Die Festsetzung von Stundungszinsen liegt nicht im Ermessen der Behörde. Die bescheidmäßige Festsetzung von im Vollstreckungsverfahren aufgelaufenen Barauslagen kann nicht mit der Behauptung, die der Vollstreckung zugrundeliegenden Abgabenbescheide seien rechtswidrig entstanden, bekämpft werden (VwGH 20.5.1987, 86/83/0017).
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in den Beschwerdesachen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des ehemaligen Finanzamtes Wien 4/5/10 vom und vom betreffend Festsetzung von Stundungszinsen und Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Stundungszinsen:
Mit Bescheid vom setzte das ehemalige Finanzamt Wien 4/5/10 gegenüber dem nunmehrigen Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) für die Zeit vom bis Stundungszinsen in Höhe von € 229,77 fest.
Dagegen brachte der Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde ein und führte aus, dass von ihm im November/Dezember 2015 und Februar 2016 für den Rückstand von € 11.376,44 jeweils Raten von € 100,00 bezahlt worden seien. Dazu sei anzuführen, dass seine Mutter verstorben sei und dies durch die Überführung und Einäscherung in sein Heimatland Indien hohe Kosten verursacht habe.
Seine Ehegattin leide seit 1993 an Epilepsie, wodurch speziell in den letzten beiden Jahren durch Behandlung privater Ärzte hohe Kosten verursacht worden seien.
Sein Einkommen betrage derzeit € 407,00 brutto. Der Bf. sei selbst krank, habe eine Operation gehabt und ersuche, die Abgabenschuld zu erlassen.
Weiters werde auf die Beschwerde vom verwiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das damalige Finanzamt Wien 4/5/10 die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus:
"Der Abgabenbehörde ist beim Vollzug der Bestimmungen des § 212 Abs. 2 BAO kein Ermessen eingeräumt ().
Ob eine Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen dem Grunde nach gegeben ist, richtet sich danach, ob nach Einbringung eines zeitgerechten Ansuchens um Zahlungserleichterung bzw. nach einer Zahlungserleichterungsbewilligung Abgabenbeträge, die Gegenstand des Ansuchens bzw. der Zahlungserleichterungsbewilligung sind, 750 Euro übersteigen und nicht bis zum jeweiligen Fälligkeitstag oder dem bisher maßgeblich gewesenen davon abweichenden Zahlungstermin entrichtet wurden. Die Stundungszinsen sind tageweise unter Zugrundelegung des jeweils maßgeblichen Rückstandsbetrages in Höhe von viereinhalb Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu berechnen.
Stundungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Die Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen beginnt mit dem Tag der Einbringung eines iSd § 230 Abs. 3 BAO zeitgerechten Ansuchens, frühestens jedoch mit dem Tag, der dem Zahlungstermin folgt; bei diesem Zahlungstermin kann es sich um die Fälligkeit oder um eine gesetzliche oder bescheidmäßig zuerkannte Zahlungsfrist handeln. Dies gilt in den Fällen des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO sinngemäß. Nicht zeitgereicht eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen lösen, auch wenn ihnen nach § 230 Abs. 4 BAO von der Abgabenbehörde einbringungshemmende Wirkung zuerkannt wird, keine Ansprüche auf Stundungszinsen aus.
Der Zeitraum, für den Stundungszinsen zu entrichten sind, endet
- im Fall der Bewilligung einer Zahlungserleichterung mit dem Ende des durch sie bewirkten Zahlungsaufschubes (hierbei ist § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO zu beachten),
- im Fall der Abweisung des Ansuchens um Zahlungserleichterung mit dem Tag vor deren Bekanntgabe (Zustellung),
- abweichend von den beiden vorangeführten Fällen mit der Einleitung oder Fortsetzung von Einbringungsmaßnahmen vor Erledigung des Ansuchens um Zahlungserleichterung, wofür, falls das Ansuchen zeitgerecht iSd § 230 Abs. 3 BAO eingebracht wurde, die Erlassung eines Vollstreckungsbescheides (§ 230 Abs. 7 BAO) erforderlich ist. Wurde im Anschluss an die Einbringungsmaßnahmen dem Ansuchen um Zahlungserleichterung (vollinhaltlich oder teilweise) stattgegeben, so sind für die Zeit ab der Bewilligung der Zahlungserleichterung wieder Stundungszinsen zu entrichten.
