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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.02.2022, RV/7100126/2017

Wechselseitige Einräumung von Dienstbarkeiten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.P in der Beschwerdesache I.A. GmbH, vertreten durch S.K.D.L Rechtsanwälte GmbH, ***6*** 1, ***7***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2016 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben und die Gebühr gemäß § 33 TP 9 Gebührengesetz (GebG) 1957 in Höhe von Euro 9.123,10 festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die I.A. GmbH (Beschwerdeführerin [im Folgenden: Bf.]) und die W.gem..Gen. haben als außerbücherliche Alleineigentümer der Grundstücke Nr. ***1***/1 und Nr. ***2***/1, je KG Ort, mit Dienstbarkeitsvertrag vom die wechselseitige Einräumung von Dienstbarkeiten auf ihren Grundstücken, zwecks Realisierung des Wohnbauprojektes "Wohnbau", für sich und ihre Rechtsnachfolger, wie folgt, vereinbart:

In Punkt "Erstens" das Geh- und Fahrrecht zur Ebene 0:
Vereinbart wurde, wechselseitig auf beiden Grundstücken das unentgeltliche und unkündbare Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht für die Zufahrt/Abgang zur Ebene "0"einzuräumen, wie dies im Bereich der "grünen" Fläche laut dem der Vereinbarung angeschlossenen Lageplan dargestellt ist.

In Punkt "Zweitens" - Müllbereitstellungsplatz und Müllraum:
Vereinbart wurde, dass die Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. ***1***/1 KG Ort für sich und ihre Rechtsnachfolger dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Nr. ***2***/1 im Bereich der braunen Fläche laut dem beigeschlossenen Dienstbarkeitsplan das unentgeltliche, unkündbare und unbeschränkte Recht einräumt, einen Müllbereitstellungsplatz und Müllraum zu errichten. Vereinbart wurde, die Kosten der laufenden Erhaltung zwischen den Liegenschaftseigentümern nach m²- Wohnnutzfläche der auf beiden Grundstücken errichteten Gebäuden aufzuteilen.

In Punkt "Drittens" - Parkrecht auf Besucherparkplätze:
Die Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. ***1***/1 KG Ort räumte für sich und ihre Rechtsnachfolger dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Nr. ***2***/1 im Bereich der braunen Fläche laut dem beigeschlossenen Dienstbarkeitsplan das unentgeltliche, unkündbare und beschränkte Parkrecht für Besucherparkplätze auf unbestimmte Zeit ein. Vereinbart wurde die Kosten der laufenden Erhaltung zwischen den Liegenschaftseigentümern nach m²- Wohnnutzfläche der auf beiden Grundstücken errichteten Gebäulichkeiten aufzuteilen.

In Punkt "Viertens" - Überbauung (Vordach):
Die Eigentümerin des Grundstückes Nr. ***1***/1 KG Ort räumte laut dem beiligenden Lageplan das unentgeltliche, zeitlich unbefristete, immerwährende und unbeschränkte Recht ein, auf dieser Fläche ein Vordach für das Hauptdach errichten zu lassen, dieses zu warten, zu erhalten und im Bedarfsfall zu erneuern.

In Punkt "Fünftens" Geh- und Fahrrecht Tiefgaragenzufahrt, -abfahrt, -ausfahrt und Tiefgarage allgemein:
Die Eigentümerin des Grundstückes Nr. ***1***/1 KG Ort räumte der Eigentümerin des Grundstückes Nr. ***2***/1 laut dem beiliegenden Lageplan das unentgeltliche, unkündbare und unbeschränkte Geh- Fahrrecht als Mitnutzungsrecht der Tiefgaragenzufahrt, - ausfahrt, -abfahrt, und Zugang sowie zur Nutzung der Tiefgaragenplätze in der Tiefgarage ein.

In Punkt "Sechstens" - Kinderspielplatz:
Die Eigentümerin des Grundstückes Nr. ***1***/1 KG Ort räumte laut dem beiligenden Lageplan das unentgeltliche, unkündbare und unbeschränkte Recht ein, auf der im Lageplan Ebene 0 markierten Fläche einen Kinderspielplatz zu errichten und zu betreiben. Dementsprechend räumte auch die Alleineigentümerin des Grundstückes ***2***/1 den Eigentümern der Liegenschaft Grundstückes Nr. ***1***/1 das Recht ein, auf der im Lageplan markierten Fläche einen Kinderspielplatz zu errichten, zu betreiben, zu erhalten und zu benützen ein.
Die Kosten der laufenden Pflege, Erhaltung und notwendigen Erneuerung werden nach m² Wohnnutzfläche der auf den jeweiligen Grundstücken errichteten Gebäulichkeiten aufgeteilt.

In Punkt "Siebtens" - Gehrecht zum Kinderspielplatz:
Die Alleineigentümerin des Grundstückes ***2***/1 räumte den Eigentümern der Liegenschaft des Grundstückes Nr. ***1***/1 das Gehrecht zum Kinderspielplatz ein.

