Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.03.2022, RV/3100373/2021

1. Vorliegen eines Aufhebungsgrundes (unrichtige Auslegung des Begriffs Vorführkraftfahrzeug durch die Abgabenbehörde); 2. Unzulässiges Austauschen eines Aufhebungsgrundes im Beschwerdeverfahren

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100373/2021-RS1
Bei der Aufhebung auf Antrag bestimmt die betreffende Partei den Aufhebungsgrund. Sie gibt im Aufhebungsantrag an, aus welchen Gründen sie den Bescheid für rechtswidrig erachtet. Die Sache, über die in der Beschwerde gegen einen Bescheid, mit welchem der Aufhebungsantrag abgewiesen wird, zu entscheiden ist, wird bei der beantragten Aufhebung durch die Partei im Aufhebungsantrag festgelegt (, , Ra 2014/15/0056). Wird die Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide mit einer unrichtigen Auslegung des Begriffes „Vorführkraftfahrzeug" durch die Abgabenbehörde begründet, wird dadurch die Sache, über die im Rechtsmittelverfahren zu entscheiden ist, festgelegt. Erweist sich dieser Aufhebungsgrund als unzutreffend, kann nicht (erstmals) im Beschwerdeverfahren ein anderer (neuer) Aufhebungsgrund (erstmaliges Bestreiten der Feststellungen der Außenprüfung, Anbieten von Beweisen, Erstatten eines neuen Sachverhaltsvorbringens) vorgetragen werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***8***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes ***3*** vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Bescheidaufhebung nach § 299 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2015 vom bzw. zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang/Sachverhalt:

1.) Die Beschwerdeführerin (Bf) hat in den Jahren 2012 bis 2015 einen Handel mit Kraftfahrzeugen betrieben. ***33*** und ***31*** war ***1***, der in ***4*** (***7***) wohnhaft war. Die einfache Fahrstrecke zwischen ***3*** und ***4*** beträgt ca. 800 km.

Nach Durchführung einer Außenprüfung ergingen mit Ausfertigungsdatum nach Wiederaufnahme der Verfahren (neue) Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2014. Die Verfahrens- und Sachbescheide erwuchsen in Rechtskraft; die Wiederaufnahmebescheide enthalten nachstehende Begründung:

"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu entnehmen".

In der Niederschrift über die Schlussbesprechung/dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde ausgeführt, die Bf habe diverse Fahrzeuge auf das Unternehmen angemeldet, die sowohl der Geschäftsführung zur Verfügung gestanden als auch für Vorführzwecke verwendet worden seien. Der Erwerb der Fahrzeuge sei - abgesehen von zwei Ausnahmen - unter Verwendung der inländischen UID-Nummer im europäischen Gemeinschaftsgebiet erfolgt. Die Ankäufe seien als innergemeinschaftliche Erwerbe erfasst worden; die (jeweilige) Erwerbsteuer sei in Abzug gebracht worden. Bei den im Inland erworbenen Fahrzeugen sei vom Recht auf Vorsteuerabzug Gebrauch gemacht worden. Alle Fahrzeuge seien im Anschluss an die unternehmerische Nutzung in das europäische Gemeinschaftsgebiet veräußert worden.

Zum Teil habe es sich hiebei um Neufahrzeuge gehandelt; die erstmalige Inbetriebnahme sei im Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr als sechs Monate zurückgelegen. Bei der Lieferung von Neufahrzeugen in ein EU-Land sei jedenfalls von einer unecht steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung auszugehen. Ein (nachträglicher) Vorsteuerabzug im Monat der Lieferung sei mit jenem Betrag begrenzt, welcher an Umsatzsteuer anfallen würde, wäre die Lieferung in das EU-Land nicht steuerbar. Bei gebrauchten Fahrzeugen gelte diese Bestimmung nicht, damit stehe auch kein Recht auf Vorsteuerabzug zu. Der Beilage "Vorführkraftfahrzeuge im Prüfungszeitraum" könne entnommen werden, welche Fahrzeuge im Zeitpunkt der Veräußerung als Neufahrzeuge bzw. als Gebrauchtfahrzeuge einzustufen gewesen seien.

