zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.05.2022, RV/3100290/2021

Sicherstellungsauftrag - Ermessensübung primär anhand des Normzwecks

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Klaudia Obmascher in der Beschwerdesache MV als Masseverwalter im SRV Bf, Adr_MV über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Sicherstellungsauftrag 2011 Steuernummer StNr zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

1. Bf war 2010 bis 2020 bei der AG GmbH in A nichtselbständig tätig. Sie erstellte Scheinrechnungen und bezahlte diese mit Geldmitteln der AG GmbH & Co KG mit Sitz in N, Deutschland, über die sie in ihrer Funktion als Angestellte verfügen konnte. Sie schädigte auf diese Weise ihre Arbeitgeberin und bereicherte sich selbst.

Bf legte dieses Verhalten ihrer Arbeitgeberin im Februar 2020 offen. Sie unterzeichnete im weiteren am Datum_1 und am Datum_2 2020 Schuldanerkenntnisse, in welchen sie die Unterschlagungen eingestand, und verpflichtete sich gegenüber ihrer Arbeitgeberin zur Schadenswiedergutmachung durch tätige Reue.

Die entsprechende Vereinbarung vom Datum_2 2020 sieht vor, dass Bf insgesamt € Betrag_gesamt an die AG GmbH zurückzuzahlen hat. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus € Teilbetrag_1 (netto € Teilbetrag_1_netto zuzüglich deutscher Umsatzsteuer und Zinsen) lt. Schuldanerkenntnis vom Datum_1 2020, und € Teilbetrag_2 (netto € Teilbetrag_2_netto zuzüglich deutscher Umsatzsteuer und Zinsen) lt. Schuldanerkenntnis vom Datum_2 2020.

Bf verpflichtete sich in der Vereinbarung zur Begleichung der og. Summe in Teilbeträgen, und zwar € Rate_1 bis , € Rate_2 bis , € Rate_3 bis , € Rate_3 bis , sowie € Rate_5 zuzüglich angefallener Zinsen bis . Die Nichteinhaltung der genannten Zahlungstermine führt zum Terminverlust.

2. Mit dem hier bekämpften Sicherstellungsauftrages als Exekutionstitel nahm die Abgabenbehörde im März 2021 Kontenpfändungen sowie eine Gehaltspfändung vor. Bereits am veranlasste die Abgabenbehörde die Übermittlung eines Rechtshilfeersuchens nach Deutschland zur Sicherstellung von Vermögenswerten.

3. Am ergingen nach Durchführung einer Außenprüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG Einkommensteuerbescheide und Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2011 bis 2019, sowie die teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung zur Einkommensteuer 2010 an Bf; mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ_ESt, wurden die Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2010 bestätigt und die Beschwerden für die Jahre 2011 bis 2019 als unbegründet abgewiesen.

II. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid (Sicherstellungsauftrag) vom wurde in das Vermögen von Bf gem. § 232 BAO die Sicherstellung von Einkommensteuern der Jahre 2011 bis 2019 iHv insgesamt € Betrag_SIA wie folgt angeordnet:

[...]

Es wurde weiters ausgesprochen, dass eine Hinterlegung des Betrages iHv € Betrag_SIA bei der bezeichneten Abgabenbehörde bewirke, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterblieben und diesbezüglich bereits vollzogene Sicherstellungsmaßnahmen aufgehoben würden.

Zur Verwirklichung des Abgabentatbestandes wurde in der Bescheidbegründung nach Darstellung des der voraussichtlichen Abgabepflicht nach Ansicht der Abgabenbehörde zugrundeliegenden Sachverhaltes zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass Bf im Rahmen ihrer nichtselbständigen Tätigkeit für die AG GmbH in den Jahren 2010 bis 2020 insgesamt rund 2 Mio. Euro unterschlagen habe.

Es habe Bf bewusst sein müssen, dass jeder, legal oder illegal, vom Dienstgeber bezogene Vorteil, somit auch die unterschlagenen Beträge, zu versteuern sei. Die Verjährungsfrist verlängere sich daher infolge des Verdachtes der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung gem. § 207 Abs. 2 BAO auf zehn Jahre.

Die Subsumption der veruntreuten Gelder unter § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 und deren Erfassung im Veranlagungsweg untermauerte die Abgabenbehörde mit zahlreichen Verweisen auf Literatur und höchstgerichtliche Rechtsprechung.

Zur Ermessensübung iSd § 20 BAO sei festzuhalten, dass in Anbetracht der Höhe der voraussichtlichen Abgabennachforderung von einer Geringfügigkeit keinesfalls ausgegangen werden könne. Das Vermögen der Abgabepflichtigen werde derzeit zur Tilgung ihrer Schulden aus der Unterschlagung der Gelder bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber verwertet, was gemeinsam mit ihrem bisherigen steuerlichen Verhalten nahelege, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung zumindest zum Teil gesichert scheine.