In Punkt "Achtens" - Parkrecht Tiefgarage:
Die Alleineigentümerin des Grundstückes ***1***/1 KG Ort räumte der Alleineigentümerin und den zukünftigen Eigentümern der Liegenschaft des Grundstückes im Bereich der gelben Flächen laut beigeschlossenem Dienstbarkeitsplan Ebene 1 das unentgeltliche, unkündbare und unbeschränkte Parkrecht auf den errichteten und markierten Tiefgarenplätzen ein.

Weiters wurde die unentgeltliche Einräumung folgender Dienstbarkeiten vereinbart:

9. Technikraum in der Tiefgarage;
10. Gemeinsamer Technikraum/Benützungsregelung samt Betriebsordnung;
11. Stellplatz einspurige Fahrzeuge und Hausmeisterraum;
12 Ent-, Versorgungsleitungen;

Dabei räumten sich die Grundstückseigentümer das wechselseitige Recht, Ent- und Versorgungsleistungen unter größtmöglicher Schonung der Substanz zu legen, ein.

Mit Schreiben vom wurde die Dienstbarkeitsvereinbarung dem Finanzamt ***3*** zwecks Vergebührung übermittelt.

Vorhalt vom :

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel ersuchte mit schriftlichem Vorhalt vom die Werte der jeweiligen Diensbarkeiten bekanntzugeben und die wechselseitig eingeräumten Rechte zu bewerten.

Die Bf. teilte mit Schriftsatz vom mit, dass die Einräumung der wechselseitigen Dienstbarkeiten unentgeltlich erfolgt und somit eine Gegenleistung nicht gegeben sei.

Vorhalt vom :

Mit Schreiben vom klärte das Finanzamt die Bf. dahingehend auf, dass der entgeltiche Erwerb einer Dienstbarkeit gemäß § 33 TP 9 GebG der Gebühr vom Wert des bedungenen Entgelts unterliege. Die wechselseitige Einräumung von Dienstbarkeiten stelle einen tauschähnlichen Vorgang dar. Um Bekanntgabe der jeweilige Werte für die eingeräumten Dienstbarkeiten und um Bekanntgabe des jeweiligen Flächenausmaßes der eingeräumten Dienstbarkeit wurde ersucht.

Schreiben vom :

Die Bf. teilte daraufhin mit, dass bislang die Wohnanlage noch nicht errichtet worden sei und verwies hinsichtlich der Flächenausmaße auf die Vereinbarung und Pläne.

Vorhalt vom :

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt neuerlich um Bekanntgabe der Flächenausmaße, weil diese weder im Plan noch in der Vereinbarung angeführt worden sind.

Am übermittelte die Bf. die Pläne zum Wohnprojekt und führte handschriftlich vermerkt die jeweiligen Flächenausmaße zu den eingeräumten Dienstbarkeiten auf den Ebenen 1, 0 und -1 geplanten Projektes an.

Gebührenbescheid vom :

Das Finanzamt setzte mit angefochtenem Bescheid vom die Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG 1957 in Höhe von 2% des - durch das FA im Schätzungswege ermittelten - bedungenen Entgelts iHv Euro 1,046.304,00 somit iHv Euro 20.926,08 fest.

Begründend wurde ausgeführt, dass die wechselseitig eingeräumten Dienstbarkeiten und die Übernahme der laufenden Erhaltungskosten laut Vereinbarung das Entgelt gemäß § 33 TP 9 GebG 1957 darstellen.

Auf die ständige Rechtsprechung des ; , RV/0565-I/10, wurde hingewiesen.

Beschwerde vom :

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens eingewendet. Die Dienstbarkeitsvereinbarung werde zum Inhalt der Beschwerde erhoben und mitsamt dem Lageplan vorgelegt.

Bei entsprechender Sachverhaltsermittlung hätte das Finanzamt festgestellt, dass die Einräumung der Dienstbarkeiten ausschließlich zum Zwecke der Realisierung des Wohnbauprojektes "Wohnbau" erfolgt sei. Die Einräumung der wechselseitigen Dienstbarkeiten sei eine "conditio sine qua non" für das Projekt gewesen und hätte dieses Projekt weder rechtlich noch faktisch durchgeführt werden können. Die gesamte Vereinbarung ist ausdrücklich unentgeltlich.

Die angeführten Entscheidungen betreffen allesamt freiwillig eingeräumte Dienstbarkeiten, bei welchen Servitute 1:1 jeweils von einem Miteigentümer dem anderen Miteigentümer uno actu eingeräumt würden. Dabei werde immer nach dem Willen der Parteien eine Leistung iS einer subjektiven Äquivalenz der anderen Partei eingeräumt.

