Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2022, RV/7100274/2022

Familienbonus Plus für ein im Ausland lebendes Kind

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7100274/2022-RS1
Der Familienbonus Plus ist auch dann zu gewähren, wenn kein Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe gestellt wurde, die Anspruchsvoraussetzungen aber vorliegen (vgl. ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Reinhard Ludwig Hahn, Franz Schubert-Straße 13, 3710 Ziersdorf, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019 und 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

a) Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 und 2020:

Der Beschwerdeführer beantragte in seinen Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 und 2020 die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages und des halben Familienbonus Plus, weil er in diesen Jahren gegenüber seiner in Griechenland wohnenden minderjährigen Tochter seiner Unterhaltsverpflichtung in vollem Umfang nachgekommen sei.

b) Angefochtene Bescheide:

In den angefochtenen Bescheiden vom betreffend Einkommensteuer 2019 und 2020 (Arbeitnehmerveranlagung) wurde weder der Unterhaltsabsetzbetrag noch der Familienbonus Plus berücksichtigt.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass kein Anspruch auf den Familienbonus Plus bestehe, weil für die minderjährige Tochter keine Familienbeihilfe gewährt worden sei.

c) Beschwerden:

Die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020 wurden vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers damit begründet, dass dieser in den beiden Jahren seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner minderjährigen Tochter vollumfänglich erfüllt habe. Trotzdem sei ihm weder der Unterhaltsabsetzbetrag noch der Familienbonus Plus gewährt worden. Gegen die Begründung der belangten Behörde wandte er ein, dass das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis vom , RV/5101183/2020, ausführlich begründet habe, weswegen die tatsächliche Gewährung der Familienbeihilfe für die Anerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages und des Familienbonus Plus nicht entscheidend sei.

Der Beschwerdeführer unterliege zufolge seiner Beschäftigung den österreichischen Rechtsvorschriften. Somit könne ein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967 bestehen. Nach dieser Bestimmung habe eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 anspruchsberechtigt sei.

Nach Art. 67 der Verordnung 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 der Verordnung 987/2009 bestehe ein von der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich abgeleiteter, grundsätzlich und zufolge Haushaltsführung primärer Anspruch der Kindesmutter auf Differenzzahlung in Österreich.

Somit seien oben genannte Erfordernisse, neben der Unterhaltszahlung auch der Anspruch auf Differenzzahlung und somit Familienbeihilfe, als erfüllt anzusehen.

Gegenständlich sei wesentlich, dass für ein Kind Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Differenzzahlung bestehe. Wer diese Familienleistung in Anspruch nehmen könne, sei irrelevant. Im - Tomislaw Trapkowski - sei schlussendlich festgehalten worden, dass Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen sei, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen könne, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zustehe, die nicht in dem Mitgliedstaat wohne, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig sei, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt seien. Wesentlich sei nicht ein Antrag oder eine tatsächliche Gewährung der Familienleistungen, sondern die Anspruchsvoraussetzung. Dies gelte selbst dann, wenn allfällige Familienleistungen im Ausland höher wären und die Differenzzahlung betragsmäßig Null wäre.

Dass auch tatsächlich ein Antrag gemäß § 4 Abs. 4 FLAG 1967 auf Ausgleichszahlung/Differenzzahlung nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahres einzubringen sei, könne hierin nicht erkannt werden. Es genüge die Anspruchsberechtigung dem Grunde nach.

In § 33 Abs. 3a EStG 1988 werde auf die Gewährung von Familienbeihilfe nach FLAG hingewiesen. Nachdem im FLAG klar auf einen Anspruch auf Familienbeihilfe verwiesen werde (§ 4 Abs. 1 FLAG 1967), gelte dies in teleologischer Auslegung auch für die Bestimmung im Einkommensteuergesetz.

