Dreiecksgeschäft: Anwendbarkeit der Vereinfachungsregel des Art 25 UStG 1994 - mittlerer Unternehmer verfügt über eine UID-Nummer im Bestimmungsland und verwendet eine andere
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1 Freyung, 1010 Wien, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) jeweils vom , Steuernummer xxx, betreffend Umsatzsteuer 2015, 2016 und 2017 zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriger Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (folglich kurz Bf.) ist ein in Belgien ansässiges Unternehmen, dass auch in Österreich zur Umsatzsteuer erfasst ist und über eine österreichische UID verfügt.
Bei der Bf. wurde eine Außenprüfung der Umsatzsteuer 2015 bis 2017 durchgeführt. Im Zuge dessen wurden von der Abgabenbehörde für die Jahre 2015 bis 2017 mehrere Feststellungen getroffen, die die Abgabenbehörde veranlassten das Verfahren der Umsatzsteuer 2015 und 2016 mit Bescheiden gemäß § 303 Abs. 1 BAO, jeweils vom , wieder auf zu nehmen und gleichzeitig neue Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2015, 2016 und 2017, jeweils vom , zu erlassen.
Die Außenprüfung stellte fest, dass die Bf. Waren bei der X-AG (=produzierendes Werk in Belgien) einkaufte und diese direkt an die Unternehmer in Italien, den Niederlanden und Polen verkaufte. Die X-AG versendete die Waren direkt an die Abnehmer der Bf. Die Bf. behandelte diese Reihengeschäfte als Dreiecksgeschäfte, bei denen Sie als mittlere Unternehmerin unter ihrer österreichischen UID-Nummer auftrat und reichte in Österreich die entsprechenden Erklärungen ein.
Die Abgabenbehörde begründete die gegenständlichen Bescheide damit, dass die Bf. in Österreich durch die Verwendung ihrer österreichischen UID-Nummer als mittlere Unternehmerin (Ersterwerberin) im Dreiecksgeschäft einen Zweiterwerb nach Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 zu versteuern habe (ohne Vorsteuerabzugsberechtigung daraus). Sie könne die Vereinfachungsregelung des Art. 25 UStG 1994 nicht anwenden, da sie in den jeweiligen Bestimmungsländern (Italien, Niederlande, Polen) erfasst sei.
Mit Eingabe vom stellte die steuerliche Vertretung elektronisch bei der Abgabenbehörde den Antrag auf Fristverlängerung der Beschwerdefrist betreffend die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2015, 2016 und 2017.
Am wurde eine Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO, eingelangt bei der Abgabenbehörde am , betreffend der Umsatzsteuerbescheide 2015, 2016 und 2017 sowie der Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016, jeweils vom , eingelangt am , erhoben. Es wurde beantragt, auf eine Beschwerdevorentscheidung zu verzichten und gemäß § 262 BAO iVm 265 BAO die Beschwerde unverzüglich dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
Mit der Beschwerde wurden lediglich die Feststellungen zu Punkt 1.1.1. im Außenprüfungsbericht "missglückte Dreiecksgeschäfte" angefochten.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die umsatzsteuerliche Erfassung der Erwerberin (mittlere Unternehmerin) im Bestimmungsland unschädlich sei, solange die Erwerberin im Bestimmungsmitgliedstaat nicht niedergelassen ist und der Bestimmungsmitgliedsstaat das Wahlrecht des Art. 197 der Richtlinie 2006/112/EG nicht ausgeübt habe.
Die Beschwerde wurde von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vorgelegt. Die Abgabenbehörde begründet im Vorlagebericht erneut, dass nicht nur eine Niederlassung im Bestimmungsland, sondern bereits die umsatzsteuerliche Erfassung für die Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelung schädlich sei und verwies auf den Betriebsprüfungsbericht.