2. In der Beschwerde vom wurde zunächst die unrichtige rechtliche Beurteilung aufgrund fehlender Einkommensteuerpflicht der unterschlagenen Gelder geltend gemacht. Eine Subsumption unterschlagener oder im Wege der Untreue bezogener Gelder unter § 25 EStG sei schon nach der Wortinterpretation des Gesetzestextes nicht möglich, gemäß welchem es sich bei nichtselbständigen Einkünften um "Arbeitslohn", also Lohn "für die Arbeit" handle. Nach der Rechtsprechung des OGH sei entscheidend, dass die Bezüge und Vorteile beruflich veranlasst seien, also "für die Beschäftigung" gewährt würden. Es sei unstrittig, dass die Bezüge und Vorteile, welche sich Bf zugeeignet habe, nicht vom Arbeitgeber für die Beschäftigung gewährt worden seien.

Eine systematische Interpretation des Gesetzes führe zum selben Ergebnis. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach zu den Vorteilen aus einem Dienstverhältnis auch solche gehören, die sich ein Arbeitnehmer ohne Willensübereinstimmung mit dem Arbeitgeber angeeignet habe, beruhe auf der unreflektierten Übernahme einer EStG-Kommentierung aus dem Jahr 1973, welche der Verfasser des Kommentars in der dritten Auflage wieder zurückgenommen habe.

Des Weiteren führe die finanzielle Belastung durch die steuerlichen Folgen, auch wenn die Schadensgutmachung aus der Veruntreuung gelinge, nicht nur oft zum finanziellen Ruin des Steuerpflichtigen, sondern auch zu einer Bereicherung des Fiskus zulasten des Geschädigten.

Die Ermessensübung der Abgabenbehörde sei rechtswidrig, da durch die Sicherstellung Pfandrechte lediglich für einen Bruchteil des sicherzustellenden Abgabenbetrages erwirkt werden könnten. Dies sei der Abgabenbehörde vor Erlassung des Sicherstellungsauftrages bewusst gewesen, zumal sie die Vereinbarung zur tätigen Reue zwischen Bf und ihrem früheren Arbeitgeber kenne. Die Sicherstellung, insbesondere die daraus resultierende Lohnpfändung, vereitle nunmehr die Erfüllung dieser Vereinbarung.

Die Rückzahlung der veruntreuten Gelder führe zwar, gehe man von deren Steuerpflicht bei Zufluss aus, zu Werbungskosten, welche jedoch Bf mangels entsprechender Einkünfte oder eines "Verlustvortrages" nicht geltend machen könne. Sie hätte demnach Steuern für etwas zu zahlen, was sie final nicht erhalten habe.

3. Die Beschwerde wurde am als unbegründet abgewiesen. Im Vorlageantrag vom erfolgte kein weiteres Vorbringen.

4. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Kufstein vom wurde über das Vermögen von Bf das Schuldenregulierungsverfahren ohne Eigenverwaltung der Schuldnerin eröffnet. Zum Masseverwalter wurde MV bestellt.

III. Rechtslage

1. Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

2. Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrags setzt die Verwirklichung jenes Tatbestands voraus, an den die Abgabepflicht geknüpft ist. Die Verwirklichung dieses Tatbestands muss im Hinblick auf die auch für Sicherstellungsaufträge geltende Begründungspflicht iSd § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Sicherstellungsauftrags bzw. im bestätigenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichts dargetan werden. Die Begründung muss in diesem Zusammenhang jedenfalls erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde und welche Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung dafür maßgebend waren (). Ein Sicherstellungsauftrag ist aber kein abschließender Sachbescheid iSd § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern dass es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Tatbestands entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, ist in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden ().
(Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 § 232 Rz 5, mit den zitierten Verweisen)

3. Wie aus § 232 BAO hervorgeht, sind Sicherstellungsmaßnahmen im Wege eines Sicherstellungsauftrages innerhalb des in dieser Bestimmung umschriebenen Zeitraumes zulässig, wenn eine Gefährdung oder Erschwerung der nachfolgenden Einbringung von Abgaben begründet zu befürchten ist. Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden u.a. bei drohendem Insolvenz- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein. Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabepflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, werden, ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO rechtfertigen. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich. In all diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (, mit Verweis auf , 2007/15/0131).

4. Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben erhellt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen. ( mwN)

Das entscheidende Ermessenskriterium für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages ergibt sich aus dem Normzweck, das ist die Sicherstellung der Abgabeneinbringung (Gebetsroither in Schuh/Macho/Kerstinger [Hrsg], Handbuch zur Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung [29. Lfg 2015] Ermessen- § 20 BAO).