Selbst in den Lohnsteuerrichtlinien - 769b werde Folgendes angeführt:

"Sind die Voraussetzungen für eine Differenzzahlung (Kind wohnt im EU- oder EWR-Ausland oder in der Schweiz und im Inland wird eine Beschäftigung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ausgeübt) im Sinne des § 4 FLAG 1967 dem Grunde nach erfüllt, steht der Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a Z 2 EStG 1988 auch dann zu, wenn die Familienleistungen im Ausland höher sind und die Differenzzahlung betragsmäßig Null beträgt."

Das heiße also, dass selbst die Lohnsteuerrichtlinien lediglich einen grundsätzlichen Anspruch auf Familienleistung fordern würden.

Es werde daher die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages in Höhe von 277,92 Euro und des Familienbonus Plus in Höhe von 594,78 Euro beantragt.

d) Beschwerdevorentscheidungen:

Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom wurde den Beschwerden teilweise Folge gegeben und der Unterhaltsabsetzbetrag jeweils in Höhe von 277,92 Euro berücksichtigt.

Begründend wurde ausgeführt, es bestehe derzeit kein Anspruch (auch nicht dem Grunde nach) auf Familienbeihilfe, weil die Kindesmutter bis zum heutigen Tag keinen Antrag auf Ausgleichszahlung gestellt habe bzw. dieser mangels Vorlage von Unterlagen abzuweisen gewesen sei. Es stehe daher in keinem Monat der Familienbonus Plus zu, weshalb das Beschwerdebegehren insoweit abzuweisen sei.

e) Vorlageanträge:

Dagegen wurden fristgerecht Vorlageanträge eingebracht.

f) Vorlagebericht:

Die belangte Behörde legte die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der gesetzlichen Bestimmungen in ihrer Stellungnahme Folgendes aus:

Da im gegenständlichen Fall kein Antrag gestellt worden sei, habe nicht über die Gewährung der Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 abgesprochen werden können. Somit lägen die Voraussetzungen für die Gewährung des Familienbonus Plus nicht vor, da die Gewährung der Familienbeihilfe gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 nicht von Amts wegen erfolgen dürfe.

Das Bundesfinanzgericht habe in den Erkenntnissen vom , RV/5101217/2020, und vom , RV/7103765/2020, festgehalten, dass der Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 nur für ein Kind gewährt werden könne, für das Familienbeihilfe (bzw. eine Ausgleichs-/Differenzzahlung) nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (somit österreichische Familienbeihilfe) gewährt werde, zustehe. Demensprechend könne für ein im Ausland lebendes Kind, für das in Österreich keine Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) gewährt werde und für das auch kein Antrag auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) gestellt worden sei, auch kein Familienbonus Plus gewährt werden.

Die Abgabenbehörde beantrage daher die Abweisung der Beschwerde, da der Bescheid gemäß den gesetzlichen Grundlagen und im Sinne der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BFG erlassen worden sei.

Auch in neuester Rechtsprechung (vgl. ; , RV/1100001/2021) folge das Bundesfinanzgericht der Rechtsansicht, wonach ein bloßer Anspruch dem Grunde nach ohne vorherigen Antrag nicht ausreichen würde.

Hinsichtlich des in der Beschwerde angeführten Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5100069/2021, sei anzumerken, dass diesbezüglich eine Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof zu der Zahl Ra 2021/15/0067 anhängig sei und das Bundesfinanzgericht in der oben zitierten zeitlich später ergangenen Rechtsprechung diese Rechtsansicht nicht weiterverfolgt habe.

Auch die angeführte Kommentarmeinung (Jakom/Kanduth-Kristen EStG 2020, § 33 Tz 31) und die Lohnsteuerrichtlinien würden auf die tatsächliche Gewährung der Familienbeihilfe abstellen.

Hinsichtlich der in der Beschwerde angeführten teleologischen Auslegung werde darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber laut den Erläuterungen zu Z 11 lit. b und Z 28 lit. c (§ 33 Abs. 3a und § 124b Z 335) des Jahressteuergesetzes 2018 (190 der Beilagen XXVI. GP, S. 9) ua folgende Intentionen verfolgt habe:

"[...]

