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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.04.2022, RV/5100185/2022

Außergewöhnlichkeit der Beschäftigung einer Reinigungskraft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***3*** vom betreffend Einkommensteuer 2018 zu Recht erkannt:

I.
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Die Beschwerdeführerin bezog im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Angestellte in der Arztpraxis ihres Ehegatten.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2018 wurden außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von 3.672,43 € für Lohnkosten einer Haushaltshilfe beantragt.

Mit Schreiben vom wurde wie folgt ausgeführt:
Die Beschwerdeführerin leide an Arthralgien in den Händen. Sie hätte daher ab 2018 eine Haushaltshilfe angestellt, da sie alleine den Haushalt nicht mehr bewältigen könne. Hinzu komme noch erschwerend, dass sie durch mehrfache Operationen im Knie an chronischen Kniebeschwerden leide. Sie hätte ab Oktober vermehrt die Haushaltshilfe gebraucht.
Beigelegt wurde eine ärztliche Bestätigung vom , wonach die Beschwerdeführerin an chronischen Kniebeschwerden nach 4x-igem Kreuzbandriss (jeweils OP) und Arthralgien der Hände leide. Sie sei daher bei der täglichen Hausarbeit und Gartenarbeit beeinträchtigt und auf fremde Hilfe angewiesen.
Zudem wurde ein Auszug aus dem Dienstgeber-Lohnkonto angefügt.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 vom wurden ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 22.131,91 € festgestellt und keine außergewöhnlichen Belastungen anerkannt.
Begründet wurde durch die Amtspartei wie folgt:
Nach der Rechtsprechung des VwGH können die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände zu einer außergewöhnlichen Belastung führen. Sei aber die Beschäftigung einer Haushaltshilfe auf Grund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen ohnedies üblich, seien die Aufwendungen für die Haushaltshilfe nicht als außergewöhnlich einzustufen.
Die Beschäftigung einer Haushaltshilfe könne darüber hinaus nur dann zu einer außergewöhnlichen Belastung führen, wenn auch der Ehegatte nicht in der Lage sei, die Haushaltsführung zu übernehmen - ein Ehegatte sei gezwungen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, der andere Ehegatte sei nicht in der Lage, den Haushalt zu führen.
Bei kranken oder pflegebedürftigen Personen liege insoweit eine außergewöhnliche Belastung vor, als die durch die Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bedingte Betreuung über eine normale Haushaltshilfe hinausgeht; das hieße, dass ein behinderter Steuerpflichtiger nicht mehr fähig sei, den Haushalt selbst zu führen. Der besondere Pflege- oder Betreuungsbedarf sei durch ein ärztliches Gutachten oder durch den Bezug von Pflegegeld nachzuweisen.
Die vorgelegte ärztliche Bestätigung sei kein Gutachten, aus dem ein erhöhter Betreuungs- oder Pflegebedarf hervorgehe und Pflegegeld werde keines bezogen.
Darüber hinaus sei bei den gegebenen Einkommensverhältnissen die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht unüblich. Dies gehe auch daraus hervor, dass bereits vor dem Monat Oktober (Monat, ab dem die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung beantragt würden) eine Haushaltshilfe beschäftigt worden wäre.

