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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 23.05.2022, RV/1100192/2020

Ist eine Witwenrente der Schweizer SUVA als steuerfrei zu behandeln?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende ***Ri***

sowie den weiteren Richter ***2*** und die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4***

in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

betreffend die Bescheide des ***FA*** vom hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, StNr. 98-916/1005,

nach einer am im Beisein der Schriftführerin ***1*** durchgeführten Senatsverhandlung

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde betreffend die Einkommensteuer 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde betreffend die Einkommensteuer 2018 wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Die angefochtenen Bescheide enthielten die Begründung "Die SUVA-Rente ist ebenfalls in Österreich zu versteuern."

Dagegen wandte sich die Beschwerdeführerin und erläuterte in ihren Beschwerden: Ihr Ehegatte sei in der Schweiz als Grenzgänger beschäftigt gewesen. Am aabbcccc habe er einen Arbeitsunfall erlitten, welcher tödlich endete. Der SUVA bezahle ihr eine Unfallrente, die nicht besteuert werden dürfe.

Unfallrenten seien ab dem Jahr 2004 vom Verfassungsgerichtshof von der Besteuerung ausgenommen worden. Die Abgabenbehörde habe in ihren Bescheiden nicht begründet, warum die SUVA-Rente in Österreich steuerpflichtig behandelt werden solle.

Für das Jahr 2018 machte sie zudem den Alleinerzieherabsetzbetrag sowie Sonderausgaben i.H.v. € 5.840,00 geltend.

Die Beschwerdeführerin legte einen Auszug aus einem nicht näher bezeichneten Steuerratgeber bei, der vermerkt "Die Besteuerung der gesetzlichen Unfallrenten wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, sodass die Unfallrenten seit 2004 wieder komplett steuerfrei sind."

Für das Jahr 2017 wurde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung erlassen und in ihr ausgeführt: Die Beschwerdeführerin habe beantragt, ihre SUVA-Rente von der Besteuerung auszunehmen. Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 seien dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspreche, von der Einkommensteuer befreit.

Die Rente nach dem Schweizer UVG solle in erster Linie einen Verdienstentgang abgelten und stelle daher einen steuerpflichtigen Einkommensersatz dar, während die inländische Versehrtenrente einen Schadenersatzcharakter habe. Aufgrund der unterschiedlichen Zweckbestimmungen der Geldleistungen nach dem Schweizer Unfallversicherungsgesetz und dem Österreichischen ASVG seien diese somit nicht dem Grunde und der Höhe nach gleichartig. Die Steuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 könne daher nicht zur Anwendung kommen. Zum Vergleich verwies die Abgabenbehörde auf das Erkenntnis des .

Für das Jahr 2018 erging eine Beschwerdevorentscheidung, die den beantragten Alleinerzieherabsetzbetrag sowie Sonderausgaben berücksichtigte. Im Hinblick auf die geltend gemachte Steuerfreiheit der SUVA-Rente wurde in der Begründung auf jene für das Jahr 2017 verwiesen.

In der Folge brachte die Beschwerdeführerin Anträge auf Vorlage ihrer Beschwerden an das Bundesfinanzgericht ein und führte aus: Die Begründung der Beschwerdevorentscheidungen zur SUVA-Rente samt zitiertem Erkenntnis des BFG könne auf ihren Fall keine Anwendung finden. Sie beantrage daher die Entscheidung durch den zuständigen Senat des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 272 BAO.

Im Akt befinden sich Rentenbescheinigungen der SUVA für die Streitjahre. Als Leistungsart ist angegeben "Hinterlassenenrente", als Versicherungszweig "Berufsunfall". Für beide Streitjahre (2017 und 2018) wird als ausgerichtete Leistung eine Rente in Höhe von je CHF 20.562,00 ausgewiesen.

II. Ermittlungen durch die Richterin:

Die Richterin wandte sich mit nachstehendem Ergänzungsersuchen an die Beschwerdeführerin:

Nach Aktenlage erhalten Sie von der Schweizer SUVA eine Hinterlassenenrente aufgrund eines tödlichen Arbeitsunfalles Ihres Gatten.

1. Beziehen Sie neben der SUVA-Hinterlassenenrente auch eine Witwenrente der AHV/IV? Wenn ja, bitte entsprechende Nachweise vorlegen.

