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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2022, RV/5100345/2019

Strittige Anwendung der Bestimmung des § 9 Abs. 5 Satz 4 KStG 1988

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/15/0032. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5100345/2019-RS1
Wird ein Gruppenmitglied rückwirkend zum 31.12. auf ein am Verschmelzungsstichtag nicht zur Gruppe gehörendes 100%-iges Tochterunternehmen des Gruppenträgers verschmolzen und gehört dieses Tochterunternehmen am 1.1. des Folgejahres zur Gruppe, ist die Regelung des § 9 Abs. 5 vierter Satz KStG anwendbar und es kommt zu keinem Ausscheiden aus der Gruppe.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ****, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Aufhebung § 299 BAO / KSt 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde ein Gruppenfeststellungsbescheid 2017 erlassen, in welchem die Überträger GesmbH als ab der Veranlagung 2017 als zur Unternehmensgruppe (Gruppenträger ***1*** Holding GmbH) zugehörig festgestellt wurde.

Die Fa. Übernehmer GmbH ist nach diesem Bescheid nicht Mitglied der Gruppe.

Mit Bescheid vom wurde ein Feststellungsbescheid Gruppenmitglied für die Überträger GesmbH erlassen und ausgesprochen, dass das Ergebnis der ***1*** Holding GmbH zu 100 % zuzurechnen ist.

Mit Schreiben vom wurde seitens der steuerlichen Vertretung mitgeteilt, dass die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft mit der Überträger GmbH als übertragender Gesellschaft rückwirkend auf den verschmolzen wurde und wurde der Verschmelzungsvertrag vom übermittelt. In der Folge wurde am die Firma Überträger GmbH im Firmenbuch gelöscht. Rechtsnachfolgerin ist die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft.

Im Gruppenfeststellungsbescheid 2017 vom scheint die Firma Übernehmer GmbH als RNF Überträger GmbH auf.

Im Gruppenfeststellungsbescheid 2018 der ***1*** Holding GmbH scheint die Firma Übernehmer GmbH als Gruppenmitglied auf.

Mit dem im gegenständlichen Fall angefochtenen Bescheid vom wurde der Bescheid vom betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2017 gemäß § 299 BAO aufgehoben und an die Firma Übernehmer GmbH als RNF Überträger GmbH zugestellt.

Begründend wurde ausgeführt: Mit Vertrag vom sei die Fa. Überträger GesmbH als übertragende Gesellschaft auf die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft zum Stichtag verschmolzen worden. Die Verschmelzung eines Gruppenmitglieds auf eine nicht der Unternehmensgruppe angehörige Körperschaft führe bei Verschmelzungsstichtagen innerhalb der Mindestbestandddauer zum rückwirkenden Ausscheiden der übertragenden Körperschaft. (§ 9 Abs. 5 und Abs. 10 KStG 1988) Der Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2017 sei daher aufzuheben und für 2017 eine Individualbesteuerung durchzuführen.

(Mit Bescheid vom StNr. Februar 2019 wurde daraufhin der Gruppenfeststellungsbescheid 2017 geändert und die Zugehörigkeit der Bf. zur Unternehmensgruppe ab der Veranlagung 2017 aufgehoben.)

Mit Beschwerde vom wurde gegen den Aufhebungsbescheid vom Beschwerde erhoben und ausgeführt:

Die Behörde habe der Entscheidung einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrundegelegt. Die Firma Überträger Gesellschaft m b H. sei mit Verschmelzungsvertrag vom als übertragende Gesellschaft auf die Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft mit Verschmelzungsstichtag nach den Bestimmungen des Art. I UmgrStG verschmolzen worden.

Die Überträger Gesellschaft m.b.H. wurde in die Unternehmensgruppe der ***1*** Holding GmbH mit dem Veranlagungsjahr 2017 aufgenommen.

Die Übernehmer GmbH sei seit dem Jahr 2000 eine Tochtergesellschaft der ***1*** Holding GmbH und sei diese ab dem Veranlagungsjahr 2018 in die Unternehmensgruppe der ***1*** Holding GmbH aufgenommen worden. Eine finanzielle Verbindung zwischen diesen Gesellschaften bestehe somit seit dem Jahr 2000 und habe sich durch die Verschmelzung mit der Überträger Gesellschaft m.b.H. an dieser finanziellen Verbindung nichts geändert.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 UmgrStG sei das Einkommen der übernehmenden Körperschaft so zu ermitteln, als ob die verschmelzungsbedingte Vermögensübernahme mit dem Beginn des auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Tages, also (1.1. des Folgejahres) 0 Uhr, erfolgt wäre.

