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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2022, RV/7400160/2021

Abweisung eines Antrags auf Herabsetzung der Abwassergebühr nach § 13 Abs 1 Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - Nichtfeststellbarkeit der nichteingeleiteten Abwassermenge wegen fehlenden Einbaus eines Subzählers ab 2017

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Fachgruppe Gebühren, MA31, zur GZ ***GZ*** vom bzw. betreffend Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für den Zeitraum 1. Jänner bis bzw. 1. Jänner bis zu Recht:

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

  2. Die Bescheide werden im Spruch entsprechend der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

  3. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Mit Bescheid vom bzw. wurde der Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr gemäß § 13 Abs 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz (KKG) für die Zeit vom 1. Jänner bis bzw. 1. Jänner bis abgewiesen und die Abwassergebühr endgültig festgesetzt.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom mit dem Verweis auf die durch die MA 42 festgelegte Nichteinleitungsmenge von 114 m³ aus 2014 bzw. darauf, dass ihre Gärten und Blumenanlagen seit 2008 mittels einer Bewässerungsanlage im Frühjahr, Sommer und Herbst bewässert werden.

Mit Schreiben vom wurde dem Beschwerdeführer das bisherige Ermittlungsergebnis mitgeteilt. Es wurde darauf hingewiesen, dass vor Inkrafttreten der Änderung des § 13 Abs 1 KKG die Nichteinleitungsmenge durch prüfungsfähige Unterlagen, danach jedoch ausschließlich durch den Einbau geeichter (konformitätsgeprüfter) Subzähler nachgewiesen werden konnte.

In ihrer Stellungnahme vom verweisen die Beschwerdeführer nochmalig auf den "prüfungsfähigen Nachweis" aus 2014 und darauf, dass sie seitens der MA 31 nicht über die Gesetzesänderung informiert worden seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde im Wesentlichen als unbegründet abgewiesen.

Mit Vorlageantrag vom wurde die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Die Gesetzesänderung und der notwendige Einbau eines Sub-Wasserzählers konnten die Beschwerdeführer als Verbraucher nicht wissen und wurde ihnen von der MA 31 nicht kommuniziert.

Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführer (Bf) sind Miteigentümer der Grundstücke 222/1 und 222/2 mit der Adresse ***Str***, ***PLZ*** Wien.

Mit Schreiben vom gab der Bf bekannt, dass er mit seiner Gattin ihr neues Haus in ***Str***, ***PLZ*** Wien dauerhaft bewohnt. Vor und neben dem Haus befinden sich Grünanlagen, hinter dem Haus eine Gartenanlage. Die Gesamtfläche von ca. 1.000 m² wird regelmäßig mittels Bewässerungsanlage bewässert. Der Großteil des Wasserverbrauchs wird für die Bewässerung verwendet, nichts davon gelangt in den Abwasserkanal. Er bitte daher um Herabsetzung der Abwassergebühr.

Diese Bitte wurde seitens der belangten Behörde als Antrag auch für zukünftige Zeiträume gewertet.

Die Bf bezogen in den Jahren 2017 und 2018 an dieser Adresse Wasser, welches sie unter anderem zur Bewässerung der Gartenanlage nutzen. Dadurch steht fest, dass in den Jahren 2017 und 2018 Wassermengen bezogen worden sind, die nicht als Abwasser in den öffentlichen Kanal eingeleitet worden sind. Geeichte Wasserzähler (Subzähler) zum Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen (zB für die Bewässerung von Grünflächen, für Produktionszwecke) wurden von den Gebührenschuldnern nicht eingebaut.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Nichteinleitungsmenge jeweils mindestens 100 m³ in 2017 bzw. 2018 betragen hat. Schäden an der Verbrauchsanlage haben in den Streitjahren nicht bestanden.

Das Gesetz mit dem das Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG geändert wird (LGBl Nr 39/2016) wurde am ordentlich kundgemacht und ist mit in Kraft getreten.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie den Erhebungen des Bundesfinanzgerichts.