2. Falls Frage 1.) mit nein zu beantworten ist: Wird Ihre SUVA-Hinterlassenenrente ab einem bestimmten Zeitpunkt - etwa wenn Sie das Rentenalter gemäß AHV erreichen - durch eine Witwen-(Hinterlassenen-) Rente der AHV/IV ersetzt werden?

3. Bitte reichen Sie eine schriftliche Stellungnahme der SUVA bzw. AHV/IV ein, aus der hervorgeht, in welchem Verhältnis Ihre SUVA-Hinterlassenenrente zu einer AHV/IV-Witwenrente steht.

Die Beschwerdeführerin übermittelte durch ihren steuerlichen Vertreter E-Mails der SUVA bzw. AHV folgenden Inhalts:

SUVA-Kompetenz-Center: "Stirbt eine nach dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung versicherte Person nach einem Unfall, so hat die Witwe Anspruch auf eine Witwenrente, sofern sie Kinder hat/hatte oder älter als 45 Jahre ist. Diese Rente beträgt 40 % des versicherten Verdienstes (Verdienst im Jahr vor dem Unfall der versicherten verstorbenen Person). Gleichzeitig besteht für Witwen aus der 1. Säule (Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV) ebenfalls ein Anspruch auf eine Witwenrente. Diese beiden Witwenrenten werden kumulativ ausbezahlt. Es könnte einzig zu einer Kürzung der Unfallversicherungsrente kommen, wenn beide Renten zusammen 90 % des UVG-versicherten Verdienstes überschreiten. Das ist bei der Rente der Frau x jedoch nicht der Fall."

SUVA, Bescheinigung Berufsunfall, gerichtet an die Beschwerdeführerin: "…. Bei der Ausrichtung einer SUVA-Hinterlassenen Rente und einer Witwenrente der AHV wird die Komplementärrente geprüft. D. h., die SUVA-Rente und die AHV-Rente dürfen zusammen nicht mehr als 90 % des versicherten Verdienstes ergeben, ansonsten wird die SUVA-Rente gekürzt. Vorliegend wurde diese Prüfung vorgenommen und es erfolgte keine Kürzung der SUVA-Rente. Sie haben folglich Anspruch auf beide Renten."

Im Weiteren wurde die Witwenrente der Beschwerdeführerin ab ausgewiesen mit einem Rentensatz von 40 % als Monatsrente i.H.v. CHF 1.309, ergänzt um eine Teuerungszulage von CHF 404,50, was als Monatssumme einen Betrag von CHF 1.713,50 ergibt.

Seitens der AHV liegt nachstehendes, an die Beschwerdeführerin gerichtetes Schreiben im Akt auf: "Wir beziehen uns auf Ihre Anfrage und bestätigen Ihnen hiermit Art und Höhe der durch die Schweizerische Ausgleichskasse ausgerichteten monatlichen Leistungen der Alters-und Hinterlassenenversicherung AHV.

Ordentliche Witwenrente für x geb. am xy ab 01/2022 CHF 386,00, von 01/2021 bis 12/2021 CHF 386,00. Es werden zwölf Renten ohne Abzug von Steuern und Gebühren entrichtet. Der überwiesene Rentenbetrag beläuft sich für das Jahr 2021 auf CHF 4.632,00.

Die schweizerische Unfallversicherung (SUVA) ist gesondert geregelt und untersteht nicht den Bestimmungen der AHV. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an diese Stelle."

1.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

  1. Der Gatte der Beschwerdeführerin ging einer Beschäftigung als Grenzgänger in die Schweiz nach.

  2. Am aabbcccc erlitt einen Arbeitsunfall, der zu seinem Tod führte.

  3. Die Beschwerdeführerin erhielt in der Folge eine Unfallrente der SUVA, die von der Abgabenbehörde als steuerpflichtig behandelt wurde.

  4. Sie beantragte für die Streitjahre eine Steuerfreistellung der Schweizer Unfallrente.

  5. Die Witwenrente aus der Unfallversicherung SUVA wird kumulativ mit der Witwenrente aus der 1. Säule (Alters-und Hinterlassenenversicherung AHV) ausbezahlt.

Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt und Ermittlungen der Richterin.

2. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit Erstattungsbeträge für Kosten im Zusammenhang mit der Unfallheilbehandlung oder mit Rehabilitationsmaßnahmen, weiters Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht, …

§ 215 Abs. 1 ASVG normiert: Wurde der Tod des (der) Versicherten durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursacht, so gebührt der Witwe (dem Witwer) bis zu ihrem (seinem) Tod oder ihrer (seiner) Wiederverheiratung eine Witwen-(Witwer-) Rente von jährlich 20 % der Bemessungsgrundlage.

Aus Abs. 2 leg cit. geht hervor: Solange die im Abs. 1 genannte anspruchsberechtigte Person durch Krankheit oder andere Gebrechen wenigstens die Hälfte ihrer Erwerbsfähigkeit verloren oder wenn die Witwe das 60., der Witwer das 65. Lebensjahr vollendet hat, beträgt die Witwen- (Witwer-) Rente jährlich 40 % der Bemessungsgrundlage. Die Erhöhung der Witwen- (Witwer-) Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit wird nur gewährt, wenn diese länger als drei Monate bestanden hat.

§ 179 Abs. 1 ASVG bestimmt: "In der Unfallversicherung ist Bemessungsgrundlage … die Summe der allgemeinen Beitragsgrundlagen im letzten Kalenderjahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles" ….

Ausländische Rechtslage:

Gemäß Art. 7 des Schweizer UVG (Bundesgesetz über die Unfallversicherung) gelten als Berufsunfälle Unfälle, die dem Versicherten zustoßen bei Arbeiten, die er auf Anordnung des Arbeitgebers oder in dessen Interesse ausführt; während der Arbeitspausen sowie vor und nach der Arbeit, wenn er sich befugterweise auf der Arbeitsstätte oder im Bereiche der mit seiner beruflichen Tätigkeit zusammenhängenden Gefahren aufhält.

Gemäß Art. 28 UVG haben der überlebende Ehegatte und die Kinder, wenn der Versicherte an den Folgen eines Unfalles stirbt, Anspruch auf Hinterlassenenrenten.

Gemäß Art. 29 UVG hat der überlebende Ehegatte Anspruch auf eine Rente, wenn er bei der Verwitwung eigene rentenberechtigte Kinder hat oder mit anderen durch den Tod des Ehegatten rentenberechtigt gewordenen Kindern im gemeinsamen Haushalt lebt oder wenn er mindestens zu zwei Dritteln invalid ist oder es binnen zwei Jahren seit dem Tode des Ehegatten wird. Die Witwe hat zudem Anspruch auf eine Rente, wenn sie bei der Verwitwung Kinder hat, die nicht mehr rentenberechtigt sind, oder wenn sie das 45. Altersjahr zurückgelegt hat, sie hat Anspruch auf eine einmalige Abfindung, wenn sie die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente nicht erfüllt.

Gemäß Art. 15 UVG werden Taggelder und Renten nach dem versicherten Verdienst bemessen. Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn.

Gemäß Art. 31 UVG betragen die Hinterlassenenrenten vom versicherten Verdienst für Witwen und Witwer 40 %. Haben die Hinterlassenen Anspruch auf Renten der AHV oder der IV, so wird ihnen gemeinsam eine Komplementärrente gewährt; diese entspricht der Differenz zwischen 90 % des versicherten Verdienstes und den Renten der AHV oder der IV höchstens aber dem in Abs. 1 vorgesehenen Betrag (Anm.: = 40%).

Strittig ist: Ist die Witwenrente, welche die Beschwerdeführerin von der SUVA bezieht, steuerfrei gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988?

Soweit die Abgabenbehörde in ihrer abweisenden Beschwerdevorentscheidung unter Stützung auf das Erkenntnis BFG, , RV/1100448/2012, ausgeführt hat, es liege eine unterschiedliche Zweckbestimmung der Geldleistungen nach dem Schweizer Unfallversicherungsgesetz und nach dem österreichischen ASVG vor, daher sei die dem Grunde und der Höhe nach geforderte "Gleichartigkeit der Beträge" iSd § 3 Absatz 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 nicht gegeben und die Steuerbefreiung stehe nicht zu, ist auszuführen:

In dem zitierten Erkenntnis hatte sich das BFG mit der Vergleichbarkeit einer von der SUVA gewährten Invalidenrente und einer inländischen Versehrtenrente auseinanderzusetzen.