Die Übernehmer GmbH sei ab dem Veranlagungsjahr 2018 Gruppenmitglied der ***1*** Holding GmbH und erfolgte die Verschmelzung der Überträger GmbH (= Vermögensübernahme mit , 0 Uhr) als Gruppenmitglied somit auf ein zu diesem Zeitpunkt unmittelbar verbundenes Gruppenmitglied.

Ist zum Verschmelzungsstichtag die dreijährige Mindestbestandsdauer noch nicht gegeben, führe dies dennoch nicht zu einer selbständigen Steuerpflicht für die Jahre bis zur Verschmelzung, da mit der Vermögensübernahme (= ) durch das übernehmende Gruppenmitglied ein Fortsetzungstatbestand gegeben sei. Voraussetzung sei, dass das übernehmende Gruppenmitglied die Mindestbestandsdauer erfüllt.

Zumal es bei der ***1*** Holding GmbH (als Gruppenträger) nicht erst infolge der Verschmelzung zu einer ausreichenden finanziellen Verbindung an einer übernehmenden, gruppenfremden Körperschaft gekommen sei, sondern die Übernehmer GmbH bereits seit dem Jahr 2000 finanziell mit der ***1*** Holding GmbH als 100%-Tochtergesellschaft verbunden ist, liege auch der in Rz 354 der UmgrStR 2002, letzter Absatz, angeführte Fall nicht vor.

Es werde daher der Antrag gestellt, den Aufhebungsbescheid aufzuheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: "Mit Vertrag vom wurde das Gruppenmitglied, Fa. Überträger GmbH, als übertragende Gesellschaft auf die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft zum Stichtag verschmolzen. Die übernehmende Gesellschaft, Fa. Übernehmer GmbH, ist zum Verschmelzungsstichtag kein Mitglied dieser Unternehmensgruppe. Die im letzten Abschnitt der Beschwerde angesprochene RZ 354 der UmgrStR 2002 findet auch auf den Fall einer Konzernverschmelzung (Verschmelzung eines GM auf eine nicht zur Unternehmensgruppe gehörigen Tochter[Enkel]körperschaft des GT) Anwendung. Ausschlaggebend für das Ausscheiden des übertragenden GM ist, dass sowohl im Fall der Konzentrationsverschmelzung als auch im Fall einer Konzernverschmelzung eine Übertragung von Vermögen auf eine Körperschaft erfolgt, die am Verschmelzungsstichtag nicht Mitglied der Unternehmensgruppe ist. Damit findet die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs 5 vierter Satz KStG 1988, wonach nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzungen für die Gruppenverhältnisse gelten, keine Anwendung. Es kommt daher auch im vorliegenden Sachverhalt zum (rückwirkenden) Ausscheiden des Gruppenmitgliedes Überträger GmbH aus der Unternehmensgruppe."

Im Vorlageantrag vom wird ausgeführt: "Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den oben angeführten Bescheid als unbegründet abgewiesen. Innerhalb offener Frist gem. § 264 BAO wird nun die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt. Betreffend die Beschwerdegründe wird auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Ergänzend zu den Ausführungen in unserer Beschwerde ist mitzueilen, dass die Abgabenbehörde in ihrer rechtlichen Beurteilung des Vermögensübergangs scheinbar den Verschmelzungsstichtag zu Grunde legt. Gemäß § 9 Abs. 5 letzter Satz gelten Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse, sofern die Unternehmensgruppe weiterhin finanziell verbunden bleibt. Die Vermögensübertragung von der Überträger GmbH (als übertragende Gesellschaft) auf die Übernehmer GmbH (als übernehmende Gesellschaft) erfolgt gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 UmgrStG mit Beginn des dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tages (= ).1 Zu diesem Zeitpunkt ist die übernehmende Gesellschaft (Übernehmer GmbH) Gruppenmitglied der Unternehmensgruppe der ***1*** Holding GmbH als Gruppenträger sowie mit dieser als Tochtergesellschaft (Beteiligung 100 % seit dem Jahr 2000) weiterhin finanziell verbunden."

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Vertrag vom wurde das Gruppenmitglied Fa. Überträger GmbH als übertragende Gesellschaft auf die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft zum Stichtag verschmolzen.

