Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2022, RV/7102657/2021

Nachsicht von Umsatzsteuer: Uneinbringlichkeit; "willkürliche" Abgabenfestsetzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch V, R sowie die fachkundigen Laienrichter L1 und L2 in der Beschwerdesache X, geboren am x, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer x, über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten nach der am in Anwesenheit der Beschwerdeführerin, der Vertreterin des Finanzamtes Österreich, V, sowie der Schriftführerin S abgehaltenen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) betrieb in den Jahren 2002 bis 2007 einen Handel mit Kraftfahrzeugen als Einzelunternehmen.
Im Zuge einer vom Finanzamt bei der Bf. durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass im Jahr 2006 sechs Fahrzeuge an die tschechische A.s.r.o. im Gesamtwert von netto 337.500 € verkauft und diese Lieferungen (Abholfälle) als innergemeinschaftliche Lieferungen fakturiert worden waren. Der Geschäftsführer der A.s.r.o. gab gegenüber der tschechischen Abgabenbehörde an, die Bf. sei ihm gänzlich unbekannt und es hätten niemals Lieferungen von der Bf. an die A.s.r.o. stattgefunden.
Für die einzelnen Geschäftsfälle wurden dem Prüfer an die Abholer der Fahrzeuge ausgestellte Vollmachten mit unterschiedlichen Unterschriften sowie eine Reisepasskopie des Geschäftsführers der A.s.r.o. vorgelegt, wobei laut Prüfer mit freiem Auge ersichtlich war, dass die - jeweils unleserlichen - Unterschriften der Vollmachten nicht mit jener auf dem Reisepass übereinstimmten. Zahlungsbelege über die kassierten Barbeträge wurden in keinem der Geschäftsfälle vorgelegt.
Mit dem Umsatzsteuerbescheid 2006 vom setzte das Finanzamt für die gegenständlichen Lieferungen die Umsatzsteuer mit 20 % fest (Nachforderung 67.500 €).

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde der Bf. vorgehalten, dass von Jänner bis Juni 2006 sechs Fahrzeuge im Wert von insgesamt 312.533 € an die A.Ltd. verkauft wurden. Bei dieser Firma handle es sich um eine Scheinfirma, weshalb das Finanzamt den geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht anerkennen werde.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom versagte das Finanzamt einerseits die Steuerfreiheit der sechs innergemeinschaftlichen PKW-Lieferungen an die tschechische A.s.r.o. und ließ andererseits den Vorsteuerabzug aus den sechs Rechnungen der A.Ltd. nicht zu, sodass es zu einer weiteren Steuernachforderung in der Höhe von 62.506 € kam.

Das Bundesfinanzgericht bestätigte im Erkenntnis vom , RV/7103357/2012, die Umsatzsteuerfestzungen für das Jahr 2006 durch die Abgabenbehörde.

Die gegen das Erkenntnis RV/7103357/2012 eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit dem Beschluss vom , E 3040/2017, abgelehnt.

Mit dem Beschluss vom , Ra 2018/13/0106, wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision gegen das Erkenntnis des BFG zurück. Auf die dortigen Ausführungen zum Sachverhalt sowie die rechtlichen Erwägungen wird verwiesen.

Mit dem an das Finanzamt gerichteten Schriftsatz vom beantragte die Bf. die "Abschreibung durch Nachsicht der Abgabenschuldigkeiten gem. § 236 BAO" mit folgendem Wortlaut:
"…..
im Auftrag unserer Klientin stellen wir hiermit den Antrag auf Abschreibung durch Nachsicht der Abgabenschuldigkeiten, da die Einhebung der Abgabenschuld nach Lage des Falles äußerst unbillig wäre.

Es wird seit keine betriebliche Tätigkeit mehr ausgeübt und die Abgaben und Steuern (Umsatzsteuer), welche durch das doch unvorhergesehene negative BFG Erkenntnis hervorgerufen wurden, sind in der aktiven Zeit niemals an Kunden fakturiert und sind auch nicht vereinnahmt und auch nicht verdient worden, sodass mangels ausreichender Vermögenswerte und mangels Einkommen die Zahlung nicht erfüllt werden kann. Es ist ein ausgesprochener Härtefall für Steuern, die andere Unternehmer hätten entrichten müssen 10 Jahre danach aufkommen zu müssen. Es liegt somit eine Unbilligkeit gemäß den Bestimmungen der BAO vor, welche die Abschreibung rechtfertigt. (Künftige Pensionsansprüche werden nach Information unserer Klientin auch unter dem Existenzminimum liegen).