Schriftlich wurde ausgeführt:

"Bei gegenständlichem Sachverhalt ist jedoch davon auszugehen, dass aus der Notwendigkeit der Pojektumsetzung ein Eigentümer dem anderen Eigentümer eines Nachbargrundstückes Dienstbarkeiten einräumte, der wiederum seinerseits dem anderen Eigentümer andere Dienstbarkeitsrechte begründete, dies ausschließlich mit dem einzig gemeinsamen Zweck, dass Projekt "Wohnbau" rechtlich und faktisch realisieren zu können. Dafür haben die Vertragspartner ausdrücklich Unentgeltlicheit vereinbart. Die rechtliche Notwendigkeit zur Begründung der in Rede stehenden Dienstbarkeiten ergibt sich aus dem ***4*** Baugesetz, das für eine Baugenehmigung u.a. das Vorliegen sämtlicher rechtlichen Grundlagen für das Projekt voraussetzt, das sind eben Wegerechte, die Zufahrts- und Zugangsrechte, die Erfüllung der Spielplatzanforderungen und die Müllplatznutzung. Auch für die Grundteilungen ist gemäß Raumplanungsgesetz des Landes ***5*** (§ 39, 40 ff.) der Nachweis der Erfüllung der gesicherten Zufahrt und des Zuganges etc. durch Beibringung des entsprechenden Dienstbarkeitsvertrages erforderlich.

Es trifft somit keinesfalls wie in den angeführten Entscheidungen des UFSW zu, dass nach dem Willen der Verrtragparteien die eine Leistung durch die andere Leistung vergolten sein sollte und darin die subjektive Äquivalenz der beiden wechselseitig eingeräumten Fruchtgenussrechte besteht.

Die Behörde verkennt dabei, dass die Dienstbarkeitsvereinbarungen der Nachbarn ausschließlich aus der zwingenden Notwendigkeit der Projektrealisierung heraus und nicht als "Vergeltung" der jeweils eingeräumten Dienstbarkeiten erfolgt sind, weshalb die Vertragsparteien ja ausdrücklichdie Unentgetlichkeit dafür vereinbart haben. Der Austausch erfolgte somit nicht in dem kausalen Zusammenhang "Einräumung einer Dienstbarkeit., damit der Einräumende vom anderen ebenso eine solche eingräumt erhält, sondern nur aus den gesetzlichen (Baurecht und Raumplanung) und faktischen Notwendigkeiten (gemeiname Nutzung derTiefgarage Kinderspielplatz, Müllraum etc.) des Projektes "Wohnbau".

Die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG 1957 in Höhe von € 20.926,08 ist daher rechtswidrig, da nur rechtsgeschäftlich und entgeltlich eingeräumte Dienstbarkeiten Gegenstand einer Gebühr sein können (Twardosz, GebG, 6.Auflage Anm 1, 7 zu § 33 TP 9, ).

Der Gebührenbescheid verstoße auch mehrfach gegen das Verfassungsrecht, und zwar gegen den Gleichheitsgrundsatz (Willkürverbot, Gleiches gleich - Ungleiches ungleich), das Legalitätsprinzip, die Unverletzlichkeit des Eigentums (Vermögensbelastung) und der Erwerbsfreiheit (Sachlichkeitsgebot).

Zudem habe die Behörde - obschon im Dienstbarkeitsvertrag ausdrücklich angeführt ist, wonach der Dienstbarkeitsvertrag nur zu dem Zweck der Projektrealisierung "Wohnbau" abgeschlossen wurde - jede Erhebung und Feststellung diesbezüglich unterlassen. Allein schon deswegen leidet der Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit und ist das Verfahren mangelhaft. Hätte die Behörde entsprechende Erhebungen angestellt so wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass jedenfalls unentgeltliche Dienstbarkeitseinräumungen vorliegen, was ausschließlicher Parteiwille ist und es hätte somit das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glückspiel die Gebührenvorschreibung unterlassen."

Zur Höhe der Bemessungsgrundlage führte die Bf. aus, dass die Bewertung des Nutzungsrechtes mit € 3/m² und der anfallenden Erhaltungskosten mit monatlich € 200,00 völlig überhöht und sachlich nicht gerechtfertigt sei:

"… Gänzlich unbegründet und nicht nachvollziehbar ist der Umstand, dass bei der Schätzung des Wertes Dienstbarkeiten die Behörde vom Wohnwert und dort von € 7,6 ausgeht und sodann den Wert mit 3/m festlegt, obschon es sich um Realservituten und nicht um Wohnrechte handelt! In der Gemeinde Ort werden entgeltliche Realservituten um max. 50cent/m" eingeräumt; die Erhaltungskosten belaufen sich ebenso auf maximal € 50 pro Monat. Auch das Heranziehen des 18-fachen ist gesetzwidrig."

Beantragt werde die ersatzlose Aufhebung und Aussetzung der Einhebung.

Beschwerdevorentscheidung vom :

Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als unbegründet ab.

In der gesondert ausgefertigten Begründung führte das Finanzamt aus, dass in der wechselseitigen Einräumung von Dienstbarkeiten ein synallagmatisches Verhältnis der gegenseitig eingeräumten Recht bestehe und erkennbar sei. Das Motiv, dass die Einräumung der Dienstbarkeiten rechtlich und faktisch notwendig gewesen ist, um das Wohnbauprojekt "Wohnbau" realisieren zu können, vermöge daran nichts zu ändern, weil das Motiv der Einräumung einer Dienstbarkeit nicht ausschlaggebend für die Gebührenpflicht ist.