Die übernehmende Gesellschaft (Übernehmer GmbH) war zum kein Mitglied der Unternehmensgruppe (Gruppenträger = ***1*** Holding GmbH StNr), wohl aber zum Vertragszeitpunkt . Die Übernehmer GmbH scheint im Gruppenfeststellungsbescheid des Gruppenträgers für 2018 als Gruppenmitglied auf.

Das Gruppenmitglied Überträger GmbH ist mit Gruppenfeststellungsbescheid vom ab dem Jahr 2017 in die Gruppe eingetreten.

Beweiswürdigung

Der gegenständliche Sachverhalt ist unstrittig, ergibt sich aus dem vorgelegten Verschmelzungsvertrag und den vorgelegten Bescheiden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpun t I. (Stattgabe)

§ 9 Abs. 5 KStG 1988 lautet

(der im gegenständlichen Fall strittige/relevante Satz 4 ist fett markiert)

"Die finanzielle Verbindung im Sinne des Abs. 4 muss während des gesamten Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitgliedes vorliegen. Erfüllen im Falle einer Beteiligungsgemeinschaft die Mitbeteiligten die Voraussetzungen des Abs. 4 zu Beginn des Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitglieds, kann die Beteiligungsgemeinschaft bis zum Gruppenantrag gebildet werden. Steuerlich wirksame rückwirkende Anteilserwerbe und Anteilsübertragungen im Sinne der Abgabenvorschriften sind auch für die Frage der finanziellen Verbindung maßgebend.

Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe gelten nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse, sofern die Unternehmensgruppe weiterhin finanziell verbunden bleibt."

§ 9 Abs. 10 KStG 1988 lautet

"Die Unternehmensgruppe muss für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren bestehen. Dabei gilt Folgendes:

  1. Die Mindestdauer ist nur erfüllt, wenn das steuerlich maßgebende Ergebnis von drei jeweils zwölf Monate umfassenden Wirtschaftsjahren in Sinne des Abs. 6 zugerechnet wird.

  2. Die Regelung über die Mindestdauer gilt im Falle des nachträglichen Eintritts einer weiteren Körperschaft (Abs. 2) in eine bestehende Unternehmensgruppe für die eintretende Körperschaft.

  3. Scheidet eine Körperschaft innerhalb von drei Jahren nach dem Eintritt aus der Unternehmensgruppe aus, gilt dieses Ausscheiden als rückwirkendes Ereignis im Sinn des § 295a der Bundesabgabenordnung. Im Wege der Veranlagung und der Anpassung der abgeleiteten Bescheide gemäß § 295 der Bundesabgabenordnung sind jene steuerlich maßgebenden Verhältnisse herzustellen, die sich ohne Gruppenzugehörigkeit ergeben hätten."

Im gegenständlichen Fall wurde ein Gruppenmitglied auf eine zum Verschmelzungsstichtag () nicht zur Gruppe gehörende Tochter des Gruppenträgers verschmolzen. Zum Vertragserrichtungszeitpunkt () bzw. im Jahr 2018 war die aufnehmende Gesellschaft jedoch Teil der Gruppe.

Die Umgründungsssteuerrichtlinien, die für das Bundesfinanzgericht zwar keine Bindungswirkung entfalten, aber als Auslegungsbehelf dienen können, führen diesbezüglich in RZ 354 (UmgrStR 2002 Rz 354) aus: "1.7.5.1. Verschmelzung eines inländischen Gruppenmitglieds auf eine gruppenfremde Körperschaft

Die Verschmelzung eines inländischen Gruppenmitglieds auf eine nicht der Unternehmensgruppe angehörige Körperschaft führt infolge des Umstandes, dass gemäß § 9 Abs. 5 letzter Satz KStG 1988 nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse gelten, mit dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag zum Ausscheiden des Gruppenmitglieds bzw bei Verschmelzungsstichtagen innerhalb der Mindestbestanddauer zum rückwirkenden Ausscheiden und zur selbständigen Besteuerung der übertragenden Körperschaft bzw zur Berichtigung der Gruppeneinkommen beim Gruppenträger.