Anspruchsvoraussetzung für den Familienbonus Plus ist, dass für das Kind Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird. Beginnt oder endet der Bezug von Familienbeihilfe während des Kalenderjahres, besteht daher Anspruch auf den Familienbonus Plus für die Monate, für welche Familienbeihilfe bezogen wird.

[...]

Es ist keine eigenständige Altersgrenze für den Anspruch auf den Familienbonus Plus vorgesehen; dementsprechend steht dieser so lange zu, solange Familienbeihilfe (auch erhöhte Familienbeihilfe auf Grund einer Behinderung) bezogen wird.

[...]"

Dem Willen des Gesetzgebers folgend liege dem Familienbonus Plus klar der Bezug und nicht bloß der grundsätzliche Anspruch der Familienbeihilfe zu Grunde ("bezogen wird"). Zu der in der Beschwerde angeführten Rz 769b der Lohnsteuerrichtlinien 2002 sei erläuternd auszuführen, dass die darin angeführte Formulierung nur zur Klarstellung jener Fälle diene, in denen eine Differenz- oder Ausgleichszahlung nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Zahlung im Ausland höher sei, als sie in Österreich zustehen würde, wenn dem nicht so wäre. Die Gewährung einer Familienbeihilfe sei auch dann anzunehmen, wenn auf Grund eines Antrags eine Differenzzahlung dem Grunde nach zustehen würde, aber auf Grund einer negativen Differenz nicht zur Auszahlung gelangen könne.

Die Randziffer behandle somit nicht Fälle mit einem Anspruch dem Grunde nach ohne Antrag, sondern Fälle mit einem Anspruch dem Grunde nach auf Basis eines Antrags aber ohne tatsächliche Auszahlung.

Die Abgabenbehörde beantrage daher, wie in der Beschwerdevorentscheidung zu erkennen.

Ergänzend werde ausgeführt, dass das Bundesfinanzgericht in anderen gleichgelagerten Fällen die Entscheidung - auf Grund der anhängigen Amtsrevision (Erkenntnis des BFG, Außenstelle Linz, vom , RV/5100069/2021) zur Zahl Ra 2021/15/0067 bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichthof - ausgesetzt habe.

g) Ermittlungsverfahren des Bundesfinanzgerichtes:

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, innerhalb von drei Wochen ab Erhalt dieses Beschlusses das Scheidungsurteil, die Geburtsurkunde seiner minderjährigen Tochter, Unterlagen über ihren Aufenthaltsort und die sie betreffende Unterhaltsvereinbarung sowie Zahlungsbestätigungen vorzulegen.

Begründend wurde dargelegt, der Beschwerdeführer sei zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen aufzufordern gewesen, die fehlenden Unterlagen nachzureichen, weil aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar sei, dass der Beschwerdeführer und die Mutter des Kindes tatsächlich getrennt seien, und auch keine Unterlagen vorgelegt worden seien, aus denen die Geburtsdaten und der Aufenthaltsort des Kindes, die Zahlungsverpflichtung des Beschwerdeführers und dessen tatsächlich geleistete Zahlungen ersehen werden könnten.

In der Folge legte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers die Geburtsurkunde der minderjährigen Tochter und das Scheidungsurteil aus dem Jahr 2017 und nach neuerlicher Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht auch Zahlungsbelege für die Unterhaltszahlungen in den Jahren 2019 und 2020 vor. Eine Meldebestätigung konnte der Beschwerdeführer nicht auftreiben, aus den vorgelegten Zahlungsbelegen ist aber ersichtlich, dass die Überweisungen auf ein Bankkonto bei einer griechischen Bank erfolgten.

