Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens wegen zu niedrig angebotener Raten trotz schwerer körperlicher Beeinträchtigung des Bestraften
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/6300001/2022-RS1 | Ist die Höhe der angebotenen Raten unter Berücksichtigung sämtlicher persönlicher und wirtschaftlicher Umstände des Beschwerdeführers zu gering, um eine gänzliche Entrichtung der Strafe in angemessener Zeit erwarten zu lassen, ist von der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe auszugehen. Dabei ist insbesondere bei einer schweren körperlichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers auch zu berücksichtigen, ob der Beschwerdeführer haftfähig ist oder grundsätzlich in der Lage wäre, gemeinnützige Leistungen zu erbringen, da bei dauernder Nichtvollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe ansonsten der Strafzweck überhaupt nicht verwirklicht werden könnte (vgl. ). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch in der Finanzstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BAH Heim & Hitzenbichler Rechtsanwälte GmbH, Hellbrunner Straße 9A, 5020 Salzburg, wegen Finanzvergehen gemäß § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über dessen Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , Amtsbeauftragter Jürgen Lugger, Strafkontonummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gem. § 161 Abs. 1 FinStrG als unbegründet abgewiesen.
II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriger Verfahrensgang
Mit Erkenntnis des Spruchsenates V des Finanzamtes Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde vom wurde der Beschwerdeführer wegen Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 1 FinStrG rechtskräftig zu einer Geldstrafe von € 10.000,00, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen, verurteilt. Die Kosten des Strafverfahrens wurden mit € 500,00 festgesetzt.
Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer die Geldstrafe samt Kosten in monatlichen Raten iHv € 50,00 zu entrichten. Als Grund gab er an, dass er seit längerem im Krankenstand sei und Krankengeld iHv ca. € 700,00 monatlich beziehe.
Mit Bescheid vom bewilligte die belangte Behörde das Ratenansuchen antragsgemäß mit Zahlungsbeginn . Die vorgeschriebenen Raten wurden vom Beschwerdeführer entsprechend des stattgebenden Bescheides entrichtet.
Da die Laufzeit des Bescheides von der belangten Behörde mit 12 Monaten begrenzt wurde, stellte der Beschwerdeführer am einen weiteren Antrag auf Entrichtung der Geldstrafe in monatlichen Raten zu € 50,00, beginnend mit Jänner 2022. Als Begründung führte er aus, dass er nach Abzug des Pflegegeldes iHv rund € 163,00 und des Krankenversicherungsbeitrages iHv rund € 23,00 lediglich über ein Einkommen (Erwerbsunfähigkeitspension) iHv € 364,00 verfüge.
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde diesen Antrag ab und begründete dies damit, dass während eines Insolvenzverfahrens die Voraussetzungen für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht gegeben seien, die angebotenen Raten im Verhältnis zur Höhe des Rückstandes zu niedrig seien und dadurch die Einbringlichkeit gefährdet sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen ersucht, den aushaftenden Rückstand iHv € 9.950,00 bis zu begleichen.
Am teilte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Verteidiger mit, dass das Insolvenzverfahren nunmehr erledigt sei, eine Gefährdung der Einbringlichkeit somit nicht mehr vorliege und sich der Beschwerdeführer vorstellen könne, die beantragten Raten auf € 75,00 zu erhöhen. Zudem werde um ehestmögliche Rückmeldung ersucht, ob die belangte Behörde damit einverstanden sei, da ansonsten ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom ergriffen werden müsste.
Die belangte Behörde wertete dieses Anbringen als neuerliches Ratenansuchen und wies dieses mit Bescheid vom ab. In der Begründung verwies sie auf ein am durchgeführtes Telefonat mit dem Verteidiger, wonach die angebotenen Raten zu gering seien. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen neuerlich ersucht, den aushaftenden Rückstand iHv nunmehr € 9.900,00 bis zu begleichen.