Zutreffend hat die Beschwerdeführerin in ihrem Vorlageantrag angemerkt, dass eine Vergleichbarkeit mit ihrem Fall nicht gegeben ist, handelt es sich doch gegenständlich nicht um eine Invaliden- oder Versehrtenrente, sondern um eine von der Unfallversicherungsanstalt ausgerichtete Witwenrente nach einem Arbeitsunfall des Ehegatten mit tödlichem Ausgang.

Aus einem Fachartikel lässt sich dazu ableiten: "Die Steuerfreiheit der Witwenrente von der schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ist gegeben, wenn unter den gleichen Bedingungen eine Unfallrente im österreichischen Sozialversicherungsrecht (ASVG) vorgesehen ist. Dies ist der Fall, wenn der Tod des Versicherten durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursacht wurde. Dann gebührt der Witwe bis zu ihrem Tod oder ihrer Wiederverheiratung eine Witwenrente. Wurde hingegen der Tod nicht durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursacht, dann ist in der Unfallversicherung des ASVG eine Unfallrente nicht vorgesehen.

Ist Ursache der SUVA-Witwenrente ein Nichtbetriebsunfall, dann wäre dieser Fall in Österreich nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt; es besteht kein Anspruch auf Witwenrente aus dem Titel der Unfallversicherung. Dies bedeutet, dass die SUVA-Rente nicht einer inländischen gesetzlichen Unfallrente, sondern vielmehr einer inländischen, der Einkommensteuer unterliegenden Hinterbliebenenpension entspricht" (SWK Heft Nr. 31/1998, 689 bzw. RdW 1998, 713).

Unstrittig wird gemäß § 215 Abs. 1 ASVG bei einem Arbeitsunfall mit tödlichem Ausgang der Witwe eine Rente ausgerichtet. Das österreichische Sozialversicherungsrecht sieht also unter den selben Bedingungen wie das Schweizer UVG (Art. 7, Art. 28, Art. 29) die Gewährung einer Witwen-Unfallrente vor.

In einem weiteren Schritt ist aber zu prüfen, ob die Beträge aus der ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung dem Grunde und der Höhe nach (vgl. § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988) den Geldleistungen aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung gleichartig sind.

Sowohl die Schweizer als auch die österreichische Witwen- Unfallrente soll ihrem Grunde nach den Unterhaltsausfall ausgleichen, der durch den Tod des Ehepartners entsteht, den Lebensstandard der Hinterbliebenen sichern, die wirtschaftlichen Folgen von Berufsunfällen mindern; (vgl. www.sozialleistungen.at, www.auva.at, www.gebo.ch.uvg).

Nach § 215 Abs. 1 ASVG ist die Gewährung einer Witwenrente an die hinterbliebene Gattin, soweit der Tod des Versicherten durch einen Arbeitsunfall verursacht wurde, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft, sondern lediglich mit ihrem Tod oder ihrer Wiederverheiratung befristet.

Nach Art. 29 UVG hat der überlebende Ehegatte Anspruch auf eine Rente wenn er Kinder hat oder hatte, mindestens zu zwei Dritteln invalid ist oder es binnen zwei Jahren seit dem Tod des Ehegatten wird oder wenn die Witwe das 45. Altersjahr zurückgelegt hat.

Die Prämien zur Schweizer Berufsunfallversicherung gehen zulasten des Arbeitgebers (www.gebo.ch.uvg), auch die österreichischen Unfallversicherungsbeiträge werden von den Dienstgebern getragen (Ruß/Janotka in "Arbeitsunfall und Berufskrankheit-Versicherungsfälle und Leistungen", Juli 2021).

Ein Vergleich der in -und ausländischen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversorgung der Höhe nach führt zu folgendem Ergebnis:

Die Schweizer Hinterlassenenrente vom versicherten Verdienst beträgt für Witwen 40%. (Art. 31 UVG). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Art. 15 UVG). Zu einer Kürzung der Unfallversicherungsrente kann es einzig dann kommen, wenn die SUVA-Rente und die gleichzeitig ausbezahlte AHV-Rente zusammen 90 % des UVG-versicherten Verdienstes überschreiten (siehe oben, Schreiben des SUVA-Kompetenz-Centers sowie Art. 31 UVG "Komplementärrente").