Mit Schreiben vom wurde Beschwerde erhoben gegen obigen Bescheid und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin leide unter Arthralgien in den Händen. Daher seien Kosten einer Haushaltshilfe geltend gemacht worden, da sie alleine den Haushalt und die damit verbundenen Arbeiten nicht mehr bewältigen könne. Hinzu komme noch erschwerend, dass sie durch mehrfache Operationen im Knie an chronischen Kniebeschwerden leide.
Im angefochtenen Bescheid würden verschiedene Bestandteile von unterschiedlichen abgestuften Voraussetzungen für die Zuerkennung angeführt werden.
Antrag:
Es werde die Anerkennung der vorgelegten Kosten einer Haushaltshilfe aus folgenden Gründen beantragt.
Eventualantrag:
In eventu werde die Anerkennung der Mehrkosten der Haushaltshilfe ab dem Monat Oktober 2018 im Vergleich zu den Vormonaten beantragt. Das zeitliche Ausmaß sei demnach erheblich gestiegen.
Begründung:
Der beiliegende umfangreiche Ambulanzbefund sowie das erläuternde für medizinische Laien lesbare Begleitschrieben liege bei. In Kombination entspreche dies inhaltlich dem geforderten ärztlichen Gutachten. Demnach sei die Beschwerdeführerin "deutlich eingeschränkt" beim Tragen von Lasten, Tätigkeiten auf einer Leiter, bei knieenden Tätigkeiten und beim Gehen über eine Treppe. Alle diese Einschränkungen würden sich bei der Bewältigung der notwendigen Haushaltsarbeiten auswirken.
Die Zeiten der Üblichkeit einer Haushaltshilfe seien längst vorbei. Ein ganz normaler Arzthaushalt unterscheide sich nicht von anderen Haushalten. Der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin betreue als Steuerberater über die Bezirksgrenzen hinweg cirka 50 Ärzte und Ärztinnen und davon hätte kaum jemand eine private Putzfrau, geschweige denn eine Haushaltshilfe. Diese Judikatur des VwGH entspreche nicht mehr der heutigen Lebensrealität.
Der Ehegatte sei als niedergelassener Arzt - noch dazu in räumlicher Distanz zum Wohnort - nicht in der Lage, Hausarbeiten mit seinem beruflichen Engagement in Einklang zu bringen. Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen der Beschwerdeführerin sei eine entsprechende Unterstützung unabdingbar. Die Tatsache, dass vor dem Monat Oktober keine Kosten für eine Haushaltshilfe geltend gemacht worden wären, hänge damit zusammen, dass aufgrund der bis dahin geringen Höhe keine über einen Selbstbehalt hinausgehende steuerliche Entlastungswirkung erwartet worden wäre. Daraus abzuleiten, dass die Kosten bis zu diesem Zeitpunkt als üblich angesehen worden wären und deshalb keine Geltendmachung erfolgt sein würde, sei eine Fehleinschätzung seitens der beurteilenden Behörde - es hänge ausschließlich mit dem Selbstbehalt zusammen. Wenn man davon ausgehen würde dass es sich dabei um übliche Aufwendungen im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse handle, müsse man konsequenterweise aber den gestiegenen Mehraufwand ab Oktober jedenfalls gelten lassen.
