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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.04.2022, RV/5100062/2022

Keine Diäten ohne Nächtigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Der Beschwerdeführer bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
Mit Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmer*innenveranlagung für das Jahr 2020 wurden als Werbungskosten 400,00 € für Arbeitsmittel und 1.285,90 € als beruflich veranlasste Reisekosten beantragt.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurden unter anderem folgende Unterlagen angefordert:
Bei beantragten Verpflegungsmehraufwendungen wie Tagesgeldern, Diäten bzw. Nächtigungskosten würden benötigt werden:
- Ein Nachweis der Art und Dauer der beruflichen Veranlassung je Reise;
- Beginn und Ende (Datum und Uhrzeit) je Reise;
- Zielort/e inkl. Verweildauer an jedem Zielort.

Mit Schreiben vom wurde eine Aufstellung betreffend Taggelder eingereicht.
Aus dieser gehen solche in Höhe von 1.285,90 € hervor, wobei sämtliche Reisen ohne Nächtigung absolviert wurden.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom wurden 308,20 € als Werbungskosten anerkannt und wie folgt begründet:
Eine Reise iSd § 16 EStG 1988 liege vor, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass mindestens 25 km vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entferne, eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bei Inlandsreisen vorliege und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werde. Dies sei bei einem durchgehenden oder wiederkehrenden Einsatz in einer Ortsgemeinde, in der man erstmals oder zuletzt vor 6 Monaten tätig gewesen wäre, nur in den ersten fünf Tagen der Fall. Die Werbungskosten würden daher um 1.159,29 € zu kürzen gewesen sein.

Mit Schreiben vom wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben wie folgt.
Laut Steuerbuch 2020, Seite 55, Dienstreisen außerhalb des Nahbereichs, stehe wie unten angeführt Folgendes:
Wie werden Tagesgelder bei Dienstreisen außerhalb des Nahbereichs steuerlich behandelt? Ist eine tägliche Heimkehr zum ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zumutbar, können Tagesgelder für eine Tätigkeit am selben Ort sechs Monate lang steuerfrei bis zur Höhe von 26,40 € täglich ausgezahlt werden? Da dies für seine Dienstreisen voll zutreffen würde, verstehe er den Abzug nicht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wie folgt:
Im Rahmen der Arbeitnehmer*innenveranlagung könne lediglich Tagesgeld gemäß § 16 EStG 1988 berücksichtigt werden. Tagesgeld gemäß § 26 EStG 1988, das vom Arbeitgeber nicht (vollständig) ausbezahlt worden wäre, sei gemäß den Voraussetzungen des § 16 EStG 1988 zu prüfen.
Gemäß § 16 EStG 1988 könnten Tagesgelder lediglich so lange berücksichtigt werden, als kein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werde.
Die Begründung eines weiteren Mittelpunkts der Tätigkeit sei anzunehmen, wenn sich die Dienstverrichtung auf einen anderen Einsatzort durchgehend oder wiederkehrend über einen längeren Zeitraum erstrecke. Werde hierbei die Anfangsphase von 5 Tagen überschritten, stehe kein Tagesgeld zu.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und unter anderem wie folgt begründet:
Der Beschwerdeführer hätte Taggelder iSd § 16 EStG 1988 geltend gemacht, da er bei seiner Tätigkeit Dienstreisen zu verrichten habe. Diese Dienstreisen hätte er in der Regel zu Baustellen seines Arbeitgebers zu verrichten gehabt. Im konkreten Fall wäre er im Jahr 2020 auf zwei verschiedenen Baustellen in Wien tätig gewesen.
In LStR Rz 284 sei normiert, dass eine Baustelle bzw. Montagetätigkeit keinen Mittelpunkt der Tätigkeit darstelle. Daher sie es legitim und gerechtfertigt, wenn die Taggelder für alle Tage der Tätigkeit auf der Baustelle angesetzt und steuerlich geltend gemacht würden.

Mit Vorlagebericht vom wurde die obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Beantragt werde eine Abweisung als unbegründet, da eindeutig ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit vorliegen würde. Strittig sei die Berücksichtigung von Tagesgeldern als Werbungskosten.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurden folgende Fragen an den Beschwerdeführer gerichtet:
"In Summe wurden laut Antrag auf Arbeitnehmer*innenveranlagung 1.285,90 € an Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten geltend gemacht. Durch die Amtspartei wurden 126,61 € anerkannt, 1.159,29 € wurden nicht gewährt.
Gemäß
§ 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen Werbungskosten. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.
Gemäß
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. c EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Reisekosten, soweit sie nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind, nicht abgezogen werden. Tagesgelder stellen demnach nur bei Vorliegen einer beruflich veranlassten Reise Werbungskosten dar, andernfalls liegen nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung vor.
Gemäß
§ 26 Z 4 EStG 1988 zählen Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt. Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.
Im Zusammenhang mit beruflich bedingten eintägigen Reisen ohne Nächtigungserfordernis ist unabhängig von der Geltendmachung von Differenzreisekosten als Werbungskosten durch den Beschwerdeführer die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten.
Der VwGH geht nämlich davon aus, dass bei Steuerpflichtigen nur dann Tagesgelder steuerlich gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, soweit eine Nächtigung erforderlich ist. In diesem Fall ist - "für den ersten Zeitraum von ca. einer Woche" - der Verpflegungsmehraufwand zu berücksichtigen. Hingegen liegt ein steuerlich zu berücksichtigender Verpflegungsmehraufwand nicht vor, wenn sich der Berufstätige nur während des Tages am Tätigkeitsort aufhält. "Ein allfälliger, aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierender Mehraufwand kann in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden" ( 95/14/0156; 95/14/0013; 99/13/0001; 2000/15/0151).
Aus der von Ihnen eingereichten Aufstellung der Dienstreisen geht
keine Nächtigung hervor.
Es wären folglich auch die durch die Amtspartei angesetzten 126,61 € nicht als Werbungskosten anzuerkennen.
In Summe würden sich die Werbungskosten daher verringern, die zu entrichtende Einkommensteuer erhöhen.
Sie werden nun aufgefordert, bekannt zu geben, ob die Beschwerde unter diesen Vorzeichen aufrecht bleibt."