Ferner wurde ausgeführt, dass die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 mit der Bf erörtert worden sei. Gleiches gelte für den Begriff des Vorführkraftfahrzeuges. Nachweise über die Verwendung der Fahrzeuge bzw. über das tatsächliche Ausmaß der Nutzung als Vorführfahrzeuge seien der Außenprüfung nicht vorgelegt worden. Nach Auskunft des ***5*** und ***9*** ***1*** seien keine Aufzeichnungen über die tatsächliche Nutzung der Fahrzeuge geführt worden. Jedenfalls seien die fraglichen Fahrzeuge auch für regelmäßig notwendige Fahrten des ***6*** zwischen seinem Wohnort in ***4*** (***7***) und dem Unternehmensstandort (***3***) verwendet worden. Alleine daraus ergebe sich bereits, dass eine überwiegende Verwendung als Vorführfahrzeuge nicht vorliegen könne, weshalb die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nur begrenzt in Bezug auf die sogenannten Neufahrzeuge erfüllt seien. Aus verwaltungsökonomischen Gründen seien die Festsetzungen (jährlich) zusammengefasst vorgenommen worden, wobei als Stichtag für die einzelnen Jahreszuordnungen jeweils der Einkauf der Fahrzeuge herangezogen werde. Im Nachschauzeitraum 2015 seien die Festsetzung im Voranmeldungszeitraum 12/2015 erfolgt. Die Änderungen der Vorsteuern wurden (betragsmäßig) dargestellt (BFG-Akt, S. 57-59).

2.) Am ist die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 elektronisch bei der Abgabenbehörde eingelangt. Am erging der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2015. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß.

3.) Mit Eingabe vom wurde die Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2012 bis 2014 (Ausfertigungsdatum ) nach § 299 BAO beantragt. Gleiches gilt für den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2015 vom . Begründend wurde ausgeführt, das Finanzamt habe in den angefochtenen Bescheiden den Vorsteuerabzug für Vorführkraftfahrzeuge im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 verweigert, soweit diese "Vorführkraftfahrzeuge" erst nach sechs Monaten, jedoch noch vor Ablauf von zwölf Monaten veräußert worden seien. Hiebei handle es sich um nachstehende Fälle:


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Fahrgestellnummer
Behaltedauer in ganzen Monaten (30 Tage)
igE/igV
***10***
3
***19***/***20***
***11***
3
***21***/***22***
***12***
9
***23***/***24***
***13***
9
***30***/***24***
***14***
5
***25***/***26***
***15***
7
***27***/***24***
***16***
4
***28***/***28***
***17*** (***18***)
6
***29***/***24***

3.1.) Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit wurden nachstehende Ausführungen getätigt:

"Der Vorsteuerabzug für "Vorführkraftfahrzeuge" ist nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG auch insoweit zu gewähren, als die "Vorführkraftfahrzeuge" erst nach Ablauf von sechs Monaten veräußert worden sind. Die vom Finanzamt verfügte Kürzung des Vorsteuerabzugs verstößt gegen das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 12 UStG und nach Unionsrecht,Art 176 ff MwStSyst-RL (2006/112/EG)".

3.2.) Begründend wurde vorgebracht, nach herrschender Lehre und Verwaltungspraxis sei die Qualität als Vorführkraftfahrzeuge im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 bei einer Veräußerung innerhalb von zwölf Monaten, bei Vorführkraftfahrzeugen der Luxusklasse von maximal zwei Jahren gegeben. Die von der Abgabenbehörde verfügte Kürzung des Vorsteuerabzuges verstoße gegen das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 12 UStG und gegen Unionsrechts. Eine Erweiterung des Vorsteuerausschlusses für Pkw sei nach dem Unionsbeitritt Österreichs nicht zulässig. Das Recht auf Vorsteuerabzug seit integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und könne grundsätzlich nicht eingeschränkt werden ( Metropol Treuhand und Michael Stadler).

4.) Mit Bescheiden vom wurde der Antrag auf Bescheidbehebung vom abgewiesen. In der gesondert ergangenen Bescheidbegründung vom wurde ausgeführt, ob ein Vorführkraftfahrzeug vorliege oder nicht, sei für jeden Einzelfall zu untersuchen. Die Voraussetzungen hiefür habe das Unternehmen durch geeignete Unterlagen (Fahrtenbuch bzw. sonstige Aufzeichnungen) nachzuweisen.