Am erhob der Beschwerdeführer durch seinen Verteidiger Beschwerde gegen den Bescheid vom und begründete diese im Wesentlichen damit, dass das Insolvenzverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen sei, der Beschwerdeführer nur eine Erwerbsunfähigkeitspension von € 549,34 beziehe, monatliche Raten iHv € 75,00 für ihn gerade noch leistbar seien, das Existenzminimum in Österreich € 979,99 betrage, welches keinesfalls unterschritten werden dürfe und der Beschwerdeführer gesundheitlich schwerstens beeinträchtigt sei, sodass er auch in Zukunft keiner Erwerbstätigkeit nachgehen wird können. Aufgrund des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Gesamtzustandes des Beschwerdeführers sei daher die Abweisung zu Unrecht erfolgt. Zudem beantragte der Beschwerdeführer der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zum Beweis wurde die gesamte Krankengeschichte des Beschwerdeführers sowie Nachweise hinsichtlich seines Einkommens vorgelegt.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Am wurden Stundungszinsen iHv € 61,80 für den Zeitraum bis festgesetzt.
Im Zuge verwaltungsgerichtlicher Ermittlungen legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes vor, insbesondere ein Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom , wonach der Beschuldigte trotz einer 80%igen Behinderung wahrscheinlich auf einen geschützten Arbeitsplatz einer Erwerbstätigkeit nachgehen wird können, eine Bestätigung des Hausarztes vom , wonach der Beschwerdeführer derzeit haftunfähig sei und auch keine gemeinnützigen Leistungen möglich wären und eine Mitteilung des Beschwerdeführers vom , wonach er grundsätzlich im Rahmen seiner Möglichkeiten und unter Berücksichtigung seiner erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung bereit sei, gemeinnützige Leistungen zu erbringen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Festgestellter Sachverhalt
Der verheiratete Beschwerdeführer ist im Jahr 1966 geboren und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitspension (inkl. Pflegegeld der Pflegestufe 1) von € 549,34. Er hat kein Vermögen und befindet sich seit ***Datum1*** in einem Abschöpfungsverfahren.
Der Beschwerdeführer ist kardiovaskulärer Hochrisikopatient. Er leidet an Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck, Drehschwindel und Sehstörungen (Doppelbilder). In den letzten Jahren wurde bei ihm zudem ein Nierenversagen, Gelenksarthosen an der rechten und linken Schulter und eine Psychose festgestellt. Seine Motorik von Armen und Beinen ist eingeschränkt, eine Fortbewegung war im November 2021 nur mit dem Rollator und einer Begleitperson möglich. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 80%.
Der Beschwerdeführer kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Er ist voraussichtlich auch haftfähig. Eine Besserung des Gesundheitszustandes ist zu erwarten.
Das Strafkonto des Beschwerdeführers weist mit einen Rückstand von € 9.961,80 einschließlich Kosten und Nebengebühren auf.
Beweiswürdigung
Dass der Beschwerdeführer kein Vermögen hat und sich im Abschöpfungsverfahren befindet, geht aus der Ediktsdatei, BG Ried im Innkreis zu ***AZ1*** hervor. Die Höhe der monatlichen Erwerbsunfähigkeitspension iHv € 549,34 ergibt sich aus dem Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom und beinhaltet das Pflegegeld der Stufe 1. Das Bundesfinanzgericht glaubt den Ausführungen in der Beschwerde, dass die Ausgleichszulage iHv € 20,00 ab weggefallen ist.
Die Art und die Schwere der Erkrankungen ist den zahlreichen vorgelegten ärztlichen Befunden zu entnehmen, welche sich auf die letzten beiden Jahre beziehen. Diese werden vom Bundesfinanzgericht nicht im Zweifel gezogen, stützt seine Feststellungen aber insbesondere auf das letzte Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Dieses wurde von Dr. ***Name1*** am im Zuge des Verfahrens auf Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses erstellt. Dr. ***Name1*** stellte einen Gesamtgrad der Behinderung von 80% fest, welcher auf die Fettleibigkeit und den damit verbundenen Drehschwindel sowie der Zuckerkrankheit beruht. Weitere Erkrankungen bzw. Funktionseinschränkungen zur Einstufung wurden nicht festgestellt und wurden laut Gutachten vom Beschwerdeführer auch auf Nachfragen nicht angegeben. Das Bundesfinanzgericht schließt aber nicht aus, dass die in früheren Befunden diagnostizierten Erkrankungen noch (in abgeschwächter Form) vorhanden sind.