Die Wohnverhältnisse der Beschwerdeführerin seien dem steuerlichen Vertreter bekannt und er hätte keine über die üblichen Angestellten- /Beamten- und Arbeiterwohnhäuser im Bezirk hinausgehende Verhältnisse in Erinnerung. Ganz im Gegenteil, er kenne zahlreiche Privathäuser von Angestellten/Arbeitern und auch Beamten aus eigener Anschauung, die wesentlich luxuriöser seien. Dies solle nicht als Vorwurf an andere Mitbürger mit größeren Privathäusern gesehen werden.
Es gehe letztlich um die Verletzung und deren Auswirkungen - eine Abstufung nach sozialem Status würde gleichheitswidrig sein und es sei ohnehin durch einen Selbstbehalt im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung ausreichend Rechnung getragen. Würde man daher nur den Mehraufwand ansetzen, der wiederum mit einem Selbstbehalt versehen sei, dann würde man hier Selbstkosten doppelt abziehen. Dies würde eine denkunmögliche Gesetzesanwendung sein.
Beigelegt wurde ein Begleitschreiben eines Krankenhauses, Abteilung für Unfallchirurgie, vom , bezugnehmend auf einen Aufenthalt am , wonach unter dem Betreff "Bestehende körperliche Einschränkung" mit Verweis auf einen Vorbefund vermerkt wird, dass die Beschwerdeführerin deutlich eingeschränkt sei beim Tragen von Lasten, Tätigkeiten auf der Leiter, bei knieenden Tätigkeiten und beim Gehen über die Treppe.
Des weiteren ein Ambulanzbefund, angelegt am betreffend einen Stiegensturz der Beschwerdeführerin vom .
Die Beschwerdeführerin hätte nach zwei Kreuzbandoperationen eine Kniegelenksinstabilität rechts und benötige, um ordentlich gehen zu können und gewisse Tätigkeiten auszuführen ständig eine Knieorthese.
Sie sei durch die vordere Kniegelenksinstabilität im alltäglichen Leben und auch im Haushalt deutlich eingeschränkt, da sie etwa auch beim Steigen auf eine Stufe oder bei Tätigkeiten in der Hocke beeinträchtigt sei und auch nicht ständig die Knieorthese tragen könne.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurden folgende Fragen an die Beschwerdeführerin gestellt:
Nachzureichen sei der schriftliche Dienstvertrag der Haushaltshilfe, allenfalls eine schriftliche Darlegung der mündlichen Vereinbarung sowie Lohnzahlungsnachweise an die Haushaltshilfe im Jahr 2018.

