf dem Antragsformular gab der Bf. an, dass er Facharzt für Urologie sei und seit 2003 im Kamkar Spital in Qom, Iran, arbeite und als Researcher an der Medizinischen Universität in Wien arbeite.

Die Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge wurden vom Finanzamt für den Zeitraum September 2015 (laut Angabe des Bf. Einreise nach Österreich) bis September 2017 ausbezahlt.

Der Bf., seine Gattin und die vier Kinder sind iranische Staatsbürger.

Im Streitzeitraum lagen aufrechte Aufenthaltstitel für die Familie vor (Bf.: Aufenthaltstitel "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" (Vermerk: gilt bei Meduni Wien, Ausstellende Behörde: Amt der Wiener Landesregierung, MA 35; Ehegattin und Kinder, Aufenthaltstitel: Familiengemeinschaft).

Der Bf. war im Streitzeitraum vom bis mit einem Hauptwohnsitz in 1120 Wien, Straße, mit einem Hauptwohnsitz gemeldet.

Laut vorgelegten Mietvertrag hatte der Bf. vom bis in Wien eine Wohnung in 1190 Wien, Str1, gemietet. An dieser Adresse war der Bf. vom bis mit einem Hauptwohnsitz gemeldet.

Die Kinder A., B., C. und D. waren von September 2015 bis Juni 2019 mit einem Hauptwohnsitz in 1120 Wien, Straße, gemeldet.

Der Bf. bezog nach seinen eigenen Angaben seine Einkünfte im Iran.

Es lag lediglich eine Selbstversicherung in der österreichischen Sozialversicherung vor.

Es wurden zum Nachweis, dass sich die Kinder ständig (bzw. zum überwiegenden Teil) in Österreich aufgehalten haben, keine Unterlagen wie zB eine Kindergartenbestätigung betreffend B., noch Schulbesuchsbestätigung und insbesondere - bis auf eine unerhebliche Ausnahme - keine Zeugnisse betreffend die drei anderen Kinder vorgelegt.

Vorgelegt wurden nur Schulbesuchsbestätigungen betreffend die Kinder B. und D. vom "beabsichtigten" Schulbesuch der Farabi Schule Iran für die Schuljahre 2015, 2016 und 2017. Die allerdings nicht bestätigen, dass die Kinder die Schule tatsächlich besucht haben, sondern lediglich, dass diese die Schule besuchen werden. Zeugnisse die einen tauglichen Nachweis dafür darstellten wurden, trotz wiederholter Aufforderung, nicht beigebracht

Strittig ist, ob das Finanzamt vom Bf. zu Recht für den genannten Zeitraum die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert hat.

In der Beschwerdevorentscheidung ist die Abgabenbehörde beweiswürdigend zum Ergebnis gekommen, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. und der Familie im Rückforderungszeitraum nicht in Österreich gelegen ist. Der Bf. habe weder für sich noch für seine Kinder Unterlagen vorgelegt, die auf einen Lebensmittelpunkt bzw. einen Aufenthalt in Österreich schließen hätten lassen.

Der Bf. lässt in seiner Beschwerde den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt unbekämpft. Er bringt nur vor, dass er die vom Finanzamt abverlangten Unterlagen, weil er einen Monat unterwegs gewesen sei, verspätet vorgelegt habe.

Beweiswürdigung:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).

Der Bf. hat nicht vorgebracht, dass er und seine Familie im Streitzeitraum den Lebensmittelpunkt in Österreich hatten oder dass sich er und seine Familie überhaupt in Österreich aufgehalten haben. Er hat weder für sich noch für seine Kinder Unterlagen vorgelegt, die geeignet gewesen wären, auf einen Lebensmittelpunkt bzw. einen ständigen Aufenthalt in Österreich schließen zu lassen.

Der Bf. und die Kinder waren zwar zufolge einer ZMR-Abfrage im Streitzeitraum mit einem Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet, allerdings kommt einer Hauptwohnsitzmeldung nur Indizwirkung zu. Eine Hauptwohnsitzmeldung allein kann denklogisch kein Nachweis für einen ständigen Aufenthalt in Österreich sein.

Das Bundesfinanzgericht geht in Gesamtbeurteilung des hier vorliegenden Sachverhaltes - keine Vorlage von Unterlagen als Nachweis für den Lebensmittelpunkt bzw. einen ständigen Aufenthalt der Familie in Österreich sowie der Umstand, dass dies vom Bf. auch nie behauptet wurde - im Rahmen der freien Beweiswürdigung davon aus, dass der Lebensmittelpunkt des Bf., seiner Ehegattin und der Kinder im Streitzeitraum nicht in Österreich, sondern im Iran gelegen ist und dass sich die Kinder nicht ständig in Österreich aufgehalten.

Für die streitgegenständlichen Zeiträume und hinsichtlich aller Kinder, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass das Finanzamt die im Zeitraum September 2015 bis September 2017 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge wegen Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) zurückgefordert hat.

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.

Nach § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 steht der Kinderabsetzbetrag einem Steuerpflichtigen zu, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird und ist § 26 FLAG 1967 auch für den Kinderabsetzbetrag anzuwenden.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Rechtliche Beurteilung

Nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse haben (, ).

Unter persönlichen sind dabei all jene Beziehungen zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen aufgrund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden, während den wirtschaftlichen Beziehungen nur eine weitergehenden Zwecken dienende Funktion zukommt (vgl. ). Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die stärkste persönliche Beziehung eines Menschen im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem er regelmäßig mit seiner Familie lebt, dass also der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheirateten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird. Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie als weiteren Umstand das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen voraus (vgl. , , ).

Das Gesetz stellt darauf ab, dass sich die Kinder ständig (dh nicht mit größeren Unterbrechungen) im Bundesgebiet aufhalten. Ein Inlandsaufenthalt des Antragstellers ist hingegen nicht zwingende Voraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe. Ein vorübergehender Charakter des Inlandsaufenthaltes für sich allein genommen steht dem Anspruch nicht entgegen. Der Dauer des Inlandsaufenthaltes kommt lediglich im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Frage des Schwerpunktes der persönlichen Bindungen des Antragstellers ein entsprechendes Gewicht zu (, ).

Da im vorliegenden Fall weder der Lebensmittelpunkt der Familie in Österreich war, noch ein Nachweis für den ständigen Aufenthalt der Kinder in Österreich erbracht wurde, stand dem Bf. für die vier Kinder gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 die Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbeträgen) im Streitzeitraum nicht zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt ().

Es liegen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen vor, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

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Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102359.2020

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