Säumniszuschlag, Ratenansuchen nach Fälligkeit der Abgabe eingebracht, grobes Verschulden liegt in der Nichtentrichtung bei Fälligkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende ***1***, die Richterin ***2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch VELTZE, MARES und PARTNER KG Wirtschaftstreuhand-, Steuerberatungs- gesellschaft, Dresdner Straße 87 Tür A21, 1200 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zur Steuernummer ***BF1StNr1*** in einer nicht öffentlichen Sitzung vom zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Am erging ein Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages.
Von der Einkommensteuer 10-12/2021 in Höhe von Euro 11.850,00 wurde gemäß § 217 Abs. 1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein Säumniszuschlag mit 2 %, das sind Euro 237,00 festgesetzt. Dazu wurde festgehalten, dass dieser Säumniszuschlag bis zu entrichten sei.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, weil die oben angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet worden sei.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde vom mit folgender Begründung:
"Der von uns beantragte Antrag auf Ratenzahlung vom wurde mit Bescheid vom bewilligt. In diesem wurden auch die Einkommensteuervorauszahlungen für das 4. Quartal 2021 miteingerechnet. Aus diesen Gründen liegt seitens unseres Klienten kein grobes Verschulden vor.
Aus den oben angeführten Gründen, stellen wir den Antrag auf Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom und Gutschrift des Betrages in Höhe von € 237,00.
Zusätzlich stellen wir den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO."
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt:
"Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist.
Nach § 217 Abs. 4 BAO iVm § 230 Abs. 3 BAO verhindern zeitgerechte Ansuchen um Zahlungserleichterungen die Verwirkung von Säumniszuschlägen. Zeitgerecht ist ein solches Ansuchen im Sinne des § 230 Abs. 3 BAO, wenn es vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht wird.
Da der Antrag auf Gewährung der Zahlungserleichterung jedoch erst nach Fälligkeit der Abgabe eingebracht wurde, war dieser nicht mehr zeitgerecht und konnte daher keine säumniszuschlagsverhindernde Wirkung entfalten."
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Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom :
"Gleichzeitig stellen wir den Antrag auf die Entscheidung durch den Senat gem. § 272(2)1 BAO und auf eine mündliche Verhandlung gem. § 274 (1)1 BAO.
Zur Begründung verweisen wir auf unsere Beschwerde vom .
Weitere Begründung:
Die Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom setzt sich in keiner Weise mit dem Sachverhalt bzw. mit der Begründung in der Bescheidbeschwerde auseinander.
Weder wird auf die beantragte Ratenzahlung Bezug genommen noch auf die Notwendigkeit des groben Verschuldens - Stattdessen besteht die Begründung offensichtlich aus einer Standardantwort. Diese Vorgangsweise der Behörde ist nicht rechtens.
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Am Tag der anberaumt gewesenen mündlichen Verhandlung wurde mittels Fax der steuerlichen Vertretung bekannt gegeben, dass der Vertreter erkrankt sei und der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde in der Folge in einer nicht öffentlichen Sitzung des Senates entschieden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 217 Abs. 1 BAO gilt: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Abs. 4: Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist, b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist, c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt, d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.
Abs. 5: Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.
Abs. 7: Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Zu einer Hemmung der Einbringung gilt nach § 230 Abs. 3 BAO: Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.
Sachverhalt:
Die Einkommensteuervorauszahlung für 10-12/2021 in Höhe von Euro 11.850,00 war am fällig und wurde bei Fälligkeit nicht entrichtet.
Am wurde ein Zahlungserleichterungsantrag mit folgender Textierung eingebracht:
"Antrag gem. § 212 BAO auf Ratenzahlung
Namens und auftrags unseres im Betreff genannten Klienten, stellen wir gem. § 212 BAO einen Antrag auf Ratenzahlung betreffend des auf dem Abgabenkonto aushaftenden Rückstands in Höhe von EUR 39.829,25 zuzüglich der Einkommensteuervorauszahlung für das Q4/2021 in Höhe von EUR 11.850,00 sowie für das Jahr 2022 in Höhe von EUR 28.497,00 somit einen Gesamtrückstand in Höhe von EUR 80.176,25.