Die Grundlagen für die Bewertung wurden im Schätzungswege gemäß § 184 BAO ermittelt, weil die Bf. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wiederholt keine Werte bekanntgegeben habe. Die in der Beschwerde bekannt gegebenen Werte wären nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Da die Abgabenbehörde über keine Vergleichswerte verfüge, sei die Abgabenbehörde gezwungen gewesen, diese Werte im Schätzungswege zu ermitteln.

Bei den eingeräumten Dienstbarkeiten handle es sich nicht bloß um Geh- und Fahrrechten, sondern um die Errichtung eines Müllraumes, einer Müllanlage, die Einräumung von Parkrechten, die Errichtung und der Betrieb eines Kinderspielplatzes und des Technikraumes. Die Kosten wurden als Mittelwerte herangezogen.

Es handle sich um unkündbare, immerwährende Dienstbarkeiten. Daher ist bei immerwährenden Leistungen gemäß § 15 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) von einer Bemessungsgrundlage in Höhe des 18-fachen Jahreswertes als Bewirtschaftungskosten auszugehen.

Lt. Immobilienpreisspiegel 2015 der Wirtschaftskammer Österreich betrage die Miete für Mietwohnungen im Bezirk ***8*** bei einem guten Wohnwert € 7,6/m². Da es sich bei den gegenständlichen Flächen nicht um Wohnungen handelt werde der Wert gem. § 184 BAO mit € 3/m² pauschal geschätzt.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Pkt der Vereinba-rung
Bezeichnung der Dienstbarkeit
Kennzeichnung im Plan
***Bf1***
Fläche in m²
V. gemeinn. GenmbH
Fläche in m²
1.1
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht für Zufahrt Abgang zur Ebene 0
Lageplan/grün
83
1.2
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht für Zufahrt Abgaben zur Ebene 0
Lageplan/grün
40
2
Müllbereitstellungsplatz
Lageplan/braun
22
2
Müllraum
Ebene -1/hellorange
24
3
Besucherparkplätze als Mitnutzungsrecht
Lageplan/gelb
73
3
Besucherparkplätze als Mitnutzungsrecht
Lageplan/gelb
150
4
Duldung Überbauung
Lageplan/rot
2
5.1.
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht der Tiefgaragenzufahrt, -ausfahrt, -abfahrt- und Zugang sowie zur Nutzung der Tiefgaragenplätze
Lageplan/blau Ebene 0/blau Ebene -1/blau
455
5.2.
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht zur Nutzung der Tiefgarage
Ebene -1/orange
158
6.1.
Kinderspielplatz
Ebene 0/rot
203
6.2.
Kinderspielplatz
Ebene 0/rot
190
7.
Zugang zum Kinderspielplatz eingeschränkte Gehrecht
Ebene 0/grün
9
8.
Parkrecht
Ebene - 1/gelb
41
9.
Zugang zum Technikraum eingeschränktes Gehrecht
Ebene -1/grün
20
10.
Technikraum
Ebene -1/lila
43
11.
Parkrecht f einspurige KFZ Hausmeisterraum
Ebene -1/braun
35
Summe der gewidmeten Fläche
817
731
1548


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Nutzungsrecht wird gem. § 184 BAO mit monatlich € 3/m² geschätzt
4.644,00
Die anfallenden Erhaltungskosten lt. Vereinbarung geschätzt gem. § 184 BAO mit monatlich
200,00
Monatlicher Wert des Entgeltes gem. § 33 TP 9 GebG
4.844,00
Bemessungsgrundlage ist gem. § 26 GebG iVm § 15 Abs. 2 BewG der 18-fache Jahreswert. Das sind
1.046.304,00
Gebühr gem. § 33 TP 9 GebG = 2 % das sind
20.926,08

Vorlageantrag:

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und bringt verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsansicht des Finanzamtes vor.
Die Freiheit des Eigentums, der Gleichheitsgrundsatz und der Grundsatz der Erwerbsfreiheit wären verletzt. Der Vertragswille sei auf ein unentgeltlichen Rechtsgeschäft gerichtet.

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Ergänzender Schriftsatz:

Im Verfahren beim BFG übermittelte die Bf. den ergänzenden Schriftsatz vom und führte schriftlich, wörtlich zur Bewertung der eingeräumten Dienstbarkeit aus:

"Im Allgemeinen gleicht die Summe der bedungenen Entgelte § 33 TP 9 GebG die Wertminderung des belasteten Grundstückes aus. Wenn daher kein Entgelt zwischen den Vertragsparteien vereinbart ist, können die bedungenen Entgelte aus der Wertminderung des belasteten Grundstückes abgeleitet werden. Folglich muss die Summe der bedungenen Entgelte der Wertminderung des belasteten Grundstückes entsprechen.

