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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.02.2022, RV/7102594/2020

Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung eines polnischen Staatsbürgers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, geb. ***1***, wohnhaft in ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist die steuerliche Berücksichtigung von Werbungskosten für Familienheimfahrten und Mietaufwendungen im Zuge der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2018.

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist polnischer Staatsbürger und arbeitet als Maurer in Österreich.

Am Familienwohnsitz in Polen (***6***) lebt seine Gattin ***7***, geb. ***3***, mit seiner volljährigen Tochter ***4*** (geb. ***5***) und seinem im Streitjahr noch minderjährigen Sohn ***8*** (geb. ***9***).

Am Familienwohnsitz betreibt die Gattin auf 1.200 m² eine kleine Landwirtschaft, für die auch nachweislich Abgaben entrichtet wurden (siehe Schreiben vom ).

Der Bf. brachte am seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 beim Finanzamt ein, wobei er Werbungskosten

a) für Familienheimfahrten in Höhe von 1.750 € (KZ 300) und

b) Mietaufwendungen i.H.v. 1.900 € (KZ 723) erklärte und sich wie folgt errechnen:

ad Familienheimfahrten (KZ 300):

Für die 35 Familienheimfahrten (siehe Schreiben vom ) wurden vom Fahrtendienst 50 € pro Fahrt verrechnet, insgesamt somit 1.750 €.

ad Mietaufwendungen (KZ 723):

Der Bf. ist seit 2012 vertraglicher Mieter der Wohnung in ***Adr***.
Für Miete und Strom wurden im Streitjahr insgesamt 5.608,30 € an den Vermieter der Wohnung in Wien überwiesen (siehe Zahlungsbelege lt. Schreiben vom ). Diese Wohnung teilte sich der Bf. im Streitjahr mit 2 Bekannten, sodass sein Anteil rd. 1.900 € betragen hat.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2018 vom hingegen nur den Pauschbetrag für Werbungskosten i.H.v. 132 € und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

Nach Ansicht des Finanzamtes könne im gegenständlichen Fall eine Wohnsitzverlegung zugemutet werden.

Weiters gäbe es bei verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen eine zeitliche Begrenzung von 2 Jahren für die Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung.
Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne habe der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten werde.

Der Bf. erhob am gegen den o.a. Bescheid Beschwerde und begründet diese im Wesentlichen folgendermaßen:

Eine Wohnsitzverlegung sei unzumutbar, weil seine Gattin eine kleine Landwirtschaft betreibe, dafür auch Abgaben entrichtet werde und die Gattin auch als Landwirtin versichert sei (siehe beigefügte behördliche Bestätigungen).

Nach Vorhalt des Finanzamtes zwecks Belegung aller erklärter Aufwendungen, teilte der Bf. mit, dass im Streitjahr die Gattin keine landwirtschaftlichen Einkünfte erzielt habe.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:

Da der Bf. in Österreich ein ausreichendes Einkommen erzielt habe und die Ehegattin am Heimatort (Polen) keine Einkünfte erzielt habe, sei die Wohnsitzverlegung als zumutbar anzusehen.

Der Bf. stellte daraufhin am einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht ohne weitere Begründung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf. wurde am ***1*** in Polen geboren, ist polnischer Staatsbürger und hat seinen Familienwohnsitz in Polen, wo seine im Streitjahr nicht erwerbstätige Ehegattin mit den Kindern lebte. Als Nachweis legte er das Formular E9 vor.

Am Familienwohnsitz in Polen lebt seine Gattin mit seiner volljährigen Tochter ***4*** (geb. ***5***) und seinem im Streitjahr noch minderjährigen Sohn ***8*** (geb. ***9***).

Am Familienwohnsitz betreibt die Gattin auf 1.200 m² eine kleine Landwirtschaft, für die auch nachweislich Abgaben entrichtet wurden, jedoch im Streitjahr aus ihr keine Einnahmen erzielt wurden (siehe Schreiben vom ).

Lt. Aktenlage ist der Bf. im Streitjahr als Maurer ganzjährig bei der "Familienwohnbau Niederösterreich gemeinnützige Wohnbau- und BaubetreuungsgesmbH" nichtselbständig beschäftigt gewesen und bezog 2018 steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) i.H.v. 27.484,46 € im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Seit hat er ohne Unterbrechung seinen Hauptwohnsitz in Wien (zuletzt seit in ***Bf1-Adr***; siehe auch Mietvertrag vom ).

Als Grund für die Unzumutbarkeit einer Verlegung des Familienwohnsitzes von Polen nach Österreich wurde der Betrieb einer kleinen Landwirtschaft in Polen durch seine Gattin glaubhaft gemacht. Andere Gründe wurden nicht behauptet oder glaubhaft gemacht.