Firmenwertabschreibungen auf die Beteiligung an der übertragenden Körperschaft enden im erstgenannten Fall mit der Verschmelzung bzw. entfallen im zweitgenannten Fall rückwirkend. Geht eine in der Unternehmensgruppe die Firmenwertabschreibung auslösende Beteiligung verschmelzungsbedingt auf eine andere Unternehmensgruppe über, kann eine von der übertragenden Körperschaft bereits begonnene Firmenwertabschreibung nicht in der Unternehmensgruppe des Rechtsnachfolgers fortgesetzt werden. Es kann jedoch eine neue Firmenwertabschreibung in der Gruppe des Rechtsnachfolgers begonnen werden, wobei der Anschaffungszeitpunkt und die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers dafür maßgeblich sind; die seit diesem Zeitpunkt bereits abgereiften Fünfzehntel sind aus Sicht der neuen Unternehmensgruppe verfallen und können daher von dieser nicht mehr berücksichtigt werden (siehe auch KStR 2013 Rz 1123). Zur Einbeziehung der Körperschaft in die Unternehmensgruppe der umgründungsbedingten Rechtsnachfolgerin nach dem und zur Geltendmachung noch offener Fünfzehntel aus der von der Rechtsvorgängerin begonnenen Firmenwertabschreibung siehe Rz 349b.

Mit dem Ausscheiden eines Gruppenmitglieds scheiden auch finanziell mit diesem verbundene Gruppenmitglieder mit der Verschmelzung oder mangels Vorliegens der Mindestbestanddauer rückwirkend aus. Soweit dabei ausländische Gruppenmitglieder ausscheiden, sind offene, im Inland angesetzte und im Ausland noch nicht verrechnete Verluste bei der Ermittlung des Einkommens des Gruppenträgers in jenem Wirtschaftsjahr nachzuversteuern, in das der Tag des Ausscheidens des ausländischen Gruppenmitglieds fällt. Führt die Verschmelzung nicht nur zum Ausscheiden eines ausländischen Gruppenmitglieds, sondern zur Auflösung der gesamten Unternehmensgruppe, ist der Nachversteuerungsbetrag im letzten Wirtschaftsjahr zu erfassen, in dem die Unternehmensgruppe noch bestanden hat (siehe auch KStR 2013 Rz 1092).

An der dargestellten Rechtslage ist auch durch die Einführung der Rückwirkung auf Anteilsinhaberebene durch das BudBG 2007 (siehe Rz 262) keine Änderung eingetreten. Kommt es bei der beteiligten Körperschaft infolge der Verschmelzung zu einer ausreichenden finanziellen Verbindung an der übernehmenden gruppenfremden Körperschaft, kann im Fall, dass der Beginn des Wirtschaftsjahres dieser Körperschaft mit dem Tag nach dem Verschmelzungsstichtag zusammenfällt, durch Stellung eines rechtzeitigen Erweiterungsantrages gemäß § 9 Abs. 10 KStG 1988 zwar eine zeitlich nahtlose Einbeziehung der gruppenfremden Körperschaft erfolgen. Dies ändert aber nichts am vorhergehenden Ausscheiden des auf die gruppenfremde Körperschaft verschmolzenen Gruppenmitgliedes."

Für die Richterin ergibt sich daraus folgendes:

Gemäß § 9 Abs. 5 S 4 KStG 1988 gelten nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzung für die Gruppenbildung. Wird daher ein Gruppenmitglied auf eine gruppenfremde Körperschaft verschmolzen, scheidet das Gruppenmitglied ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag aus der Gruppe aus bzw. kommt es bei Verschmelzungsstichtagen innerhalb der dreijährigen Mindestbestandsdauer des § 9 Abs. 10 KStG zu einer Rückabwicklung für das Gruppenmitglied. Gruppenmitglieder, welche im Rahmen der Umgründungsmaßnahme aus der Gruppe hinausverschmolzen werden, scheiden demnach grundsätzlich aus der Unternehmensgruppe aus.

Dies soll nach Ansicht der Amtspartei auch im gegenständlichen Fall gelten, obwohl eine ausreichende finanzielle Verbindung mit der gruppenfremden übernehmenden Körperschaft entsteht und die übernehmende Körperschaft durch die Stellung eines rechtzeitigen Ergänzungsantrags mit in die Unternehmensgruppe aufgenommen wurde. Hierdurch werde nach Ansicht der Amtspartei zwar die übernehmende Körperschaft zum Gruppenmitglied, das übertragende Gruppenmitglied scheide jedoch dessen ungeachtet verschmelzungsbedingt aus der Unternehmensgruppe aus (UmgrStR Rz 354).