Eventualantrag: Antrag auf Gewährungeiner Teilnachsicht der Abgaben und Aufschub bis Jahresende in Anbetracht noch offener höchstgerichtlicher Verfahren. Es wurde vom Rechtsanwalt unserer Klientin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. …."

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt Österreich das Ansuchen um Bewilligung einer Nachsicht in der Höhe von 149.773,81 € mit der Begründung ab, die Ausführungen der Bf. im Ansuchen ließen weder eine sachliche noch eine persönliche Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben erkennen.

Gegen den Bescheid brachte die Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde ein:
"Ich beantrage die Ausbuchung der Abgabenschuldigkeiten aus folgenden Gründen:
kein Einkommen und kein Vermögen
ausgesprochener Härtefall
Unbilligkeit; Zahlung nicht möglich
Da alle Voraussetzungen insbesondere für eine persönlich bedingte Unbilligkeit vorliegen (Gefährdung der Existenzgrundlage, kein Vermögen, kein Einkommen und kein Liegenschaftsbesitz) wie auch in der vorliegenden Begründung festgestellt wurde, ersuche ich um Abschreibung des Abgabenbetrages."

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Das Vorbringen der Bf., das ausschließlich zum Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit erstattet werde, gehe ins Leere, weil nach der Judikatur eine Unbilligkeit nicht vorliege, wenn die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte. Eine Ermessensentscheidung sei daher nicht zu treffen.


Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das führte die Bf. aus:
" ..…
Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens möchte ich diese ergänzen wie folgt:
Ich ersuche um die Ausbuchung der Abgabenschuldigkeit von 149.773,81 Euro.
Im Jahr 2007 wurden vom damaligen Betriebsprüfer festgestellt, dass im Jahr 2006 bei 6 Autos die ich an einen ausländischen Kunden verkauft habe die UST in diesem Land nicht abgeführt wurde trotz aller Überprüfungen der ausländischen Firmen meinerseits wie UID Abfragen schriftlich und mündlich Stufe 2. Ich verstehe nicht warum ich diese Steuer in Österreich abführen soll wenn keines dieser Autos hier angemeldet wurde. Der damalige Prüfer hätte das ganz einfach überprüfen können.
Da ich diese Steuer vom Kunden nicht bekommen habe und ich diese Summe auch nicht verdient habe kann ich sie auch nicht abführen. 2007 wurde meine Firma geschlossen da es für mich psychisch nicht mehr möglich war diese weiter zu führen, und dieser Druck dauert jetzt schon 14 Jahre.
Ich habe weder ein eigenes Einkommen noch Vermögen das ich verschleudern könnte, und meine Existenz ist sehr wohl bedroht da ich Privatkonkurs anmelden muss.
Im Juli 2022 bekomme ich wahrscheinlich meine Pension von ca. 600 Euro da könnte ich 100 Euro abbezahlen.
Ich beantrage eine mündliche Verhandlung oder die Entscheidung durch den Senat."

Im Schriftsatz vom präzisierte die Bf. ihre Anträge dahingehend, dass die Entscheidung nach durchgeführter mündlicher Verhandlung durch einen Senat gefällt werden möge.

In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung wiederholte die Bf. ihr bisheriges Vorbringen. Sie sei völlig unschuldig zu diesen Abgabennachforderungen gekommen, weil sie hereingelegt worden sei. Sie habe das Geld nicht eingenommen. Bei der Prüfung sei es nur um Unterschriften gegangen, die dem Prüfer offensichtlich nicht gepasst hätten, diese Vorgangsweise sei für sie Willkür.
Die Vertreterin des Finanzamtes verwies hinsichtlich der Abgabenfestsetzung auf die in dieser Sache ergangenen Entscheidungen des BFG, des VfGH und des VwGH, weshalb willkürliche Vorgangsweise durch das Finanzamt nicht vorliegen könne. Eine persönliche Unbilligkeit der Abgaben liege im Fall der Uneinbringlichkeit - eine solche sei noch näher zu überprüfen - nicht vor. Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Bf. beantragte hingegen die Stattgabe der Beschwerde.

