Arbeitnehmerveranlagung: keine Veranlagung ohne steuerpflichtige Einkünfte - Werbungskosten nicht vortragsfähig
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache Dipl Bw (FH) N.N., Adr.Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die Abweisung des Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagungfür das Jahr 2013 Steuernummer xxx zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (= folglich kurz Bf.) machte mit Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 folgende Angaben:
Anzahl der inländischen gehalts- und pensionsauszahlenden Stellen 0
Sonderausgaben:
Versicherungsprämien € 3.332,56
Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften € € 170,00
Geldspenden an mildtätige Organisationen, … € 36,00
Werbungskosten:
Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten € 1.202,00
Krankheitskosten € 547,00
Kinderfreibetrag: Ja
Der Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 vom wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom abgewiesen, da bei der Durchführung der (ArbeitnehmerInnen-)Veranlagung die Lohnsteuer neu zu berechnen sei und keine steuerpflichtigen Bezüge im Veranlagungszeitraum erzielt worden seien.
Mit Beschwerden, jeweils vom , gegen den Bescheid 2013 zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung wurde beantragt die Kosten für die vom Arbeitgeber erwünschte und geförderte Fort- und Weiterbildung (Universitätslehrgang Mentalcoaching), als Werbungskostenüberschuss aus nichtselbstständiger Tätigkeit für das Jahr 2013 für die Folgejahre, vorzutragen.
Mit Beschwerdevorentscheidung samt gesonderter Bescheidbegründung, jeweils vom , wurde die Beschwerde abgewiesen, da Werbungskosten nur im Jahr der Veranlagung abgesetzt und nicht auf andere Jahre übertragen werden können. Mangels steuerpflichtigem Einkommen ergäbe sich im Jahr 2013 keine (negative) Einkommensteuer. Es bestehe ohne lohnsteuerpflichtige Einkünfte kein Anspruch auf Arbeitnehmerveranlagung.
Mit Vorlageantrag vom begehrte die Bf. "betreffend dem Bescheid 2013 zur Arbeitnehmerveranlagung, Beschwerde vom ," eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen, den Verlust festzustellen und vorzutragen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Bf. bezog im Jahr 2013 Wochengeld der Tiroler Gebietskrankenkasse. Weitere Einkünfte wurden von der Bf. im Kalenderjahr 2013 nicht bezogen.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Das Bundesfinanzgericht durfte die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Rechtliche Beurteilung
Spruchpunkt I. (Abweisung):
Die Einkommensteuer wird gemäß § 39 EStG 1988 nach Ablauf des Kalenderjahres nach dem Einkommen veranlagt, dass die Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat die Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt die Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 EStG 1988 vorliegen. Voraussetzung für eine Veranlagung ist, dass im Einkommen der Steuerpflichtigen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind. Nur dann ist die Steuerpflichtige gemäß § 41 EStG 1988 zu veranlagen.
Es ist erwiesen, dass die Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2013 keine steuerpflichtigen Einkünfte iSd § 2 Abs. 2 EStG 1988 bezogen hat.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 ist das Wochengeld und vergleichbare Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Zuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtigungen der Kammern der selbstständig Erwerbstätigen von der Einkommensteuer befreit.
Die von der Bf. bezogenen Bezüge (Wochengeld der Tiroler Gebietskrankenkasse) sind von der Einkommensteuer befreit und sind keine weiteren Einkünfte der Bf. aktenkundig.
Im gegenständlichen Fall wurden im Jahr 2013 keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte bezogen. Es wurde keine Lohnsteuer einbehalten, die im Zuge einer Veranlagung neu berechnet werden könnte bzw. die auf Grund der geltend gemachten Werbungskosten oder Sonderausgaben vermindert werden könnte.
Gemäß § 16 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Einnahmen im Sinne des § 15 EStG 1988 liegen vor, wenn der Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen.
Bei diesen Einkunftsarten sind Einkünfte gemäß § 2 Abs 4 Z 2 EStG 1988 der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.
Die von der Bf. beantragten Kosten für den Universitätslehrgang Mentalcoaching würden zur Minderung der Einkünfte und damit zu einer Kürzung der Steuerbemessungsgrundlage bei der jeweiligen Einkunftsart beitragen. Dies jedoch nur im Fall des Vorliegens von steuerpflichtigen Einkünften. Weitere Voraussetzung für eine Abzugsfähigkeit ist folglich die Anerkennung der Werbungskosten dem Grunde und der Höhe nach sowie die Anerkennung der Zurechnung zur jeweils gehörigen Einkunftsart. Mangels steuerpflichtigen Einkünften im Jahr 2013 sind die zuvor genannten weiteren Voraussetzungen durch das Bundesfinanzgericht nicht zu prüfen.
Die Bf. bezog im Jahr 2013 Wochengeld und keine unter die Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zu subsumierende Einkünfte, bei welchen ein Werbungskostenabzug denkbar ist.
Über die Höhe eines zu einer bestimmten Einkunftsart zugehörigen Verlustes ist in dem jeweiligen Jahr abzusprechen. Es liegen keine Einkünfte vor die einen Abzug ermöglichen. Ein Werbungskostenüberschuss war daher von der Abgabenbehörde nicht festzustellen und kann auch nicht in Folgejahre vorgetragen werden.
Bei Steuerpflichtigen, die kein Einkommen erzielt haben, erfolgt eine Veranlagung nur zur (Rück-)Erstattung von Beträgen nach § 33 Abs. 8 EStG 1988 (vgl. ), da diese bei einem bestehenden Anspruch auf Alleinverdienerabsetzbetrag oder auf den Alleinerzieherabsetzbetrag die Erstattung dieses Absetzbetrages beantragen können. Nur dann kann sich aus dem Steuertarif und aus den Absetzbeträgen bei niedrigem Einkommen eine negative Steuerschuld ergeben. Absetzbeträge wurden keine von der Bf. beantragt und besteht nach Aktenlage auch kein Anspruch auf diese.
Beim Beziehen ausschließlich steuerfreier Einkünfte im Veranlagungszeitraum - wie auch im beschwerdegegenständlichen Fall - besteht kein Anspruch auf Negativsteuer (vgl. iVm ; ). Es ist mit "Nichtveranlagungsbescheid" abzusprechen (vgl. sowie ).
Bei der Arbeitnehmerveranlagung erfolgt eine Neuberechnung der Lohnsteuer. Da die Bf. keine steuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des § 2 EStG 1988 im Jahr 2013 hatte, wirken sich die in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 beantragten Änderungen nicht aus. Es kann für das Jahr 2013 daher keine Veranlagung durchgeführt und in der Folge auch keine (negative) Einkommensteuer festgesetzt werden. Der Antrag der Bf. auf eine Veranlagung wurde von der Abgabenbehörde zu Recht abgewiesen.
Die Beschwerde hat sich als unbegründet erwiesen und war abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde in keiner Rechtsfrage entschieden, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG zukommt, die Entscheidung findet in dem vom VwGH gegebenen Rahmen Deckung, sodass eine Revision unzulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 39 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100082.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at