Mit Eingabe vom beantragte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers die Berücksichtigung des ganzen Familienbonus Plus für die Veranlagungsjahre 2019 und 2020, da die Kindesmutter der gemeinsamen Tochter augenscheinlich keinen Antrag auf Familienbeihilfe in Österreich gestellt habe und auch den Familienbonus Plus nicht beantragen werde

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer - ein griechischer Staatsbürger - hat seinen Wohnsitz in Österreich, war in den beiden Veranlagungszeiträumen in Österreich nichtselbständig beschäftigt und sozialversichert. Er ist seit 2017 geschieden und hat Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner minderjährigen, am ***.2009 geborenen Tochter, denen er in den Jahren 2019 und 2020 vollumfänglich nachgekommen ist. Seine Tochter lebt bei seiner geschiedenen Ehefrau in Griechenland. Weder die geschiedene Ehefrau noch der Beschwerdeführer haben jemals einen Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für die minderjährige Tochter gestellt.

Von der geschiedenen Ehefrau des Beschwerdeführers wurde auch kein Antrag auf Gewährung des Familienbonus Plus gestellt.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und ist auch nicht strittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 33 Abs. 2 EStG 1988 in der für die Veranlagungsjahre 2019 und 2020 anzuwendenden Fassung, BGBl. I Nr. 103/2019, sind von dem sich nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 ergebenden Betrag der Einkommensteuer Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

  1. Der Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 zu versteuernde Einkommen entfällt.

  2. Die Absetzbeträge nach § 33 Abs. 4 bis 6 EStG 1988.

§ 33 Abs. 3a EStG 1988 lautet (soweit im gegenständlichen Fall von Bedeutung) auszugsweise:

"Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,

b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

2. Abweichend von Z 1 ist für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

a) Die Höhe des Familienbonus Plus und der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 ist ab auf Basis der zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

b) Der Bundesminister für Finanzen hat die Berechnungsgrundlagen und die Beträge mit Verordnung bis spätestens 30. September nach dem Stichtag gemäß lit. a kundzumachen.

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen.

6. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Familienbonus Plus beantragt wird, anzugeben.

7. Der Bundesminister für Finanzen hat die technischen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus im Rahmen der Veranlagung zur Verfügung zu stellen."

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein in § 2 Abs. 1 FLAG 1967 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO 883/2004) gilt nach deren Art. 2 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 umfasst der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung auch Familienleistungen.

Sofern in dieser Verordnung nichts Anderes bestimmt ist, haben nach dem mit der Überschrift "Gleichbehandlung" versehenen Art. 4 Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Sofern in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nach dem mit der Überschrift "Aufhebung der Wohnortklauseln" versehenen Art. 7 nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Im Titel II "Bestimmung des anwendbaren Rechts" trifft Art 11 VO 883/2004 folgende allgemeine Regelung:

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel. Vorbehaltlich der Art. 12 bis 16 gilt nach Art. 11 Abs. 3 lit a VO 883/2004 Folgendes:

Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

In Kapitel 8 dieser Verordnung werden Familienleistungen geregelt.

Gemäß Artikel 67 VO 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Artikel 68 Abs. 1 VO 883/2004 bestimmt unter der Überschrift "Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen" Folgendes:

"(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelös­ten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt,

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebe­nenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvor­schriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten,

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des dar­über hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschliesslich durch den Wohnort ausgelöst wird.

(3) Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorran­gig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist."

Gemäß Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

  1. das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967) und

  2. für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 bestimmt sich abweichend von § 33 Z 1 bis 3 EStG 1988 die Höhe der Absetzbeträge für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, nach § 33 Abs. 3a Z 2 EStG 1988. Steht ein Absetzbetrag für mehrere Kinder zu und halten sich diese in unterschiedlichen Ländern auf, sind zuerst ältere vor jüngeren anspruchsvermittelnden Kindern zu berücksichtigen.

Dass dem Beschwerdeführer für seine in Griechenland lebende minderjährige Tochter der Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 zusteht, hat das Finanzamt durch Abzug des Betrages von 277,92 Euro unter der Bezeichnung Unterhaltsabsetzbetrag, ohne dies zu begründen, in der Beschwerdevorentscheidung konzediert.