Hinsichtlich einer möglichen Erwerbstätigkeit folgt das Bundesfinanzgericht ebenfalls dem Gutachten des Dr. ***Name1***. Dieser stellte fest, dass der Beschuldigte trotz Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Daraus schließt das Bundesfinanzgericht, dass es dem Beschwerdeführer durchaus möglich ist gewisse Tätigkeiten zumindest vorübergehend und mit Zuhilfenahme technischer oder mechanischer Hilfen auszuüben. Dies bestätigt auch der Beschwerdeführer selbst in seiner Mitteilung vom , wonach er grundsätzlich im Rahmen seiner Möglichkeiten und unter Berücksichtigung seiner erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung bereit sei gemeinnützige Leistungen zu erbringen.
Wenn aber jemand gewisse, auf seine Funktionsbeeinträchtigung abgestimmte Tätigkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausüben kann und dies selbst für möglich hält, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes aller Voraussicht nach auch die Haftfähigkeit gegeben, zumal mehrere ärztliche Gutachten eine Besserung des Gesundheitszustandes erwarten lassen und seit dem letzten Befund bereits ein halbes Jahr vergangen ist.
Hingegen kommt der Bestätigung des Hausarztes vom keine entscheidende Bedeutung zu. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes handelt es sich bei diesem Schreiben lediglich um eine Einschätzung des Hausarztes ("aus meiner Sicht"), zumal Dr. ***Name2*** den Beschwerdeführer nicht fachärztlich untersucht hat und nur eine Blutuntersuchung vorgenommen hat. Zudem schränkt er seine Einschätzung der Haftunfähigkeit zeitlich selbst mit "derzeit" ein, sodass auch er eine Besserung des Gesundheitszustandes durchaus für möglich hält.
Eine solche Besserung des Gesundheitszustandes erwartet insbesondere Dr. ***Name1***. Daher hat er eine Nachuntersuchung für Oktober 2023 verordnet. Dies passt auch zu den früheren Befunden anderer Ärzte, aus denen zu entnehmen ist, dass dem Beschwerdeführer entsprechende Therapien und Heilbehandlungen (zB Stoffwechselbetreuung, Operation, Medikamente, Diabeteskost, Nikotinkarenz, regelmäßige Kontrollen) empfohlen wurden (zB Internistischer Befund Dr. ***Name3*** vom , Kurzarztbrief Krankenhaus St. Josef Braunau vom , Ambulanzbrief Krankenhaus Ried vom , Kurzarztbrief Klinikum Wels-Grieskirchen vom , Befundbericht Dr. ***Name4*** vom ), welche bei Einhaltung durchaus eine positive Entwicklung des Gesundheitszustandes versprechen.
Da diese Befunde zum Teil schon ein bis zwei Jahre zurückliegen und der Beschwerdeführer am bei der Untersuchung durch Dr. ***Name1*** selbst angab, an keine weiteren Erkrankungen und Funktionseinschränkungen zu leiden, zieht das Bundesfinanzgericht den Schluss, dass hinsichtlich der anderen diagnostizierten Erkrankungen (zB Nierenversagen, Gelenksarthosen an der rechten und linken Schulter, Psychose) zwischenzeitig bereits eine merkliche Besserung oder gar Heilung eingetreten ist. Dazu passen die Angaben im Gutachten des Dr. ***Name1***, wonach hinsichtlich der Nieren normale Retentionswerte festgestellt wurden.
Die Geschehnisse hinsichtlich der Einhebung und Einbringung der Geldstrafe samt Kosten und Nebengebühren sind dem vorgelegten Strafakt zu entnehmen und sind unstrittig.