Laut ***9*** in Liegenschaftsbewertung, Ausgabe 2017, sind Dienstbarkeitendurch die damit einhergehenden Wertminderung des durch die Servituten belasteten Grundstücks zu bewerten.

Dabei ist die Einstufung des Ausmaßes der Nutzungseinschränkungen sowie der Immissionsbelastungen für das dienende Grundstück durch Ausübung der Rechte durch die Servitutsberechtigten maßgeblich.

Der Abschlag wird sodann vom Bodenwert der gesamten Fläche des dienenden Grundstücks vorgenommen (***9*** in Liegenschaftsbewertung, S 134).

Da die gegenständlichen Dienstbarkeiten

aa) ausschließlich zu dem Zweck eingeräumt werden, um das gesamte Projekt realisieren zu können,
bb) selbst den jeweiligen belasteten Grundstücken zur eigenen Projektrealisierung dienen,
cc) keinerlei negativen EInfluss auf die jeweilige Bebauung der Grundstücke haben,
dd) auch nur untergeordente Flächen in Anspruch genommen werden,
ee) keine wesentlichen Immissionen verursachen,

wird laut ***9*** ein Abschlag von 5% vom Bodenwert der gesamten Fläche des jeweils dienenden Grundstücks herangezogen.

Der Bodenwert betrage für Bauland laut Gewinn-Liste € 102,00/m² (www.bodenpreise.at), sodass sich folgenden Bemessungsgrundlagen und daraus resultierend die Gebührenbemessung nach § 33 TP 9 GebG (für die jeweils mit Servituten belasteten Grundstücken wie folgt ergeben:

Gst ***10*** im Ausmaß von 629 m²
€ 64.158,00 davon 5% = € 3.207,90 davon 2% nach § 33 TP 9 GebG ergibt
€ 64,16

Gst ***2***/1 im Ausmaß von 2.640 m²
269.280,00 davon 5%= € 13.464,00 davon 2% nach § 33 TP 9 GebG ergibt€ 269,28

Gst ***1***/1 im Ausmaß von 1.088m²
€ 110.976,00 davon 5% = € 5.548,80 davon 2% nach § 33 TP 9 GebG ergibt
€ 110,97

Gesamt somit€ 444,42."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im vorliegenden Sachverhalt haben sich beide Vertragsparteien zum Zwecke der Errichtung eines Wohnprojektes wechselseitig Dienstbarkeiten an den, in ihrem Eigentum stehenden, Grundstücken eingeräumt, um die faktischen und rechtlichen Grundlagen für die Realisierung des Wohnbauprojektes "Wohnbau" zu schaffen.

Der Sachverhalt ist entsprechend der Dienstbarkeitsvereinbarung mitsamt Lageplan unstrittig. Fest steht, dass das Motiv der Einräumung der wechselseitigen Dienstbarkeiten die Schaffung der Grundlage für die Realisierung des Wohnbauprojektes war.

Strittig sind die zwischen den Parteien daraus gezogenen gebührenrechtlichen Folgen.

Beweiswürdigung

Grundlage des Verfahrens ist die Dienstbarkeitsvereinbarung sowie das gegenläufige Parteienvorbringen.

Soweit die Bf. meint, man möge den Sachverhalt beim Bürgermeister bzw. den Projektbetreibern erheben, wird festgestellt, dass das Motiv für die wechselseitige Einräumung der Dienstbarkeiten glaubhaft nachvollziehbar ist. Der Zweck war die Realisierung des geplanten Wohnbauprojektes nach Maßgabe der Bestimmungen des Baurechts bzw. der landesgesetzlichen Vorgaben. Insoweit kann die Befragung des Bürgermeisters unterbleiben.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 vH vom Wert des bedungenen Entgelts.

§ 26 GebG lautet:
"Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist."

Nach § 15 Abs. 1 GebG sind das Vorliegen eines Rechtsgeschäftes und die Errichtung einer Urkunde über dieses Rechtsgeschäft Voraussetzungen für die Gebührenpflicht. Als Urkunde gelten gemäß § 15 Abs. 2 GebG auch bei schriftlicher Annahme eines Vertragsanbotes das Annahmeschreiben. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, mit dem Zeitpunkt der Unterzeichnung.

Dienstbarkeiten sind beschränkte dingliche Nutzungsrechte an fremden Sachen. Der Eigentümer ist verbunden, zum Vorteil eines anderen etwas zu dulden oder zu unterlassen (§ 472 ABGB). Dem Begriff der Dienstbarkeit ist das Recht an einer fremden Sache wesentlich.

In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass Rechte, die inhaltlich eine Dienstbarkeit bedeuten, auch ohne Eintragung in das Grundbuch mit obligatorischem Charakter begründet werden können. Vertragliche, nicht verbücherte Servituten sind zulässig, binden jedoch nur die Vertragsparteien. Darüber hinaus sind sie gegen deren Gesamtrechtsnachfolger und bei Übernahme durch einen Einzelrechtsnachfolger auch diesem gegenüber wirksam.