Die Zahlung des Unterhalts durch den Beschwerdeführer für diese, nicht seinem Haushalt zugehörige Tochter, für die er auch keine Familienbeihilfe bezieht, ist nach obigen Feststellungen erwiesen.

Den Beschwerden war daher - wie bereits in den Beschwerdevorentscheidungen - insoweit Folge zu geben.

Bezüglich des Anspruches auf den Familienbonus Plus hielt das Bundesfinanzgericht in einem vergleichbaren Fall im Erkenntnis vom , RV/5100069/2021, fest, dass hierfür nicht der Antrag oder eine tatsächliche Gewährung der Familienleistungen, sondern deren Anspruchsvoraussetzungen wesentlich sind. Dies gelte auch dann, wenn allfällige Familienleistungen im Ausland höher und die Differenzzahlung betragsmäßig Null wären. Dass auch tatsächlich ein Antrag gemäß § 4 Abs. 4 FLAG 1967 auf die Ausgleichszahlung nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahres eingebracht werden müsse, sei demnach gar nicht erforderlich. Es genüge die Anspruchsberechtigung dem Grunde nach. In § 33 Abs. 3a EStG 1988 werde nämlich auf die Gewährung von Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 hingewiesen. Da in § 4 Abs. 1 FLAG 1967 jedoch eindeutig nur auf den Anspruch auf Familienbeihilfe abgestellt werde, sei dies bei der Auslegung der Bestimmungen des EStG 1988, die an das FLAG 1967 anknüpften, zu berücksichtigen. § 33 Abs. 3a EStG 1988 sei deshalb teleologisch von der Gewährung auf den Anspruch von Familienbeihilfe zu reduzieren.

Es sei im gegenständlichen Fall nach österreichischem Recht zu prüfen, ob der Mitbeteiligte einen Familienbeihilfenanspruch habe, wobei im Hinblick auf § 53 Abs. 1 FLAG 1967 fingiert werde, dass alle Familienangehörigen, nämlich das Kind und dessen Mutter, in Österreich wohnten.

Es wäre unsachlich, dem in Österreich wohnenden und Einkommensteuer zahlenden Vater die die Einkommensteuer mindernde Berücksichtigung des Familienbonus Plus für sein Kind, für das er Unterhalt zahle, bei Nichtbeanspruchung der Familienbeihilfe durch die Kindesmutter vorzuenthalten.

Über die gegen dieses Erkenntnis vom Finanzamt eingebrachte Revision hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2021/15/0067, Folgendes erwogen:

Im Falle eines Anspruchs auf eine der Familienbeihilfe vergleichbare ausländische Beihilfe bestehe gemäß § 4 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe (§ 4 Abs. 1 FLAG 1967) oder nur ein verminderter Anspruch im Ausmaß einer Ausgleichszahlung (Unterschiedsbetrag zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der höheren Familienbeihilfe, vgl. § 4 Abs. 2 bis 7 FLAG 1967). In solchen - in § 33 Abs. 3a EStG 1988 nicht ausdrücklich geregelten - Fällen, in denen also (teilweise) an Stelle der Familienbeihilfe eine gleichartige ausländische Beihilfe iSd § 4 FLAG gewährt werde, sei in gleicher Weise die in § 33 Abs. 3a erster Satz EStG 1988 normierte Voraussetzung der "Beihilfengewährung" erfüllt (vgl. Mayr/Gensluckner in Doralt et al, EStG22, § 33 Tz 34/2). Gemäß § 4 Abs. 6 FLAG 1967 gelte die Ausgleichszahlung als Familienbeihilfe. Aus der Sicht des Familienbonus plus könne es keinen Unterschied machen, ob sich noch eine (geringfügige) Ausgleichzahlung iSd § 4 Abs. 2 FLAG ergebe oder ob die Ausgleichzahlung wegen der Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe bloß Null betrage.