Rechtliche Erwägungen
Zu Spruchpunkt I.) (Abweisung)
Die Bestimmungen für den Vollzug von Freiheitsstrafen gelten nach § 179 Abs. 1 FinStrG auch für den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen.
Die Ersatzfreiheitsstrafe darf nach § 179 Abs. 2 FinStrG nur in dem Umfang vollzogen werden, der dem nicht bezahlten oder nicht eingebrachten Teil der Geldstrafe oder des Wertersatzes entspricht. Das gleiche gilt auch dann, wenn die Bezahlung oder Einbringung der Geldstrafe oder des Wertersatzes erst nach Strafantritt erfolgt.
Ist ein dem Wesen der Freiheitsstrafe entsprechender Strafvollzug wegen einer Krankheit oder Verletzung, wegen Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustandes des Bestraften nicht durchführbar, so hat nach § 176 Abs. 1 FinStrG die Finanzstrafbehörde den Strafvollzug so lange aufzuschieben, bis dieser Zustand aufgehört hat.
Gem. § 172 Abs. 1 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung der Geldstrafen und Wertersätze sowie der Zwangs- und Ordnungsstrafen und die Geltendmachung der Haftung den Finanzstrafbehörden. Hiebei gelten, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß. Dasselbe gilt gem. § 185 Abs. 5 FinStrG für die Kosten des Strafverfahrens.
Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz richtet sich somit nach § 212 BAO ().
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Weiters kann § 212 BAO aber auf Strafen und Wertersätze nur insoweit Anwendung finden, als die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte gegenüber der mit der Bestrafung zwangsläufig verbundenen und gewollten Härte hinausgeht (; ).
Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Zahlungserleichterungen nach § 212 BAO ist somit sowohl die Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages als auch das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabepflichtigen (; ). Von Uneinbringlichkeit wird man bspw. ausgehen können, wenn etwa der Bestrafte nur zur Zahlung von so geringen Raten fähig ist, dass die gänzliche Entrichtung der Strafe in angemessener Zeit nicht erwartet werden kann. Ebenso kann die Insolvenz des Bestraften ein Indiz für die Uneinbringlichkeit sein (vgl. Judmaier in Köck/Kalcher/Judmaier/Schmitt, Finanzstrafgesetz5 § 179 Rz 7).
Die Unterstellung der Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz unter das Regelungsregime des § 212 BAO erfolgt nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 172 Abs. 1 FinStrG aber nur "sinngemäß". Da die Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ohnehin unter der Sanktion des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe steht, kommt dem Umstand der Gefährdung der Einbringlichkeit der aushaftenden Forderung im Falle einer Geldstrafe keine eigenständige Bedeutung (mehr) zu (; ).
Maßgebend für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung einer Geldstrafe ist somit allein die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Dieser besteht in einem dem Bestraften zugefügten Übel, das ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten soll. Dass die Gewährung solcher Zahlungserleichterungen, welche dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung über einen Bedarfsgegenstand ermöglichen solle, dem Strafzweck zuwiderliefe, liegt auf der Hand. Ebenso erreicht aber der Ruin der wirtschaftlichen Existenz eines Bestraften den mit der Bestrafung verfolgten Zweck nicht sinnvoll (; ; ).
Der vermögenslose Beschwerdeführer begehrte bei einem monatlichen Einkommen von € 549,34 den am Strafkonto aushaftenden Rückstand in monatlichen Raten von € 75,00 zu begleichen. Dies bedeutet bei einem offenen Betrag von € 9.961,80, dass eine vollständige Tilgung ohne Berücksichtigung von noch anfallenden Zinsen in ca. 11 Jahren erfolgen würde. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer bis auf das Existenzminimum gepfändet, kann aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes in Zukunft keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und gibt es auch keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer in den nächsten Jahren zu Vermögen kommen wird.