Der gebührenpflichtige Tatbestand nach § 33 TP 9 GebG erschöpft sich in der entgeltlichen Einräumung des Titels zur Erwerbung einer Dienstbarkeit (; ).

Der Gebühr unterliegt nicht erst der Erwerb einer Dienstbarkeit, also nicht erst ihre grundbücherliche Einverleibung (gemäß § 481 ABGB, Modus), sondern schon die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zum entgeltlichen Erwerb derselben.

Die Bf. bestreitet die Gebührenpflicht dem Grunde nach mit dem Argument, die Einräumung der Dienstbarkeiten sei nach dem Willen beider Vertragsparteien unentgeltlich erfolgt. Es ist somit die Frage zu klären, ob diese Dienstbarkeitsvereinbarung (= Titelgeschäft für die Dienstbarkeitseinräumung) ein entgeltliches Rechtsgeschäft iSd § 33 TP 9 GebG 1957 darstellt.

Entgeltlichkeit (Synallagma) bedeutet Leistung mit Gegenleistung vergelten bzw. Wert mit Gegenwert austauschen zu wollen (§ 917 ABGB). Ein solches entgeltliches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn nach dem Willen der Vertragsparteien eine Leistung im Sinne einer subjektiven Äquivalenz durch die andere "vergolten" werden soll ().

Auf das Vorhandensein einer solchen Äquivalenz kann dabei auch aus dem Sachverhalt geschlossen werden.

Unter einem Tausch ist gemäß § 1045 ABGB ein Vertrag zu verstehen, wodurch eine Sache gegen eine andere überlassen wird.

Zu Spruchpunkt I.

Beide Parteien räumten sich wechselseitig Dienstbarkeiten ein, welche sich inhaltlich ergänzen und in einem inneren unmittelbaren Zusammenhang stehen. Die Einräumung der Dienstbarkeiten durch eine Partei alleine, hätte eine Realisierung des Wohnprojektes in dieser Form nicht ermöglicht.

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass generell jede denkbare Leistung, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Rechtseinräumng steht, Gegenleistung sein kann (; ).

Im gegenständlichen Sachverhalt war der Wille beider Parteien auf die wechselseitige Einräumung von Dienstbarkeiten zum Zwecke der Errichtung eines Wohnprojektes gerichtet. Aus der Sicht des erkennenden Richters besteht in dieser wechselseitigen Einräumung von Dienstbarkeiten ein tauschähnlicher Vorgang. Es liegt ein synallagmatisches Verhältnis vor, zumal eine Partei die Dienstbarkeiten der anderen Partei nur dann einräumt, wenn diese ihrerseits eine Dienstbarkeit einräumt. Ansonsten wäre inhaltlich die Realisierung des Wohnbauprojektes nicht möglich gewesen. Unter Beachtung der Vertragsbestimmungen nähert sich im wirtschaftlichen Ergebnis diese wechselseitige Dienstbarkeitseinräumung einem Tausch beider Dienstbarkeiten an.

Der Umstand, dass dies aus faktischen und baurechtlichen Gründen, welche das Landesgesetz vorgibt, unabdingbar notwendig gewesen ist, stellt das zugrundeliegende Motiv für die gewollte wechselseitige Einräumung der Dienstbarkeiten dar. Dies ändert nichts am gewollten Austausch von Dienstbarkeiten. Die wechselseitige Einräumung der Dienstbarkeiten ergänzt sich zu einem Ganzen und war der Wille beider Parteien auf die Dienstbarkeitseinräumung zum Zwecke der Verwirklichung des Wohnbauprojektes gerichtet. Es ist schlüssig nachvollziehbar, dass diese Vereinbarung Voraussetzung für die Realisierung des Projektes gewesen ist.

Darin liegt aus Sicht des erkennenden Richters ein wechselseitiger Austausch von Dienstbarkeiten. Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt die vorliegende Dienstbarkeitsvereinbarung ein entgeltliches Rechtsgeschäft iS des § 33 TP 9 GebG dar, weil die eine Partei der anderen Partei Dienstbarkeiten einräumt, damit diese ihrerseits ebenso die notwendigen Dienstbarkeiten "uno actu" einräumt. Die subjektive Äquivalenz leitet sich dabei aus diesem Sachverhalt ab.

Wie bereits erwähnt unterliegt der Gebühr nach § 33 TP 9 GebG nicht erst der Erwerb einer Dienstbarkeit, also ihre grundbücherliche Einverleibung (gemäß § 481 ABGB, Modus, Verfügungsgeschäft), sondern schon die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zur entgeltlichen Erwerbung (Titel, Verpflichtungsgeschäft) derselben.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit a GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.

Unter der Voraussetzung, dass die Einräumung der Dienstbarkeit durch entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt ist, entstand somit im Zeitpunkt der Unterzeichnung für dieses Titelgeschäft die Gebührenschuld. Für die Festsetzung der Gebühren ist nach § 17 Abs. 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich.

