Aussetzung der Einhebung: Antragsteller muss Abgabenschuldner oder in Anspruch genommener Haftungspflichtiger sein
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1635/2022 anhängig.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/2100321/2022-RS1 | Antragsberechtigt gemäß § 212a Abs. 1 BAO sind (nur) Abgabepflichtige (wer also nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt, vgl. § 77 Abs. 1 BAO) und Haftungspflichtige, die mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten haben. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerde der ***Bf***, ***Bf-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Antrags auf Aussetzung der Einhebung von Grunderwerbsteuer im Betrag von 497 € zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung wird zurückgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin, eine Rechtsanwältin, erhob mit (Sammel-)Beschwerdeschreiben vom , in dem sie sich selbst ausdrücklich als Beschwerdeführer bezeichnete, die Beschwerde ua. gegen den an ***NV*** gerichteten Grunderwerbsteuerbescheid vom , aus dem sich eine Nachforderung von Grunderwerbsteuer im Betrag von 497 € ergab, und beantragte die Bescheidaufhebung und bis dahin die "aufschiebende Wirkung".
Mit (Sammel-)Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde mangels Legitimation zur Beschwerdeerhebung auch die Beschwerde gegen den genannten Grunderwerbsteuerbescheid als unzulässig zurück. Gleichzeitig wies die Abgabenbehörde mit dem hier angefochtenen (Sammel-)Bescheid vom den Antrag der Beschwerdeführerin auf "aufschiebende Wirkung", den die Abgabenbehörde als Antrag auf Aussetzung der Einhebung deutete, auch hinsichtlich der genannten Nachforderung von Grunderwerbsteuer als unbegründet ab, weil - so die Abgabenbehörde - die Beschwerden gegen die Grunderwerbsteuerbescheide bereits mit Beschwerdevorentscheidung erledigt worden seien.
Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin gegen den (Sammel-)Abweisungsbescheid eine (Sammel-)Beschwerde, die sie im Wesentlichen mit der Rechtswidrigkeit der Grunderwerbsteuerbescheide begründete und daraus ableitete, die Abgabenbehörde hätte schon deshalb dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung stattgeben müssen.
Mit (Sammel-)Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde auch hinsichtlich der genannten Nachzahlung von Grunderwerbsteuer die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid als unbegründet ab. Zur Begründung führte die Abgabenbehörde aus, dass nach Rechtsprechung des VwGH ein Aussetzungsantrag, der nach Ergehen der Beschwerdeerledigung noch unerledigt sei, als unbegründet abzuweisen sei. Gegenständlich sei über die Beschwerde gegen die Grunderwerbsteuerbescheide vom mit Beschwerdevorentscheidung vom abgesprochen worden, sodass das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren abgeschlossen worden sei.
Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdevorentscheidung den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag). In dem Schreiben brachte die Beschwerdeführerin vor, die ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe seitens der hier gehörigen Behörde seien nicht einmal schlüssig übermittelt worden. Es sei auf Eigenregie ohne die Beschwerdeführerin einzubeziehen entschieden worden. Das Recht auf das parteiliche Gehör sei beschnitten worden. Im Übrigen seien es keine Vorentscheidungen, wenn immer die gleiche Person entscheide; hier sei eine Voreingenommenheit bereits gegeben. Durch die Voreingenommenheit komme es zu einer Interessenskollision, womit eine Unparteilichkeit und eine Objektivität nicht mehr gegeben sei, wobei sie sich mit ihren Entscheidungen aufhebe.
Mit Vorlagebericht vom legte die Abgabenbehörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, wobei sie in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen die Begründung der Beschwerdevorentscheidung wiederholte.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerde erwogen:
Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, (…) Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird (vgl. § 212a Abs. 1 BAO).
Antragsberechtigt gemäß § 212a Abs. 1 BAO sind (nur) Abgabepflichtige (wer also nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt, vgl. § 77 Abs. 1 BAO) und Haftungspflichtige, die mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten haben (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 212a Tz 3).
Da die Beschwerdeführerin selbst weder Abgabenschuldnerin der Nachforderung von Grunderwerbsteuer ist, noch als Haftungspflichtige für diese Abgabe in Anspruch genommen wurde und als solche den Haftungsbescheid mit einer Bescheidbeschwerde angefochten hat (sie somit von der Einhebung nicht betroffen ist), war sie nicht berechtigt, einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung zu stellen.
Der angefochtene Bescheid war daher abzuändern und der Antrag auf Aussetzung der Einhebung zurückzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 77 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100321.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at