- In dem Zeitpunkt, in dem die den Gegenstand der Zahlungserleichterungsbewilligung bildende Abgabe entrichtet ist.
In den Bescheid über die Stattgabe oder die Abweisung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung ist ein Hinweis aufzunehmen, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein gesonderter Bescheid über Stundungszinsen ergehen wird.
Da die Ansuchen von einem rechtskundigen Vertreter gestellt wurden, muss davon ausgegangen werden, dass Sie von Ihrem Vertreter über die Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen informiert wurden.
Besonders interessant erscheint jedoch, dass trotzdem auch nach Stellung dieser Beschwerde, weiterhin Zahlungserleichterungsansuchen gestellt werden.
Es ist jedoch nicht einmal ein rudimentäres Zeichen, auch der, in den Zahlungserleichterungsansuchen angebotenen Zahlungswilligkeit zu erkennen.
Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass die Tätigkeit Ihres Rechtsvertreters nicht ehrenamtlich ist und somit entgeltlich. Dafür dürften Sie die finanziellen Möglichkeiten haben.
Aus den o. a. Gründen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
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Dagegen beantragte der Bf. mit Eingabe vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und führte aus:
"Zur Abgabenschuld darf folgendes mitgeteilt werden:
Ich habe das Gewerbe der ***Firma1*** mit ruhend gemeldet.
Derzeit verdiene ich 407,00 € als Angestellter der ***Firma2***, ***Adr. Fa2***.
Ich hoffe, dass die Sache damit erledigt ist und Sie sich an die Verantwortlichen wenden.
Weiters wird auf die Beschwerde von ***RA*** verwiesen.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme."
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II. Auslagenersätze:
Mit Bescheid - Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen vom setzte das Finanzamt für die Amtshandlung vom gemäß § 26 AbgEO Auslagenersätze in Höhe von € 4,10 fest.
Die im Vollstreckungsverfahren anfallenden Gebühren und Auslagenersätze seien gemäß § 26 Abs. 1 und 3 AbgEO zu entrichten.
Mit Eingabe vom erhob der Bf. dagegen Beschwerde und führte aus, dass der zugrundeliegende Abgabenbescheid falsch ausgestellt worden sei. Das Finanzamt möge sich an den Geschäftsführer bzw. Zuständigen der Firma ***Firma2*** wenden.
Der Bf. sei nur Angestellter der genannten Firma gewesen und ersuche daher, die Abgabenschuld zu erlassen.
Weiters werde auf die Beschwerde vom verwiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.
Gemäß § 26 Abgabenexekutionsordnung habe der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens Gebühren zu entrichten.
Aufgrund des vollstreckbaren Rückstandes am sei die Forderungspfändung durchgeführt worden, daher bestünden die festgesetzten Kosten zu Recht.
Mit Vorlageantrag vom teilte der Bf. zur Beschwerdevorentscheidung Folgendes mit:
"Eine Abgabenexekution bei meiner Person ist nicht rechtens,
seit bin ich nicht mehr selbstständig, dies wurde Ihnen und der SVA mehrmals mitgeteilt; bin nur Angestellter der ***Firma2***, daher ersuche ich mir die Abgabenschuld zu erlassen und an die Verantwortlichen zu wenden.
Der Bescheid zugrunde liegende Schuld ist falsch ausgestellt, bitte wenden Sie sich an den Geschäftsführer bzw. Zuständigen der ***Firma2***,
Ich war und bin nur "Angestellter" der ***Firma2***, ***Adr. Fa2***.
Daher ersuche ich die Abgabenschuld zu erlassen.