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes wurde mit Beschluss vom gemäß § 271 Abs. 1 BAO bis zur Beendigung des beim VwGH zu Ro 2020/15/0013 anhängigen Verfahrens ausgesetzt, da der Ausgang dieses Revisionsverfahrens hinsichtlich der Frage, ob ein missglücktes Dreiecksgeschäft vorliege, von wesentlicher Bedeutung für das gegenständliche Beschwerdeverfahren war.
Mit Schreiben vom nahm die Bf. durch ihren Vertreter die Anträge auf mündliche Verhandlung (§ 274 BAO) und Entscheidung durch den Senat (§ 282 BAO) zurück.
Nach Beendigung des VwGH-Verfahrens (Erkenntnis vom mit Verweis auf ) wird das ausgesetzte Verfahren fortgesetzt.
Die Beschwerden betreffend die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2015 und 2016 wurden mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom mangels fristgerecht eingebrachter Beschwerden (es lagen keine diesbezüglichen Fristverlängerungsanträge vor) zurückgewiesen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. hat ihren Sitz in Belgien. Sie verfügt unter anderem über Umsatzsteuerregistrierungen und UID-Nummern in Österreich, Italien, den Niederlanden und Polen.
Die Bf. kaufte Waren bei der X-AG (=produzierendes Werk in Belgien) ein und verkaufte diese direkt an die Unternehmer in Italien, den Niederlanden und Polen.
Sie verwendete als mittlere Unternehmerin und Ersterwerberin an ihre Abnehmer ihre österreichische UID-Nummer.
Im Zeitraum von 2015 bis 2017 wurden die Dreiecksgeschäfte unter KZ 077 und in den Zusammenfassenden Meldungen erklärt.
Laut MIAS Daten wurden für die Jahre 2015, 2016 und 2017 Dreiecksgeschäfte nach Italien, Niederlanden und nach Polen in folgender Höhe durchgeführt:
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und den vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Gesetzliche Grundlagen
Artikel 3 Abs. 8 UStG 1994 in der Stammfassung, BGBl. Nr. 663/1994 lautet:
Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß.
Artikel 25 UStG 1994 in der für das Jahre 2015 bis anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 112/2012 lautet:
(1) Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Das gilt auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.
Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Dreiecksgeschäft
(2) Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz gilt als besteuert, wenn der Unternehmer (Erwerber) nachweist, daß ein Dreiecksgeschäft vorliegt und daß er seiner Erklärungspflicht gemäß Abs. 6 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.
Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen
(3) Der innergemeinschaftliche Erwerb ist unter folgenden Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit:
a)Der Unternehmer (Erwerber) hat keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfaßt;
b)der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Unternehmers (Erwerbers) im Inland an einen Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke der Umsatzsteuer im Inland erfaßt ist;
c)die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur Umsatzsteuer erfaßt wird;
d)die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird unmittelbar vom ersten Unternehmer oder ersten Abnehmer dem letzten Abnehmer (Empfänger) verschafft;
e)die Steuer wird gemäß Abs. 5 vom Empfänger geschuldet.
Rechnungsausstellung durch den Erwerber
(4) Die Rechnungsausstellung richtet sich nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, von dem aus der Erwerber sein Unternehmen betreibt. Wird die Lieferung von der Betriebsstätte des Erwerbers ausgeführt, ist das Recht des Mitgliedstaates maßgebend, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Rechnet der Leistungsempfänger, auf den die Steuerschuld übergeht, mittels Gutschrift ab, richtet sich die Rechnungsausstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung ausgeführt wird.
Sind für die Rechnungsausstellung die Vorschriften dieses Bundesgesetzes maßgebend, muss die Rechnung zusätzlich folgende Angaben enthalten:
-einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung.
Steuerschuldner
(5) Bei einem Dreiecksgeschäft wird die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn die vom Erwerber ausgestellte Rechnung dem Abs. 4 entspricht.