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer die Geldstrafe trotz seiner schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse bezahlen könnte - etwa mit finanzieller Hilfe naher Angehöriger -, um den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden. Die von ihm beantragten Monatsraten von ursprünglich € 50,00, danach € 75,00, können aber nicht als ausreichend angesehen werden, um eine Abstattung der noch aushaftenden Geldstrafe in angemessener Zeit sicherzustellen. Vielmehr würde dies den Pönalcharakter der Strafe unterlaufen. So wird bspw. eine Laufzeit von rund sechs Jahren als angemessen angesehen (), während eine Ratendauer von mehr als 20 Jahren keinen angemessenen Zeitraum darstellt (). Zudem gilt es zu bedenken, dass selbst bei Entrichtung der vom Beschwerdeführer angebotenen Raten nicht sichergestellt ist, dass die wirtschaftliche Existenz des Bestraften bei Anspannung aller seiner Kräfte erhalten bleibt ().
Angesichts der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können diese verhältnismäßig geringen Monatsraten nicht als ausreichend angesehen werden, um einerseits dem Pönalcharakter der Geldstrafe zur Wirkung zu verhelfen und andererseits die Abstattung der Strafe in angemessener Zeit sicherzustellen. Daher erscheinen zur Entrichtung des am Strafkonto aushaftenden Rückstandes lediglich monatliche Raten in einer solchen Höhe annehmbar, welche der Beschwerdeführer in Anbetracht seiner wirtschaftlichen Lage aus seinem Einkommen aber nicht leisten kann. Der Beschwerdeführer gab selbst an, dass monatliche Raten iHv € 75,00 gerade noch leistbar seien und ist dies aufgrund der tristen finanziellen Situation des Beschwerdeführers auch evident.
Wenn der Beschwerdeführer zudem ausführt, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt habe, dass in einem allfälligen Exekutionsverfahren das Existenzminimum von € 979,99 nicht unterschritten werden dürfe, so sind dies weitere Umstände, die für die Uneinbringlichkeit der Geldstrafe sprechen, beträgt doch das Einkommen des Beschwerdeführers lediglich € 549,34. Dahingehend hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Verweigerung von Zahlungserleichterungen berechtigt ist, wenn ein Abgabenschuldner bereits bis auf das Existenzminimum gepfändet ist (). Damit ist gegenständlich ein Sachverhalt gegeben, der zur Annahme der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe berechtigt, sodass die Bewilligung der beantragten Zahlungserleichterung nicht in Betracht kam (). Insofern war die belangte Behörde im Recht und begründete die Abweisung der beantragten Raten auch damit, dass diese im Verhältnis zur Höhe des Rückstandes zu niedrig seien und dadurch die Einbringlichkeit gefährdet sei.
Hingegen ist die Anhängigkeit eines Insolvenzverfahrens - wie in der Beschwerde ausgeführt - nicht mehr gegeben, wurde doch das Insolvenzverfahren am ***Datum1*** - somit kurz vor Erlassung des bekämpften Bescheides - beendet und ein Abschöpfungsverfahren eingeleitet. Damit ist aber für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, da eben andere Gründe vorliegen, welche die Uneinbringlichkeit der Geldstrafe begründen.
Hinsichtlich des Verweises auf die schwere gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers wird ausgeführt, dass insbesondere aufgrund des Gutachtens Dr. ***Name1*** nicht von einer Haftunfähigkeit auszugehen ist. Daher besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Strafzweck durch Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe verwirklicht werden kann. Wäre nämlich mangels pfändbaren Einkommens oder Vermögens die Strafe nicht einbringlich und gleichzeitig wegen des nicht bloß vorübergehend geschwächten Gesundheitszustandes des Bestraften die Ersatzfreiheitsstrafe nicht vollziehbar, würde dies auf eine Nichtverwirklichung des Strafzwecks hinauslaufen ().
Der Beschwerdeführer weist zwar einen Gesamtgrad der Behinderung von 80% auf und war im November 2021 auf einen Rollator angewiesen. Laut Sachverständigengutachten des Dr. ***Name1*** vom kann er aber trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen und ist eine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten. Daraus schließt das Bundesfinanzgericht, dass der Beschwerdeführer durchaus im Stande ist gewisse Tätigkeiten (zu denken wäre bspw. an Telefondienst, Datenerfassung, Schreibarbeiten) zumindest vorübergehend und mit entsprechender Unterstützung auszuüben.