Aufgrund fehlender Aufzeichnungen über die tatsächliche Nutzung der Fahrzeuge sowie der Aussage des ***6***, mit den jeweiligen Fahrzeugen auch regelmäßig Fahrten zwischen seinem Wohnort in ***2*** und dem Firmensitz in ***3*** durchgeführt zu haben, sei die Einstufung als Vorführfahrzeuge grundsätzlich in Abrede gestellt worden (vgl. Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ).

5.) Gegen die genannten Bescheide wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, von der Abgabenbehörde werde gänzlich überraschend und ohne Wahrung des Parteiengehörs behauptet, die angeführten "Vorführkraftfahrzeuge" seien privat genutzt worden. Eine Privatnutzung der Kraftfahrzeuge sei nicht festgestellt worden und treffe auch nicht zu. Der ***31*** der Bf sei bei seinen Fahrten zwischen ***3*** und ***2*** auch zu Kunden gefahren, um ihnen das jeweilige Fahrzeug vorzuführen. Für Privatfahrten habe der ***32*** ausschließlich in ***2*** zugelassene Fahrzeuge verwendet. Auf die beiliegende Liste werde verwiesen.

Es habe sich im Streitfall um Vorführkraftfahrzeuge im Sinne der Rz. 1940 der Umsatzsteuerrichtlinien 2000 gehandelt. Dies werde durch den Außenprüfungsbericht bestätigt. Die Außenprüfung habe festgestellt, dass die genannten Vorführkraftfahrzeuge erst nach sechs Monaten, jedoch vor Ablauf von zwölf Monaten seit ihrer Anschaffung weiterveräußert worden seien. Die Außenprüfung/das Finanzamt habe aus diesem Grund die Qualität von Vorführkraftfahrzeugen verneint und den Vorsteuerabzug verweigert.

6.) In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde ergänzend noch ausgeführt, dass der ***32*** bereits bei Beginn der Außenprüfung befragt worden sei, ob Aufzeichnungen über die Verwendung der Fahrzeuge für Vorführzwecke vorliegen würden bzw. wie die konkrete Verwendung der jeweiligen Fahrzeuge (tatsächlich) ausgesehen habe. Nach den Ausführungen von ***1*** seien keine Aufzeichnungen über die Verwendung der gegenständlichen Fahrzeuge geführt worden; es seien die Fahrzeuge ua für Fahrten zwischen ***2*** und der ***34*** Niederlassung bzw. gelegentlich auch für die Abholung von Kunden vom Flughafen verwendet worden. Auf Anraten der (damaligen) steuerlichen Vertretung seien die Fahrzeuge in Österreich angemeldet worden, um den Firmensitz des Unternehmens in ***3*** zu rechtfertigen. Bei mehreren unangemeldeten Nachschauen in ***3*** sei jedoch niemand angetroffen worden.

Es sei kein neuer Sachverhalt seitens der Abgabenbehörde behauptet worden. Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen seien unzutreffend. In Tz 1 des Außenprüfungsberichtes werde darauf verwiesen, dass nach den Aussagen des ***6*** mit den Fahrzeugen auch Fahrten zwischen seinem Wohnort in ***4*** und dem Unternehmensstandort durchgeführt worden seien. Darüber hinaus seien diese Feststellungen ausführlich besprochen und mit der Unterschrift der (damaligen) steuerlichen Vertretung zur Kenntnis genommen worden.

7.) Mit Eingabe vom wurde fristgerecht die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt. Im Vorlageantrag vom wurde das Beschwerdevorbringen wiederholt.

II.) Rechtslage und Erwägungen:

1.) Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

2.) § 299 BAO gestattet Aufhebungen, wenn der Bescheid sich als nicht richtig erweist. Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Die Aufhebung selbst setzt Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus, die bloße Möglichkeit reicht nicht aus ().

Bei der Aufhebung auf Antrag bestimmt die betreffende Partei den Aufhebungsgrund. Sie gibt im Aufhebungsantrag an, aus welchen Gründen sie den Bescheid für rechtswidrig erachtet. Die Sache, über die in der Beschwerde gegen einen Bescheid, mit welchem der Aufhebungsantrag abgewiesen wird, zu entscheiden ist, wird bei der beantragten Aufhebung durch die Partei im Aufhebungsantrag festgelegt (; , Ra 2014/15/0056).