Dass keine Subzähler in 2017 und 2018 eingebaut waren, haben die Bf im Vorlageantrag indirekt selbst bestätigt, da sie angeben, dass sie davon erst im September 2021 von der Behörde Kenntnis erlangt haben.

Die ordentliche Kundmachung des LGBl Nr 39/2016 ist dem Rechtsinformationssystem des Bundes zu entnehmen (https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/LgblAuth/LGBLA_WI_20160927_39/LGBLA_WI_20160927_39.pdfsig).

Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Da die Beschwerde zulässig ist, rechtzeitig eingebracht wurde und keine Erledigung in Beschlussform gemäß § 278 BAO zu ergehen hat, entscheidet das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO in der Sache selbst.

Gesetzliche Grundlage

Die Abwassergebühr ist gemäß § 11 Abs 2 KKG grundsätzlich nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten gemäß § 12 Abs 1 Z 1 KKG die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge.

Die nicht eingeleitete Abwassermenge kann nach den Regeln des § 13 Abs 1 KKG festgestellt werden.

§ 13 Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz (KKG) idF LGBl Nr 39/2016 lautet auszugsweise:

"(1) Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und

1. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen (zB für die Bewässerung von Grünflächen, für Produktionszwecke) durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) erbracht wird. Diese Subzähler sind vom Gebührenschuldner bzw. von der Gebührenschuldnerin auf seine bzw. ihre Kosten durch einen dazu befugten Gewerbetreibenden bzw. eine dazu befugte Gewerbetreibende einbauen zu lassen, zu warten und instand zu halten.

2. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen bei Schäden an der Verbrauchsanlage durch prüfungsfähige Unterlagen (zB Arbeitsbestätigung oder Rechnung einer Installationsfirma) vom Gebührenschuldner bzw. der Gebührenschuldnerin erbracht wird.

(2) Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Abwassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.

(3) […]"

Antrag

Die Behörde wies in einem Telefonat mit dem zuständigen Richter am darauf hin, dass als Kundenservice der Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr als Dauerantrag angesehen wurde. Anträge auf Herabsetzung der Abwassergebühr sind sonst gemäß § 13 Abs 2 KKG bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.

Aufgrund der allgemeinen Formulierung des Schreibens vom (dauerhafte Bewohnung, regelmäßige Bewässerung) geht das erkennende Gericht davon aus, dass sich dieser Antrag auch auf folgende Zeiträume und damit auch auf 2017 und 2018 bezieht. Ein Antrag hätte ansonsten für 2017 bis bzw. für 2018 bis gestellt werden müssen.

Gesetzliche Verbindlichkeit

Das Gesetz mit dem das Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG geändert wurde (LGBl Nr 39/2016), wurde am ordentlich kundgemacht und ist mit in Kraft getreten. Darin findet sich die Änderung des § 13 KKG, die den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) zur Feststellung des nichteingeleiteten Abwassers vorschreibt.

Die Bf wenden sich nicht gegen die ordentliche Kundmachung, sondern dagegen, dass sie seitens der Behörde nicht darauf hingewiesen wurden, dass der Einbau eines Subzählers Voraussetzung für die Herabsetzung der Abwassergebühr sei. Das Vorbringen ist derart zu interpretieren, dass eine nicht vorwerfbare Rechtsunkenntnis vorliegt.

Ordentlich kundgemachte Gesetze sind rechtlich gültig und verbindlich. Eine Informationspflicht der belangten Behörde hinsichtlich der gesetzlichen Änderungen enthält das Gesetz nicht.

Die Behörde legte den Gebührenbescheid in 2016 ein Informationsschreiben mit dem Hinweis der gesetzlichen Änderungen bei. Dieses Schreiben haben die Bf aufgrund einer falschen Zustelladresse am Gebührenbescheid vom nicht erhalten. Das Schreiben wurde jedoch nicht aufgrund einer Rechtspflicht, sondern als Kundenservice versandt. Ein rechtlicher Anspruch auf Zusendung dieses Informationsschreibens besteht nicht.