Auch stand der Bf. im Streitjahr nicht unmittelbar vor seiner Pensionierung.

Dieser Sachverhalt war rechtlich folgendermaßen zu würdigen:

Die Abgabenbehörden haben gemäß § 115 Abs. 1 BAO die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung von Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 115 Abs. 2 BAO). Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen (§ 115 Abs. 3 BAO).

Der Grundsatz des Parteiengehörs besteht vor allem darin, der Partei Gelegenheit zur Äußerung zu behördlichen Sachverhaltsannahmen sowie zur Kenntnisnahme der Ergebnisse des Beweisverfahrens und zur Stellungnahme hierzu zu geben (Ritz, BAO4, § 115 Tz. 14 und die hierin zitierten Judikate).

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 normiert u.a.:

Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Werbungskosten sind auch:

Ziffer 6: Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

c) Für eine einfache Fahrtstrecke von über 60 km wird ein Pauschbetrag i.H.v. 3.672 € jährlich berücksichtigt.

Die Aufwendungen für Familienheimfahrten des Steuerpflichtigen vom Wohnsitz am Arbeitsplatz zum Familienwohnsitz sind dann Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht jener Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch diese Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.

Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann.

Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines Ehegatten.

Wie den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes entnommen werden kann, ist die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen, ohne Belang ist somit, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes bereits früher zumutbar gewesen ist oder nicht (); die Gründe für die Beibehaltung sind daher jährlich von der Abgabenbehörde zu prüfen.

Bei einem ausländischen Familienwohnsitz gelten für die Frage der Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten grundsätzlich dieselben Kriterien wie bei inländischem Familienwohnsitz.

Werbungskosten sind wie bereits o.a. gem. § 16 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung dürfen nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a und b EStG 1988).

Sind Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeitsort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) beruflich veranlasst, sind sie nur insoweit abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag nicht übersteigen.

Der Begriff "Familienwohnsitz" wird nicht im Gesetz definiert, sondern wurde ursprünglich nur von Lehre und Rechtsprechung interpretiert. Familienwohnsitz ist danach jener Ort, an dem der Steuerpflichtige mit seinem Ehegatten bzw. Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet (Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG11, § 4 Tz 349 unter Hinweis auf ).

In Anlehnung an das zwischenstaatliche Steuerrecht definierte der VwGH den Begriff Mittelpunkt der Lebensinteressen so, dass darunter der Ort zu verstehen ist, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Bindungen hat ( 1824/7 etc.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse haben. Dieser ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln, wobei die Beurteilung anhand objektiv feststellbarer Umstände vorzunehmen ist (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Dabei ist insbesondere die Höhe der Einkünfte ausschlaggebend.

Schon nach der Rechtsprechung kam allerdings bei dieser Beurteilung den persönlichen Beziehungen und dort wiederum der Gestaltung des Familienlebens eine überwiegende Bedeutung zu (vgl. ; , 98/14/0026; , 95/14/0145 und Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG45, § 1 Tz 9).

Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Daraus folgt, dass der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person oder einer in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes des Paares zu finden sein wird (), wenn sie dort einen gemeinsamen Haushalt führen. Die auf die Wohnsitze entfallenden Aufenthaltszeiten sind dabei ein bedeutsames quantitatives Kriterium (). Demgegenüber treten andere persönliche Beziehungen wie zur restlichen Familie oder zu Freunden in den Hintergrund.

Für die Beurteilung sind alle nach außen hin objektiv erkennbaren Umstände heranzuziehen. Nicht von Relevanz sind im Allgemeinen eine bloß gefühlsmäßige Heimatverbundenheit, der Wunsch, später an einen bestimmten Ort zurückzukehren oder die Frage, wo Eltern und andere Verwandte leben (; , 1080/77).

§ 4 der Verordnung der Bundesministerin für Finanzen über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung; BGBl. II Nr. 276/2016) definiert den Familienwohnsitz mit dem Ort, wo ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (z.B. Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Dies klammert die wirtschaftlichen Beziehungen aus und legt den Schwerpunkt auf die persönlichen Kontakte.

Zur steuerlichen Anerkennung als Werbungskosten muss jedoch hinzutreten, dass es dem Bf. nicht zumutbar war, seinen Familienwohnsitz bzw. seine Wohnung an seinen Beschäftigungsort zu verlegen. Nur dann liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine berufliche Veranlassung der mit einer doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen vor (vgl. mit weiteren Nachweisen). Solche Gründe für eine Unzumutbarkeit müssten aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektivem Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus.

Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres und nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist es die Sache des die Werbungskosten begehrenden Steuerpflichtigen und nicht die der Abgabenbehörde, die Gründe zu nennen, aus denen er das Aufgeben des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht (vgl. mit weiteren Nachweisen). Relevant sind deshalb nur die vom Bf. vorgetragenen Gründe.