Mit Schreiben vom wurden Überweisungsbelege eingereicht, sowie ein Dienstvertrag, undatiert.
Dieser geht von einem Beginn des Dienstverhältnisses am aus, wonach die Dienstnehmerin als Reinigungskraft aufgenommen wurde mit der Verpflichtung, "alle mit diesen Tätigkeiten verbundenen Arbeitsleistungen zu verrichten".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wie folgt:
Da weder im Beschwerdeschreiben, noch in einem mit der Beschwerdeführerin geführten Telefonat neue Sachverhalte oder aktuelle Beweismittel vorgebracht worden wären, werde inhaltlich an der ergangenen Begründung festgehalten. Unbestritten seien die körperlichen Einschränkungen nach vielen medizinischen Eingriffen und Versorgungen in früheren Jahren (beginnend 2011 - 2012) der Beschwerdeführerin, die vielleicht gewisse Einschränkungen im täglichen Haushaltsablauf mit sich bringen würden; um solche durch eine Krankheit verursachten Betreuungshilfen anerkennen zu können, müssten über normale Haushaltshilfen hinausgehende Unterstützungen vorliegen.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht gestellt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
I. Sachverhaltsdarstellung
Im Erstbescheid werde unter anderem ausgeführt, dass bei den gegebenen Einkommensverhältnissen die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht unüblich sei und bereits vor dem Monat Oktober eine Haushaltshilfe beschäftigt gewesen sein würde.
In der Beschwerdevorentscheidung sei auf ein seitens der Behörde mit der Beschwerdeführerin geführtes Telefonat verwiesen worden.
Antrag:
Die Beschwerdeführerin beantrage die Anerkennung der vorgelegten Kosten (3.672,43 € inkl. Lohnnebenkosten - siehe DG-Lohnkonto in der Beilage) einer Haushaltshilfe.
Eventualantrag:
In eventu beantrage man die Anerkennung der Mehrkosten der Haushaltshilfe ab dem Monat Oktober 2018 (2.441,55 € = Dieser Betrag ergebe sich aus den Gesamtkosten wie oben abzüglich der monatlichen Kosten von 87,92 € x 14 (inkl. UZ + WR) der Haushaltshilfe vor der Ausweitung des Zeitausmaßes im Oktober 2018). Damit würden de facto nur mehr die Mehrkosten gegenüber dem bis September 2018 bestehenden Beschäftigungsausmaßes angesetzt worden und die bisherigen monatlichen Kosten (87,92 €) würden weiterhin laufend als eine Art Selbstbehalt abgezogen werden. Das zeitlich Ausmaß sei ab Oktober 2018 erheblich gestiegen.
Begründung:
Die Kombination des umfangreichen Ambulanzbefundes und des Begleitschreibens entspreche inhaltlich dem geforderten ärztlichen Gutachten.
Alle darin genannten Einschränkungen würden sich bei der Bewältigung der notwendigen Haushaltsarbeiten auswirken.
In der telefonischen Befragung der Beschwerdeführerin durch die Amtspartei sieht diese einen Verstoß gegen § 84 BAO und einen eklatanten Verfahrensmangel.
Die Beschwerdeführerin hätte folgendes Gedächtnisprotokoll über das Telefongespräch verfasst:
"Der Mann vom Finanzamt hat mich zu den Putzfrauen befragt und warum die jetzt 20h/Woche hat. Ich hab gesagt, da sich die Probleme mit dem Knie verschlimmert haben (Kreuzband 4x gerissen und Minisken eingerissen bzw. gerissen sind) brauche ich unbedingt Unterstützung im Haushalt. Ich habe auch noch zwei Kinder, um die ich mich kümmern muss, während die in der Schule sind, putzt die Putzfrau und ich kümmere mich ums Büro, denn mein Mann braucht auch meine Unterstützung.
In der Arztpraxis arbeite ich eher selten, da wir ja das Homeoffice hier bei uns im Haus haben. Er hat mich dann noch darauf angesprochen, dass nie ein Krankenstand angeführt wurde. Ich hab ihm dann gesagt, dass ich meine Aufgaben dann per Laptop und Telefon erledigt habe, was ja auch stimmt. Das Homeoffice hat mir natürlich auch immer erlaubt, auch wenn ich mal kurz im Krankenhaus war (2-3 Tage max.) meinen Tätigkeiten nachzukommen. Der Stand meines Knies sieht jetzt so aus: Im Herbst habe ich ein MR machen lassen und im Prinzip ist das rechte Knie total kaputt (massiver Knorpelschaden). Das bedeutet laut den Ärzten vom Krankenhaus, dass ich in den nächsten 2 bis max. 10 Jahren ein neues Knie benötigen werde. Daher brauche ich wirklich jemanden im Haushalt. Er hat mich dann auch gefragt, warum ich überhaupt eine Putzfrau brauche??"
Nach Wiederholung der Beschwerdebegründung wird darauf verweisen, dass wenn behördenseits von in diesen Kreisen üblichen Verhältnissen die Rede sei, dann sei dies Ausfluss eines nicht mehr zeitgemäßen Klassenkampfes und impliziere ein tendenziöse Beurteilung des Sachverhaltes und Ignoranz der ärztlichen Aussagen.