Pflichten des Erwerbers
(6) Zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht im Sinne des Abs. 2 hat der Unternehmer in der Zusammenfassenden Meldung folgende Angaben zu machen:
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat;
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der vom Unternehmer bewirkten nachfolgenden Lieferung, die diesem im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände erteilt worden ist;
-für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der auf diese Weise vom Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände bewirkten Lieferungen. Diese Beträge sind für das Kalendervierteljahr anzugeben, in dem die Steuerschuld entstanden ist.
Pflichten des Empfängers
(7) Bei der Berechnung der Steuer gemäß § 20 ist dem ermittelten Betrag der nach Abs. 5 geschuldete Betrag hinzuzurechnen.
Mit Wirkung ab wurde Art. 25 Abs. 6 dritter Gedankenstrich (BGBl. I Nr. I Nr. 118/2015) geändert, dass im letzten Satz die Wortfolge "das Kalendervierteljahr" durch die Wortfolge "den Meldezeitraum gemäß Art. 21 Abs. 3" ersetzt wird.
Artikel 25 UStG 1994 findet seine Grundlage in Art. 141 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie):
Jeder Mitgliedstaat trifft besondere Maßnahmen, damit ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen, der nach Artikel 40 als in seinem Gebiet bewirkt gilt, nicht mit der Mehrwertsteuer belastet wird, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) der Erwerb von Gegenständen wird von einem Steuerpflichtigen bewirkt, der nicht in diesem Mitgliedstaat niedergelassen ist, aber in einem anderen Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist;
b) der Erwerb von Gegenständen erfolgt für die Zwecke einer anschließenden Lieferung dieser Gegenstände durch den unter Buchstabe a genannten Steuerpflichtigen in diesem Mitgliedstaat;
c) die auf diese Weise von dem Steuerpflichtigen im Sinne von Buchstabe a erworbenen Gegenstände werden von einem anderen Mitgliedstaat aus als dem, in dem der Steuerpflichtige für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, unmittelbar an die Person versandt oder befördert, an die er die anschließende Lieferung bewirkt;
d) Empfänger der anschließenden Lieferung ist ein anderer Steuerpflichtiger oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, der bzw. die in dem betreffenden Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist;
e) der Empfänger der Lieferung im Sinne des Buchstabend ist gemäß Artikel 197 als Schuldner der Steuer für die Lieferung bestimmt worden, die von dem Steuerpflichtigen bewirkt wird, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Steuer geschuldet wird.
3.2. Rechtliche Beurteilung Dreiecksgeschäfte
Strittig ist in gegenständlichem Fall ausschließlich, ob die Vereinfachungsregel des Art. 25 UStG 1994 anwendbar ist oder nicht.
Im Erkenntnis, Ro 2020/15/0003,hat der Verwaltungsgerichtshof zu einem gleichgelagerten Sachverhalt wie folgt ausgeführt:
22 Strittig ist, ob die umsatzsteuerliche Registrierung der mitbeteiligten Partei (Zwischenhändler als mittlerer Unternehmer im Dreiecksgeschäft) in Slowenien (Bestimmungsland) in Form der Vergabe einer slowenischen UID-Nummer für die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung schädlich ist.
23 Der mit "Dreiecksgeschäft" überschriebene Art. 25 UStG 1994 findet seine Grundlage in Art. 141 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie.
24 Aus Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie ergibt sich hinsichtlich der Voraussetzungen eines "Dreiecksgeschäfts", dass der erste Erwerber (der Zwischenhändler) "nicht in diesem Mitgliedstaat [gemeint: Bestimmungsland] niedergelassen ist, aber in einem anderen Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist".
25 Diese Bestimmung unterscheidet also zwischen "niedergelassen" und "für Mehrwertsteuerzwecke erfasst". Der Steuerpflichtige ist in einem Mitgliedstaat niedergelassen, wenn sich dort der Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit befindet.