Ein Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wäre eine weitere Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder seines Partners ().

Der bloße Besitz eines Eigenheims am Wohnort stellt keinen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den (neuen) Arbeitsort dar (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Auch die Erziehung und kontinuierliche Betreuung eines minderjährigen Kindes (hier: ***8***, geb. ***9***) und die Bewahrung des familiären Umfeldes für dieses Kind können gewichtige Gründe darstellen, die für die Beibehaltung des Hauptwohnsitzes sprechen (vgl. unter Hinweis auf ).

Sie dienen dazu, die Obliegenheiten als Elternteil zur Gewährleistung eines familiären Umfeldes für das Kind und Aufrechterhaltung eines intensiven persönlichen Kontaktes laufend nachzukommen, und wären damit gewichtige Gründe, die eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung begründen könnten.

Dies trifft allerdings im Regelfall nicht auf gesunde, nicht pflege- oder betreuungsbedürftige volljährige Kinder zu, bei denen grundsätzlich auch keine Ortsgebundenheit des haushaltsführenden Elternteils besteht (vgl. und mit weiteren Nachweisen).

War deshalb ein Kind (hier ***4***, geb. ***5***) während des ganzen Veranlagungszeitraumes volljährig, liegt für diesen Zeitraum keine Unzumutbarkeit vor.

Aber auch hinsichtlich des im Streitjahr noch minderjährigen Kindes (***8***, geb. ***9***) liegt im gegenständlichen Fall nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung vor, da auch jeder Wohnsitzwechsel innerhalb einer Stadt meist auch für das minderjährige Kind einen Wechsel der Schule mit sich bringt (neues soziales Umfeld).

Dass das minderjährige Kind einen speziellen Schultyp in Polen besuchte, den es vergleichsweise in Wien (Österreich) nicht gegeben hätte und aus diesem Grunde eine Wohnsitzverlegung nicht zumutbar gewesen wäre, hat der Bf. weder behauptet und nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Auch andere Hinderungsgründe einer Wohnsitzverlegung betreffend des minderjährigen Kindes wurden seitens des Bf. nicht eingewendet, weshalb darauf nicht näher einzugehen war.

Hingewiesen wird vielmehr darauf, dass der Bf. in seinen Einwendungen betreffend "Unzumutbarkeit" einer Wohnsitzverlegung lediglich darauf verweist, dass die Gattin im Streitjahr eine kleine Landwirtschaft in Polen betrieben hat.

Dabei handelt es sich um eine kleine landwirtschaftliche Fläche von 1.200 m², die im Streitjahr keinen Ertrag abgeworfen hat und die pflanzlichen Anbauten lediglich für den Eigenbedarf bestimmt waren.

Das Bundesfinanzgericht kann aber diesbezüglich keine "Unentbehrlichkeit" erblicken, da aufgrund des österreichischen Jahresgehalts i.H.v. 27.484,46 €, die tägliche Nahrungsversorgung sowohl in Österreich als auch in Polen nicht gefährdet erscheint.

Ein nicht zumutbarer Wohnsitzwechsel aus "wirtschaftlichen Gründen" (keine steuerlich relevanten Einkünfte der Ehegattin im Sinne des§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 aus einer aktiven Erwerbstätigkeit, da nicht berufstätig und somit keine Verfügung über ein Einkommen) liegt somit im gegenständlichen Fall nicht vor

Trotz erhöhter Mitwirkungs- und Behauptungsverpflichtung aufgrund des Auslandsbezuges brachte der Bf. hier keine stichhaltigen Argumente vor, die für das Vorliegen und die Nutzung eines Familienwohnsitzes in Polen sprechen könnten. Die aktenkundigen Fakten reichen dafür nicht aus und sprechen bestenfalls für eine freiwillig unterhaltene Unterkunft ohne jede Notwendigkeit für die Erzielung von polnischen Einnahmen bzw. andere zwingende Pflichten.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Streitjahr 2018 aufgrund der o.a. Gründe nicht von einer unzumutbaren Verlegung des Familienwohnsitzes auszugehen und die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Polen somit ausschließlich einer privaten Veranlassung zuzuordnen und gem. § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig ist.

Die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung liegen somit nicht vor.

Demzufolge ist auch eine ertragsteuerliche Berücksichtigung von Familienheimfahrten aufgrund der o.a. gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision:

Gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG wird eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen, da die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, nicht abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 16 bzw. 20 EStG 1988 ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a und b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Polen
doppelte Haushaltsführung
Familienheimfahrt
Kind
minderjährig
Landwirtschaft
Wohnsitzverlegung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102594.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at