Nach dem klaren und zu keinem Zweifel Anlass gebenden Vertragsinhalt räumten sich die beiden Vertragsparteien die Dienstbarkeiten "wechselseitig" ein. In dieser unbestritten "wechselseitig" erfolgten Einräumung der Rechte liegt die mit diesem Titelgeschäft vereinbarte subjektive Äquivalenz der beiden sich zweifelsfrei gegenseitig bedingenden Leistungen.

Bei der Entscheidung über die vorliegende Beschwerdesache geht der erkennende Richter davon aus, dass die Einräumung der einen Dienstbarkeit das subjektive Äquivalent für die Einräumung der anderen Dienstbarkeit bildet, weil sich die Dienstbarkeiten entsprechend dem Willen der Parteien inhaltlich ergänzen.

Einwendungen zur Berechnung:

Die Bf. bekämpft die Berechnungsgrundlage für die Berechnung der Gebühr als viel zu hoch und wendet zusätzlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Festsetzung ein.

Das Finanzamt ermittelte die Bemessungsgrundlage im Schätzungswege und orientierte sich vorerst an den Mietpreisen in vergleichbaren Lage im Bezirk, welche von der Wirtschaftskammer iHv etwa 7,6 Euro /m² angegeben werden. Daraus leitet das Finanzamt pauschal einen angemessenen Preis iHv Euro 3,-/m² für die Tauschflächen ab.

Soweit die Bf. im ergänzendem Schriftsatz meint, die Wertminderung des belasteten Grundstückes (Liegenschaft) sei maßgeblich, weist der erkennende Richter darauf hin, dass diese Dienstbarkeiten erst die geplante Nutzung beider Grundstücke für das geplante Wohnbauprojekt ermöglicht haben.
Die wechselseitige Einräumung der Dienstbarkeiten führte inhaltlich zur Aufwertung beider Grundstücke als Ganzes, zumal nunmehr beide Liegenschaften für das geplante Projekt sinnvoll nutzbar wurden.

Aus der Sicht des erkennenden Richters entspricht die im Schätzungswege abgeleitete Miete für Tiefgaragenplätze iHv Euro 3,00/m² den ortsüblichen Verhältnissen und ist keineswegs zu hoch angesetzt.

Zur Schätzung gemäß § 184 BAO - Bundesabgabenordnung

Nach § 119 BAO muss der Abgabepflichtige die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenlegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Wenn die tatsächlichen Verhältnisse nach § 115 BAO auch von Amts wegen zu ermitteln sind, befreit dies den Abgabepflichtigen nicht von seiner Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht.

In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist bzw. eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück.

Eine erhöhte Mitwirkungspflicht besteht u.a., wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann, oder wenn die Behauptungen des Abgabepflichtigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen. Auch wenn die Partei die sie treffende (erhöhte) Mitwirkungspflicht verletzt, hat die Behörde den maßgebenden Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 167) festzustellen.

Zur freien Beweiswürdigung bestimmt § 167 Abs. 2 BAO, dass im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Dazu Ritz in BAO6, § 167 Tz 8: Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen

Ritz, BAO6, § 184 Tz 3: Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen, somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben ().

Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.

Das Finanzamt hat über einen längeren Zeitraum die Bf. ersucht, die für eine Berechnung maßgeblichen Werte der Dienstbarkeit anzugeben. Demgegenüber hat die Bf. wiederholt darauf hingewiesen, dass nach dem Parteiwillen die Dienstbarkeiten unentgeltlich wechselseitig eingeräumt worden wären.

Aufgrund fehlender Angaben zur Bewertung der wechselseitig eingeräumten Dienstbarkeiten bestand die Befugnis zur Schätzung durch das Finanzamt zu Recht.

Bewertung der Nutzungsrechte:

Im vorliegendem Sachverhalt geht das Finanzamt von einem monatlichen Bestandszins iHv Euro 3,00/m² aus.

Dieser Wert ergibt sich objektiv aus dem Immobilienpreisspiegel 2015 der Wirtschaftskammer, wonach die Miete für Wohnungen in vergleichbarer Lage bei einem guten Wohnwert € 7,60/m2 beträgt. Daraus leitet sich nach Ansicht des Finanzamtes ein Durchschnittsbestandszins für die wechselseitig eingeräumten Dienstbarkeiten iHv Euro 3,00/m² ab. Der Bestandszins wurde mittels Schätzung gemäß § 184 BAO ermittelt, weil die Bf. trotz wiederholten Ersuchens - siehe obige Vorhalteverfahren - keine konkreten Angaben zur Höhe eines allfälligen Bestandszinses gemacht hat.

Wörtlich wurde dies in der Beschwerdevorentscheidung wie folgt begründet:

"Lt. Immobilienpreisspiegel 2015 der Wirtschaftskammer Österreich beträgt die Miete für Mietwohnungen im Bezirk ***8*** bei einem guten Wohnwert € 7,6/m². Da es sich bei den gegenständlichen Flächen nicht um Wohnungen handelt wird der Wert gem. § 184 BAO mit € 3/m² geschätzt."

Der erkennende Richter legt diesen Wertmaßstab abgeleitet vom örtlichen Mietzins auch der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zugrunde.