Nach der Aktenlage (Buchungsabfrage Abgabenkonto StNr. x) haftet der strittige Betrag von 149.773,81 € zur Gänze unberichtigt aus.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können auf Antrag des Abgabepflichtigen fällige Abgabenschuldigkeiten ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die im § 236 vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu Recht, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum ().

Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO kann eine sachliche oder persönliche sein.

Von einer persönlichen Unbilligkeit ist auszugehen, wenn die Einhebung der Abgabe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Abgabenschuldners in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigen würde.
Eine persönliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Einhebung der Abgabe das Vermögen und das Einkommen des Abgabenschuldners unverhältnismäßig beeinträchtigen, die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährden würde oder die Abstattung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten (so insbesondere einer Vermögensverschleuderung) verbunden wäre.
Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend ("auch") mitverursacht sein (siehe , und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die bereits in der Beschwerde vom und im Vorlageantrag vom dargelegten Einkommens- und Vermögensverhältnisse bestätigte die Bf. in der mündlichen Verhandlung. Sie sei derzeit Hausfrau und verfüge über kein eigenes Einkommen, ab Juni erwarte sie eine monatliche Pension von ca. 600 €. Vermögen oder Verbindlichkeiten bei anderen Gläubigern habe sie nicht.

Der Senat sieht daher nach der derzeitigen Sachlage mangels laufender Einkünfte oder verwertbaren Vermögens keine Möglichkeit zur Einbringlichmachung der Abgabenschuld. Damit liegt aber im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine persönliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO nicht vor (siehe und die dort zitierte Vorjudikatur), weshalb die Abgabenbehörde die Nachsicht wegen persönlicher Unbilligkeit zu Recht versagt hat.

Zum behaupteten Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit:

Zur Festsetzung der Umsatzsteuer wurde ein umfangreiches Prüfungsverfahren durch das Finanzamt und ein umfangreiches Beschwerdeverfahren durch das BFG durchgeführt. Der VfGH hat die Beschwerde gegen das 46-seitige BFG-Erkenntnis abgewiesen, der VwGH hat die Revision mit dem 13-seitigen Erkenntnis Ra 2018/13/0106 zurückgewiesen. Mit dem Vorbringen im Vorlageantrag, sie verstehe nicht, warum sie die Umsatzsteuer abführen müsse, wird die Bf. daher auf die Ausführungen in diesen Entscheidungen verwiesen.
Der Senat hält es dennoch für angezeigt, auf das neuerliche Vorbringen der Bf. in der mündlichen Verhandlung, die Abgaben seien aus "Willkür" festgesetzt worden, Folgendes festzuhalten:
Bereits im Zuge der abgabenrechtlichen Prüfung wurde festgestellt, dass von der Bf. innergemeinschaftliche Lieferungen als steuerfrei behandelt wurden, obwohl die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nicht vorlagen. Dass die Bf. mehrere steuerfreie Autoverkäufe (über jeweils ca. 60.000 €) getätigt hat, obwohl die unleserlichen Unterschriften auf den Vollmachten der Abholer der Fahrzeuge mit der Unterschrift auf einer Reisepasskopie des Geschäftsführers des angeblichen Käufers, einem tschechischen Fitnesscenter, offensichtlich nicht übereinstimmten, und aufgrund des Umstandes, dass keinerlei Zahlungsbelege über diese Autoverkäufe vorgelegt werden konnten, liegt auf der Hand, dass bei diesen Verkäufen von der in solchen Fällen gebotenen unternehmerischen Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns keine Rede sein kann.
Der Senat kann der Verantwortung der Bf., sie sei "hereingelegt" worden, nicht folgen; schließlich lag es in ihrer Verantwortung zu prüfen, ob die Voraussetzungen für jede einzelne innergemeinschaftliche Lieferung vorlagen. Dass sechs Unterschriften leicht mit freiem Auge als gefälscht erkennbar waren, lässt sich, will man nicht von vorsätzlicher Handlungsweise der Bf. ausgehen, nur damit erklären, dass eine Überprüfung durch die Bf. offensichtlich gar nicht stattgefunden hat.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Vorsteuerabzug aus Rechnungen nicht anerkannt, die nicht vom tatsächlichen Leistungserbringer ausgestellt wurden; die Fahrzeuge waren Teil eines Mehrwertsteuerbetruges, von dem die Bf. hätte wissen müssen.
Die Rückforderung der für sechs Fahrzeuge geltend gemachten Vorsteuer erfolgte, weil es sich bei der Verkäuferin um eine reine Fakturierungsfirma handelte, die keinerlei Geschäftstätigkeit ausübte und nur zum Zwecke der Abgabenhinterziehung gegründet wurde. Die diesbezüglichen Rechnungen wurden nicht vom tatsächlichen Leistungserbringer ausgestellt. Auch diese Umstände können der Bf. nicht verborgen geblieben sein.