Dagegen spricht nach Ansicht der Richterin folgendes:

Umgründungen gelten mit Ablauf des vereinbarten Stichtages als durchgeführt. Die Verschmelzung zum wurde daher am wirksam. Da Umgründungen erst mit Ablauf des Umgründungsstichtages ertragsteuerlich wirksam werden, ist das übertragene Vermögen erst nach Ablauf des Umgründungsstichtages dem übernehmenden Rechtsträger ertragsteuerlich zuzurechnen.

Wenn die gruppenfremde Körperschaft mit Wirkung ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag in die Gruppe aufgenommen wird, handelt es sich nach Ansicht der Richterin um die Übertragung von Vermögen innerhalb einer Unternehmensgruppe iSd § 9 Abs 5 S 4 KStG und somit um den Fall einer "nahtlosen" Gruppenzugehörigkeit des übertragenden Gruppenmitglieds. (vgl. RZ 82 Jann/Rittsteuer/Schneider in Kofler (Hrsg), UmgrStG, 10. Aufl. (2021), KStG, § 9)

Dafür sprechen auch die ErlRV zum BudBG 2007 zu § 5 Abs 1, wonach die Rückwirkungsfiktion auf Anteilsinhaberebene bei der Verschmelzung und Spaltung eingeführt wurde, um bei der Gruppenbesteuerung unerwünschte Erschwernisse zu beseitigen (ErlRV 43 BlgNR 23. GP, 25; Wiesner/Mayr, RdW 2007, 437).

Für den Fall der Verschmelzung des Gruppenträgers hat der VwGH zwar eine restriktive Haltung eingenommen (). Nach Ansicht des VwGH begründet der Untergang des Gruppenträgers infolge der Verschmelzung ein Ausscheiden des Gruppenträgers aus der Unternehmensgruppe. Das Ausscheiden des Gruppenträgers geht nach § 9 Abs 9 KStG mit der Beendigung der Unternehmensgruppe einher. Die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs 5 KStG, nach der Umgründungen innerhalb der Gruppe für den Bestand der Gruppe unschädlich sind, greift nicht, da es sich um eine Verschmelzung des Gruppenträgers auf eine Gesellschaft außerhalb der Gruppe handelt.

Diese restriktive Ansicht wurde in der Vergangenheit kritisch gesehen, da aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge der Verschmelzung die Gruppenträgereigenschaft auf die übernehmende Körperschaft übergehen und die Gruppe nahtlos fortgesetzt werden sollte (; Krafft, UFSjournal 2013, 241; Jann/Rittsteuer, taxlex 2013, 358; Siller/Stefaner, GES 2013, 364, Zöchling in Kirchmayr/Mayr/Hirschler, Gruppenbesteuerung 6 ff, Siller/Stefaner, RdW 2011, 632 ff; Zöchling/Haslinger in Q/A/H/T/T Rz 7; Urtz in Achatz/Kirchmayr § 9 Tz 225; Erdély in D/H/H/S 152).

Diese Rechtsprechung ist aber auf den beschwerdegegenständlichen Fall nach Ansicht der Richterin nicht anwendbar. Die Gruppe wird im gegenständlichen Fall nämlich nicht "nach oben" erweitert.

Im gegenständlichen Fall wurde die gruppenfremde übernehmende Gesellschaft mit Wirksamkeit zum in die Unternehmensgruppe aufgenommen und bestand schon davor eine 100%ige Beteiligung des Gruppenträgers. Nach Ansicht der Richterin liegt dadurch eine ununterbrochene Gruppenzugehörigkeit des übertragenen Gruppenmitglieds bzw. des diesbezüglichen Vermögens vor.

Demzufolge scheidet die Bf. nach Ansicht der Richterin aufgrund der Verschmelzung nicht aus der Unternehmensgruppe aus. Ebenso führt eine Verschmelzung vor Ablauf der dreijährigen Mindestbestandsdauer im gegenständlichen Fall entgegen der Ansicht der Amtspartei zu keiner Rückabwicklung der Unternehmensgruppe, da eine gruppeninterne Verschmelzung keine Bedeutung für die dreijährige Mindestzugehörigkeit einer Gesellschaft zur Gruppe hat, weil sich das Vermögen auch nach der Verschmelzung in der Gruppe befindet.

Der angefochtene Aufhebungsbescheid war aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 9 Abs. 5 S 4 KStG 1988 gelten nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzung für die Gruppenbildung. Ob diese Voraussetzung beim beschwerdegegenständlichen Sachverhalt vorliegt, wurde vom Verwaltungsgerichtshof bisher nicht entschieden. Eine Revision ist daher zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 354
Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in BFGjournal 2022, 191
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100345.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at