Hinsichtlich der einzelnen Dienstbarkeiten ist jedoch eine Differenzierung insoweit vorzunehmen, als den Angaben der Bf. teilweise Folge geleistet wird. Die Bf. wendete zur Höhe dieser Schätzung ein, dass Reallasten in dieser Lage mit maximal Euro 0,50/m2 zu bewerten wären. Es ist daher davon auszugehen, dass nicht sämtliche Dienstbarkeiten pauschal mit Euro 3,00/m² zu bewerten sind.

Für Zwecke der Bewertung geht der erkennende Richter davon aus, dass Mietpreise für dienen Tiefagragenplatz durchaus 3 Euro/m² betragen haben. Die Geh- und Fahrrechte im Bereich der Liegenschaft werden mit Euro 0,50/m² bewertet. Die Parkplätze im Freien sind mit Euro 1,00/m² und der Kinderspielplatz mit Euro 1,00/m² zu bewerten.

Hinsichtlich der Zufahrt, Zugang und Ausfahrt der Tiefgaragenfläche im gesamten Ausmaß von 455 m² wird davon ausgegangen, dass die 2/3 der Fläche als Stellplätze zur Verfügung stehen und das weitere Drittel auf Zugang, Zufahrtswege bzw. Ausfahrt entfallen (Pkt 5).


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Pkt der Vereinba-rung
Bezeichnung der Dienstbarkeit
Kennzeichnung im Plan
***Bf1***
Fläche in m²
V. gemn. GenmbH
Fläche in m²
Wert BFG -
1.1
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht für Zufahrt Abgang zur Ebene 0
Lageplan/grün
83
0,50
41,50
1.2
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht für Zufahrt Abgaben zur Ebene 0
Lageplan/grün
40
0,50
20,00
2
Müllbereitstellungsplatz
Lageplan/braun
22
0,50
11,00
2
Müllraum
Ebene -1/hellorange
24
1,00
24,00
3
Besucherparkplätze als Mitnutzungsrecht
Lageplan/gelb
73
1,00
73,00,
3
Besucherparkplätze als Mitnutzungsrecht
Lageplan/gelb
150
150,00
4
Duldung Überbauung
Lageplan/rot
2
0,50
1,00
5.1.
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht der Tiefgaragenzufahrt, -ausfahrt, -abfahrt- und Zugang sowie zur Nutzung der Tiefgaragenplätze
Lageplan/blau Ebene 0/blau Ebene -1/blau
455
151,66 x0,50
=75,83 303,33 x3,00
=910,00 Summe:
985,83
5.2.
Geh- und Fahrrecht als Mitnutzungsrecht zur Nutzung der Tiefgarage
Ebene -1/organe
158
0,50
79,00
6.1.
Kinderspielplatz
Ebene 0/rot
203
1,00
203,00
6.2.
Kinderspielplatz
Ebene 0/rot
190
1,00
190,00
7.
Zugang zum Kinderspielplatz eingeschränkte Gehrecht
Ebene 0/grün
9
0,50
4,50
8.
Parkrecht
Ebene -1/gelb
41
1,00
41,00
9.
Zugang zum Technikraum eingeschränktes Gehrecht
Ebene -1/grün
20
0,50
10,00
10.
Technikraum
Ebene -1/lila
43
1,00
43.00
11.
Parkrecht f einspurige KFZ Hausmeisterraum
Ebene -1/braun
35
1,00
35,00
Summe der gewidmeten Fläche
817
731

Daraus leitet sich folgende Bemessungsgrundlage ab:

Monatliches Nutzungsrecht gemäß § 184 BAO pro m² geschätzt: Euro 1.911,83 zuzüglich der geschätzten anfallenden Erhaltungskosten lt. Vereinbarung monatlich: Euro 200,00.

Die ergibt einen monatlichen Wert des Entgeltes gem. § 33 TP 9 GebG iHv Euro 2.101,83.

Gemäß § 15 Abs. 2 Bewertungsgesetz 1955 sind immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 16 mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten.

Daraus folgt für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage:

monatlicher Bestandswert Euro 2.111,83 x 12 = Euro 25.341,96;

Jahreswert Euro 25.341,96 x 18 = 456.155,28 - davon 2%: Euro 9.123,10.

Soweit die Beschwerdeführerin Verfassungswidrigkeit aus dem Grunde der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes auf Grundlage ihres Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art 2 StGG, Art 7 B-VG) und auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend macht, wird festgestellt, dass der Anwendbarkeit des § 33 TP 9 GebG 1957 auf den vorliegenden Sachverhalt im Hinblick auf die angeführte Judikatur keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen.

Zusammenfassend sah folglich das Finanzamt den Tatbestand der entgeltlichen rechtsgeschäftlichen Dienstbarkeitseinräumung zu Recht verwirklicht an.

Es war somit wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Erkenntnis weicht nicht von der Rechtsprechung des VwGH ab, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen ist.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 TP 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 15 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 15 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
Verweise




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ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100126.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at