26 Die in Art. 141 lit. c Mehrwertsteuersystemrichtlinie festgehaltene Voraussetzung, wonach die Gegenstände "von einem anderen Mitgliedstaat aus als dem, in dem der Steuerpflichtige [Zwischenhändler] für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist," befördert oder versendet werden, hat der EuGH dahingehend interpretiert, dass diese Voraussetzung auf einen anderen Mitgliedstaat als denjenigen abstellt, in dem der Zwischenhändler "für den konkreten Erwerb, den er bewirkt, für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist." ( Hans Bühler KG, C- 580/16, Rn 35). Daraus leitete der EuGH ab, dass es für die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte nicht schädlich ist, wenn der Zwischenhändler auch (zusätzlich) über eine UID-Nummer des Mitgliedstaates verfügt, von dem aus die Lieferung erfolgt. Maßgeblich sei vielmehr allein jene UID-Nummer, die der Zwischenhändler "für den konkreten Erwerb verwendet". Hierzu führt der EuGH in Rn 38 aus:
"Demzufolge ist, wenn ein Erwerber [Zwischenhändler] in mehreren Mitgliedstaaten für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, nur die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt hat, für die Beurteilung heranzuziehen, ob die Voraussetzung des Art. 141 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie erfüllt ist."
27 Der EuGH geht also davon aus, dass bei einem Zwischenhändler, der in mehreren Mitgliedstaaten für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, also von mehreren Mitgliedstaaten jeweils eine UID-Nummer erhalten hat, in Bezug auf die Voraussetzung des Art. 141 lit. c Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur die UID-Nummer, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt hat, maßgeblich ist.
28 Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie verlangt, dass der Zwischenhändler in einem anderen Mitgliedstaat als dem Bestimmungsland für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, stellt aber nicht darauf ab, dass ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat diese steuerliche Erfassung erfolgt ist. Da es nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH der Anwendung der in Art. 141 Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgesehenen Vereinfachungsmaßnahme für Dreiecksgeschäfte nicht entgegen steht, wenn der Zwischenhändler von mehreren Mitgliedstaaten jeweils eine UID-Nummer zugeteilt erhalten hat, kann auch in Bezug auf die Voraussetzung des Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur entscheidend sein, unter welcher von mehreren UID-Nummern der Zwischenhändler den konkreten Erwerb tätigt.
29 Diese Sichtweise entspricht den Zielen der in Rede stehenden Vereinfachungsmaßnahme. Zum einem sollen nämlich die Steuereinnahmen in jenen Mitgliedstaat verlagert werden, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt; zum anderen soll in Bezug auf innergemeinschaftliche Erwerbe für alle Unternehmer, die nicht im Gebiet des Mitgliedstaats des innergemeinschaftlichen Erwerbs ansässig sind, eine gleichartige Behandlung in allen Mitgliedstaaten gewährleistet werden ( Hans Bühler KG, C-580/16, Rn 39 f). Insbesondere soll vermieden werden, dass sich der Zwischenhändler im Rahmen einer Umsatzfolge, wie sie in Art. 141 Mehrwertsteuersystemrichtlinie beschrieben ist (also im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts) im Bestimmungsmitgliedstaat mehrwertsteuerlich registrieren lassen und eine Steuererklärung abgeben muss. Wie auch der Generalanwalt in den Schlussanträgen zur Rechtssache Hans Bühler KG in Rn 57 zum Ausdruck bringt, soll also der Zwischenhändler im Bestimmungsland von der Verpflichtung zur Registrierung und von der Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung entbunden sein, insoweit er dort (nur) innergemeinschaftliche Erwerbe tätigt, an die sich im Sinne der Dreiecksgeschäftsregelung eine innerstaatliche Lieferung anschließt.
30 Die Interpretation, wonach die Voraussetzung des Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie auf die beim konkreten Erwerb vom Zwischenhändler verwendete UID-Nummer abstellt, steht nicht im Widerspruch zum Ziel der Verlagerung der Steuereinnahmen in den Mitgliedstaat des Endverbrauchs. So ist auch im Revisionsfall unstrittig die steuerliche Erfassung vollständig beim Erwerber in Slowenien erfolgt.