Ebenso wenig nachvollziehbar ist das schriftliche Vorbringen der Bf., es sei ein ausgesprochener Härtefall, zehn Jahre später für Steuern aufkommen zu müssen, die durch das "unvorhergesehene negative" Erkenntnis des BFG hervorgerufen worden seien und die andere Unternehmer hätten entrichten müssen. Bereits aufgrund der Feststellungen des Prüfers im Zuge der im Jahr 2008 durchgeführten Prüfung war evident, dass Abgabenschuldnerin der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuer allein die Bf. ist; welche anderen Unternehmer ihre Abgabenschuld zu entrichten gehabt hätten, bleibt offen.

Zum Vorwurf in der mündlichen Verhandlung, der Prüfer habe "willkürlich" gehandelt, ist an die Bedeutung des Wortes "Willkür" zu erinnern: Staatliche Willkür bedeutet Entscheidungen der Regierung (Legislative, Judikative und Exekutive), die ohne sachlichen Grund getroffen werden.
Im vorliegenden Fall haben bereits VfGH und VwGH festgestellt, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2006 rechtskonform erfolgte. Neuerlich wird auf die ausführlichen Begründungen in den jeweiligen Erkenntnissen verwiesen.
Angesichts des durchgeführten Abgabenverfahrens, in dem die Bf. sämtliche Rechtsbehelfe ergriffen hat, ist dem Senat ihr neuerliches Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, die Abgabenfestsetzung sei willkürlich erfolgt, gänzlich unverständlich.

Eine sachliche Unbilligkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt (für viele u.a. ).
Die Rückforderung zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer sowie die Festsetzung nicht gemeldeter und abgeführter Umsatzsteuer ist nicht als "offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis" anzusehen.
Ebensowenig ist im vorliegenden Fall für den Senat ein für das Vorliegen sachlicher Unbilligkeit erforderlicher atypischer Geschehensablauf ersichtlich, der auf eine von der Bf. nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist ().
Die Bf. war verpflichtet zu prüfen, ob die Abnehmer der Fahrzeuge als Unternehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb tätigen. Eine solche Prüfung wurde nicht durchgeführt. Ebenso musste die Bf. vom betrügerischen Verhalten der A.Ltd. wissen (nachzulesen in den oben zitierten Erkenntnisses des BFG und des VwGH). Die Bf. hatte es daher selbst in der Hand, den Geschehensablauf, der zur Festsetzung der gegenständlichen Umsatzsteuer führte, zu beeinflussen. Bei der Anwendung des Gesetzes ist kein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eingetreten, das zu einer anormalen Belastungswirkung bei der Bf. und, verglichen mit anderen Fällen, bei ihr zu einem atypischen Vermögenseingriff führte.

Selbst bei gutgläubigen Opfern eines "Vorsteuerschwindels" kann die infolge Fehlens einer ordnungsgemäßen Rechnung und Versagung des Vorsteuerabzuges aus diesem Grund fällige Umsatzsteuer hinsichtlich der nicht anerkannten Vorsteuer nicht wegen sachlicher Unbilligkeit nachgesehen werden ().

Der Senat vertritt daher die Ansicht, dass bei der Bf. auch keine sachliche Unbilligkeit der Einhebung vorliegt.

Eine Ermessensentscheidung war daher vom Senat nicht zu treffen und die Beschwerde aus Rechtsgründen als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beurteilung, ob die Einhebung der Abgaben sachlich und persönlich unbillig ist, gründet sich auf die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden nicht berührt, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Beilage für beide Parteien: Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102657.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at