Das Finanzamt bringe vor, der Gewährung des Familienbonus Plus stehe entgegen, dass der unterhaltsverpflichtete Vater keinen "Antrag" auf Familienbeihilfe bzw. auf eine Ausgleichzahlung iSd § 4 Abs. 2 FLAG 1967 gestellt habe; auch wenn bei höheren Familienleistungen im Ausland die Differenzzahlung iSd § 4 Abs. 2 ff FLAG 1967 "betragsmäßig Null" sei, müsste eine entsprechende Antragstellung (auf Ausgleichszahlung von null Euro) nach dem FLAG erfolgen, sodass der Anspruch dem Grunde nach im Beihilfenverfahren geprüft werden könne.

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2021/15/0067, vertretenen Ansicht können, wenn die in Rede stehende Differenzzahlung iSd § 4 Abs. 2 ff FLAG 1967 "betragsmäßig Null" ist, Antragstellende auf Familienbonus Plus jedenfalls (subsidiär) auch in ihrem Einkommensteuerverfahren nachweisen, dass alle inhaltlichen Voraussetzungen für einen Familienbeihilfen- bzw. Ausgleichsanspruch erfüllt sind. Gemäß § 13 zweiter Satz FLAG 1967 sei im Familienbeihilfenverfahren ein Bescheid dann zu erlassen, wenn dem Beihilfenantrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist.

Dass in Österreich dem Grunde nach gar kein Familienbeihilfenanspruch bestünde, sei vom Finanzamt nicht konkret behauptet worden. Der Umstand, dass sich das Kind ständig in einem anderen Mitgliedstaat aufhalte, stehe - unbeschadet des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 - dem Beihilfenanspruch nicht entgegen (vgl. § 53 Abs. 1 zweiter Satz FLAG 1967).

Auch im gegenständlichen Fall wird vom Finanzamt nicht bezweifelt, dass für die minderjährige Tochter des Beschwerdeführers ein Anspruch auf Gewährung von Familienbeihilfe bzw. auf eine Ausgleichzahlung im Sinne des § 4 Abs. 2 FLAG 1967 besteht, da der Beschwerdeführer nachweislich in Österreich beschäftigt ist und damit den österreichischen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen unterliegt.

Für die Gewährung des Familienbonus Plus kann es dabei aber keinen Unterschied machen, ob die Differenzzahlung Null oder einen anderen Betrag ergäbe, da es wohl keinen Unterschied machen kann, aus welchen Gründen ein Anspruchsberechtigter/eine Anspruchsberechtigte keinen Antrag auf Differenzzahlung stellt. Wesentlich ist daher nicht der Antrag auf oder die tatsächliche Gewährung von Familienbeihilfe, sondern die Anspruchsvoraussetzung. Der Antragstellende kann daher entsprechend der vom Veraltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2021/15/0067, vertretenen Rechtsansicht auch in seinem Einkommensteuerverfahren nachweisen, dass alle inhaltlichen Voraussetzungen für einen Familienbeihilfen- bzw. Ausgleichsanspruch erfüllt sind (vgl. auch Hilber in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer [EStG 1988] - Kommentar, [70. Lfg. 2021], § 33 Abs. 3a, Tz 21ff).

Da der Beschwerdeführer diesen Nachweis jedenfalls erbracht hat, und von der Kindsmutter kein Antrag auf Familienbonus Plus gestellt wurde, war keine Kürzung gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 vorzunehmen, und ihm der Familienbeihilfenbonus Plus in der nach § 33 Abs. 3a Z 2 EStG 1988 zustehenden (indexierten) Höhe zu gewähren.

Im Hinblick darauf, dass bereits der indexierte Betrag des Familienbonus Plus jenen Betrag übersteigt, der im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2019 und 2020 gemäß § 33 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 tatsächlich in Abzug gebracht werden kann, konnte von einer Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH über die Rechtmäßigkeit der Indexierung Abstand genommen werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die zu beurteilende Rechtsfrage im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2021/15/0067, entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 33 Abs. 4 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
§ 33 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 3a Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100274.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at