IV. Erwägungen

1. Der oben unter Pt. I.1. dieses Erkenntnisses dargestellte und von der Abgabenbehörde als den sicherzustellenden Abgabenanspruch auslösend erachtete Sachverhalt ist unstrittig. In der Beschwerde wurde - neben der unrichtigen Ermessensübung - ausschließlich die Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes derart, dass er eine Steuerpflicht gem. § 25 EStG 1988 auslöse, geltend gemacht.

Die Abgabenbehörde stützte ihre rechtliche Beurteilung der Einkommensteuerpflicht der veruntreuten Gelder gem. § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 auf die im bekämpften Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich auch in den für die Abgabenbehörde verbindlich anzuwendenden Lohnsteuerrichtlinien (Rz 648, mit Hinweis auf die Erfassung im Veranlagungsweg) niederschlägt.

Die Beurteilung einer solchen Rechtsfrage hat nicht im Beschwerdeverfahren über den Sicherstellungsauftrag, sondern in jenem über die Abgabenbescheide stattzufinden. Dasselbe gilt für die Beurteilung der Frage, ob die zehnjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 2. Satz BAO zur Anwendung zu gelangen hat.

2. Eine rechtswidrige Ermessensübung durch die Abgabenbehörde ist bei der Erlassung des bekämpften Sicherstellungsauftrages nicht erkennbar.

2.1. Das Ermessen hat sich im Sicherstellungsverfahren zuallererst am Normzweck des § 232 BAO zu orientieren, welcher, wie schon am Wortlaut des Gesetzestextes unschwer zu erkennen ist, in der Sicherung von Abgabenansprüchen besteht, deren Einbringlichkeit ansonsten gefährdet scheint. Diese Sicherung soll durch die Schaffung eines Exekutionstitels in Form des Sicherstellungsauftrages bereits zu einem Zeitpunkt ermöglicht werden, zu dem diese Abgabenansprüche noch nicht gem. § 226 BAO vollstreckbar sind.

Die Abgabenbehörde führte dazu in der Beschwerdevorentscheidung vom aus, dass Bf sich durch die Unterschlagung von Geldern ihrer ehemaligen Arbeitgeberin über Jahre sukzessive bereichert habe, um diverse Vermögensgegenstände (Schmuck, Immobilien samt Umbau, teure Autos, teure Urlaube und Hobbies etc.) anzuschaffen und ihren gehobenen Lebensstil mit ihrem Exgatten zu finanzieren. Sie habe diesen Lebensstil über Jahre in den sozialen Medien (Facebook) umfangreich gepostet.

Um ihre Schulden aus diesen Unterschlagungen zurückzuzahlen, habe Bf damit begonnen, ihr Vermögen zu verwerten, und vereitle dadurch, dass der österreichische Fiskus zu seinem Geld komme. Daraus, und aus ihrem bisherigen steuerlichen Verhalten, nämlich der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung über Jahre hinweg, sei zu schließen, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinhebung zumindest zum Teil voraussichtlich gesichert scheine.

Die Ermessensübung durch die Abgabenbehörde erfolgte daher jedenfalls dem Normzweck des § 232 BAO folgend und kann schon aus diesem Grund nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.2. Eine Unzweckmäßigkeit der Bescheiderlassung infolge Geringfügigkeit der zu erwartenden Sicherheit, wie in der Beschwerde ausgeführt, liegt ebenfalls nicht vor. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Kenntnis von der Vereinbarung zur tätigen Reue und der damit einhergehenden Rückzahlungsverpflichtung an die Arbeitgeberin die Abgabenbehörde zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Sicherstellungsauftrages veranlassen hätte sollen; vielmehr war gerade eben wegen jener Vereinbarung die Einbringlichkeit der Abgabenansprüche gefährdet und daher die Bescheiderlassung geboten.

2.3. Eine (allfällige) Unbilligkeit müsste, zumal die Erlassung des Sicherstellungsauftrages sowohl dem Normzweck entsprechend als auch zweckmäßig iSd § 20 BAO erfolgte, bei der Ermessensübung unberücksichtigt bleiben. Eine solche wurde allerdings im Beschwerdeverfahren ohnehin nicht dargetan. Es wurde mehrfach die Vereinbarung zur tätigen Reue mit der ehemaligen Arbeitgeberin angeführt, deren Erfüllung für Bf Priorität hat und ihre sämtlichen verfügbaren Mittel binde. Dies ist aus ihrer Sicht vollkommen nachvollziehbar, ändert aber nichts daran, dass die Priorität der Abgabenbehörde in der Sicherung des Abgabenaufkommens zu sehen und sie daher entsprechend zu handeln hat.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage war im Beschwerdefall nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100290.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at