§ 2 ABGB lautet:

"Sobald ein Gesetz gehörig kundgemacht worden ist, kann sich niemand damit entschuldigen, daß ihm dasselbe nicht bekannt geworden sei."

Die Rechtsfolge dieser Bestimmung liegt darin, dass jedermann die Anwendung gehörig kundgemachter Rechtsnormen gegen sich gelten lassen muss. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob ihm die betreffende Norm bekannt war (Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 2 Rz 6 (Stand , rdb.at) mwN).

Jedermann sei zudem verpflichtet, sich Kenntnis von den ihn nach seinem Lebenskreis betreffenden Gesetzesvorschriften zu verschaffen. Zumindest leichte Fahrlässigkeit müsse vorliegen (Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 2 Rz 8 (Stand , rdb.at) mwN).

Streitgegenständlich ist, ob die Bf die Änderung des § 13 KKG ihnen gegenüber gelten lassen müssen. Grundsätzlich ist die Abwassergebühr nach der festgestellten Wassermenge zu bemessen. § 13 KKG ist eine ausschließlich die Wasserbezieher (die Bf) begünstigende Bestimmung. Es ist den Bf insoweit vorzuwerfen, dass nur sie eine diesbezügliche Informations- und Sorgfaltspflicht trifft, die daher auch nicht auf die Behörde abgewälzt werden kann.

Am Rande erwähnt wird ein aktenkundiges Informationsschreiben, in dem die Behörde schon im Mai 2010 auf die Möglichkeit hinwies, zur Feststellung der Nichteinleitungsmenge Subzähler durch einen Installateur einbauen zu lassen.

Feststellung der Nichteinleitungsmenge

Die Bf verweisen in ihren Anträgen darauf, dass aufgrund einer Ortsaugenscheins die Nichteinleitungsmenge pro Kalenderjahr am mit ca. 114 m³ ermittelt worden ist.

Laut aktenkundiger Beschwerde gegen den Gebührenbescheid () vom wurde davor am eine Nichteinleitungsmenge von 95 m³ seitens des Magistrats festgestellt.

§ 13 Abs 1 KKG idgF sieht zur Vermeidung überbordenden Personal- und Verwaltungsaufwands aller involvierten Dienststellen aufgrund der erheblich angestiegenen Herabsetzungsanträge, insbesondere, weil Privatgutachten durch Amtssachverständige zu überprüfen sind, den verpflichtenden Einbau eines Subzählers vor (Initiativantrag zu LGBl Nr 39/2016: https://www.wien.gv.at/ma08/infodat/2016/lg-01941-2016-0001-lat.pdf).

§ 13 Abs 1 KKG bestimmt eine verpflichtende Art der Beweisführung mittels Wasserzähler. Das Gesetz lässt diesbezüglich auch keinen Spielraum (zB durch andere Unterlagen) zu.

Am Rande sei erwähnt, dass unabhängig von der naturgemäß schwankenden Nichteinleitungsmenge, die insbesondere auch durch die unterschiedlich festgestellten, sich um 100 m³ bewegende Mengen in 2014 bestätigt werden, erscheint die Beweisführung durch Wasserzähler als sachgerecht. Zusätzlich kann aus der in 2014 festgestellten Nichteinleitungsmenge auch wetter-, klima-, anlagen- und bewässerungsbedingt nur schwer die Nichteinleitungsmenge in 2017 und 2018 bewiesen werden.

Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 13 KKG, auch in der geltenden Fassung ().

Da eine nichteingeleitete Abwassermenge von mindestens 100 m³, auch nicht im Nachhinein, festgestellt werden kann, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Unzulässigkeit einer Revision (Spruchpunkt II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das BFG dem eindeutigen Gesetzestext folgend entschieden hat und zudem im Wesentlichen Fragen des Sachverhalts bzw. der Beweisführung beantwortet hat, liegt keine Rechtfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 13 Abs. 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400160.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
PAAAC-30582