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Mit Vorlageberichten vom legte das Finanzamt Österreich als Rechtsnachfolger des Finanzamtes Wien 4/5/10 die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
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Die Beschwerde des Bf., eingebracht durch seinen Vertreter, ***Ra***, vom gegen den Bescheid vom betreffend Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Umsatz- und Einkommensteuern 2002-2005 im Gesamtbetrag von € 276.193,61 wurde von ihm in beiden Beschwerdeverfahren angesprochen und wird daher auszugsweise wiedergegeben:
"A. Zur Anfechtung dem Grunde nach
Die angefochtenen Bescheide gehen zu Unrecht davon aus, dass der Beschwerdeführer aus wirtschaftlicher Sicht als Unternehmer anzusehen und daher als Abgabenpflichtiger in Anspruch zu nehmen wäre.
A.1.1. Zum Berufungsgrund unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung:
Der angefochtene Bescheid stützt sich letztendlich auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, welche in der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht festgehalten sind. Die in dieser Beschwerde belangte Behörde geht undifferenziert und ohne eigene Prüfung auch inhaltlich von diesen aus.
Über die Schlussbesprechung vom vor der mit der Außenprüfung betrauten Prüferin wird zu Unrecht ausgeführt: ,Hr. ***Bf1*** wird unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Unternehmer der Verkaufsstände Zentrum Kagran, Gumpendorfer Straße, Margaretengürtel, Gaudenzdorfer Gürtel und Praterstern und Taborstraße sowie Pragerstraße angesehen.
Die in der Niederschrift angeführten Ergebnisse von Nachforschungen der Prüferin haben mit der zu prüfenden Frage der Unternehmereigenschaft nichts zu tun und liefern keinesfalls den erforderlichen Beweis für die Feststellung der Person des Abgabenpflichtigen.
Als unrichtig wird daher die Feststellung angefochten, der Beschwerdeführer sei unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Unternehmer der angeführten Verkaufsstände zu werten.
Begehrt wird stattdessen die Feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass er als Unternehmer der zitierten Verkaufsstände fungiere und zu keinem Zeitpunkt fungierte, da das durchgeführte Verfahren keinerlei Beweis für seine Unternehmereigenschaft erbrachte.
Die von der Behörde eingeholten Auskünfte über die Verkaufsstände Zentrum Kagran, Gumpendorferstraße sowie Margaretengürtel/Gaudenzdorfer Gürtel relevieren nicht die Frage der Person des Steuerpflichtigen.
Die Behörde gelangt aufgrund einer Fehleinschätzung der ihr zur Verfügung stehenden Informationen zur unrichtigen Annahme, ***Bf1*** wäre als Unternehmer anzusehen und daher in die Steuerpflicht zu nehmen. Die in dieser Beschwerde belangte Behörde geht ebenso undifferenziert und ohne eigene Prüfung von diesen aus!
Tatsächlich war Herr ***Bf1*** lediglich als Angestellter bei der ***Firma2*** beschäftigt, welcher Umstand durch den Auszug der Sozialversicherungsdaten untermauert wird.
Herr ***Bf1*** war Angestellter der ***Firma2*** und als solcher notwendigerweise in den Verkaufsständen anwesend. Wenn eine Mobiltelefonnummer auf einer für die ***Firma2*** ausgestellten Rechnung aufscheint, so beweist dies lediglich, dass Herr ***Bf1*** als Kontaktperson gegenüber Lieferanten fungiert, weil er der deutschen Sprache besser mächtig ist als andere Angestellte der ***Firma2***.
Nachstehende Gründe sprechen zweifelsfrei gegen die Annahme der Unternehmereigenschaft des Beschwerdeführers.
***Der Bf.*** ist nicht (mehr) im Besitz eines Gewerbescheines. Die Berechtigung zur Führung eines Gewerbes wurde von Herrn ***Bf*** bereits mit tt.07.1995 zurückgelegt, welcher Umstand sich aus dem beiliegenden Vermerk des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4. und 5. Bezirk Wien vom ergibt.