Weiters leitet das Bundesfinanzgericht und entgegen der Einschätzung des Hausarztes daraus ab, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich auch haftfähig ist und eine Haftunfähigkeit - wenn überhaupt - nur vorübergehend besteht. Dahingehend müsste aber ohnehin im Falle, dass der Beschwerdeführer der Ansicht ist, er könne die Ersatzfreiheitsstrafe wegen Krankheit oder Verletzung, wegen Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustandes nicht antreten, zur abschließenden Beurteilung durch die Finanzstrafbehörde ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt werden, ob der Strafvollzug durchführbar oder aufzuschieben ist (vgl. § 176 FinStrG). Eine solche Entscheidung kann aber erst im Zeitpunkt des unmittelbar bevorstehenden Haftantrittes erfolgen, zumal laut fachärztlichen Gutachten des Dr. ***Name1*** der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sich in nächster Zeit durchaus verbessern kann.
Zudem sieht § 179 Abs. 3 FinStrG vor, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu unterbleiben hat, wenn der Bestrafte gemeinnützige Leistungen (§ 3a StVG) erbringt. Darüber ist er in der Aufforderung zum Strafantritt zu informieren, wobei ihm auch das Ausmaß der zu erbringenden gemeinnützigen Leistungen mitzuteilen ist. Die Vermittlung gemeinnütziger Leistungen hat nur über Ersuchen des Bestraften zu erfolgen, wobei ein derartiges Ersuchen binnen eines Monats nach Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt bei der Finanzstrafbehörde einzubringen ist. Langt innerhalb dieses Monats kein Ersuchen um Erbringung gemeinnütziger Leistungen ein, ist der Bestrafte vorzuführen.
Grundsätzlich hat der Beschwerdeführer dazu schon mit Schreiben vom seine Bereitschaft für die Erbringung gemeinnützige Leistungen signalisiert, sofern es sein Gesundheitszustand zulässt. Darüber hinaus gibt es nach Auskunft des Leiters des Vereins Neustart, Landesstelle Salzburg, auch geeignete Einrichtungen, welche die Erbringung gemeinnütziger Leistungen durch Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung ermöglichen.
Informationshalber wird angemerkt, dass die Mitteilung des Beschwerdeführers vom vom Bundesfinanzgericht nicht als ein solcher Antrag gewertet wurde. Ein derartiges Ersuchen müsste vom Beschwerdeführer binnen eines Monats nach Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt bei der Finanzstrafbehörde eingebracht werden.
Im Ergebnis ist die Höhe der angebotenen Raten unter Berücksichtigung sämtlicher persönlicher und wirtschaftlicher Umstände des Beschwerdeführers zu gering um eine gänzliche Entrichtung der Strafe in angemessener Zeit erwarten zu lassen, zumal es aufgrund der vorgelegten ärztlichen Befunde durchaus wahrscheinlich erscheint, dass der Beschwerdeführer trotz seiner schweren körperlichen Beeinträchtigung unter gewissen Voraussetzungen im Stande ist gemeinnützige Leistungen zu erbringen oder die Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten.
Gem. § 160 Abs. 2 lit. d FinStrG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal auch von keiner Partei eine solche beantragt wurde.
Hinsichtlich des Antrages der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen wird auf § 152 Abs. 2 zweiter Satz FinStrG verwiesen, wonach die Behörde, deren Bescheid angefochten wird, darüber zu entscheiden hat. Sollte das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde darüber noch keine Entscheidung erlassen haben, wird dieser Antrag wohl als unbegründet abzuweisen sein, da das Bundesfinanzgericht mit diesem Erkenntnis über die zugrundeliegende Beschwerde des Antragstellers bereits entschieden hat (vgl. ).
Zu Spruchpunkt II.) (Revision)
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hat die Beurteilung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Zahlungserleichterung im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 179 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 176 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.6300001.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at