Mit Schreiben vom wurde unter anderem wie folgt geantwortet:
Die Beschwerde bleibe aufrecht.
In der Dienstreiseaufstellung 2020 seien sämtliche vom Beschwerdeführer durchgeführten Dienstreisen angeführt. Bei Baubesprechungen anschließend zu nächtigen sei fern jeglicher Realität.
Die Judikatur des VwGH bei Tagesgeldern ohne Nächtigung sei ihm nicht bekannt bzw. im Steuerbuch auf Seite 57 nicht ersichtlich. Auch die von der WKO beschriebene lohnsteuerliche Behandlung von Dienstreisen im Fernbereich differenziere Taggelder und Nächtigungsgelder.
Im März und April 2020 wären sämtliche Hotels und Restaurants in Wien aufgrund von COVID-Maßnahmen oder aufgrund geringer Auslastung geschlossen gewesen. Aus diesem Grund hätte er täglich zwischen Wohnort und Wien pendeln müssen.
Dies hätte sich ab Juli gebessert, die Nächtigungen seien von der Firma bezahlt worden und würden sich nicht auf der Aufstellung finden bzw. seien auch die Aufenthalte tagsüber aus der Baustelle "***2***" in der Liste aufgrund der 6-monatigen Steuerfreiheit nicht aufgelistet.
Die Verringerung der Werbungskosten von 126,61 € sei nicht zulässig, dann würden ja nicht einmal die normalen Taggelder anzurechnen sein (Dienstreisen im Nahbereich - 5 Tage bzw. 15 Tage wiederkehrend)?
Bezug genommen wurde auf den Kollektivvertrag Metallgewerbe, Angestellte, gültig seit sowie auf Informationsfolder der WKO über die lohnsteuerliche Behandlung von Dienstreisen.

Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt

Der Beschwerdeführer bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
Als Werbungskosten wurden unter anderem Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.285,90 € für Dienstreisen laut einer Aufstellung beantragt.
Bei sämtlichen aufgelisteten Reisen wurde keine Nächtigung vorgenommen.
Von der Amtspartei wurden davon 126,61 € anerkannt, für den Restbetrag sei ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet worden.

Rechtliche Begründung

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen Werbungskosten. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. c EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Reisekosten, soweit sie nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind, nicht abgezogen werden. Tagesgelder stellen demnach nur bei Vorliegen einer beruflich veranlassten Reise Werbungskosten dar, andernfalls liegen nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung vor.
Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 zählen Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt. Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.

Im Zusammenhang mit beruflich bedingten eintägigen Reisen ohne Nächtigungserfordernis ist unabhängig von der Geltendmachung von Differenzreisekosten als Werbungskosten durch den Beschwerdeführer die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten. Der VwGH geht nämlich davon aus, dass bei Steuerpflichtigen nur dann Tagesgelder steuerlich gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, soweit eine Nächtigung erforderlich ist. In diesem Fall ist - "für den ersten Zeitraum von cirka einer Woche" - der Verpflegungsmehraufwand zu berücksichtigen. Hingegen liegt ein steuerlich zu berücksichtigender Verpflegungsmehraufwand nicht vor, wenn sich der Berufstätige nur während des Tages am Tätigkeitsort aufhält. "Ein allfälliger, aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierender Mehraufwand kann in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden" (; ; ; ; ; , RV/7103150/2012; , RV/1100045/2011).

Aus der eingereichten Aufstellung der Dienstreisen geht keine Nächtigung hervor.
Es sind folglich auch die durch die Amtspartei angesetzten 126,61 € Verpflegungsmehraufwand nicht als Werbungskosten anzuerkennen, die Werbungskosten verringern sich um diesen Betrag.
In Summe sind Werbungskosten in Höhe von 181,59 € anzusetzen.

Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen und der Bescheid abzuändern.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Nichtanerkennung von Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten bei Fehlen einer Nächtigung entspricht der ständigen Judikatur des VwGH und des BFG.
Die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist folglich nicht zu erwarten.

Linz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at