3.) Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechtnung im Sinne des § 11 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten ua Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen (§ 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994).

4.) Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Binnenmarktregelung (in weiterer Folge BMR) unterliegt der Umsatzsteuer auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

4.1.) Artikel 12 BMR regelt den Vorsteuerabzug beim innergemeinschaftlichen Erwerb. Der Unternehmer kann neben den in § 12 Abs. 1 Z. 1 und 2 genannten Vorsteuerbeträgen ua auch folgende Beträge abziehen: Die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen. Das gilt nicht für die sich aufgrund des Abs. 4 ergebende Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb (Artikel 12 Absatz 1 Z 1 BMR).

4.2.) Nach Artikel 12 Abs. 4 BMR gilt § 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1994 nicht für den innergemeinschaftlichen Erwerb.

§ 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1994 stellt gesetzliche Fiktionen hinsichtlich bestimmter Lieferungen und sonstiger Leistungen auf, die nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten. Diese Fiktionen betreffen ertragsteuerlich überwiegend nicht abzugsfähige Aufwendungen und Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Miete oder dem Betrieb von Pkw, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern. Artikel 12 Abs. 4 UStG 1994 lässt die Fiktion des § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 beim innergemeinschaftlichen Erwerb nicht greifen, sodass hinsichtlich dieser Gegenstände ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt. Artikel 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 schließt allerdings - wie § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 - den Abzug der Vorsteuer daraus aus ().

4.3.) Die angeführten Bestimmungen normieren einen Vorsteuerausschluss für die Anschaffung, Miete oder den Betrieb von Pkw, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern. Ein Vorsteuerabzug steht diesbezüglich nur bei Vorliegen einer vom Gesetz normierten Ausnahme (zB Vorführkraftfahrzeuge) zu.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einem "Vorführkraftfahrzeug" um ein Fahrzeug, dessen bestimmungsgemäße Verwendung darin besteht, möglichen Abnehmern vorgeführt zu werden, damit sich diese anhand des Fahrzeugs über die Eigenschaften eines Modells informieren können. Derartige Fahrzeuge müssen überdies zum baldigen Verkauf bestimmt sein ().

Nach der Rechtsprechung des Höchstgerichtes ist nicht auf die (Zweck)Widmung eines Fahrzeuges als Vorführkraftfahrzeug abzustellen, sondern auf dessen tatsächliche Verwendung. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Vorführkraftfahrzeuges hat der Unternehmer nachzuweisen (zB Fahrtenbuch und sonstige Nutzungsaufzeichnungen).

Dies ist im Beschwerdefall nach Auffassung der Außenprüfung nicht geschehen. In der Niederschrift vom wurde festgehalten, dass keine Nachweise über die Verwendung der gegenständlichen Fahrzeuge bzw. über das tatsächliche Ausmaß der Nutzung als Vorführfahrzeuge erbracht worden seien. Festgehalten wurde überdies, dass der ***32*** bekannt gegeben hat, die (jeweiligen) Fahrzeuge auch für regelmäßig notwendige Fahrten zwischen seinem Wohnort in ***4*** (***7***) und ***3*** verwendet zu haben. Daraus ergebe sich, dass eine überwiegende Verwendung als Vorführfahrzeuge nicht vorliegen könne.

Der Niederschrift über die Schlussbesprechung/dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ist zu entnehmen, dass den in den Beilagen "Vorführkraftfahrzeuge im Prüfungszeitraum" angeführten Kraftfahrzeugen die Eigenschaft als Vorführkraftfahrzeuge aus den angeführte Gründen (und nicht wegen Fristüberschreitung bei der Weiterveräußerung) abgesprochen worden ist.

Aus der Zusammenschau von Verfahrens- und Sachbescheiden ergibt sich, dass die angeführten Umstände (fehlende Nachweise einer begünstigten Verwendung) zur Änderung der Umsatzsteuerbescheide geführt haben, wobei den Beilagen zur Niederschrift über die Schlussbesprechung/zum Außenprüfungsbericht zu entnehmen ist, für welche Fahrzeuge ein (betraglich geänderter) Vorsteuerabzug nach Art. 1 Abs. 9, Art 2 und Art 12 Abs. 3 BMR gewährt worden ist. Aus diesem Grund erfolgte (auch) die Differenzierung zwischen Neu- und Gebrauchtfahrzeugen.