Mit Vorlagebericht vom wurde die obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin beziehe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie sei bei ihrem Ehegatten, der eine Arztpraxis für Allgemeinmedizin betreiben würde, beschäftigt.
Sie lebe mit ihrem Ehegatten und den zwei gemeinsamen minderjährigen Kindern (geboren 2009 und 2011) im gemeinsamen Haushalt.
Im Zuge eines telefonischen Gespräches mit dem Finanzamt am gebe die Beschwerdeführerin an, dass sie bis Oktober 2018 eine Haushaltshilfe für 2 Stunden wöchentlich und seit Oktober 2018 eine andere Haushaltshilfe für 20 Stunden wöchentlich beschäftigt hätte. Dabei würden die Haushaltshilfen Hausarbeiten verrichten, wie Wäsche waschen und bügeln, Aufräumen und Putzen. Des Weiteren führe die Beschwerdeführerin aus, dass die Haushaltshilfe dann tätig sei, wenn die Kinder in der Schule seien und die Beschwerdeführerin im Homeoffice zur Unterstützung ihres Ehegatten arbeite.
Stellungnahme:
Gegenständlich sei strittig, ob Aufwendungen für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe als außergewöhnliche Belastung absetzbar seien.
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 seien bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung müsse folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müsse außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung dürfe weder Betriebsausgaben, Werbungskosten, noch Sonderausgaben sein.
Die Belastung sei außergewöhnlich, soweit sie höher sei als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwachse (§ 34 Abs. 2 EStG 1988). Dem Steuerpflichtigen erwachse die Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen könne (§ 34 Abs. 3 EStG 1988). Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei auszugehen, soweit die Kosten einen nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 4 bzw. 5 EStG 1988 berechneten, von der Einkommenshöhe des Abgabepflichtigen abhängigen, Selbstbehalt übersteigen.
Somit könnten Ereignisse, die bei der überwiegenden Mehrheit der in gleichen Verhältnissen lebenden Steuerpflichtigen eintreten würden, nicht gemäß § 34 berücksichtigt werden.
Nach der Judikatur des VwGH (, 2003/15/0021; , 96/15/0197) könne die Beschäftigung einer Haushalthilfe nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände eine Belastung nach sich ziehen, die für eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG in Betracht komme.
Die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im Haushalt von Ehegatten könne nur zu einer außergewöhnlichen Belastung nach der allgemeinen Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1988 führen, wenn kein Ehegatte in der Lage sei, die notwendige () Betreuung der Kinder sowie die Führung des Haushaltes zu übernehmen ( ); -G/07). Dies könne der Fall sein, wenn beide Gatten bei sonstiger Existenzgefährdung der Familie zum Unterhalt beitragen müssten (; , 87/13/0086) oder der nicht berufstätige Ehegatte seinen Aufgaben, den Haushalt zu führen und/oder die Kinder zu betreuen ohne Gefährdung der Gesundheit nicht nachkommen könne (; -I/08). Eine Abzugsfähigkeit komme demnach nur dann in Betracht, wenn beide Ehegatten wegen Gefährdung des Unterhalts zur Erwerbstätigkeit genötigt seien ().
Insbesondere seien Aufwendungen für eine Haushaltshilfe kein Grund für eine Steuerermäßigung, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtgen in der Regel die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht mehr als außergewöhnlich erscheinen lassen bzw. auf die Beschäftigung einer Haushaltshilfe "üblicherweise" nicht verzichtet werde (mangelnde Außergewöhnlichkeit; ; , 90/14/0019), das hieße die Beschäftigung einer Haushaltshilfe ohnedies üblich sein (Prüfung der Außergewöhnlichkeit; ; ). Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, ob eine Einkommens- oder Vermögenssituation vorliege, bei der die Beschäftigung einer Haushaltshilfe ohnehin üblich sei.
Im gegenständlichen Fall könne im Hinblick auf das Familieneinkommen die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im beschriebenen Umfang nicht als außergewöhnlich angesehen werden, sondern sei zur Gänze dem Bereich der normalen Lebensführung zuzuordnen (). Weiters stellten die verrichteten Tätigkeiten der Haushaltshilfe, wie Reinigungstätigkeit und Wäscheversorgung übliche Haushaltstätigkeiten dar. Eine durch die Krankheit verursachte Betreuungshilfe, die über die normale, herkömmliche Haushaltshilfe hinausgehe (; , 94/15/0141) liege hier nicht vor.
Somit könne die Beschäftigung einer Haushaltshilfe keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurden folgende Fragen an die Beschwerdeführerin gerichtet:
"1.
Zum Nachweis des Familieneinkommens ist der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 Ihres Ehegatten einzureichen.
2.
Beschreiben Sie Ihre Wohnsituation: Wer wohnte in Ihrem Haushalt, wie groß war die bewohnte Fläche, handelte es sich um ein Haus oder eine Wohnung?
3.
Seit wann wird Ihre Familie von einer Haushaltshilfe unterstützt?
Für die Jahre 2015 bis 2019 ist anzugeben, welche Personen (Name und Adresse) in welchen Zeiträumen in welchem Stundenausmaß welche Tätigkeiten in Ihrem Haushalt verrichtet haben. Schriftliche Vereinbarungen sind einzureichen, sollten mündliche Vereinbarungen vorliegen, sind diese in Ihren Eckpunkten zusammengefasst darzulegen.
Der im Zuge des Verfahrens eingereichte Dienstvertrag aus dem Jahr 2018 ist unvollständig. Reichen Sie diesen nochmals ein."