Aus dem Gewerberegister ist zu entnehmen, dass Herr ***Bf*** nicht als Inhaber einer Gewerbeberechtigung geführt wurde.
lm vorgelegten Auszug des Verbandes der Sozialversicherungen über die Versicherungszeiten scheint Herr ***Bf*** durchgehend als sozialversichert auf, dies aufgrund von Angestelltendienstverträgen, Arbeitslosenmeldung, Krankengeld- oder Notstandsgeldbezugs bzw. zuletzt (seit ) aufgrund seiner Beschäftigung als Angestellter bei der ***Firma2***. Dem Auszug aus dem offenen Firmenbuch lässt sich entnehmen, dass Herr ***Bf*** keinerlei Funktionen bei der ***Firma2*** ausübt.
Es wurden daher die auf dieser unrichtigen Annahme beruhenden Bescheide durch Fr. ***H.***, die damalige Rechtsanwältin des Beschwerdeführers, auch konsequenterweise mit Rechtsmitteln bekämpft, welchen jedoch aus unerfindlichen Gründen keine Folge gegeben worden war.
A.1.2. Zum Beschwerdegrund der wesentlichen Verfahrensmängel:
Die Behörde erster Instanz setzte sich mit Herr ***Bf1*** Vorbringen und den von diesem angebotenen Beweismitteln, welche den Umstand betreffen, dass der Beschwerdeführer nicht als Unternehmer der Verkaufsstände anzusehen ist, in keiner Weise auseinander.
A.1.3. Zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Beurteilung seiner Person als Unternehmer der angeführten Verkaufsstände zugrunde.
Der von der Behörde angestellten Beurteilung der Unternehmereigenschaft aus wirtschaftlicher Sicht kann nicht gefolgt werden.
Der Steuerpflicht liegt der Unternehmerbegriff des allgemeinen Zivil- und Handelsrechtes zugrunde, wonach als Unternehmer anzusehen ist, wer in selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit in einer auf Dauer angelegten Organisation auf eigene Rechnung tätig ist.
Die von der Behörde erster Instanz angezogene wirtschaftliche Betrachtungsweise geht mit den getroffenen Feststellungen über das Ergebnis von Prüfungserhebungen nicht konform.
Diese Feststellungen können die rechtliche Qualifikation des Beschwerdeführers als Unternehmer nicht stützen.
Vielmehr vermögen diese Erhebungsergebnisse lediglich die nicht bestrittene Tatsache untermauern, dass der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Angestellter der ***Firma2*** an den Verkaufsständen tätig und mit Verrichtung von Einkäufen und Verkäufen der ***Firma2*** betraut war.
Mit dieser rechtlichen Frage hat sich die Behörde erster Instanz nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt. Die in dieser Beschwerde belangte Behörde geht ebenso undifferenziert und ohne eigene Prüfung von diesen aus!
B. zur Anfechtung der Höhe nach:
Die Aufhebung der Aussetzung (also im Ergebnis die Einhebung) von Anspruchszinsen leidet gleichfalls unter den angezogenen Beschwerdegründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung, wesentlicher Verfahrensmängel und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
B.1.1. Zum Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung
Als unrichtig angefochten wird die Festlegung der Bemessungsgrundlage für die Steuerpflicht durch Feststellung des Gesamteinkommens.
Wie er in seiner Stellungnahme vom ausgeführt hatte, ist der von der Behörde angenommene Gesamtbetrag des steuerpflichtigen Einkommens des Beschwerdeführers hinsichtlich sämtlicher Verkaufsstände vollkommen aus der Luft gegriffen und unrealistisch.
Es handelte sich gegenständlich um kleine Verkaufsstände im Wesentlichen zum Verkauf von Getränken, Naschwerk und Eis, sohin um Waren mit geringen Verkaufspreisen. Als behördenbekannt ist vorauszusetzen, dass immer stärker werdende Handels- bzw. Gastronomieketten, z.B. McDonald`s u.a., eine starke Konkurrenz darstellen und das Einkommen aus Verkaufsständen schmälern. Gerade im verfahrensrelevanten Zeitraum zwischen 2002 und 2005 verschärfte sich bekannter Maßen der Konkurrenzdruck durch diese sich örtlich und umsatzmäßig ausweitenden Ketten, sodass gegenüber den Abrechnungszeiträumen vor 2000 von einer erheblichen Reduktion des Einkommens aus Verkaufsständen auszugehen ist.