Die in Tz 1 des Außenprüfungsberichtes vom getroffenen Feststellungen (Aberkennung der Qualifikation als Vorführkraftfahrzeuge mangels Nachweis einer begünstigten Verwendung) wurden im Aufhebungsantrag vom weder erwähnt noch wurde eingewendet, dass die diesbezüglichen Ausführungen der Abgabenbehörde unzutreffend seien (vgl. Aufhebungsantrag vom , BFG-Akt, S. 9.10).

In der Niederschrift/dem Außenprüfungsbericht vom wird ausdrücklich festgehalten, dass die Feststellungen mit der (damaligen) steuerlichen Vertretung der Bf besprochen worden sind und ihr ein Exemplar der Niederschrift ausgehändigt worden ist. Die Bf als Vollmachtgeberin muss sich aber das Wissen des beauftragten Bevollmächtigten zurechnen lassen, zumal eine Vollmachtsüberschreitung im Beschwerdefall nicht einmal behauptet wurde. Das Finanzamt hat auch keine neuen Sachverhaltselemente (ohne Gewährung des Parteiengehörs) überraschend vorgetragen; die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen erweisen sich als unzutreffend.

4.4.) Gleiches gilt für das Vorbringen im Aufhebungsantrag vom und in der Beschwerde vom , wonach die Abgabenbehörde den Vorsteuerabzug deshalb verweigert habe, weil die Vorführkraftfahrzeuge erst nach sechs Monaten, jedoch noch vor Ablauf von zwölf Monaten veräußert worden seien. Derartige Ausführungen sind der Niederschrift/dem Bericht über die Außenprüfung vom nicht zu entnehmen.

5.) Auch die Meinung der Bf, wonach nach herrschender Lehre und Verwaltungspraxis die Qualität von Fahrzeugen als Vorführkraftfahrzeuge im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 jedenfalls gegeben sei, wenn die Veräußerung innerhalb von zwölf Monaten bzw. von maximal zwei Jahren erfolge, trifft nicht zu. Gleiches gilt für das Vorliegen einer derartigen Verwaltungspraxis.

Die von der Bf zitierten Umsatzsteuerrichtlinien (Rz 1940) lauten in der aktuellen Fassung wie folgt:

"Vorführkraftfahrzeuge
Das sind Kraftfahrzeuge, die überwiegend Vorführzwecken dienen. Vorführfahrzeuge sind in aller Regel dem Umlaufvermögen zuzuweisen, weil sie grundsätzlich nicht dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen. Fahrzeuge des Betriebsinhabers oder Angestellten, die von diesen überwiegend privat oder für sonstige betriebliche Zwecke verwendet und nur gelegentlich für Vorführzwecke eingesetzt werden, sind keine Vorführkraftfahrzeuge".

Eine ältere Fassung der Umsatzsteuerrichtlinien wies in Bezug auf Vorführkraftfahrzeuge nachstehendem Inhalt auf:

"Das sind Kraftfahrzeuge, die überwiegend Vorführzwecken dienen. Damit ist gemeint, dass mit Hilfe dieses Fahrzeuges einem potentiellen Kunden die Vorzüge eines derartigen Fahrzeuges vorgeführt werden sollen. Daraus ergibt sich, dass ein Vorführkraftfahrzeug nur ein Fahrzeug sein kann, das einer bestimmten Type entspricht, von der der Händler eine größere Anzahl verkaufen kann und will. Ein Einzelstück kann daher definitionsgemäß kein Vorführfahrzeug sein. Fahrzeuge des Betriebsinhabers oder von Angestellten, die von diesen überwiegend privat oder für sonstige betriebliche Zwecke verwendet und nur gelegentlich für Vorführzwecke eingesetzt werden, sind keine Vorführkraftfahrzeuge. Weiters sind keine Vorführfahrzeuge so genannte Pool-, Direktions- und Testfahrzeuge (). Vorführfahrzeuge sind in aller Regel dem Umlaufvermögen zuzurechnen, weil sie grundsätzlich nicht dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen. Nach der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei Vorführkraftfahrzeugen um "zum alsbaldigen Verkauf" bestimmte Kraftfahrzeuge (). Demnach muss ein Zusammenhang mit einer beabsichtigten Weiterveräußerung jedenfalls noch erkennbar sein. Handelt es sich bei den Vorführkraftfahrzeugen um "gängige" Modelle, können diese in durchschnittlicher Betrachtungsweise in kürzerer Zeit (ca. 6 Monate) weiterveräußert werden. Wenn trotz Verkaufsbemühungen innerhalb von 6 Monaten keine Weiterveräußerung erfolgt, kann bis zu einer Dauer von maximal 12 Monaten (noch) von einer "Bestimmung zum alsbaldigen Verkauf" ausgegangen werden. Ausnahmsweise kann bei Vorführfahrzeugen der Luxusklasse ein längerer Zeitraum akzeptiert werden (maximal zwei Jahre), da diese generell schwerer verkäuflich sind.