Mit Schreiben vom wurde wie folgt geantwortet:
Ad 1:
Der Einkommensteuerbescheid liege bei.
Ad 2.
Eine Bestätigung der Haushaltsgemeinschaft (4 Personen) durch die Gemeinde liege bei. Hierbei handle es sich um ein Einfamilienhaus mit den Stockwerken laut E-Mail-Antwort der Mandantin:
- Keller (voll eingerichtet: Technikraum, Spielzimmer, Schrankraum, 2 Abstellräume, Werkstatt, Erdkeller (getrennt vom Haus), Gang, WC
- Erdgeschoß: Eingangsbereich, WC, Gästezimmer, Bad, Küche und Wohnzimmer
- 1. Obergeschoß: Schlafzimmer, 2 Kinderzimmer, Büro, Bad, Gang, WC
Insgesamt cirka 280 m² Wohnfläche plus Garage cirka 80 m².
Ad 3.
Laut Auskunft der Beschwerdeführerin hätte es seit cirka 2016 eine Reinigungshilfe gegeben, da aus dem familiären Bereich keine ausreichende Unterstützung mehr gegeben gewesen wäre. Dies lasse sich aus der tabellarischen Zusammenstellung und den beiliegenden Lohnkonten als Originalbeweis der einzelnen Beschäftigten ersehen, die in 2016 beginnen würden. Ein schriftlicher Dienstvertrag sowie eine Änderung des Zeitausmaßes ab (liege allerdings erst seit 2018 vor). Dies hätte aber eher den Hintergrund, dass in der Kanzlei der steuerlichen Vertretung damals eine Änderung in der Leitung der Personalverrechnung eingetreten wäre und die neue Chefin der LV-Abteilung sehr konsequent auf die Vorlage von Dienstverträgen gepocht hätte und die vorher in solchen Fällen üblichen Dienstzettel abgelöst hätte. Eine Mitarbeiterin hätte den Dienst nicht angetreten und sei sogleich wieder abgemeldet worden, befinde sich aber dennoch auf der Mitarbeiterliste.
Das jeweilige Zeitausmaß der betreffenden Beschäftigten hätte man händisch auf den Lohnkonten ergänzt. Sie hätten dazwischen eine Änderung der Software gehabt, daher hätten sich das Layout und die Auswertungsmöglichkeiten geändert.
Den mündlichen Vereinbarungen würden im Grunde genommen - laut E-Mail-Aussage der Beschwerdeführerin - folgende Tätigkeiten entsprechen:
Staubsaugen, Wischen sämtlicher Böden, Putzen von Bad und WCs, Reinigen der Fließen, Fensterputzen inklusive Reinigen der Raffstores, Staubwischen im gesamten Haus, Aufräumen aller Zimmer, Reinigen der Lampen im ganzen Haus, sämtliche Reinigungen, für die man eine Leiter benötige, Wäschewaschen, Bügeln, Wäsche Verräumen, Bettenmachen, Betten frisch überziehen, Garage saugen und aufwischen, Müll wegbringen und sortieren (Garage).
Laut beigelegtem Einkommensteuerbescheid erzielte der Ehegatte der Beschwerdeführerin im Jahr 2018 ein Einkommen von 218.881,88 €.
Laut beigelegter Aufstellung war Frau ***4*** von bis als Dienstnehmerin beschäftigt, wobei im Zeitraum bis 4 Wochenstunden,, ab 2 Wochenstunden angefallen sind.
Frau ***5*** scheint als Dienstnehmerin auf von bis mit 15 Wochenstunden, von bis mit 20 Wochenstunden.
Beigelegt wurde ein Dienstvertrag, abgeschlossen mit ***5***, vom über 15 Wochenstunden. Die Dienstnehmerin sei als Reinigungskraft aufgenommen worden und verpflichte sich, alle mit diesen Tätigkeiten verbundenen Arbeitsleistungen zu verrichten.
Mit Änderung dieses Vertrages vom wurde die Arbeitszeit auf 20 Stunden pro Woche erhöht.

Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt

Strittig ist die Anerkennung von Lohnkosten in Höhe von 3.672,43 € für eine Haushaltshilfe als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt.
Folgende Tätigkeiten wurden von der Haushaltshilfe wahrgenommen:
Staubsaugen, Wischen sämtlicher Böden, Putzen von Bad und WCs, Reinigen der Fließen, Fensterputzen inklusive Reinigen der Raffstores, Staubwischen im gesamten Haus, Aufräumen aller Zimmer, Reinigen der Lampen im ganzen Haus, sämtliche Reinigungen, für die man einen Leiter benötigt, Wäsche Waschen, Bügeln, Wäsche Verräumen, Bettenmachen, Betten frisch überziehen, Garage saugen und aufwischen, Müll wegbringen und sortieren (Garage).
Eine Reinigungskraft war von bis für 2 Wochenstunden beschäftigt, eine weitere Reinigungskraft von bis für 15 Stunden und von bis mit 20 Stunden pro Woche.

Die Beschwerdeführerin erzielte im Jahr 2018 ein Einkommen von 21.401,91 €, ihr Gatte ein solches von 218.881,88 €. Sie lebte im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten und zwei minderjährigen Kindern. Die Wohnfläche umfasst 280 m² samt Garage mit einer Fläche von 80 m².
Bei einem Haushaltseinkommen in dieser Höhe ist die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im gegebenen Umfang nicht als außergewöhnlich einzustufen (Doralt, EStG20, § 34 Tz 78; ).

Laut ärztlicher Bestätigung vom leidet die Beschwerdeführerin an chronischen Kniebeschwerden und Arthralgien der Hände und ist bei der täglichen Hausarbeit und Gartenarbeit beeinträchtigt und auf fremde Hilfe angewiesen.
Laut Schreiben eines Krankenhauses vom ist die Beschwerdeführerin deutlich eingeschränkt beim Tragen von Lasten, Tätigkeiten auf der Leiter, bei knieenden Tätigkeiten und beim Gehen über Treppen. Laut Ambulanzbefund vom benötigt sie, um ordentlich gehen zu können und gewisse Tätigkeiten auszuführen, ständig eine Knieorthese. Eine deutliche Einschränkung im alltäglichen Leben und auch im Haushalt wurde festgestellt, etwa beim Steigen auf eine Stufe oder bei Tätigkeiten in der Hocke.
Durch das Sozialministeriumsservice wurde keine Behinderung festgestellt, Pflegegeld wurde nicht bezogen.

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin ist nach deren Angaben aufgrund seines beruflichen Engagements nicht in der Lage, Hausarbeiten zu erledigen (siehe Beschwerde vom ).

Rechtliche Begründung

§ 34 EStG lautet auszugsweise wie folgt:
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2):
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
…..
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

In Verfahren, die ausschließlich auf die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichtet sind, tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (siehe etwa )

Nach ständiger Judikatur des VwGH kann die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände eine Belastung nach sich ziehen, die für eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG 1988 in Betracht kommt (-K/10; , RV/0872-G/07).

Es ist zu prüfen, ob eine Einkommens- oder Vermögenssituation vorliegt, bei der die Beschäftigung einer Hausgehilfin ohnedies üblich ist, was eine Außergewöhnlichkeit ausschließt (; , 2013/15/0254).