Die behördenseits angenommenen Einkommensbeträge stimmen jedenfalls weder mit dem Warensortiment der Verkaufsstände überein noch entsprechen sie der wahrnehmbaren Kundenfrequenz.
Eine Vorschreibung von Anspruchszinsen gegenüber dem Beschwerdeführer vorzunehmen, kann ohne eine (von Anbeginn an) mündlich erfolgte Überprüfung der Eigenschaft des Beschwerdeführers dahingehend, ob dieser als Unternehmer tätig war und ist, niemals erfolgen.
B.1.2. Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Es wird darauf verwiesen, dass die Aufhebung der Aussetzung der Einhebung nach nunmehr neuneinhalb Jahren (Bescheid v. über die Aussetzung der Einhebung anbei) den Beschwerdeführer auf das Äußerste überraschend. und nicht zu erwartender Maßen, betrifft.
Das Ermessen der belangten Behörde, die vor solch langer Zeit erfolgter Aussetzung wieder rückgängig zu machen, erfolgt unzweckmäßig und rechtswidrig, da nach Verstreichen solch langer Zeit bereits ein Vertrauenstatbestand nach Treu und Glauben geschaffen wurde.
Es wird daher trotz § 254 BAO auch beantragt, der Beschwerde eine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Aussetzungszinsen in Höhe von € 77.181,19, wie dem Beschwerdeführer mitgeteilt, berechnet am , dem Beschwerdeführer am zugestellt, werden aus anwaltlicher Vorsicht, auch wenn hierüber kein Bescheid zugestellt worden ist, inhaltlich bereits Beschwerde geführt und deren Unrichtigkeit behauptet, dies ausgehend von allen obigen Gründen.
Aussetzungszinsen können dem Beschwerdeführer mangels Zumutbarkeit nicht vorgeschrieben werden, dieser lebt von einer Notstandshilfe (monatlich € 401,00) und wird seitens seines Bruders finanziell unterstützt."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
Mit Schriftsatz vom brachte ***RA*** namens des nunmehrigen Bf. ein Ratenansuchen ein.
Selbst unter Anspannung aller seiner finanziellen Möglichkeiten sei der Bf. finanziell lediglich in der Lage, eine monatliche Rate von € 100.- zur Abdeckung von FA-Schulden zu leisten. Der Bf. ersuche um Einräumung der Möglichkeit, seine Abgabenschulden mit monatlich € 100.- zur Abdeckung zu bringen.
Dieses Zahlungserleichterungsansuchen wies das Finanzamt mit Bescheid vom ab.
Mit dem hier gegenständlichen Bescheid vom setzte das ehemalige Finanzamt Wien 4/5/10 für die Zeit vom bis Stundungszinsen in Höhe von € 229,77 fest.
Rechtlich war zu würdigen:
Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde gemäß § 212 Abs. 1 BAO für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird, erstrecken.
Für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 750 Euro übersteigen, sind gemäß § 212 Abs. 2 BAO,
a) solange auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen oder
b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt,
Stundungszinsen in Höhe von viereinhalb Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten; Im Fall eines Terminverlustes gilt der Zahlungsaufschub im Sinn dieser Bestimmung erst im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises als beendet. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Stundungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Stundungszinsen bilden den wirtschaftlichen Ausgleich für den Zinsverlust, den der Abgabengläubiger dadurch erleidet, dass er die geschuldete Abgabenleistung nicht bereits am Tag der Fälligkeit erhält (vgl. mwN).
Die Höhe der festgesetzten Stundungszinsen wurde nicht in Streit gezogen, vielmehr begründet der Bf. seine Beschwerde mit seiner wirtschaftlichen und gesundheitlichen Situation.
Diese Begründung kann der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, da der Abgabenbehörde beim Vollzug der Bestimmung des § 212 Abs. 2 BAO kein Ermessen eingeräumt ist und diese Norm nicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen knüpft.
Die Festsetzung von Säumniszuschlägen und Stundungszinsen setzt den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraus (vgl. , 0146). Nach dem festgestellten Sachverhalt liegt eine solche Zahlungsverpflichtung vor und übersteigt den von § 212 Abs. 2 BAO geforderten Betrag von 750 Euro deutlich. Die festgesetzten Stundungszinsen übersteigen den Mindestbetrag von 50 Euro.
