Arbeitnehmerveranlagung: Begräbniskosten durch die Nachlassaktiva gedeckt - keine außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin **Adresse**, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Veit Wolfsberg (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , Steuernummer xxx, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriger Verfahrensgang
Von der Abgabenbehörde wurde der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 der Beschwerdeführerin (folglich kurz Bf.) am mit der Begründung, dass eine Schätzung wegen Nichtabgabe der Steuererklärung erfolgte, erlassen.
Mit elektronisch eingebrachter Beschwerde vom begehrte die Bf. durch Ihren Vertreter die Veranlagung laut Erklärung und die Anerkennung der Begräbniskosten ihres verstorbenen Ehemannes als außergewöhnliche Belastung. Beiliegend wurden der Einantwortungsbeschluss sowie ein Konvolut an Rechnungen aus dem Jahr 2012 betreffend die Begräbniskosten und Rechnungen aus den Jahren 2010 und 2011 von kieferorthopädischen Behandlungen übermittelt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde hinsichtlich der Begräbniskosten sowie der kieferorthopädischen Behandlungen abgewiesen und begründend ausgeführt, dass außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, als sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden können. Die Aufwendungen seien nicht zu berücksichtigen. Aufwendungen seien nur für das Kalenderjahr zu berücksichtigen in dem sie gezahlt worden seien. Jene Aufwendungen, die nicht im Veranlagungszeitraum gezahlt worden seien, können daher nicht abgezogen werden.
Mit elektronischer Eingabe vom 25.3.3014 (Vorlageantrag) begehrte die Bf. erneut durch Ihren Vertreter die Anerkennung der Begräbniskosten des verstorbenen Ehemannes aus dem Jahr 2012, da diese nicht aus dem überschuldeten Nachlass bestritten werden können. Beiliegend wurde das Protokoll über die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens samt Vermögensaufstellung übermittelt.
Mit Vorlagebericht vom legte die Abgabenbehörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und begründete, dass Begräbniskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar seien, wenn sie in den Nachlassaktiva Deckung fänden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Strittig ist die Anerkennung der Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988.
Die Bf. erzielte im Jahr 2012 Einkünfte aus nichtselbststständiger Arbeit. Die Bf. machte für das Jahr 2012 Begräbniskosten in Höhe von gesamt € 6.688,63 für den verstorbenen Ehegatten geltend.
Die Verlassenschaft des verstorbenen Ehegatten wurde mit Einantwortungsbeschluss vom der Bf., die in Verbindung mit den qualifizierten Verzichtserklärungen der erblichen Töchter eine unbedingte Erbserklärung zur gesamten Verlassenschaft abgegeben hat, zur Gänze eingeantwortet.
Die Verlassenschaft des verstorbenen Ehegatten besteht aus Nachlassaktiva in Höhe von € 50.863,47 und Nachlasspassiva in Höhe von € 82.197,96 (darin enthalten die Begräbniskosten in Höhe von gesamt € 6.688,63). Es ergibt sich eine Überschuldung von € 31.334,49.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Einantwortungsbeschluss, dem Protokoll über die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens mit Vermögensaufstellung, sowie den Rechnungen der Begräbniskosten. Das Bundesfinanzgericht durfte die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzung erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).
Die Belastung ist nach § 34 Abs 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung der Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn sie sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (vgl. , mwN).
Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen in der dort näher geregelten Weise zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Diese drei Voraussetzungen müssen alle gemeinsam erfüllt sein, damit Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Schon das Fehlen einer einzigen dieser Voraussetzungen schließt die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung aus (vgl. ).
Gemäß § 549 ABGB gehören die dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig aus den Aktiva des Nachlasses zu tragen (vgl. ). Die Begräbniskosten werden vom Gesetz daher so behandelt, als ob sie vom Erblasser selbst zu tragen wären. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten; dh. die Kosten des Begräbnisses sind von der Verlassenschaft zu tragen.
Begräbniskosten einschließlich der Kosten der Errichtung eines durchschnittlichen Grabmals (Grabstein mit Grabeinfassung) können daher nur insoweit mit Erfolg als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, als diese (als bevorrechtete Nachlassverbindlichkeiten) nicht in den (um die Verfahrenskosten gekürzten) Nachlassaktiva Deckung finden; es genügt gegebenenfalls nicht, dass der Reinnachlass überschuldet ist (vgl. ; Jakom/Peyerl EStG 15, § 34 Rz 90 ua.).
Im Beschwerdefall ergibt sich zweifelsfrei, dass die geltend gemachten Begräbniskosten in den Nachlassaktiva Deckung finden. Diese sind aus den Nachlassaktiven zu bestreiten.
Eine Berücksichtigung der Begräbniskosten kommt mangels Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 EStG 1988 bereits dem Grunde nach nicht in Betracht und konnten diese daher nicht anerkannt werden.
Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 549 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100354.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at