Im Falle der Beschwerdeführerin ist es nicht zu einer Kürzung der SUVA-Rente gekommen (siehe oben, Schreiben der SUVA-Stellen).

Nach österreichischem Recht gebührt der Witwe, die ihren Gatten durch einen Arbeitsunfall verloren hat, eine Rente von 20 % der Bemessungsgrundlage. Diese Rente wird auf 40 % der Bemessungsgrundlage erhöht, wenn und solange die Witwe durch Krankheit oder Gebrechen zumindest die Hälfte ihrer Erwerbsfähigkeit für länger als drei Monate verloren hat oder wenn die Witwe das 60. Lebensjahr vollendet hat (§ 215 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG).

Bemessungsgrundlage ist gemäß § 179 Abs. 1 ASVG die Summe der allgemeinen Beitragsgrundlagen im letzten Kalenderjahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles.

In zusammenfassender Würdigung ist festzustellen:

Dem Grunde nach liegt eine Vergleichbarkeit der in-und ausländischen Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversorgung für die Witwe vor, obwohl der Anknüpfungspunkt nach Schweizer UVG diffiziler ist als der nach österreichischem ASVG. So genügt es nach Schweizer Recht - im Gegensatz zum österreichischen Recht - nicht, dass der Tod des Versicherten durch einen Arbeitsunfall verursacht wurde, vielmehr setzt der Anspruch auf eine Rente das Vorhandensein von Kindern, eine Invalidität oder die Überschreitung des 45. Altersjahres bei der Witwe voraus.

In beiden Fällen geht es jedoch um die Abmilderung der wirtschaftlichen Härten, die durch den Tod des Versicherten für die Witwe bzw. die Hinterbliebenen entstanden sind, in beiden Fällen erfolgt die Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung durch die Arbeitgeber.

Der Höhe nach kann jedoch nicht von einer Gleichartigkeit der Geldleistungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 gesprochen werden, zumal die Schweizer Unfall-Witwenrente grundsätzlich 40 % der Bemessungsgrundlage, die österreichische Unfall-Witwenrente grundsätzlich 20 % der Bemessungsgrundlage beträgt.

Auch die Bemessungsgrundlage ist nicht gänzlich ident: Während die Schweizer Rente von dem Lohn berechnet wird, der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogen wurde, stellt das österreichische Recht auf den Lohn im letzten Kalenderjahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ab.

Umgelegt auf den Streitfall gelangte der Senat zu folgender Rechtswürdigung:

Es wird von einer annähernden Gleichartigkeit der Witwenrente der Beschwerdeführerin im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 - auch der Höhe nach - erst ausgegangen werden können, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet hat. Dann nämlich bemisst sich auch eine vergleichsweise heranzuziehende ASVG-Unfall-Witwenrente mit 40 % der Bemessungsgrundlage und erreicht somit den selben Prozentsatz, mit dem die Schweizer Unfall-Witwenrente von Anfang an berechnet wird (§ 215 Abs. 2 ASVG; dass die Beschwerdeführerin in den Streitjahren durch Krankheit oder andere Gebrechen zumindest die Hälfte ihrer Erwerbsfähigkeit verloren hätte, wurde nicht behauptet).

Die Beschwerdeführerin wird ihr 60. Lebensjahr am ddeeffff vollenden. Ihre SUVA-Witwenrente ist ab diesem Zeitpunkt dem Grunde und der Höhe nach als eine einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung gleichartige Leistung einzustufen und daher gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 von der Einkommensteuer zu befreien.

Zu beachten ist dabei, dass die ordentliche, von der AHV geleistete Witwenrente, der regulären Besteuerung unterliegt. Insofern wird der kumulativ ausbezahlte Rentenbetrag in die steuerfreie Unfall-Witwenrente und die steuerpflichtige AHV-Rente aufzuteilen sein.

In den hier zu beurteilenden Streitjahren 2017 und 2018 liegt eine Gleichartigkeit - zumindest der Höhe nach (Schweiz 40% - Österreich 20%) - nicht vor, weshalb die Steuerfreiheit gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 nicht zusteht und spruchgemäß zu entscheiden war.

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine höchstgerichtliche Auseinandersetzung mit der Frage der Steuerpflicht von Witwenrenten aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung ist bislang nicht bekannt, weshalb eine Revision zuzulassen ist.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100192.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at