Aus dem Beschwerdevorbringen gegen den Bescheid vom über die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung und Festsetzung von Aussetzungszinsen, wonach der Bf. lediglich Angestellter der ***Firma2*** und nicht selbst Unternehmer hinsichtlich der geprüften Marktstände sei, lässt sich nichts gewinnen, weil die Frage der inhaltlichen Richtigkeit von Abgabenbescheiden im Verfahren betreffend die Gewährung einer Zahlungserleichterung nicht Entscheidungsgegenstand sein kann, da die Höhe einer festgesetzten Abgabenschuld nur mit Beschwerde gegen den betreffenden Abgabenbescheid bekämpft werden kann (vgl. ).
Weiters lässt sich auch aus dem Vorbringen im Schriftsatz vom , dass der Aussetzungszinsenbescheid vom in Höhe von € 77.181,19, (dieser Betrag war am fällig, daher auch ab Teil der Bemessungsgrundlage für die hier gegenständlichen Stundungszinsen), nicht zugestellt worden sei, nichts gewinnen, da gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob ein Leistungsgebot zugestellt wurde (nur dann wäre die Buchung rechtmäßig gewesen) in einem Abrechnungsverfahren nach §216 BAO zu klären ist.
Davon abgesehen hat der Bf. seiner Eingabe vom das Berechnungsblatt für die Aussetzungszinsen in Höhe von € 77.181,19 in Ablichtung angeschlossen. Der Aussetzungszinsenbescheid besteht aus 2 Blättern - Blatt 1 der Bescheid, Blatt 2 Berechnung der Zinsen. Die Erstellung und Versendung erfolgt vollautomatisiert durch das Bundesrechenzentrum in einem Fensterkuvert. Das Adressfeld befindet sich nur auf dem Bescheid, nicht auf dem Berechnungsblatt. Eine alleinige Zustellung des Berechnungsblattes in einem Fensterkuvert ist daher schon aus diesem Grund nicht möglich.
Da, wie dargestellt, alle Voraussetzungen des § 212 Abs. 2 lit. a BAO erfüllt sind und die Festsetzung der Stundungszinsen nicht im Ermessen liegt (vgl. ), war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
II. Auslagenersätze:
Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:
Die Pfändungsgebühr anlässlich einer Pfändung im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.
Gemäß § 26 Abs. 2 AbgEO sind die im Abs. 1 genannten Gebühren auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.
Gemäß § 26 Abs. 3 erster Satz AbgEO hat der Abgabenschuldner außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen.
Gemäß § 26 Abs. 5 AbgEO werden Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).
Zu den vom Abgabepflichtigen zu ersetzenden Barauslagen (§ 26 Abs. 3 AbgEO) zählen auch Postspesen (Postgebühren), die mangels einer besonderen gesetzlichen Bestimmung auch im Vollstreckungsverfahren nicht einfach überwälzt, sondern nur als Kosten des Verfahrens vorgeschrieben werden können (Liebig, AbEO-Kommentar, § 26, Tz 10).
Nach der Aktenlage wurde zur Einbringung des vollstreckbaren Rückstandes des Bf. in Höhe von € 379.374,63 laut Rückstandsausweis vom die Pfändung und Überweisung von Geldforderungen durchgeführt.
Die Festsetzung der Pfändungsgebühr erfolgte somit zu Recht.
Dem Vorbringen des Bf., dass er seit 1991 nicht mehr selbstständig sei und die dem Bescheid zugrunde liegende Schuld falsch ausgestellt sei, ist zu erwidern, dass der Bf. damit die Abgabenfestsetzungsbescheide bekämpft.
Gemäß der ständigen Rechtsprechung des VwGH kann die bescheidmäßige Festsetzung von im Vollstreckungsverfahren aufgelaufenen Barauslagen nicht mit der Behauptung, die der Vollstreckung zugrunde liegenden Abgabenbescheide seien rechtswidrig entstanden, bekämpft werden ().
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212 Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 5 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100335.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at