Wir ersuchen, den Rückstand wie folgt, begleichen zu dürfen:
• 11 Raten zu je EUR 3.600,00 beginnend mit sowie
• eine letzte Rate bis in Höhe von EUR 40.576,25.
Die Raten werden jeweils zum 17. eines jeden Monats einbezahlt.
Begründung und Sachverhalt:
Unser Klient hat seine Betroffenheit durch die SARS-CoV-2-Virus-lnfektion sorgfältig geprüft und kann glaubhaft machen, von einem dadurch ausgelösten Liquiditätsengpass betroffen zu sein. Die sofortige Begleichung des Rückstandes wäre mit erheblicher Härte verbunden. Der Gesamtbetrag kann laut Auskunft unseres Klienten, nicht auf einmal aufgebracht werden.
Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass laut Information unseres Klienten, durch die Gewährung der Zahlungserleichterung die Einbringung des aushaftenden Rückstandes keinesfalls gefährdet ist und unser Klient bestrebt ist, den Rückstand zu begleichen.
Wir ersuchen, die Zahlungsbereitschaft unseres Klienten anzuerkennen und dem Ratenansuchen stattzugeben."
Mit Bescheid vom wurden Ratenzahlungen bewilligt.
Das Zahlungserleichterungsansuchen wurde demnach, wie die Behörde rechtsrichtig ausgeführt hat, erst nach Fälligkeit der Einkommensteuervorauszahlung eingebracht und konnte somit die Entstehung der Verpflichtung zur Entrichtung eines ersten Säumniszuschlages nicht hintanhalten.
Ein Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO lag im Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung nicht vor, daher hatte die Behörde auch keine Ausführungen zum groben Verschulden zu tätigen.
Es ist jedoch zulässig einen diesbezüglichen Antrag auch erst im Vorlageantrag zu stellen, wobei der Bf. im Antrag eine Begründung dazu schuldig blieb.
Das Antragsrecht auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.
Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt.
Lediglich leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (, , , 2007/15/0169).
Das grobe Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (z.B. , , 2000/14/0006-0008).
Zum groben Verschulden ist fallbezogen festzustellen, dass nicht nur Einkommensteuervorauszahlungen für 10-12/2021 nicht fristgerecht entrichtet wurden. Auch die Nichtentrichtung der Einkommensteuer 2020 von € 27.401 führte bereits zu einer Säumniszuschlagsfestsetzung von € 548,02 mit Bescheid vom .
Die Einkommensteuer 2019 sowie die Einkommensteuervorauszahlungen für 4-6 und 7-9/2021 wurden ebenfalls nicht bei Fälligkeit entrichtet. Vor dem Ansuchen vom gab es auch bereits eine vorangehende Ratenzahlungsbewilligung.
Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Einkommensteuervorauszahlungen für 10-12/2021 kannte der Bf. demnach bereits die Konsequenzen der Nichtentrichtung einer Abgabe bei Fälligkeit, dass eben ein Säumniszuschlag zu entrichten ist und er hatte auch Kenntnis von der Möglichkeit Ratenzahlungen zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten zu begehren, wenn die Geldmittel bei Fälligkeit nicht zu deren Entrichtung ausreichen, daher ist ihm grobes Verschulden an der nicht fristgerechten Entrichtung anzulasten.
Die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO betrifft nur eine verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie verspätete Zahlungserleichterungsansuchen (siehe UFS RV/3679-W/09 vom , UFS RV/1813-W/08 vom , , , , ).
Eine Prüfung, welcher Umstand zur Unterlassung einer fristgerechten Einbringung eines Ratenansuchens geführt hat und ob die Antragstellung grob fahrlässig oder leicht fahrlässig unterblieb, war somit nicht geboten.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 230 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100313.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at