Ob ein Vorführkraftfahrzeug vorliegt, ist für jeden Einzelfall eigens zu untersuchen ( zur gewerblichen Weiterveräußerung). Die Voraussetzungen hat der Unternehmer durch geeignete Unterlagen (Fahrtenbuch bzw. sonstige Nutzungsaufzeichnungen) nachzuweisen.

5.1.) Die in den Umsatzsteuerrichtlinien enthaltene Definition des Begriffes eines Vorführkraftfahrzeuges wird auch von Ruppe/Achatz übernommen. Weiters wird von den genannten Autoren die Ansicht vertreten, dass der Unternehmer die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Vorführfahrzeuges durch geeignete Unterlagen nachzuweisen hat. Bezüglich des (auch) von der Rechtsprechung geforderten zeitlichen Moments bei der Weiterveräußerung wird auf eine Verwaltungspraxis von zwölf Monaten (ausnahmsweise von zwei Jahren) hingewiesen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 12, Rz 199).

5.2.) Melhardt/Tumpel führen im Zusammenhang mit "zum baldigen Verkauf" bestimmten Kraftfahrzeugen aus, dass darunter bei gängigen Fahrzeugmodellen eine Frist von sechs Monaten zu verstehen sei. Im Einzelfall könne sich diese Frist bis auf zwölf Monate (etwa bei vergeblichen Verkaufsbemühungen) verlängern. Lediglich bei besonders schwer verkäuflichen Modellen könnte sogar ausnahmsweise ein Zeitraum bis maximal 24 Monate akzeptiert werden. Von einer Verwaltungspraxis, wonach die Qualität eines Fahrzeuges als Vorführkraftfahrzeug im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 jedenfalls dann gegeben sei, wenn die Veräußerung dieser Fahrzeuge innerhalb von zwölf Monaten bzw. zwei Jahren erfolge, ist hingegen keine Rede.

Das Gegenteil ist der Fall; nach den genannten Autoren dient ein Vorführkraftfahrzeug definitionsgemäß überwiegend Vorführzwecken, um einen potentiellen Kunden die Vorzüge eines gleichartigen Fahrzeuges mit Verkaufsabsicht zu demonstrieren. Es kann sich daher dabei nicht um ein Einzelstück handeln, sondern muss einem bestimmten Typ entsprechen, von der der Händler eine größere Anzahl verkaufen kann. Ob ein Vorführkraftfahrzeug vorliegt, ist für jeden Einzelfall gesondert zu untersuchen, wobei die Voraussetzungen der Unternehmer nachweisen muss (vgl. Melhardt/Tumpel, UStG2, § 12, Rz, 296).

5.3.) Auch im Kommentar Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg) findet die von der Bf geäußerte Rechtsansicht keine Erwähnung. Als Vorführkraftfahrzeuge werden Kraftfahrzeuge bezeichnet, die obwohl letztlich zum Verkauf bestimmt sind, von Autohändlern eine bestimmte Zeit lang für Demonstrationszwecke verwendet und den Kunden für Probefahrten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass bei gängigen Fahrzeugmodellen die Finanzverwaltung eine Behaltedauer von maximal einem Jahr anerkennen würde (vgl. Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG, Kommentar, 3. Auflage, § 12, Rz 267 ff).