War sowohl die Beschäftigung einer Haushaltshilfe an sich, als auch die von ihr verrichteten Tätigkeiten bei einer Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse vorzufinden, so erfüllen die Aufwendungen dafür nicht das Kriterium der Außergewöhnlichkeit.

Bei einem Haushaltseinkommen von in etwa 240.000,00 € (laut den Einkommensteuerbescheiden der Ehegatten) und einem Haushalt, der 4 Personen umfasst, ist die Beschäftigung einer Reinigungskraft, die die oben angeführten Tätigkeiten im angegebenen Stundenausmaß ausführt, nicht als außergewöhnlich einzustufen (Doralt, EStG20, § 34 Tz 78; ; , 90/14/0019; -G/07).

Liegen besondere Umstände infolge Krankheit oder Pflegebedürftigkeit vor und wird deshalb eine Haushaltshilfe beschäftigt, ist dies zwar auch bei guten Einkommens- und Vermögensverhältnissen als außergewöhnlich und zwangsläufig anzusehen, doch ist zu prüfen, inwieweit die Außergewöhnlichkeit durch die Krankheit und Pflegebedürftigkeit bedingt ist (). In diesen Fällen kann nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung vorliegen, als die durch Krankheit und Pflegebedürftigkeit bedingte Betreuung über die einer normalen Haushaltshilfe hinausgeht ( und 0255) und die Steuerpflichtige wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit einer ständigen Betreuung bedarf (-K/10). Dies ist bei einer täglich nur stundenweise beschäftigten Haushaltshilfe, deren Tätigkeitsbereich sich im Wesentlichen auf die Zubereitung von Mahlzeiten, Raumpflege, Waschen und Bügeln erstreckt, nicht der Fall (; siehe Doralt, EStG20, § 34 Tz 78).
Über die Tätigkeiten einer normalen Haushaltshilfe hinausgehende oder erforderliche Betreuungsleistungen wurden nicht glaubhaft gemacht. Die im vorliegenden Fall erbrachten Leistungen sind solche, die Haushaltshilfen üblicherweise in Haushalten verrichten, unabhängig davon, ob bei einem Bewohner eine Beeinträchtigung vorliegt, oder nicht.
Dass die Beschwerdeführerin bei Vornahme von bestimmten Tätigkeiten eine Knieorthese zu tragen hat lässt nicht auf eine ständige Betreuungsnotwendigkeit schließen.
Eine Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen aus Krankheitsgründen ist daher nicht anzunehmen.

Zudem lebte die Beschwerdeführerin in aufrechter Ehe, weshalb davon auszugehen ist, dass nicht sämtliche Tätigkeiten von ihr alleine vorgenommen werden müssen. Gründe, weshalb der Ehegatte nicht in der Lage gewesen sein soll, die Führung des Haushaltes zu übernehmen, konnten nicht glaubhaft dargelegt werden (, RV/0872-G/07). Das Nachgehen einer Vollzeitbeschäftigung ist nicht als ein solcher Grund anzuerkennen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist die Führung eines Haushaltes auch bei Vorliegen einer Vollbeschäftigung möglich und üblich.
Eine Unterhaltsgefährdung für den Fall der Einschränkung der Erwerbstätigkeit des Ehegatten kann bei einem Nettoeinkommen von 218.881,88 € nicht angenommen werden.
Die Gestaltung der persönlichen Lebensverhältnisse kann nicht dazu führen, Aufwendungen im Wege der Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen an die Allgemeinheit überzuwälzen.
Die vorliegende Beschäftigung einer Reinigungskraft ist zur Gänze dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob die Beschäftigung einer Reinigungskraft unter den gegebenen Umständen und Einkommensverhältnissen als außergewöhnlich einzustufen ist und ob eine solche für die Beschwerdeführerin allenfalls aufgrund einer Krankheit oder Pflegebedürftigkeit außergewöhnlich ist, sind auf Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfragen, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100185.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at