31 Diese Interpretation entspricht auch dem Ziel, dass dem Zwischenhändler aus den Umsätzen (einschließlich der innergemeinschaftlichen Erwerbe) des Dreiecksgeschäfts nicht die Verpflichtung erwächst, sich im Erwerbsstaat mehrwertsteuerlich registrieren zu lassen oder gar eine Steuererklärung abzugeben.
32 Die Umsetzung der in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgesehen Vereinfachungsmaßnahme für Dreiecksgeschäfte ist in Österreich mit Art. 25 UStG 1994 erfolgt. Aus Art. 25 Abs. 2 UStG ergibt sich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 des Zwischenhändlers als besteuert gilt. In Anwendung dieser Bestimmung ist das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis gelangt, dass keine Umsatzsteuerpflicht der mitbeteiligten Partei besteht.
33 Gemäß Art. 25 UStG 1994 ergeben sich die Voraussetzungen eines Dreiecksgeschäftes aus dessen Abs. 3. Der genannte Abs. 3 des Art. 25 UStG 1994 regelt die Steuerbefreiung für den im Bestimmungsland eintretenden innergemeinschaftlichen Erwerb des Zwischenhändlers aus der Sicht von Österreich als Bestimmungsland. Art. 25 Abs. 3 lit. a UStG 1994 nennt somit als Voraussetzung, dass der Zwischenhändler keinen Wohnsitz oder Sitz im Bestimmungsland hat, jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfasst ist. Der Zwischenhändler darf demnach nicht im Bestimmungsland ansässig sein (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 25 BMR Tz 10). Vor dem unionsrechtlichen Hintergrund ist von der weiteren Voraussetzung auszugehen, dass der - im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfasste - Zwischenhändler im Rahmen des Dreiecksgeschäfts eine UID-Nummer verwendet, und zwar eine solche, die ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem Bestimmungsland erteilt worden ist. In diesem Sinn wird in Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 auf die UID-Nummer des Zwischenhändlers Bezug genommen "unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat".
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Bf. in den Bestimmungsländern der Waren nicht ansässig war. Sie hat nicht die ihr von den jeweiligen Bestimmungsländern vergebene UID-Nummer verwendet, sondern die österreichische UID-Nummer.
Im Inland hat auf Grund der Warenbewegung, die im ersten EU-Staat begonnen und im dritten EU-Staat geendet hat, kein innergemeinschaftlicher Erwerb stattgefunden.
Der inländische Bezugspunkt am Dreiecksgeschäft ist die umsatzsteuerliche Erfassung und der Auftritt mit einer österreichischen UID-Nummer, die auch eine der Voraussetzungen für das Vorliegen eines Dreieckgeschäftes (drei verschiedene EU-Unternehmer) darstellt.
Die Regelungen des Art. 25 UStG 1994 über das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes richten sich primär an den Staat des faktischen innergemeinschaftlichen Erwerbes.
Die Bf. hat in Bezug auf die Umsatzsteuer die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung des Dreiecksgeschäftes im Sinne des Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 erfüllt.
Gemäß Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 gilt der innergemeinschaftliche Erwerb als besteuert, wenn der Erwerber nachweist, dass ein Dreiecksgeschäft vorliegt und dass er seiner Erklärungspflicht nach Abs. 6 nachgekommen ist. Unter diesen Voraussetzungen ist der innergemeinschaftliche Erwerb im Mitgliedstaat des Erwerbes befreit und gilt als besteuert.
Den Beschwerden war entsprechend der zuvor angeführten VwGH-Judikatur Folge zu geben. Die Bescheide der gegenständlichen Jahre sind entsprechend der Beilage abzuändern.
Beilage: Berechnungsblätter Umsatzsteuer für die Jahre 2015, 2016 und 2017
3.3. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da das Erkenntnis der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 3 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 141 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 Art. 25 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100150.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
DAAAC-30547