5.4.) Die von der Bf vertretene Rechtsansicht, wonach die Qualität als Vorführkraftfahrzeug im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG bei einer Veräußerung innerhalb von zwölf Monaten bzw. von maximal zwei Jahren (jedenfalls) gegeben sein, findet - wie dargelegt - in Lehre und Rechtsprechung keine Deckung. Gleiches gilt für ein Vorliegen einer derartigen Verwaltungspraxis. Vielmehr ist (zunächst) bezüglich eines jeden Kraftfahrzeuges der Nachweis zu erbringen, dass die Voraussetzungen für die Einstufung als Vorführkraftfahrzeug (tatsächliche Verwendung für begünstigte Zwecke) erfüllt sind.

Die in § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 normierte Einschränkung des Vorsteuerausschlusses für Pkw und Kombi (ausgenommen der dort angeführten begünstigten Fahrzeuge) hat bereits zum bestanden (, , Ra 2016/15/0060). Eine Verwaltungsübung dahingehend, dass Kraftfahrzeuge (allein) aufgrund ihrer Zweckwidmung in Verbindung mit bestimmten Fristen zur Weiterveräußerung als Vorführkraftfahrzeuge einzustufen sind, hat zum nicht bestanden hat, weshalb auch kein Verstoß gegen Unionsrecht (Art. 176 MwSt-Rl- Verstoß gegen die Stand Still Klausel) vorliegt (). Ein mit der Rechtsache Metropol Treuhand und Michael Stadler vergleichbarer Sachverhalt liegt nicht vor (Erlassmäßige Festlegung der Merkmale, die für einen Kleinbus und gegen ein Personenkraftfahrzeug sprechen - AÖF 330/1987; rückwirkende Einschränkung der Verwaltungspraxis durch eine Verordnung aus dem Jahr 1996).

Das diesbezügliche Vorbringen im Aufhebungsantrag vom und in der Beschwerde vom (unionsrechtswidrigen Ausschluss vom Vorsteuerabzug) vermag die Rechtswidrigkeit der im Spruch genannten Umsatzsteuerbescheide nicht aufzuzeigen. Abgesehen davon, ist der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2015 (ohnedies) erklärungsgemäß ergangen.

6.) In der Beschwerde vom werden (erstmals) die Feststellungen der Außenprüfung bekämpft bzw. bestritten. Nunmehr wird dezidiert behauptet, die gegenständlichen Fahrzeuge seien zur Weiterveräußerung bestimmt und ausschließlich zur Werbung von Käufern genutzt worden. Eine Privatnutzung durch den ***32*** sei nicht erfolgt. ***1*** habe für Privatfahrten ausschließlich auf ihn in ***2*** zugelassene Fahrzeuge verwendet. Darüber hinaus sei er auch bei Fahrten zwischen ***3*** und ***2*** zu Kunden gefahren, um ihnen die Fahrzeuge vorzuführen. Diesem - in Abänderung der Ausführungen vom - erstatteten (neuen) Vorbringen ist zu entgegnen, dass der Aufhebungsantrag, die Sache über die im Rechtsmittelverfahren zu entscheiden ist, festlegt.

Im Streitfall wurde die Aufhebung der im Spruch genannten Bescheide einzig wegen (eingewendeter) unrichtiger Auslegung des Begriffs Vorführkraftfahrzeuge durch die Abgabenbehörde begehrt. Das (erstmalige) Bestreiten der Feststellungen der Außenprüfung, das Anbieten von Beweisen und das Erstatten eines (neuen) Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerdeschrift vom stellt aber ein (unzulässiges) Austauschen des Aufhebungsgrundes dar (vgl. ). Der Antrag auf Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2012 bis 2015 vom war daher als unbegründet abzuweisen.

IV.) Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die zugrundeliegende Rechtsfrage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Bescheidaufhebung nach § 299 BAO (Festlegung der "Sache" durch den Aufhebungsantrag) bereits durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt ist (, , Ra 2014/15/0056).

Dass der Vorsteuerausschluss für Pkw und Kombinationskraftwagen ausgenommen der gesetzlich normierten Ausnahmen im Sinne § 12 Abs. 2 Z. 2 lit b UStG 1994 als Beibehaltung eines beim EU-Beitritt Österreichs zum bestehenden Vorsteuerausschlusses unionsrechtskonform ist, entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( und , Ra 2017/13/0045). Die von der Bf im Aufhebungsantrag vom vorgetragene Definition des Vorführkraftfahrzeuges findet in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und in der Verwaltungspraxis keine Deckung ().

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100373.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at